A Bullet For You von UrrSharrador (Mafiosi, Dämonen, Bandenkriege - und Naruto mittendrin! [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 50: Das Schicksal von Akuma Gakure ------------------------------------------ Die beiden Ungeheuer kämpften in einem flachen Krater miteinander, aber es war nicht mehr zu sagen, ob er bei der Energieexplosion entstanden war oder ob sie einfach die Erde des Hügels so sehr zertrampelt hatten. Brennende Autowracks und kaum noch erkennbare Leichen säumten den Bereich um Orochimarus ehemaliges Anwesen. Das waren wohl mal seine Wachen gewesen. Die meisten der ohnehin schon maroden Gebäude der Slums hatten der Druckwelle nicht standgehalten und waren zusammengekracht. Es sah nicht mehr wie ein Stadtteil aus, sondern wie ein riesiger Schrottplatz. Die Jeeps der Weißen Richter kamen kaum vorwärts, und Deidara hatte schon zu hoffen begonnen, dass sie aufgeben und umkehren würden – so wie jeder vernünftige Mensch es tun würde. Aber weder sah es aus, als wollten sie ihre Pflichten vernachlässigen, noch wollte Anko ihn gehen lassen. Ob sie ihn einfach ärgern wollte? Das ging aber wohl entschieden zu weit! „Wenn der Dämonenkönig einen starken Gegner gefunden hat, haben wir bessere Chancen, ihn ein für alle Mal zu erledigen“, erklärte dieser Suigetsu und klopfte Deidara auf die Schulter. „Sieh es als einmalige Chance: Der legendäre Dämonenjäger Deidara war beim finalen Kampf gegen den Dämonenkönig dabei.“ Deidara beließ es bei einem „Hm“. Genau damit hatte Kimimaro ihn seinerzeit an Bord gelockt. Derselbe Kimimaro, der jetzt in einer abstrakten Kunstfigur aus Knochen und Blut seinen letzten Atemzug getan hatte. Deidara hatte nie viel für Kunstwerke übrig gehabt, die länger als einen Augenblick Bestand hatten. Die Jeeps hielten an. Sie befanden sich in dem Park, in dem die Druckwelle die meisten Bäume entwurzelt hatte. „Ich denke, das reicht“, sagte Anko, stieg aus dem Wagen und zündete sich eine neue Zigarette an, wie um dem Stress Abhilfe zu schaffen. Deidara dachte das auch. Für seinen Dämonenjägerinstinkt waren sie sogar zu nah dran. Keine hundert Meter Luftlinie entfernt peitschten die Schwänze des Fuchswesens durch die Luft. Es war wirklich riesig. Wenn die beiden Untiere noch einmal eine solche Explosion veranstalteten, war es um die Weißen Richter und ihn geschehen. Die Weißen Richter ließen es zu, dass er von der Ladefläche sprang. Mit emsigen, einstudierten Bewegungen brachten sie ihre Gatlingrohre in Position. Riesige Scharfschützengewehre wurden aufgebaut und bemannt. Männer und Frauen mit Bazookas stellten sich in einer lockeren Linie auf. Wortlos griff Deidara nach Ankos Zigarettenschachtel und bediente sich. Er hatte gar keine Waffe mehr bei sich, und das schmeckte ihm gar nicht. Er wollte wenigstens irgendetwas in der Hand haben, das ihn an eine brennende Lunte erinnerte. Er inhalierte und musste fast husten – Ankos Zigaretten waren verdammt heftig. Der Rauch und der glimmende Funken zwischen Deidaras Fingern hoben die Kälte der Luft, die hier herrschte und selbst zu dieser Jahreszeit unnatürlich wirkte, nur noch mehr hervor. „Was, wenn ich sage, dass einer der beiden Biester ein Kumpel von mir ist?“, fragte er Anko beiläufig. Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Dann würde ich sagen, du hast seltsame Kumpel, Dämonenjäger.“ Sie gab den Weißen Richtern ein Zeichen. „Feuert, sobald ihr bereit seid.“ Nach und nach entlud sich ein Kugelgewitter aus den Gatlingrohren. Die Scharfschützen zielten auf die Köpfe der Dämonen und drückten auch ab. Deidara wusste, dass sie alle mit Silberkugeln schossen, aber dennoch wirkten die Kugeln einfach so winzig im Vergleich zu den wütenden Giganten.   Erinnerungen tauchten wie Blasen aus dem See seiner chaotischen Empfindungen auf, als Narutos Fuchsungeheuer seine Fangzähne in den Nacken des Tanuki schlug. Erinnerungen an sein Heimatdorf, aber vor allem an die letzten Wochen, die er in Akuma Gakure zugebracht hatte. Gaara brüllte. Ein ohrenbetäubendes, gewaltsames Brüllen. Wie er durch die Stadt gestreift war auf der Suche nach der Wahrheit hinter Chiyos Worten. Wie er in dieses Lokal gekommen war … Ichiraku’s Paradise, richtig. Das schien ihm schon so lange her … Dort hatte er Ino getroffen. Und Zaku und Dosu, die beiden ersten Handlanger des Schurken Orochimaru. In diesem Lokal hatte alles angefangen. Er hatte sie angegriffen und damit hatte alles Unheil seinen Lauf genommen. Auch Kimimaro war da gewesen, richtig. Er hatte Naruto geholfen. Dann war Zaku entkommen und Naruto hatte zum ersten Mal eine Ahnung von der dämonischen Seite in sich erhascht. Der Tanuki rammte ihn, warf seinen gewaltigen Leib in die Flanke des Fuchsmonsters. Naruto spürte, wie er fast umgeworfen wurde. Sie Erinnerungen entglitten ihm und kurz wusste er nur noch das Gefühl von damals, Zakus schreckgeweitete Augen, wie er ihn Fuchs nannte … Mit seinen Krallen klammerte sich Naruto in die widerstandsfähige Haut des anderen Monsters. Etwas prasselte gegen seine Hinterläufe. Es fühlte sich an wie Mückenstiche, brannte hinterher ziemlich, aber er zollte ihm kaum Beachtung. Ino. Ino und Hinata. Genau, die beiden hatten ihn bei sich aufgenommen. In ihrer Wohnung war er auch zum ersten Mal auf Sasuke und die Sharingan-Familie getroffen. Dann war da noch die Sache mit der Hyuuga-Familie gewesen … Ein brennender Schmerz flammte durch seine Schulter, als Gaaras Kiefer sich darum schlossen. Knurrend versuchte der Fuchs, ihn abzuschütteln. Das Brennen und die Wut über diesen anmaßenden Angriff ließen etwas wie roten Nebel über Narutos Erinnerungen aufwallen. Woran er sich erinnerte, war schließlich egal. Die Zukunft gehörte sowieso dem Wesen, das aus ihrem Kampf hervorgehen würde. Nein, er musste sich erinnern, er durfte nicht vergessen, wer und was er war! Kein Dämon, der eine Stadt knechten konnte und der seine dämonischen Geschwister suchte, um sich ihre Kraft einzuverleiben! Er war einfach nur ein Junge, der einen Fehler gemacht hatte und mit aller Macht versuchte, ihn wieder auszubügeln. Jemand, der Verantwortung übernehmen wollte … Wie war das, ein Junge, der allein durch die Dunkelheit taumelte, verfolgt von den Klängen, ohne zu wissen, wie er überhaupt in diese Lage geraten war … Damals hatte er Bekanntschaft mit Sakura und Kiba und Shikamaru und den ganzen Straßenkids geschlossen. Das war noch die schönere Zeit gewesen, die er hier gehabt hatte … er durfte sie auf keinen Fall vergessen, selbst wenn der König der Dämonen und Herrscher der Stadt das von ihm verlangte! Dennoch verschwammen die Gesichter, die er sich mit aller Macht vorstellen wollte. Es lag nicht einmal an Gaara; sein eigener Dämon vertrieb die Erinnerungen. Sakuras Gesicht war das Letzte, das er noch klar erkennen konnte, ein Lächeln auf den Lippen, ihren Lippen, die so weich und erlösend gewesen waren und … Wer war er? Richtig, ein Dämon. Der Bruder des Dämonenkönigs. Ein Prinz, der heute gekrönt werden würde. Und sie würden alle erzittern. Gaara und er selbst würden zusammen das mächtigste Wesen dieser Welt ergeben, ganz sicher. Das war schon immer sein Ziel, sein geheimster Wunsch gewesen. Ein Mensch? Pah, was bedeuteten die Erinnerungen eines Menschen ihm? Eine schwarze Kugel erschien vor dem Maul des Tanuki. Der Fuchsdämon verpasste ihm einen kräftigen Schlag mit der Pranke, und die Kugel sauste im hohen Bogen über die Stadt davon. Sie schlug irgendwo in den Bergen ein, schien die schneebedeckten Spitzen schwarz zu färben und tauchte auch dort den Himmel in Finsternis. Berge. Schnee. Da war etwas. Der Dämon erinnerte sich. Er war schon einmal dort gewesen. Kimimaro. Und Sasuke. Er hatte beide wiedergetroffen. Und Deidara, sie hatten sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen, um Orochimaru und den Dämonenkönig zu stürzen. Das heißt, nicht sie alle … Sasuke hatte eigentlich etwas anderes vorgehabt. Er wollte die Ehre seiner Familie retten und Kimimaro liquidieren. Naruto war nie dazugekommen, Kimimaro die Wahrheit zu sagen. Auch das bereute er jetzt. Was wohl aus ihnen geworden war? Wie war ihr Kampf gegen die Klänge gelaufen? Als ob ihn das interessierte! Das waren ein mickriger Halbdämon, der sich viel zu viel herausnahm, und ein arroganter Mafioso, der gerade mal die Augen eines alten Untieres besaß! Der Fuchsdämon würde alle Erinnerungen an sie zertrampeln wie Gewürm! Brüllend warf er sich wieder auf den Tanuki, erwischte ihn schräg am Rücken, zwang ihn halb zu Boden. Sie waren da. So viele bekannte Gesichter, die auf ihn einzureden schienen, irgendwo am Rand seines Bewusstseins. Der Fuchs versuchte, die zu verscheuchen. Sie waren höchstens lästig. Als ob sie ihn kannten! Als ob er sie kannte! Etwas traf ihn am Kopf, wie ein Nadelstich, aber einer, der sich in Kopfschmerzen verwandelte. Zischend sausten Bazookaraketen heran, explodierten in seiner Flanke. Er stieß ein wütendes Grollen aus. Wer wagte es, der Vermehrung seiner Macht so dreist im Weg zu stehen? Gaara befreite sich aus Narutos Umklammerung und warf sich seinerseits wie ein Sumo-Ringer gegen ihn.   „Naruto!“ Sakura wusste, dass ihr Schrei ihn nicht erreichen würde. Die Sonne ging langsam unter und gab der Finsternis über den kämpfenden Dämonen einen feurigen Orangestich. Und in der aufkommenden Düsternis sah man das Aufflammen der vielen Gatlingrohre und Gewehre nur allzu gut. Ihre alte Klapperkiste holperte durch die Straßen der Slums, die kaum noch als solche zu erkennen und von Trümmern übersät war. Irgendetwas knirschte unter ihrem Reifen, dann prallte sie gegen etwas, das sie in dem Dämmerlicht nicht rechtzeitig gesehen hatte und wurde hart gegen das Lenkrad geschleudert. Stur drückte sie aufs Gas, scherte an dem dunklen Etwas vorbei, das ihr kreischend den Lack zerkratzte. Sie kam frei, aber nach wenigen Metern stand sie vor einer wahren Schuttbarriere. „Oh, bitte!“, stöhnte sie auf, als sie sah, dass ein ganzes zweistöckiges Haus aus Blech und alten Ziegeln auf die Straße gekracht war. Sie legte den Rückwärtsgang ein und reversierte, wobei sie allerlei unter ihren Reifen zermalmte, von dem sie gar nicht wissen wollte, was es eigentlich war. Vielleicht wäre es sowieso besser, wenn sie die Weißen Richter umging. Was sollte sie ihnen denn sagen? Hört auf zu schießen, ich liebe dieses Fuchsungeheuer? Oder konnten am Ende sowieso nur diese Fanatiker die beiden Kämpfenden aufhalten? Sakura wurde schmerzlich bewusst, dass sie keinen Plan hatte. Egal. Sie musste zu Naruto. Und wenn es nur darum ging, dass er sie sehen konnte.   Der lästige Kugelhagel war nichts, an das man sich so einfach gewöhnen konnte. Er störte die Konzentration des Fuchses. Sein Wille war der Mächtigere, aber er konnte ihn nicht ausspielen, wenn diese Insekten ihn störten. Und dennoch gab er ihnen nicht die Genugtuung, sie weiter zu beachten. Er würde den Tanuki zerreißen, trotz der Silberkügelchen, mit denen sie nach ihm warfen! Er riss wieder die Pranken hoch, Gaara ebenfalls. Sie packten einander und starrten sich nur an. Ihre Körper waren gleich stark. Es wurde Zeit, mehr Fokus auf Geisteskraft zu legen. Am Rand seines Bewusstseins spürte der Fuchs dann plötzlich etwas. Eine fremde Macht kam näher. Er kannte sie. Er hatte sie mal gefürchtet, vor langer Zeit. „Uns ist einfach keine Ruhe vergönnt“, grollte er. Der Tanuki grunzte nur.   Eine Explosion ließ Deidara zusammenzucken. Sie sahen einem brachialen Machtgerangel zweier monströser Riesendämonen zu und hielten sich hier an der Kante zum Jenseits auf, und doch hatte er sich erschrocken – und nicht nur er. Denn die Explosion war hinter ihnen ertönt. Anko und er fuhren gleichzeitig herum. Einer der Jeeps, der nur Schützen transportiert hatte, war umgekippt und bestand nur noch aus brennenden, verbogenen Metallklumpen. Eine ebenfalls brennende Gestalt rannte schreiend davon, stolperte, fiel und stand nicht wieder auf, und Deidara sah gerade noch, wie zwei Weiße Richter, die neben ihm gerade eine Bazooka nachluden, in einer Blutfontäne auseinanderfielen. Etwas Helles sprang direkt vor Deidara, ein Mann, der in seinem ausgestreckten Arm eine teuflische Waffe hielt. Mit einem Schrei stolperte der Dämonenjäger rückwärts und tastete instinktiv nach einer Schusswaffe, die er vielleicht bei sich gehabt hätte, würde sie nicht immer noch irgendwo in einem staubigen Innenhof liegen. Anko wich ebenfalls vor der Kreatur zurück. Eine Totenkopffratze blickte ihnen entgegen, und Deidara kannte sie nur zu gut. Allerdings hatte sie beim letzten Mal eindeutig hämischer gegrinst. Nun wirkte sie ernst und feierlich … und auch sonst stimmte etwas nicht mit diesem Dämon, der sich Hidan genannt hatte. Die weißen Partien seiner Haut leuchteten in einem sanften Blauton; seine Augen verströmten silbriges Licht. „Aus dem Weg“, sagte der Dämon. „Von mir aus gern“, meinte Deidara und trat scherzhaft zur Seite, doch Anko winkte wild ihren Leuten zu. „Alle zu mir! Hier ist noch einer!“ Dutzende Maschinenpistolen mit Silbermunition richteten sich auf Hidan, wurden klickend entsichert. Deidara vergewisserte sich schnell, dass er nicht in der Schusslinie stand. „Du warst der, der Zabusas Team aufgerieben hat, oder?“, fragte Anko. „Du hast vielleicht Nerven, hier aufzutauchen.“ „Ehrlich gesagt würde ich mich mit ihm noch weniger anlegen als mit den beiden Großen, hm“, flüsterte Deidara ihr zu. „Wenn du auf einen erfahrenen Kameraden hören würdest …“ „Ruhe“, schnappte Anko. „Wir werden gleich sehen, ob er wirklich so unkaputtbar ist.“ „Ich habe keine Zeit, um mit euch zu kämpfen“, grollte Hidan, seine Stimme klang viel tiefer, als Deidara es gewohnt war. Und ruhiger, endgültiger. Ganz ohne Wahnsinn, sondern berechnend. „Der Dämonenkönig ist in Bedrängnis. Ich spüre es. Aus diesem Kampf wird ein neuer König hervorgehen, und ich werde mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, daran teilzunehmen.“ „Feuer!“, befahl Anko. Knatternd prasselten Kugeln gegen den leuchtenden Körper, rissen Löcher hinein und verbrannten zischend dämonische Energie, und Deidara fühlte sich an jenen Abend zurückversetzt, als die Weißen Richter den Dämon schon einmal in Stücke schießen wollten. Damals schien er sogar die Schmerzen genossen zu haben. Heute schien er sie nicht einmal zu spüren. Helblauer Rauch quoll aus den Schusslöchern in seinem Körper, die sich zwar immerhin nicht gleich wieder schlossen, aber es störte das Biest offenbar nicht. Stattdessen holte es mit seiner Sense aus und schleuderte mit einer fegenden Bewegung vier gezackte Lichtblitze über den Boden. Deidara warf sich zur Seite, Anko entging dem Angriff auch nur knapp. Gut ein Drittel der Weißen Richter, die Hidan umkreisten, wurde in Stücke gerissen. „Nicht nachlassen!“, schrie Anko und fischte selbst eine kleine Handfeuerwaffe von ihrem Gürtel. Sie kam nicht dazu, zu schießen. Der Dämon öffnete den Mund und sagte genau drei Worte. „AUS DEM WEG.“ Der Befehl rollte wie eine Meereswelle über die Menschen. Deidara fühlte sich von der schieren Gewalt dieser Worte von den Füßen gerissen, auch die Weißen Richter stürzten schreiend, als hätte ein Erdbeben sie überrascht. In Deidaras Kopf drehte sich alles, als wäre er betrunken und hätte den schlimmsten Tinnitus seines Lebens. Verschwommen sah er den Dämon einfach über die betäubt daliegenden Körper steigen und seine Sense schultern. „Dämonen, die von Dämonen Besitz ergreifen wollen.“ Nun zeigte sich ein Lächeln auf seinen Lippen, doch selbst das war anders, als Deidara es von ihm gewohnt war. „Das gefällt mir.“ Mit einem einzigen Sprung war der Dämon aus Deidaras Sichtfeld verschwunden.   Der Tanuki und der Fuchs öffneten zeitgleich wieder ihre Mäuler. Dieser Kampf würde noch ewig dauern, dachte der Fuchs. Gaara hatte gesagt, der Fuchs besäße den stärkeren Willen, aber das schien nicht ganz zu stimmen. Ja, der Fuchs wollte zerstören, aber er hatte sonst kein höheres Motiv. Warum auch? Es war unnötig. Allein stärker zu werden reichte doch. Und der Tanuki teilte diesen Wunsch. Der Fuchs konnte es fühlen. So kamen sie zu keinem Ergebnis. Sollte der Fuchs etwa auf diesen schwächliche Menschen in seinem Inneren hören? Er schien einen Kampfeswillen zu besitzen, den der Fuchs nicht verstand. Irgendetwas damit, diese Stadt zu retten. Warum auch immer man deswegen kämpfen konnte. Warum auch immer so ein Ziel einem Kraft geben konnte. Also schön. Dann würde er auf diese lästige Stimme hören, die viel zu lange die Oberhand gehabt hatte. Naruto sah voller Angst auf die Energiebälle, die sich vor ihrer beider Mäuler bildeten. Pechschwarz waren sie, so wie das Schicksal der Stadt, wenn sie sie aufeinandertreffen ließen. Die Druckwelle wäre gewaltig, würde noch viel gewaltiger werden als beim letzten Mal, und er spürte, dass Menschen in der Nähe waren. Was, wenn er damit seine Freunde traf? Dann beeil dich, diesen Kampf zu beenden. Zu gewinnen. Er wusste nicht länger, wem die Stimmen gehörten, die er immer wieder hörte. Aber diese hier hatte recht. Er legte all sein Feuer in diesen Angriff, er würde den Energieball des Tanukis wegfegen, ihn darin einschließen und aus der Stadt schießen. In der Richtung konnte er nicht so viel Schaden anrichten. Er musste sich nur konzentrieren … mehr Energie … mehr … Er setzte seinen ganzen Willen hinter diesen Angriff, den Willen, die Stadt zu retten, seine Freunde zu beschützen … das unsägliche Leid, dass er allein durch sein Auftauchen hier verursacht hatte, aufzuhalten und wenigstens zu einem Teil wiedergutzumachen. Sein Energieball wurde größer und größer, er schoss ihn ab … „VERGESST MICH NICHT.“ Etwas Winziges flog wie aus dem Nichts heran, aber Naruto spürte dennoch die Macht, die davon ausging. Und er kannte das Gefühl, das diese neue Stimme in ihm auslöste, wenn er sie auch nur für einen Sekundenbruchteil hörte. Eine blaue, rasend schnell rotierende Energiekugel flammte dort auf, wo sich sein schwarzer Ball und der des Tanuki treffen sollten. Scharf wie ein Fleischwolf sog sie die Schwärze an, fraß Narutos und Gaaras dämonische Kraft auf. Und dann wurde der Wirbel zu einem schwarzblauen Tornado. Naruto knurrte, der Tanuki ebenfalls. Hier mischt sich jemand ein. Naruto spürte, wie seine eigene Macht auf ihn zurückgeschleudert wurde, ihn wie ein Flammenmeer umschäumte und seine Haut, sein Fell in Brand setzte, schwarzblaue Flammen, eisig kalt und doch brennend. All seine Macht, all seine Konzentration war zu einem Wirbelsturm geworden, der ihn, Gaara und den Dritten einhüllte. Byakugan …, hörte er Gaara grollen. „WIE DUMM IHR DOCH SEID. ZERSTÖREN WIR UNSERE KÖRPER. DER WILLENSSTÄRKERE ÜBERNIMMT DIE SCHWÄCHEREN. DAS IST DER EINFACHSTE WEG.“   „Naruto!“ Sakura riss die Wagentür auf und stolperte halb aus dem Auto. Plötzlich war eine schwarzblaue Energiesäule um die kämpfenden Ungeheuer erschienen, die noch viel unheilvoller aussah als alles, was vorher gekommen war. Sie reichte bis in den Himmel, drückte die Schwärze dort nach oben wie ein umgestülpter Trichter, und wo der blaue Schein in die Dunkelheit überging, zuckten silberne Blitze. Auch im Inneren des Tornados, der so breit war die der ganze Hügel, wetterleuchtete es, mal rot, mal schwarz, mal weiß, mal blau. „Naruto!“ Sie schrie sich die Kehle heiser, als könnte sie irgendetwas ändern. Als könnte sie irgendetwas tun, um diesen irrsinnigen Kampf der stärksten Dämonen, die diese Stadt – vielleicht die ganze Welt – je gesehen hatte, zu stoppen. Aber er war in Gefahr, und mehr als seinen Namen zu rufen, konnte sie nicht tun. Der äußere Rand des Wirbels war direkt vor ihr, nur einige Trümmerstücke lagen noch im Weg, wurden ihr förmlich entgegen gepresst. Sie musste sich gegen einen starken, eisigen Gegenwind stemmen, der ihr die Tränen in die Augen trieb. Irgendwann konnte sie nicht näher heran. Es war, als stünde sie vor einer Wand aus brodelndem Wind. Ihre Stimme war schrill geworden, aber gegen den Sturm konnte er sie unmöglich verstehen.   Deidara wurde rückwärts davongeschleudert, genau wie viele der Weißen Richter. Anko schaffte es irgendwie, sich an einem der Jeeps festzuhalten, dessen Handbremse dem Sturmwind standhielt. Die Kraft des Tornados nahm zu dessen Auge hin zu; ein Jeep, der näher an den kämpfenden Dämonen stand, kippte um und rutschte ein wenig auf Deidara zu. Anko schrie etwas, aber keiner der Weißen Richter konnte sie hören. Diejenigen, die näher am Epizentrum dieses gewaltigen Schauspiels gestanden waren, flogen wie Blätter im Wind davon und schlugen dort, wo der Sturm schwächer wurde, wie Sandsäcke auf dem Boden auf. Fahrzeugtrümmer, aber auch Steine oder kleine Felsbrocken flogen noch viel weiter und gingen wie ein Hagel auf den bisher unversehrten Gebäuden weiter in Richtung Stadtzentrum nieder. „Verdammt, was ist denn jetzt passiert?“, schrie Deidara, an niemand Bestimmtes gerichtet. Es antwortete auch niemand.   Naruto konnte nicht sagen, ob der Sturm aufgehört hatte, oder ob er selbst es war, der aufgehört hatte. Der einfach aufgehört hatte zu existieren. Er war umgeben von einer Farblosigkeit, wie er sie nie gekannt hatte. Weder war sie schwarz noch weiß noch irgendetwas dazwischen, sie hatte einfach – gar keine Farbe. Er ahnte, was geschehen war.  Genauer gesagt, das Ungeheuer in ihm – er selbst – wusste es und teilte seine Gedanken mit ihm. Sein Körper war zerstört. Von sich selbst zerstört. Die unglaubliche Wucht, die mit all seinen Gefühlen und Zielen und Hoffnungen getränkt gewesen war, war entweiht und fehlgelenkt worden. Sie hatte ihn selbst getroffen, sich mit Gaaras und Byakugans Macht vereint und sie alle drei erwischt. Denn er stand nicht allein in dieser gähnenden Leere, die sich langsam mit etwas füllte, das man wohl nur ein Bewusstsein nennen konnte – etwas, das sie umgab und in dem sie sich befanden, der Rest, der von ihnen übriggeblieben war. Im Dreieck standen sie da – es fühlte sich zumindest so an, als würden sie da stehen. In Wahrheit waren es drei Bewusstseinsströme, die in der Mitte zusammenliefen, drei verschiedene gedankliche Kräfte. Sein eigener war aggressiv und feurig, zwiegespalten zwischen sich selbst und dem Fuchs – zwischen sich selbst und dem Menschenjungen. Dann war da Gaara, ein einheitlicher Strom, ruhiger als sein eigener, aber nicht weniger wuchtig. Er beteiligte sich kaum an dem Kampf um das Zentrum, auf das alle drei Bewusstseinsströme zusteuerten; wer gewann, schien ihn nicht zu interessieren. Und dann war da Byakugan. In seinem Strom schwammen schwach wie Kerzenflammen andere Gedanken, aber sie konnten sich der Strömung nicht widersetzen. SO IST ES RICHTIG, hörte Naruto die machtvolle Stimme Byakugans. WIR DREI WERDEN EINS WERDEN. ICH STEHE MIT EUCH AUF EINER STUFE. Vermutlich sollten wird dir danken, Byakugan, drang es aus Gaaras Richtung in Narutos Bewusstsein. Du hast dem Kampf ein schnelles Ende bereitet. Nun muss sich nur noch der Sieger auf gedanklicher Ebene herauskristallisieren. Und wir werden ein Wesen werden, wie es sein soll. Und dann unsere nächsten Geschwister suchen. Nein!, schrie Naruto auf. Wir haben genug angerichtet! Lass wenigstens die anderen in Frieden – es ist das Beste, wenn sie nie erwachen! Byakugan schien zu lachen. DU BIST NAIV. SOBALD EINER VON UNS DIE ANDEREN VERSCHLUNGEN HAT, HAT DER WILLE EINES EINZELNEN KEINE BEDEUTUNG MEHR. SELBST WENN DU DER SIEGER SEIN SOLLTEST, WIR BLEIBEN IN DEINEM UNTERBEWUSSTSEIN. UND JA, DU WIRST AUCH JENE VERLETZEN, DIE DU ANGEBLICH SO SEHR LIEBST. Das tue ich schon die ganze Zeit, dachte Naruto bitter. Er konnte nun erkennen, worum die drei Bewusstseinsmeere kämpften wie ein sturmgepeitschter Ozean. In ihrer Mitte schwebte etwas, das in der materiellen Welt ein unzerstörbarer Körper sein würde. Der Körper des Dämons Hidan – wie geschaffen als Gefäß für dem mächtigsten Dämon der Welt. Sie würden ihn alle drei besetzen, einer von ihnen würde die Oberhand behalten, die anderen würden ihn beeinflussen. Es gab kein Entkommen. Das Schicksal war etwas Unbarmherziges, Brutales. Hör auf, dich dagegen zu sträuben. Gaaras Stimme klang sanft. Wir sind Geschwister, wir stammen aus demselben Urgeschlecht. Einer kann den anderen nicht vollständig unterdrücken. Ich überlasse dir die Kontrolle über den Körper. Ein Teil deiner Gedanken zu sein ist mir genug. Nein! Ich will meine Identität nicht verlieren! Ich bin Naruto! Ich bin kein Dämon, und ich bin schon gar kein Urgeschlecht oder sonst was! DU BIST EIN DUMMER NARR. WENN DU SO VERZWEIFELT BIST, GIB AUF. DIESER KÖRPER GEHÖRTE URSPRÜNGLICH SOWIESO MIR. Nein! Doch auch der Fuchs rührte sich wieder, angestachelt von Narutos Verzweiflung. Mit aller Gewalt drängte er gegen das Zentrum ihres Streits. Gaara schien tatsächlich als Erstes aufgegeben zu haben, sein Bewusstsein umspielte die neue Dämonenessenz, die sie bilden würden, nur noch wie sanfte Strandwellen. Paradoxerweise schien Narutos verzweifeltes Auflehnen seine Vereinigung mit der Essenz nur voranzutreiben – sein starker Wille, zu überleben und nicht aufzugeben, verbunden mit der schieren, lang unterdrückten Wut des Fuchses, brachte ihn näher und näher an den Sieg. Byakugans Wille wallte gegen seinen auf, aber er konnte ihm nicht länger standhalten. Naruto wollte seine Fehler wiedergutmachen und seine Freunde beschützen. Das gab ihm die Kraft, der tonangebende Dämon dieser Essenz zu werden. Und genau das, was er so gern wollte, würde er hinterher nicht mehr tun können. Er konnte ja nicht einmal wirklich seinen eigenen Fuchsdämon kontrollieren, wie sollte es erst werden, wenn sie alle in einem einzigen Körper vereint waren? Da war es besser, wenn er aufgab und Byakugan machen ließ. Besser ein Hauch in einem Sturm, der die Stadt verwüstete, als der Sturm selbst. Der Fuchs spürte seine Resignation und übernahm wieder die Kontrolle. Endlich. Langsam wurde es Zeit. Sein Sieg war weit genug vorangeschritten, dass Byakugan ihn nicht mehr abwenden könnte. Du hast mich wohl unterschätzt, griente er. Du kanntest bisher nur den kleinen Menschen, in dem ich gewohnt habe. Und dieser Mensch war nun nicht mehr als ein schwaches Glimmen, das die Hoffnung aufgegeben hatte. „Naruto!“ Der Schrei zerfetzte die konzentrierte Stille. Kurz lichteten sich die grauen Schwaden, zeigten ein Mädchen in einem schwarzblauen Funkenregen, das gegen einen unsichtbaren Sturm anzukämpfen schien und sich dabei beharrlich näher an ihn heranschob. Wieder und wieder rief sie diesen Namen. Er hörte ihn nicht, er spürte vielmehr, wie sie nach ihm rief. Seinen Namen rief. Sakura. Sie hatte gesagt, dass ihr sein Dämon keine Angst einjagte. Dass sie daran glaubte, dass er immer Naruto bleiben würde, egal wie sehr er sich seiner dunklen Seite hingab. Sie vertraute ihm. Sie zählte auf ihn. Naruto war es, als würde er nach einem langen Schlaf träge die Augen öffnen, an einem Ort, so lebensfeindlich, dass es ein Wunder war, dass dort überhaupt jemand schlafen konnte. Wie hatte er nur einfach aufgeben können? Er hatte doch einen Grund zu kämpfen, einen Grund, diese Stadt zu retten, all die Dinge in Ordnung zu bringen, die er oder Gaara ins Rollen gebracht hatten. Er durfte nicht aufgeben. Mit aller Kraft warf er sich gegen den Fuchsdämon, der sich seines Sieges schon sicher war. Er spürte dessen Brüllen, als er in seinen inneren Käfig zurückgedrängt wurde, seine Wut und sein Unverständnis. Naruto vergrub ihn auf dem Grund seiner Seele, aber diesmal schloss er nicht die Tür zu seinem Gefängnis. „Versuch’s doch und brich wieder aus“, knurrte er den Fuchs an. „Ich werde dich wieder zurückdrängen, und wieder und wieder. Ich werde einfach akzeptieren, dass du da bist. Dass ich dich nie los werde. Und du wirst akzeptieren, dass ich dich nicht gewinnen lasse. Niemals.“ Sein Wille war so stark wie noch nie. In diesem Kampf der Bewusstseinsströme spürte er eine unbändige Kraft. Allein der Gedanke daran, die Dinge für Sakura in Ordnung zu bringen, gab ihm genug Macht, um seinen eigenen Dämon im Zaum zu halten. Warum hatte er sich überhaupt vor ihm gefürchtet? Er war ein Teil von ihm, so wie andere Leute vielleicht eine hässliche Nase hatten. Er zählte zu den mächtigsten Dämonen aller Zeiten und war dafür mitverantwortlich, dass es überhaupt Dämonen gab – und Naruto hatte ihn schon so oft in seine Schranken gewiesen, dass er ihm hoch erhobenen Hauptes entgegentreten konnte. Und ich bin doch stärker als du! Wart’s nur ab!, fauchte der Fuchs. „Von wegen. Ich weiß jetzt, was im Umgang mit dir zählt. Gaara hat es längst gesagt: Willensstärke. Ein Ziel. Was willst du schon Großartiges? Du willst nur Macht und Dinge zerstören, ohne tiefere Beweggründe. ICH HABE SAKURA, UND EINE GANZE STADT, FÜR DIE ICH DIE VERANTWORTUNG AUF DEN SCHULTERN TRAGE!“ Narutos geistige Worte erreichten eine Wucht, wie er sie nur von Byakugans kannte. Winselnd wie ein Hund kauerte sich sein Fuchs in seinem offenen Käfig zusammen und wurde seinerseits zu einem kaum erkennbaren Funken in Narutos Geist. Blieben noch die anderen beiden Dämonen. Beide versuchten nun, in Windeseile den unsterblichen Körper zu besetzen, als bekämen sie es plötzlich mit der Angst zu tun. Narutos Bewusstseinsstrom fegte sie hinfort wie ein Sturm. „Ich bin der Sieger. Echt jetzt.“ Bist du sicher?, fragte Gaara und umkreiste Narutos Macht, abschätzig. Alle drei von uns haben uns diesen Wirt für unsere Essenzen ausgesucht. Du wirst vielleicht die Oberhand behalten, aber unser Wille, unsere Ziele, alles wird verschmelzen und du wirst deine Identität verlieren. „Das werde ich nicht“, sagte Naruto grimmig. „Solange da noch eine Person ist, die weiß, wer ich bin. Dich mich als Naruto anerkennt.“ Diese Person wirst du betrügen. Du kannst jeden Stein Naruto nennen, aber unsere Taten werden dich wünschen lassen, dass diese Person dich vergisst. ER HAT RECHT. WIR WERDEN ZWEIFELLOS ANDERE DÄMONEN HERAUSFORDERN, UND MENSCHENLEBEN WERDEN KEINE ROLLE FÜR UNS SPIELEN. Ein so mächtiges Wesen, wie wir es werden, hat keinen Platz für die Gefühle, die dich momentan antreiben, Naruto. Naruto rang mit sich. Immer noch spürte er Sakura seinen Namen schreien; jeder Ruf gab ihm Kraft. Aber was die beiden sagte, stimmte. Er spürte es. Sobald einer von ihnen die Oberhand gewann, würden sich ihre Essenzen verbinden. Selbst wenn Sakura ihn dann noch als Naruto anerkannte, würde er vielleicht Dinge tun, die sie verabscheute – das wollte er sich und ihr ersparen. Auf der anderen Seite konnte er auch nicht wieder aufgeben, denn wenn die anderen gewannen, machte es das nicht besser. Aber irgendjemand von ihnen musste doch die anderen Essenzen auffressen, die sich um den unsterblichen Körper stritten … Naruto stutzte. Die anderen Bewusstseinsströme zuckten und zappelten, als sie seine Gedanken spürten. DAS IST TÖRICHT, sagte Byakugan. Gaara schwieg. „Warum?“ Naruto zwang sich, den anderen ruhig gegenüberzutreten. „Wieso muss es denn unbedingt einen Sieger geben?“ WILLST DU UNS ETWA AUF EWIG IN DIESEM ZUSTAND FESTHALTEN? Das Wirbeln wurde stärker. Narutos Wille peitschte die anderen zur Seite, doch er nahm sich nicht, was ihm zustand. Weder übernahm er die Kontrolle über Hidans Körper, noch verschlang er die anderen beiden Dämonen. Irgendwann wirst du gegen uns verlieren, prophezeite Gaara. „Das werden wir ja sehen“, sagte Naruto entschlossen. „Ich habe einen guten Grund. Und ihr?“ WILLST DU, DASS WIR HIER AUF EWIG MITEINANDER RINGEN? Byakugans furchtbare Stimm klang mit einem Mal schrill. Als wäre dies das Einzige, was der mächtige Dämon fürchtete. „Wenn das die Stadt rettet, ja.“ Du bist verrückt, murmelte Gaara. „Nein. Ich bin ein Mensch. Und Menschen tun manchmal irrationale Dinge.“ Naruto spürte ein schwaches Lächeln in sich. Er ließ sein geistiges Auge wandern, sah Sakura, der es immer leichter fiel, gegen den Sturm anzukommen. Sie war bald bei ihm. „Danke, dass du da bist“, sagte er und hoffte, dass die Worte sie erreichten, auch wenn sie nur in diesem Mischmasch aus Gedanken schwammen. „Wenn ich an dich denke, kann ich es sicher durchhalten. Einen Dämon habe ich mein ganzes Leben unterdrückt, wie viel schwieriger können drei von der Sorte sein?“ Weißt du, was du tust?, fragte Gaara. „Ja. Ausnahmsweise, ja“, sagte er. Er fühlte sich tatsächlich traurig. Aber er war auch noch nie so sicher gewesen, dass seine Entscheidung die richtige war. „Wenn ihr die Kontrolle über diesen Körper übernehmen wollt, werfe ich mich euch entgegen. Zieht ihr euch zurück, ziehe ich mich auch zurück. Ich werde auf ewig darüber wachen, dass keiner von uns je wieder einen Körper für seine Essenz bekommt. Und Akuma Gakure ist von all den großen Mistkerlen befreit.“ Du gehst wirklich weit für deine Überzeugungen. „Sag bloß, es beeindruckt dich?“ KEIN VERNÜNFTIGER DÄMON WÜRDE SEINE BEUTE NICHT ANNEHMEN! Es ist gegen unsere Natur. „Ich weiß“, lächelte Naruto. „Aber ich bin schließlich kein Dämon, sondern ein Mensch. Mein Name ist Naruto.“ Ihre Bewusstseinsströme zuckten erneut, hackten wie Giftschlangen aufeinander ein, aber er schaffte es, dass seine Kraft und die der anderen genau die Balance hielten. „Ich bin vielleicht relativ neu in dieser Stadt“, fuhr er fort, „aber ich habe schon so einiges hier erlebt. Ich wollte eine Zeitlang einfach nur wieder fort von hier. Aber es ist mir nie gelungen, und das ist auch besser so. Diese Stadt braucht mich.“ Wir werden es dir nicht leicht machen, warnte Gaara düster. Denn wir sind Dämonen. Ich bin schon lange kein Mensch mehr. „Dann los, tut euer Schlimmstes“, erklärte Naruto einladend. „Ich nehme es mit euch beiden auf, so lange es nötig ist. Schließlich bin ich Naruto Uzumaki, der beste Überlebenskämpfer, den es auf der Welt gibt. Echt jetzt!“ Die dämonischen Ströme zögerten kurz, ehe sie sich wieder in den Kampf warfen. Und Naruto dachte an seine Aufgabe und warf sich ihnen mit neuem Feuer entgegen.   Irgendwann hatte der schwarzblaue Sturm schließlich aufgehört. Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen. Die Dunkelheit am Himmel hatte sich verzogen und den Blick auf Mond und Sterne freigegeben. Sakura stand reglos in der Senke, die die wütenden Dämonen in den Hügel gerissen hatten. Ihr Blick hing auf der menschlichen Gestalt, die im Schneidersitz auf dem Grund des Kraters hockte – obwohl sie nur auf den ersten Blick menschliche Züge hatte. Ihre Kleidung war zerfetzt, die Haut schwarz-weiß gemustert, das Haar hing ihr silbrig grau in den Nacken. Die Totenkopffratze hatte ihre Augen geschlossen. Völlig ruhig saß der Mann da, schien zu meditieren, auch wenn kein Atem seine Lippen verließ. Zögerlich streckte Sakura ihre Hand aus, wagte es aber nicht, die Gestalt zu berühren. Da hörte sie hinter sich Schritte, ein kurzes Schnaufen und dann einen leisen Fluch, als jemand in der Dunkelheit über eine Unebenheit stolperte. Dann hielten die Schritte hinter ihr an. „Ach du Scheiße.“ Sakura drehte den Kopf und erkannte Deidara, der das Wesen mit gerunzelter Stirn musterte. „Sei so gut und sag mir, ob du ihn auch erkennst“, sagte Sakura mit tonloser Stimme. „Oder ob er nur für mich so aussieht.“ Deidara warf ihr einen schiefen Blick zu. „Er sieht aus wie dieser Dämon, der uns in den Bergen angegriffen hat, hm.“ „Der unsterbliche Hidan.“ „Genau.“ Sie fühlte einen Kloß in ihrem Hals. „Aber er ist es nicht. Hab ich recht?“ Sie konnte nicht sagen, woher sie das wusste. Sie spürte es einfach, irgendwie war da so ein leises Gefühl, dass etwas an ihm vertraut war. „Hm.“ Deidara zog ein kleines Gerät aus seiner Hosentasche und hielt es sich vors Auge. „Nicht schlecht, Kleine. Aus dir wäre vielleicht eine gute Dämonenjägerin geworden. War das dein Instinkt?“ „Eine einfach Antwort reicht“, murmelte sie. Sie wusste nicht, was es war, das sie fühlte. Trauer? Hoffnung? Wut? Keins von alledem? „Es sieht …merkwürdig aus. Ich kann drei freifliegende Essenzen feststellen, die diesen Körper alle zum Teil übernommen haben. Aber eben nicht vollends. Normalerweise, wenn mehrere Dämonen denselben Körper teilen, gewinnt der stärkere und verleibt sich die Macht und die Gedanken der anderen ein. Aber es sind ganz klar drei Essenzen. Übrigens unglaublich starke.“ Es war nicht nötig, dass er weitersprach. Sie wusste, was geschehen war. Als hätte sie den inneren Zwist, in dem sich Naruto befunden hatte, mitangehört. Als hätte er sie daran teilhaben lassen. „Dann ist er nicht tot?“ „Tja …“ Deidara schaltete das Gerät wieder ab. „Kann ich dir ehrlich gesagt nicht versprechen. Menschen kann ich mit dem Ding nicht sehen. Nur die Essenz seines Dämons, hm.“ „Er lebt“, nickte sie überzeugt. „Ich weiß es.“ Deidara zuckte die Achseln. „Wie du meinst. Wenn du dich damit besser fühlst …“ Noch einmal streckte sie die Hand aus, und dieses Mal berührte sie ihn. Ihre Finger strichen sanft über seine geschlossenen Augenlider. Plötzlich kämpften sich heiße Tränen in ihr hoch. „Und was soll das jetzt?“, fragte sie. „Lässt du mich jetzt einfach so allein, nur um mir und alle anderen zu helfen?“ Sie schloss die Gestalt behutsam in die Arme. Es war seltsam, diesen fremden Mann zu umarmen, und seine Haut fühlte sich kalt an und hart wie Stein, und trotzdem drückte sie ihn an sich, während ihr Tränen über die Wangen liefen. „Idiot. Du bist ein Idiot.“ Und trotzdem musste sie bei jedem Wort, das sie weinte, lächeln.   Als ein paar der Weißen Richter den Hügel herauf kamen, hatte Sakura sich wieder ein wenig beruhigt. Anko hatte eine Zigarette im Mundwinkel hängen, sie allerdings nicht angezündet. „Was zum Teufel ist hier vorgefallen?“, fragte sie, als sie nur eine einzige, menschliche Gestalt sah, wo eigentlich Giganten kämpfen müssten. „Ihr wart mal wieder zu spät“, grinste Deidara. „Unsere Seite hat gewonnen. Mein Kumpel, um genau zu sein.“ Anko runzelte die Stirn und deutete auf den Körper, der einst Hidan gehört hatte. „Der Dämon lebt noch.“ „Die Dämonen“, berichtigte Deidara sie. „Vielleicht stellst du es dir einfach so vor, dass sie alle da drin um die Vorherrschaft kämpfen, hm.“ Anko schnaubte. „Worauf warten wir dann noch?“ Sie winkte ihre Leute heran. „Das wird euch gar nichts bringen“, erklärte Deidara süffisant. „Der Körper da ist unsterblich. Die Dämonen haben ihn zur Hälfte übernommen, also kriegt ihr sie unmöglich aus ihm raus. Er wird sich höchstens in Rauch auflösen und dann wieder zusammensetzen. Am besten lernt ihr, dass man nicht jedes Problem mit Drauflosschießen lösen kann, hm.“ „Sagt der Verrückte, der mit tickenden Zeitbomben um den Armen ins Zelt fremder Leute marschiert“, gab sie trocken zurück. „Und was machen wir jetzt mit ihm?“, fragte Suigetsu. „Ihn in Frieden lassen“, murmelte Sakura und stand auf. Sie sah die anderen nicht an. „So wie er jetzt ist, beschützt er uns vor den anderen Dämonen, mit denen er gekämpft hat.“ Sie spürte förmlich die verständnislosen Blicke der Weißen Richter in ihrem Nacken. Anko entfernte sich ein paar Schritte, um jemanden anzufunken. Deidara blieb schweigend neben Sakura stehen. Die Nacht wurde empfindlich kalt, aber es machte ihr nichts aus. Auto- und Motorradscheinwerfer stachen durch die Dunkelheit, und bald darauf hörte sie sie rufen. „Sakura!“ Shikamaru und Kiba und die anderen Schattenwölfe hatten den Kampfplatz erreicht. Auch Hinata und Ino waren dabei. Sakura lächelte ihnen traurig entgegen, als sie den Hügel erklommen. „Wo ist Naruto?“, fragte Hinata beklommen. Wortlos deutete sie auf den meditierenden Mann. „Hä?“, machte Kiba. „Muss ich das jetzt verstehen?“ „Ich erkläre es dir später.“ Sakura holte tief Luft, sog die klare Luft ein. Es war trotz allem, als wäre etwas ihnen allen abgefallen, etwas Drückendes, das das Atmen erschwert hatte. „Wichtig ist, dass der Dämonenkönig gebannt ist. Und dieser andere Dämon auch. Dank Naruto.“ Etwas in ihren Worten schien die anderen davon zu überzeugen, dass sie recht hatte – oder sie schwiegen nur, weil sie erkannten, dass diese Sache Sakura naheging. Vielleicht würden sie sie später mit ihren Fragen löchern. „Und damit ist genau das geschehen, was sich der gute Kimimaro gewünscht hat“, meinte Deidara. „Ich weiß zwar nicht, ob er sich sogar wirklich für dieses Ziel opfern wollte, aber immerhin hat er es erreicht.“ Sakura schwieg. Sie überlegte, ob sie Kimimaro böse sein sollte, weil er Naruto erst zu diesem Plan überredet hatte. Aber sie glaubte fest daran, dass Naruto es ihm nicht übel nahm. Er hatte nun seine Bestimmung gefunden, den Grund, aus dem er hierhergekommen war. So bitter diese Bestimmung auch war. Vielleicht wäre er sonst auf ewig rastlos herumgewandert. Vielleicht mit mir. Sie schluckte den bitteren Kloß in ihrem Hals und auch die Tränen, die erneut kommen wollten, hinunter. „Dann lasst mich mal rekapitulieren, hm“, meinte Deidara, als eben Anko von ihrem Funkgespräch zurückkam. „Der Dämonenkönig ist tot. Orochimaru liegt höchstwahrscheinlich irgendwo unter unseren Füßen begraben, würde ich mal sagen. Die Schreckensherrschaft der beiden ist beendet. Die beiden großen Mafia-Familien sind ebenfalls verschwunden. Was bleibt, ist ein Haufen kleinerer Banden. Kurz gesagt, die Stadt ist wieder zu haben, hm. Interesse, irgendjemand?“ Sakura sah Shikamaru erwartungsvoll an. „Eine Chance, neu anzufangen“, sagte sie, kaum hörbar. „Wir sind es Naruto schuldig.“ Shikamaru schwieg, zündete sich selbst eine Zigarette an. Dann reichte er Anko das Feuerzeug. Zwei glimmende Punkte erhellten die Nacht. „Ich finde die Idee gut“, meinte Kiba. „Wir haben gerade jede Menge Kohle und Einfluss. Wahrscheinlich mehr als die anderen Banden. Wenn wir schnell sind, kriegen die gar nicht mit, was geschehen ist.“ Shikamaru atmete Rauch aus, schnippte die kaum begonnene Zigarette zu Boden und trat sie mit dem Fuß aus. „Du hast heute selbst gesagt, dass du neugierig wärst, was für ein Ort Akuma Gakure mit Naruto als Herrscher wäre“, erinnerte ihn Chouji. „Wir könnten es ausprobieren“, meinte nun auch Iruka. „Ein Akuma Gakure, wie Naruto es gewollt hätte. Ich glaube, wir hätten die Mittel dazu.“ „Was wirst du tun?“, fragte Temari. Shikamaru seufzte tief. „Mann, ihr nervt“, brummte er dann. „Von mir aus. Versuchen wir, ein wenig Ordnung in diesen Hexenkessel von Stadt zu bringen. Akuma Gakure kann ja nicht ewig eine Stadt des Verbrechens bleiben.“ Sakura lächelte ihn an. „Danke.“ „Akuma Gakura ist auch eine Stadt der Dämonen, hm“, mischte sich Deidara ein. „Ein paar tauchen sicher immer wieder auf.“ „Dafür haben wir ja Typen wie dich“, meinte Sakura schlicht. „Und ich bin sicher, die Weißen Richter werden mit den Freunden ihres Befreiers zusammenarbeiten, oder?“, fragte Ino, an Anko gewandt. Diese schien erst überrascht. „Was? Hm, ja, warum nicht. Dämonen zu töten ist sowieso unsere Berufung.“ „Aber ihr dürft nicht vergessen, dass wir hier jetzt die neue Ordnung bilden“, sagte Kiba wichtig. „Also kein Drauflosgeballere auf Verdacht hin, ja?“ „Noch habt ihr die Fische nicht im Trockenen“, meinte Anko säuerlich. „Das schaffen wir.“ Sakura drehte sich zu der statuengleichen Gestalt um, in der Naruto von nun an einen ewigen Kampf ausfocht. „Wir haben jetzt schließlich ein großes Vorbild, nicht wahr?“ Shikamaru und Anko vereinbarten schließlich, sich in den nächsten Tagen an einen Tisch zu setzen und zu überlegen, was weiter zu tun wäre. Mit dem Waffenarsenal der Weißen Richter in der Hinterhand konnten die Schattenwölfe zusätzlich Eindruck schinden, und die Weißen Richter hatten im Gegenzug Interesse daran, dass nun Menschen diese Stadt regierten. Die erste Ausnahme würde Sora betreffen, aber auch dabei würde man sich einig werden. Sakura und Deidara waren die Letzten, die noch auf dem Hügel verblieben. Deidara schien ein wenig verloren, als hätte er keine Ahnung, was er nun tun sollte. Dass er aus Kondolenzgründen oder aus Dankbarkeit hierblieb, konnte sich Sakura eigentlich nicht vorstellen. Der Mond tauchte die reglose Gestalt in silbernes Licht, die schwarzen Hautpartien verschmolzen mit den Schatten der Nacht. Sakura versuchte, von diesem Ort als Narutos Grab zu denken, aber sie wusste, dass das so nicht stimmte. Wieder streckte sie die Hand aus und strich über sein Gesicht. „Danke“, flüsterte sie. „Danke für alles.“ Auf dem Rückweg durch die Schuttwüste, zu der sich die Slums von Akuma Gakure verwandelt hatten, meinte sie: „Hier muss einiges wiederaufgebaut werden.“ „Dann habt ihr gleich was zu tun, hm.“ „Zu tun haben wir jede Menge, denke ich.“ Es würde schwierig werden. Aber wahrscheinlich nicht halb so schwierig wie der Kampf, dem sich Naruto verschrieben hatte. Sakura sah den Sternenhimmel an. Ja, eindeutig, er war noch nie so schön gewesen. Er versprach ein Morgen, auf das es sich zu warten lohnte. Sie hätten mit einem Wagen fahren können, aber etwas trieb Sakura zu Fuß in den Stadtteil, in dem erst heute Morgen ihr großer Plan seinen Anfang genommen hatte. Deidara trottete kommentarlos neben ihr her. Schließlich fanden sie Sasuke und Kimimaro, die in ihrem Todeskampf ein abstraktes, stacheliges Kunstwerk gebildet hatten. „Wir haben ihm auch viel zu verdanken“, murmelte Sakura. „Vermutlich.“ Deidara zuckte mit den Schultern. „Sagen wir es so, er war ein angenehmer Partner. Nicht so lästig wie ein gewisser anderer Tölpel, der mir ständig hinterherrennt.“ „Du hast ihn heute Morgen zurückgelassen, oder?“ „Ja. Leider. Aber weiter in Richtung Stadtkern haben auch ein paar Trümmer eingeschlagen. Vielleicht hab ich ja Glück und eines hat ihn getroffen“, sagte er trocken. In dem Moment erreichte eine schrille Stimme ihre Ohren. „Senpaiii!“ Als hätte er nur auf sein Stichwort gewartet, kam Tobi mit beinahe übermenschlicher Geschwindigkeit angerannt, die Arme erhoben, und Sakura meinte fast den Tränenstrom zu sehen, der aus seiner Maske herauslief. Deidara seufzte tief. „Mir bleibt auch nichts erspart, hm.“ Sakura lächelte. Wieder sah sie zum Himmel hoch. Wenn man bedenkt, wo wir alle angefangen haben, geht es uns doch relativ gut, oder, Naruto? Ich hoffe, du kannst mitansehen, was wir aus dieser Stadt machen werden. Während Deidara Tobi abzuwehren versuchte, der ihm um den Hals fallen wollte, streckte sich Sakura und sog erneut die klare, wohltuende Nachtluft ein. Aber du bist ab heute unser Schirmherr. Wie kann es da sein, dass du uns nicht siehst?     THE END. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)