A Bullet For You von UrrSharrador (Mafiosi, Dämonen, Bandenkriege - und Naruto mittendrin! [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 44: Vier-Viertel-Takt ----------------------------- Naruto und Deidara trennten sich sofort nach der Unterführung. Auf ihren Motorrädern folgten sie dem Verkehr der großen Straße in entgegengesetzten Richtungen. Den beiden Klängen blieb nun nichts anderes übrig, als sich ebenfalls aufzuteilen. Deidara und Naruto trugen heute dieselben Klamotten. Beide waren mit kurzen Haaren, über die sie die Sturzhelme gestülpt haben, und sitzend auf den stählernen Maschinen kaum auseinanderzuhalten – zumindest hofften sie das. Tatsächlich bemerkte Naruto im Rückspiegel, wie die beiden Gestalten, die auf die Straße gestürmt kamen, in verschiedenen Richtungen losstürmten. Lange freuen konnte er sich darüber nicht: Er war erst einmal in seinem Leben auf einem Motorrad gesessen. Ohne die unglaubliche Reaktionsfähigkeit, die Kakuzus Essenz ihm verliehen hatte, hätte er keine Chance gehabt, mit hundert Sachen durch die Stadt zu rasen. Zum Glück waren hier nur wenige Autos unterwegs … Er biss die Zähne zusammen. Fuhr er tatsächlich hundert? Es kam ihm viel langsamer vor … Er durfte den Klang, der ihn verfolgte, nicht abhängen. Naruto riskierte einen weiteren Blick in den Rückspiegel. Dank seiner plötzlich viel schärferen Sicht konnte er Jiroubu in seiner Dämonenform erkennen. Der Halbdämon war auf einen Truck gesprungen, der allerdings hinter Naruto zurückzubleiben drohte. Während Naruto ein wenig bremste, fluchte er in sich hinein. Kidoumaru hätte derjenige sein sollen, der ihn verfolgte. Deidara mit seinen Bomben wäre besser für den Kampf gegen einen eher schwerfälligen Gegner gerüstet. Dann sah er, was Jiroubu auf dem Dach des Lastwagens tat, und wäre beinahe auf das Auto vor ihm aufgefahren. Schweiß sammelte sich unter seinem Helm, unter dem er plötzlich zu ersticken drohte. Der Dämon machte offensichtlich seine berüchtigte Bazooka schussbereit … Naruto überlegte fieberhaft, wie er der Rakete entkommen sollte. Er zwang sich zur Ruhe. Seine Sinne würden es ihm schon ermöglichen, auszuweichen. Die anderen Verkehrsteilnehmer jedoch … Jiroubu hob das lange Rohr und zielte. Naruto konnte den Blick nicht von seinem Rückspiegel lösen. Er sah deutlich die Rauchwolke, die aus der Waffe quoll, als die Rakete sich löste und im hohen Bogen und täuschend langsam die Straße entlang fauchte. Sofort erkannte Naruto, dass er gar nicht das Ziel war, doch es half nichts. Die Rakete schlug gut hundert Meter vor ihm im Asphalt ein. Er hörte das Krachen tief grollend und gedämpft, sah, wie die Druckwelle Staub und winzige Splitter davonwehte, hörte ein Krachen und Klirren, sah Autos gegeneinander prallen, hörte schrilles Reifenquietschen, sah weißen Dampf. Binnen Sekundenbruchteilen war die Straße mit verformten Autowracks verstopft – und Naruto raste mit über siebzig Sachen auf die Barriere aus Kunststoff und Metall zu. Instinktiv verriss der den Lenker, versuchte irgendwie auszuweichen, erreichte aber nur, dass sein Motorrad kippte. Wie in Zeitlupe neigte er sich dem Asphalt entgegen, seine Maschine quer zur Fahrbahn. Ein Schrei zerriss seine Kehle. Dann landete er auf hartem Boden, seine Maschine landete schwer auf seinem rechten Bein und zersplitterte seine Knochen. Er scheuerte über den Asphalt. Binnen Sekunden war seine Kleidung zerfetzt und er fühlte sich, als würde er bei lebendigem Leib gehäutet. Es war der blanke Horror, das alles so ewig langsam wahrzunehmen, die Barriere aus zerdepperten Wagen auf sich zurasen zu sehen und trotzdem keine Kontrolle über seinen Körper zu haben … Dann prallte er mit dem Kopf voraus gegen einen zerknautschten Kastenwagen.   Kidoumaru war dem einen der Flüchtenden nachgerannt, doch selbst in seiner Dämonenform konnte er nicht mit der Geschwindigkeit eines Motorrads mithalten. Schon nach kurzem wurde aus dem Kerl auf der grauen Maschine ein dunkler Fleck, der irgendwo auf der schnurgeraden Straße tanzte. Aber das machte nichts. So war das Spiel spannender. Er sprang auf eine der Straßenlaternen und von dort weiter auf die Eisenbahnbrücke, die die Straße an dieser Stelle querte. Sie gehörte zu einer stillgelegten Strecke; Züge fuhren hier seit Jahren keine mehr. So hatte Kidoumaru alle Zeit für sein Vorhaben. Er würgte einen Pfeil aus gehärtetem Spinnensekret hervor, dazu einen Bogen, an den er einen elastischen Spinnenfaden anbrachte. Das Motorrad war in der Ferne kaum noch zu erkennen, aber solange er es noch als winzigen Punkt sah, konnte er darauf zielen. Vielleicht war er kein Profi mit dem Colt wie Sakon, aber mit seinen selbstproduzierten Waffen war er trotzdem unschlagbar präzise. Er verband den Pfeil mit einem weiteren Faden aus seinem Mund, damit er dessen Flugbahn beeinflussen konnte, legte ihn auf die Sehne, spannte den Bogen. Ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Jetzt gehörst du mir“, sagte er süffisant und ließ den Pfeil los. Auf seiner Zunge spürte er den Faden ziehen. Er wusste genau, wie schnell der Pfeil flog, wie der Luftwiderstand war, wie stark der Wind wehte. Obwohl er den braunen Bolzen nicht mehr sehen konnte, wusste er, wo genau er sich in der Luft befand. Kidoumaru bewegte die Lippen ein kleines bisschen, um die Flugbahn anzupassen, dann spürte er den Einschlag. Der Punkt in der Ferne erzitterte. Er hatte getroffen. Zwar nur Metall, kein Fleisch, aber wenn sein Opfer der Fuchsjunge war, dann war das nur gut so. Er schwang sich von seinem Aussichtspunkt, und da er keine Lust hatte, zu Fuß bis dorthin zu laufen, hielt er den nächstbesten Wagen auf, knallte den Fahrer ab und machte sich dann auf den Weg, um sein Opfer aufzusammeln.   Das Schussgewitter erstarb, als ihnen beiden die Kugeln ausgingen. Die Flammen aus den Pistolenläufen verrauchten, und endlich erhellten die Schüsse den U-Bahn-Tunnel nicht mehr mit diesem irritierenden Licht. Sasuke spürte, dass seine Augen schärfer waren als zuvor, aber er musste sich erst daran gewöhnen. Ebenso an das Getöse, das ihre Pistolen verursacht hatten. In seinen Ohren klingelte es. Sakon  hatte ihn zweimal getroffen, einmal mit einem Streifschuss am Oberschenkel, einmal in den linken Arm. Seine Wunden bluteten noch, aber sie taten nicht mehr sehr weh. Sasuke wusste, dass sie bald zuwachsen würden – Dämonenkräfte waren wirklich nützlich. Sakon hatte ebenfalls zwei Kugeln abbekommen. Es waren auch reine Fleischwunden, die den Dämon nicht einmal zu stören schienen, aber jeder Treffer war reines Glück gewesen. Sasuke stellte sich vor, dass die braunen Gesichter, die von weißem Har umrahmt wurden, Itachi im Moment seines Todes ebenso angegrinst hatten, und schmeckte bittere Galle auf der Zunge. „Lassen wir die beiden hier ihr Duell haben“, hörte Sasuke Kimimaro zu seiner Gegnerin sagen. „Regeln wir unsere Angelegenheiten draußen.“ Sasuke hätte nicht erwartet, dass Tayuya zustimmte, aber sie tat es. „Von mir aus. An der frischen Luft stirbt es sich besser. Mach uns keine Schande, Sakon.“ „Gleichfalls“, griente der Dämon vor Sasuke. Er hörte zwei Paar Füße, die die Treppen hinaus aus der U-Bahn-Station rannten. Jetzt, da er den Rücken frei hatte, ging Sasuke vor der U-Bahn in Deckung und lud seine Waffe nach. „Wie nett“, hörte er Sakon rufen. „Ich darf diese Station mit der Leiche des letzten Überlebenden der einstmals so glorreichen Sharingan-Familie zieren!“ Sasuke stieß abfällig die Luft aus, rollte sich über die Schulter aus seiner Deckung hervor. Mit seinem Sharingan würde er Sakon nicht verfehlen. Sechs Kopfschüsse, das nahm er sich vor … Sakon war nirgends zu sehen. „Feigling“, sagte Sasuke überheblich. Der Halbdämon musste sich in der kleinen Rettungsbucht verstecken, die in die Wand des U-Bahn-Schachtes eingelassen war. Langsam ging Sasuke darauf zu, bereit, auf alles zu schießen, das sich daraus hervorschob. Als genau das passierte, tat er es dennoch nicht. Jeder andere hätte vermutlich auf die Hand geschossen, die aus der Bucht gestreckt wurde. Sasukes Augen ließen ihn jedoch blitzschnell erkennen, was diese Hand hielt, und es verdutzte ihn so sehr, dass er seinen Finger mit Gewalt davor zurückhielt, abzudrücken. Ein Handy? „Schade, dass es dazu nicht kommen wird“, seufzte Sakon und schien sich auf seine eigene Provokation zu beziehen. Sasuke sah, wie seine Finger nacheinander Tasten auf dem Klapphandy drückten. „Kaum Empfang, natürlich“, murrte der Dämon. „Aber es wird schon reichen.“ Das Handy verschwand in der Rettungsbucht, dann herrschte kurz Stille. Schließlich hörte er Sakon telefonieren. „Ja. Hier ist Sakon. Ich hab das Glück, ihm allein gegenüberzustehen. Ja. Sofort.“ Das Handy noch am Ohr, kam Sakon aus der Bucht. Sasukes Pistolenlauf richtete sich auf ihn wie magnetisiert, doch er schoss immer noch nicht. Was wurde hier gespielt? Sakons Gesicht verriet keine Gefühlsregung. Langsam ließ er das Handy sinken. „Für dich.“ Schwungvoll warf er es Sasuke zu. Dieser widerstand dem Drang, es aus der Luft zu schießen. Dass es einfach explodieren würde, glaubte er nicht. Gekonnt fing er es mit der Linken auf, während seine Rechte immer noch die die Pistole hielt. „Ja?“, sagte er tonlos, als er es sich ans Ohr hob. „Sasuke Uchiha. Es ist mir eine Freude“, hörte er eine heisere Stimme durch den Lautsprecher. Eine Gänsehaut überkam ihn und er riss die Augen auf. Der Kerl am Ende der Leitung konnte nur einer sein. Orochimaru.   Der Pfeil aus Spinnensekret hatte Deidara das Motorrad direkt unter dem Hintern durchbohrt und ihn zu einer spektakulären Bruchlandung gezwungen. Theoretisch hätte er wahrscheinlich tot sein müssen – aber dank der im Schweiße seines Angesichts erbeuteten Dämonenessenz verlor er nicht einmal das Bewusstsein. Leider. Es tat höllisch weh, meterweit über den Asphalt zu schlittern. Als er sich ächzend aufrappelte, wusste er, dass er nur wenig Zeit hatte. Er musste so weit wie möglich von Naruto wegkommen, damit der Klang, der ihn verfolgte – es musste Kidoumaru sein – nicht auf die Idee kam, umzudrehen und sein eigentliches Ziel zu verfolgen. Wenn er schon seine Haare hatte abschneiden müssen, dann sollte es wenigstens nicht umsonst gewesen sein! Deidara humpelte von der Fahrbahn. Links neben der Straße war Baugrund. Auf heller, festgetretener Erde sollten wohl einige schlanke, hohe Gebäude entstehen. Drahtige Gestelle aus Stahlträgern und nur teilweise vorhandenen Betonwänden waren von Baugerüsten umgeben wie von den Kletterranken einer graubraunen Weinpflanze. Deidara rutschte den Erdwall von der Straße hinunter und sah sich um. Seine neue Reaktionsfähigkeit war traumhaft. Er brauchte nur kurz einen Blick in die Runde zu werfen und hatte sich sofort alle Einzelheiten eingeprägt. Rasch holte er sich seine Spezialwaffen für die heutige Mission aus seinem Rucksack: Kleine, rohe Minen, die per Fernsteuerung zu zünden waren. Ihre Sprengkraft war mäßig und sie hatten weder eine Verschalung noch sonst eine Art der Kosmetik, wie Deidara es gern nannte. Rote Kabel baumelten um einen nackten Sprengsatz herum. Aber für seine Zwecke spielte das keine Rolle. Deidara überlegte sich in gewohnter Dämonenjäger-Routine eine Strategie, wie er gegen Kidoumaru vorgehen wollte. Mit simplem Isolierband klebte er die Sprengfallen an taktisch klugen Stellen an die Stahlträger. Dann zückte er seine Uzi, überprüfte das Magazin und versteckte sich hinter einer halbfertigen Betonwand. Er musste nicht lange warten. Das erste Fahrzeug, das nicht einfach um seine zerstörte Harley herumfuhr – die Leute in diesem Viertel waren gewohnt asozial –, spuckte Kidoumaru in seiner Dämonenform aus. Deidara hatte schon Furchterregenderes gesehen als eine sechsarmige, dreiäugige Kreatur mit struppigem Zopf. Er würde dem Kerl zeigen, dass mit einem Dämonenjäger nicht gut Kirschenessen war! Kidoumaru folgte der Blutspur, die bis ins Zentrum des Baugrunds führte. Erst da hatten sich Deidaras diverse Schürfwunden weit genug geschlossen, um keine verräterischen Hinterlassenschaften mehr zu produzieren. Er drückte sich gegen die Betonmauer, hörte nur die Schritte seines Feindes. Als er zwischen die Mauer und das gegenüberliegende Gebäude trat, das wegen seiner fertigen zwei Stockwerke und dem nichtsdestotrotz fehlenden Dach wie ein abgebrochener Backenzahn aussah, erhob sich Deidara über seine Deckung und deckte den Halbdämon mit einer Salve aus seiner Maschinenpistole ein. Kidoumaru versuchte nicht einmal großartig, auszuweichen. Im Gegenteil schien er eher interessiert, wich nur ein paar Schritte unter dem Beschuss zurück und verschränkte seine sechs Arme vor dem Körper. Deidaras Kugeln prallten gegen seine Haut, ließen Blut aufspritzen, aber er konnte von seinem Versteck aus sehen, das eine bleiche, erdige Schutzschicht den Dämon vor schlimmen Verletzungen schützte. Ein Grinsen erschien auf Kidoumarus Gesicht, als der Kugelhagel erstarb. Er setzte dazu an, etwas zu sagen, als Deidara eine zweistellige Nummer in seine Fernzündung tippte und bestätigte. An dem Stahlträger, zu dem Kidoumaru zurückgewichen war, explodierte die Sprengfalle und schleuderte den Dämon nach vorn, hüllte ihn in eine Wolke aus Staub, Rauch und Erde ein. Das Bauwerk darüber quietschte hässlich, hielt aber stand. Deidara schwang sich sofort über seine Deckung. Er nahm nicht an, dass Kidoumaru so schnell umzubringen war, darum nutzte er die Sekunden, die die Explosion ihm verschafft hatte, um sich ein neues Versteck zu suchen. Er steuerte auf die Rampe von etwas zu, das vielleicht einmal ein Parkhaus werden sollte. Schwer atmend hastete er in den ersten Stock, wo er zwischen stabilen Betonsäulen einen guten Blick auf das Zentrum des Baugrunds hatte, in dem sich eine Gestalt aus der Staubwolke erhob. Es sah so aus, als wäre Kidoumarus Haut rissig geworden und würde von ihm abbröckeln, aber Deidara wusste, dass das eine Illusion war. Laut Kimimaro konnte der Halbdämon seine schützende Schicht aus gehärtetem Spinnensekret jederzeit erneuern. „Du spielst wohl gerne Spielchen, was?“, rief Kidoumaru, in keine bestimmte Richtung. „Das trifft sich gut – ich auch!“ Als Antwort feuerte Deidara eine neue Salve hinter seiner Betonsäule hervor. Diesmal sprang der Dämon tatsächlich zur Seite, ein paar Projektile mussten ihn trotzdem treffen. Leider bemerkte er selbst die Mine, die auf der andere Seite des Platzes an einem einsamen Pfeiler wartete, schlug eine andere Richtung ein und brachte sie mit einem gezielten Schuss im Vorhinein zum Explodieren. Dann wirbelte er herum, und sechs Pistolen nahmen Deidaras Versteck hinter der Säule unter Beschuss. Der Dämonenjäger zuckte zurück und ging seine verbleibenden Möglichkeiten durch. Er leckte sich über die Lippen. Das hier würde noch interessant werden …   Als Naruto erwachte, wusste er instinktiv, dass er nur wenige Sekunden außer Gefecht gewesen war. Sich aufzusetzen fiel ihm dennoch unglaublich schwer … Zuallererst fühlte er nur Schmerz, dann Hitze. Eigentlich hätte der Unfall ihn umbringen müssen. Der Essenz – oder dem Dämon ihn ihm? – sei Dank, fühlte er sich nur wie zwischen zwei Mühlsteinen durchgequetscht. Sein Motorrad lag ein paar Schritte rechts von ihm. Flammen spiegelten sich leicht in der matten Oberfläche. In seinen Ohren dominierte ein Knistern und Pfeifen, erst nach und nach konnte er Schreie und das Knattern von beschädigten Motoren hören. Seine Finger tasteten nach dem Helm, von dem er spürte, dass er völlig deformiert war. Scharfe Kanten drückten gegen seinen Schädel, und von daher kamen wahrscheinlich auch die nassen Linien, die ihm über die Wangen liefen. Erst beim zweiten Ansatz schaffte er es, den Sturzhelm vom Kopf zu ziehen und von sich zu schleudern. Seine Wunden brannten, als würde die frische Luft sie anheizen. Vor ihm auf der unbeschädigten Fahrbahn war das Chaos ausgebrochen. Wagen versuchten zu wenden, krachten in andere, nachkommende Fahrzeuge wurden einfach stehen gelassen, als ihre Besitzer ausstiegen und davonrannten, und irgendein Idiot hupte die brennende Massenkarambolage sogar an. Die Luft war von beißendem Rauch und dem Gestank von Verbranntem erfüllt. Naruto stemmte sich auf die Ellenbogen hoch. Seine überscharfen Sinne waren schon ziemlich abgeklungen, wie er bemerkte. Er konnte prickelnd spüren, wie seine gebrochenen Knochen heilten, aber seine Sicht war verschwommen und die Welt lief wieder in gewohnter Geschwindigkeit ab. Und im Zentrum dieser Welt schien die massige Gestalt zu sein, die zu Fuß über den Asphalt auf ihn zukam. Hatte Jiroubu schon immer so furchterregend ausgesehen? Die Flammen ignorierend, die auch in seinem Kopf zu toben schienen, sprang Naruto auf die Füße, knickte halb ein, hielt sich aber trotz des heftigen Schwindelgefühls aufrecht. Seine Finger fanden den Griff der Pistole an seinem Hosenbund. Zum Glück hatte er sie noch … Ob Jiroubus Bazooka-Rohr noch irgendwie geladen war? Naruto schoss. Die erste Kugel streifte Jiroubu nur, die zweite traf ihn gar nicht. Die dritte bohrte sich schließlich in seine Schulter. Der Klang blieb knurrend stehen, Blut quoll aus der Wunde. „Ist das alles?“, fragte er. Naruto hörte seine Stimme wie durch Watte, dafür sah er mit neuer Klarheit, wie der dicke Halbdämon eine gewaltige Pumpgun von seinem Rücken holte. Ihm blieb nur die Zeit, ein ersticktes Ächzen auszustoßen. Ein Krachen, ein gezielter Schuss traf ihn ungefähr dort an der Schulter, wo er auch Jiroubu getroffen hatte, nur dass Naruto rückwärts von den Füßen geschleudert wurde und hart mit dem Hinterkopf aufschlug. Sein Körper presste die Kugel binnen Sekunden aus der Wunde, und sie juckte, als sie zu heilen begann. Jiroubu kam wieder in sein Blickfeld, er stand genau über ihm. Naruto hob seine Pistole, doch ein weiterer Schuss sprengte sie ihm förmlich aus der Hand. Mit eine pumpenden Bewegung lud Jiroubu nach. Naruto trat nach ihm, aber es war, als würde sein Fuß auf einen Baumstamm treffen. Prompt kam die Antwort in Form einer weiteren Kugel. Naruto schrie auf. Aus dieser geringen Distanz fühlte es sich an, als würde sein Bein abgerissen werden. Tränen stiegen in seine Augen. Und etwas anderes, Aggressives kämpfte sich aus seiner Brust hervor. Naruto biss die Zähne zusammen. Nein … bleib drin! Sein Dämon wollte sich befreien, rüttelte brüllend an den Gitterstäben in seinem Unterbewusstsein, spürte seinen Schmerz und die Gefahr und zweifellos würdige Beute. Mit aller Gewalt hielt Naruto ihn zurück. Dann traf ein Schuss seinen Bauch, und das Geräusch allein war grässlich. Der Schmerz währte auch dieses Mal nur kurz, aber er fraß sich tief in sein Inneres und gab der Bestie neue Nahrung. Nein, bleib drin! Noch nicht! Er musste sich seinen Dämon aufheben. Erst wenn er vor dem Dämonenkönig stand, durfte er ihn entfesseln! Seine Wunden zogen, als sie sich langsam wieder schlossen. Jiroubu legte abschätzend den Kopf schief. „Du hast gute Selbstheilungskräfte, Fuchsjunge“, brummte er und richtete seine Pumpgun auf jemanden in dem Schrottplatz aus Autowracks, den Naruto nicht sehen konnte. „Aber die anderen Leute hier nicht. Lass deinen Dämon ruhig hervorbrechen. Die Stadt wird es dir nicht danken.“ „Was … willst du von mir?“, presste Naruto hervor. „Orochimaru will dich. Um jeden Preis. Wusstest du, dass er uns erst heute angewiesen hat, die ganze Stadt nach dir umzugraben? Wenn du dich nicht gezeigt hättest, hätten wir halb Akuma Gakure in Schutt uns Asche legen dürfen. Nicht bloß die Klänge, auch seine anderen Leute.“ Naruto starrte den Halbdämon an. Sein warziges, rötlich braunes Gesicht verriet keine Regung. Bluffte Jiroubu? Oder würde Orochimaru tatsächlich so weit gehen? Der Dämon grinste schmutzig, als hätte er seine Gedanken gelesen. „Ohne die Sharingan- und die Hyuuga-Familie gibt es niemanden mehr, der sich uns entgegenstellen kann, meinst du nicht auch? Ich kann hier auf dieser Straße weitermachen. Sie scheint ja sehr belebt zu sein. Noch.“ Naruto knirschte mit den Zähnen. Seine Schmerzen waren fast verebbt, er hatte das Wesen in sich wieder unter Kontrolle – aber was brachte das? Bei dem Unfall eben waren mit Sicherheit schon wieder Menschen gestorben, die nichts für den Konflikt konnten, den er nach Akuma Gakure gebracht hatte … Nein, er hatte die Schnauze voll davon, sich immer selbst die Schuld an allem zu geben. Orochimaru war hier der Böse, nicht er! „Und was willst du mit mir tun, wenn ich mich ergebe?“, fragte er. Jiroubu zuckte mit den gewaltigen Schultern. „Ich bringe dich zu Orochimaru. Was er mit dir vorhat, wirst du ihn selbst fragen müssen.“ Naruto stutzte. Aber war das nicht …? Fast hätte er gelacht. Kimimaro und Shikamaru hatten sich so ins Zeug gelegt, um einen Plan zu entwickeln, der sie vor Orochimaru und den Dämonenkönig brachte – und Jiroubu würde ihn einfach so zu ihnen bringen. Allein zwar und sicher immer noch gut bewacht, und die Wirkung von Kakuzus Essenz wäre dann sicher auch schon abgeklungen, aber es war trotzdem eine Gelegenheit, diese Sache ein für alle Mal zu klären. Orochimaru würde vielleicht Ruhe geben, und er, Naruto, bekam auch seine Chance, seinen Dämon für etwas Gutes einzusetzen. „Einverstanden“, sagte er und bemühte sich, zerknirscht zu wirken. „Aber nur, wenn du mir versprichst, meine Freunde und die Leute hier in Ruhe zu lassen.“ „Dämonen machen keine Versprechungen“, erklärte Jiroubu unfreundlich. „Steh auf.“   Etwas abseits von der U-Bahn-Station lag ein kleiner Park, in dem einige Fichten sich weigerten, der Kälte ihre Nadeln zu opfern. Hierhin schlenderten Kimimaro und Tayuya. Der Radau im Untergrund zeigte bereits Auswirkungen: Die Gehwege hier oben waren fast ausgestorben, die Parkanlage verwaist. Hier waren sie ungestört. „Ich hoffe, das war deine letzte Wahnsinnstat“, sagte Tayuya, nachdem sie sich eine Weile nur schweigend angesehen hatten. Sie hatte ihre Dämonenform wieder aufgegeben und stand als Mensch vor ihm. Kimimaro hatte seinerseits seine Waffen verschwinden lassen. „Das kann ich dir leider nicht versprechen. Aber wenn mein Plan aufgeht, wirst du heute Abend als Einzige der Klänge noch am Leben sein.“ „Wie nobel von dir“, schnaubte sie. „Und was wird Orochimaru dazu sagen?“ Obwohl sie ihn bitterböse anfunkelte, musste Kimimaro mit Gewalt gegen sein Verlangen ankämpfen, sie einfach in die Arme zu schließen und nie mehr loszulassen. „Wenn alles gutgeht, wirst du nie wieder etwas von Orochimaru hören“, sagte er. Nun wich sie seinem Blick aus, sah abwesend zu Boden. „Du und deine Zuversicht …“ „Tayuya.“ Er trat ein paar Schritte auf sie zu. Kies und Schnee knirschten unter seinen Füßen. „Es war nie mein Wunsch, dich in Gefahr zu bringen.“ „Mich in Gefahr bringen? Das tu ich schon selber, und ich komm auch selber wieder heraus. Ich brauch dich nicht als Aufpasser!“, fauchte sie. „Dennoch möchte ich es riskieren, hier und heute alles auf eine Karte zu setzen“, fuhr er ungerührt fort und sah ihr fest in die Augen. „Und ich habe dich nie um etwas gebeten. Heute wird das erste Mal sein. Bitte vertrau mir.“ Er verbesserte sich: „Nein, mir zu vertrauen ist trotzdem Wahnsinn, wie du so schön gesagt hast. Überlege dir nur, ob du mit mir gemeinsam das Risiko eingehen willst.“ Wieder verging eine schweigende, kalte Ewigkeit. Tayuya Gesicht hatte immer einen harten, unnahbaren Zug, und dennoch liebte Kimimaro es. Er sah ihr fest in ihre winterkalten Augen, die unter den langen Wimpern vor Kraft leuchteten. Schließlich seufzte sie. „Also schön, du verdammter Spinner. Ist es für deinen Plan wieder nötig, dass du mich aufschlitzt?“ „Nein“, sagte Kimimaro und zog sie in seine Arme. „Diesmal nicht.“ Er presste seine Lippen fest auf ihre. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)