Shards von UrrSharrador (At the End of Nightfall ... no one will be safe ... [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 5: DigiWar ------------------ Unbekannter Ort, DigiWelt Unbekannte Zeit Das Knallen der Tür, die jemand zuschlug, riss Ken aus seinem Schlaf. Er wusste instinktiv, dass viel Zeit vergangen war, vielleicht ein ganzer Tag, vielleicht sogar mehrere. Dennoch fühlte er sich nicht ausgeruht; ganz im Gegenteil brodelte eine Übelkeit in ihm hoch, als hätte sie nur darauf gewartet, dass er endlich aufwachte, um ihn anfallen zu können. Er lag immer noch in dieser Höhle … in die Moyamon soeben raschen Schritts hereingestapft kam, und allein die hektische Art, wie sich das Digimon den Schnee aus dem Pelz schüttelte, machte ihm klar, dass etwas nicht in Ordnung war. „Wir haben ein Problem“, knurrte Moyamon. „Die Scherben sind da.“ Wie klirrendes Eis hallten seine Worte in der Höhle wider. Frigimon saß unweit des Feuers, das zu einem Gluthaufen geschrumpft war. Dementsprechend kühl war es auch geworden. „Die was?“, murmelte Ken schlaftrunken. „Wir sollten machen, dass wir fortkommen. Sonst kommen wir nie wieder fort“, sagte Moyamon unheilschwanger, ohne auf seine Frage einzugehen. „Der Kampf geht in ein paar Minuten los.“ „Dann verlieren wir keine Zeit“, sagte Frigimon und richtete sich geradezu absurd langsam und schwerfällig auf. Es stapfte zu Ken. „Kannst du schon aufstehen?“ Ken horchte in sich hinein. Er fühlte sich zwar fiebrig und so schlecht wie schon lange nicht mehr, aber seine Beine würden ihn hoffentlich tragen. Indem er sich an einem Wurzelstrang festhielt, zog er sich in die Höhe. Sein linker Arm fühlte sich taub an und als er versuchte ihn zu bewegen, ging es nicht. Wie erwartet waren seine Beine kräftig genug, um seinen Körper zu stützen. Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, war das irre Schwindelgefühl, das ihn fast wieder zu Boden drückte. Nur mit Mühe konnte er verhindern, dass er stürzte, und sackte dafür mit einem Knie auf sein Strohlager zurück. Moyamon grunze ungeduldig. „Komm, ich helfe dir.“ Frigimon hielt ihm seine eisige, schaufelartige Pranke hin. „Nicht nötig, es geht schon, danke“, murmelte Ken halbherzig, als er an die Eiseskälte von Frigimons massigem Leib dachte, und versuchte erneut aufzustehen. „Verdient hast du’s nicht“, murrte Moyamon. „Also lass dir helfen, damit wir heute noch aus dieser verfluchten Höhle rauskommen!“ Ken wurde den Verdacht nicht los, dass ihn das Digimon nicht nur nicht ausstehen konnte, sondern fast hasste. Dennoch ergriff er nach kurzem Zögern Frigimons Hand und ließ sich von ihm Huckepack nehmen. Die Kälte prickelte an seiner Haut entlang, aber wenigstens spürte er sie auch in seinem verletzten Arm. Mit dem Gefühl, einen tatsächlichen Schneemann zu umarmen, wurde er aus der Höhle getragen. Sowohl das Essen als auch das restliche Feuerholz ließen die Digimon zurück. Erstmals sah Ken richtig, was außerhalb der Höhle lag. Nicht, dass es viel zu sehen gegeben hätte. Vor ihnen lag ein verschneites Feld, das sanft abfiel. In der Ferne gab es noch ähnliche, geschwungene Hügel. Der Blizzard war zum Erliegen gekommen, aber dicke, weiche Flocken rieselten immer noch verträumt aus dem grauen Himmel. Auf den fernen Hügeln glaubte Ken etwas zu sehen, einen Schatten, der sich bewegte, auseinander floss und sich wieder zu einer wogenden Masse vereinte. „Da sind sie“, brummte Moyamon. „Beeilen wir uns.“ Frigimon drehte sich herum und riss Kens Blickfeld somit von dem Schatten fort. „Was ist denn los?“, fragte der DigiRitter, als sie mit langsamen Schritten in dem selbst für Frigimon knietiefen Schnee den Hügel weiter erklommen. „Es wird hier gleich eine Schlacht geben, das ist los“, grunzte Moyamon ärgerlich. „Eine Schlacht?“ „Woher kommst du eigentlich, Junge? Hast du je von einem Krieg ohne Schlachten gehört?“, schnauzte ihn das Yeti-Digimon an. „Lass ihn“, sagte Frigimon beruhigend. In versöhnlichem Ton fuhr er, an Ken gewandt, fort: „Die Scherben werden gegen die Tankmon kämpfen. Wir sollten weit weg sein, wenn der Kampf beginnt.“ „Was sind die Scherben?“ „Du weißt doch wohl, was Scherben sind!“, grunzte Moyamon. Ken wollte etwas erwidern, als sich auf der anderen Seite des verschneiten Feldes große, eckige Gestalten aus dem Schneevorhang schälten und in einer streng geometrischen Linie auf die brodelnde Schwarze Masse zubewegten. „Die Tankmon sind da“, sagte Frigimon. Sie hatten die Spitze des Hügels erreicht und bewegten sich ein wenig auf der anderen Seite hinunter, gerade so, dass sie das Feld noch im Auge behalten konnten. Moyamon schien nervös zu werden, denn es trampelte unruhig auf der frischen Schneedecke herum. „Wollen wir noch lange hier bleiben?“ „Hier oben sehen sie uns nicht“, beschwichtigte ihn Frigimon. „Vielleicht bleibt unsere Höhle heil, dann brauchen wir gar nicht fortzugehen. Außerdem will ich den Kampf sehen.“ „Du bist wohl völlig verrückt geworden? Selbst ein Schneekopf wie du kann doch nicht so dämlich sein!“, zeterte Moyamon. Ken hörte ihm gar nicht zu. Er wusste zwar immer noch nicht, was los war, starrte aber gebannt auf die Tankmon-Armee, die in einigen Kilometern Luftlinie durch den Vorhang des fallenden Schnees kaum zu erkennen waren. Er hätte seine Zeit als DigimonKaiser liebend gerne vergessen, aber das konnte er nicht. Doch er hatte damit abgeschlossen – und er war längst kein Allroundtalent mehr wie damals, als er die Saat der Finsternis in sich getragen hatte. Trotzdem hatte er damals die Namen aller Digimon, die in seinem Reich unter seinem Joch hatten leben müssen, gekannt und wusste sie auch heute noch. Er wusste, dass Tankmon grüne, panzerähnliche Digimon waren, deren Nasen und Finger in Kanonenrohre ausliefen. Ken drehte den Kopf. Die schwarze Masse war jetzt nahe genug, um auch sie zu identifizieren: Es war eindeutig eine große Gruppe Digimon, vielleicht fünfzig, vielleicht sogar mehr. Soweit er erkennen konnte, waren es ausschließlich Ogremon, zwischen deren Füßen noch einige Gazimon wuselten. „Sind diese Ogremon eure Scherben?“, fragte Ken. Als befürchtete Frigimon, die Digimon könnten sie hören, senkte es seine Stimme. „Ja. Unter anderem. Sie nennen sich so, weil sie die Scherben der einstigen Macht der Dunkelheit sind. Die Reste der Albtraumsoldaten.“ „Albtraumsoldaten?“ „Piedmons Widerlinge“, knurrte Moyamon. Frigimon fuhr fort: „Als die DigiRitter Piedmon im Himmelstor versiegelt haben, sind einige von ihnen auch davon eingesaugt worden. Die anderen haben sich in alle Winde zerstreut. Aber seit kurzem arbeiten sie daran, eine Armee aufzustellen.“ Ken hörte ihnen interessiert zu, während er das Feld nicht aus den Augen ließ. Jetzt drang Kriegsgeheul an sein Ohr; die Ogremon stürmten mit erhobenen Knochenkeulen auf ihre gepanzerten Gegner zu. Während sie wild und ungeordnet angriffen, waren die Tankmon kalt und berechnend. Sie bildeten eine schnurgerade Linie, richteten zugleich ihre Kanonen aus und schossen. Mehrere Ogremon wurden von den Geschossen von den Füßen gerissen, als diese vor ihnen im Schnee explodierten. Andere wurden frontal getroffen und davongeschleudert, ehe sie sich sterbend in Datenwirbel auflösten. „Warum kämpfen sie gegeneinander?“, fragte Ken mit mildem Entsetzen, doch weder Frigimon noch Moyamon antworteten. Die Tankmon mähten gut die Hälfte der Ogremon und Gazimon nieder, aber so präzise sie auch waren, sie waren zahlenmäßig weit unterlegen. Als der erste Albtraumsoldat sie erreicht hatte, wendete sich das Blatt. Die Panzerdigimon, auf Fernkampf spezialisiert, konnten wenig gegen die Keulen tun, die ihre Rüstung eindellten. Einige Gazimon legten eine der Maschinen mit kleinen Stromstößen lahm, und manche Ogremon warfen die Tankmon einfach um. Es war ein lautes Scheppern und Knurren bis auf den Hügel zu hören. Für Ken gab es keinen Zweifel mehr am Ausgleich des Kampfes. Die Übermacht der Ogremon war erdrückend. Wenn das tatsächlich alles böse Digimon waren, und wenn selbst die nur Bruchstücke der einstigen Macht der Dunkelheit waren … Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als gute drei Kilometer hinter der Linie der Tankmon, gerade noch sichtbar für Ken, zeitgleich zwei Schneestürme auszubrechen schienen. Ken kniff die Augen zusammen. Es waren keine Stürme … Dort brach die Erde auf und spie zwei Digimon aus. Ken hielt den Atem an. Die beiden Digimon waren riesig, höher als ein Kirchturm, grün, und sahen aus wie Roboter mit Hundeköpfen. Zwei MegaGargomon auf einmal! Die gigantischen Maschinen fackelten nicht lange. Der Kampf vor ihnen kam beinahe zum Erliegen, als die Ogremon inmitten der Tankmon-Trümmer die Digimon erblickten. Dann klappten überall im Körper der MegaGargomon Metallplatten zur Seite und gaben Dutzende, wenn nicht Hunderte Kanonenrohre frei. Mit einem tosenden Rattern füllten sie die Luft mit digitalem Blei. Die erste Reihe der Ogremon fiel innerhalb einer Sekunde und kurz darauf wurde auch der Rest der Scherben von dem Kugelgewitter regelrecht zerfetzt. Tankmon explodierten und verwandelten sich in Feuerbälle, bis vor Rauch und aufgewirbeltem Schnee nichts mehr zu sehen war. Dann erst stellten die MegaGargomon ihr Dauerfeuer ein. Als der Kampfesnebel sich legte, offenbarte er ein grausiges Bild. Die Ogremon waren allesamt fort, aufgelöst in Daten, nur ihre Keulen lagen verkohlt und zersprungen im Schnee herum, der von ihrem Blut rot besprenkelt war. Auch kein einziges Tankmon war mehr zu sehen; nur noch rauchende Trümmerhaufen. Ken schluckte. Er hatte eigentlich angenommen, dass die Maschinendigimon auf derselben Seite standen. Dem war wohl nicht so – oder taten sie es tatsächlich und die MegaGargomon hatten ihre schwächeren Verbündeten einfach so geopfert? „Gehen wir“, brummte Moyamon. Auch es wirkte schockiert. „Ich will nicht wie die enden. Höhle hin oder her.“ Frigimon nickte und drehte sich abrupt um, sodass das Schlachtfeld und die MegaGargomon aus Kens Blickfeld verschwand. „Wir können ja später noch einmal hierher kommen. Lasst und erst mal im Wald Zuflucht suchen.“ Als sie den Hügel auf der Rückseite hinabstiegen und auf den fernen graubraunen Streifen, der ein Wald sein mochte, zuhielten, fragte Ken: „Ich verstehe es immer noch nicht. Was genau war hier gerade los?“ „Das“, knurrte Moyamon, „solltest du eigentlich am besten wissen. Schließlich seid an der ganzen Misere, in der die DigiWelt momentan steckt, ihr Menschen schuld.“ Tokio, Japan Mittwoch, 1. August 2007 13:15 Uhr Izzy brauchte überraschend lange. Er und T.K. fuhren zu Tai und Kari mit. Während die anderen beiden im Computerzimmer verschwanden und weiterhin versuchten, die restlichen DigiRitter zu erreichen und das Video zusammenzusetzen, ließen sich Kari und T.K. auf der Couch im Wohnzimmer vor dem Fernseher nieder, der allerdings ausgeschaltet war. „Was denkst du?“, brach Kari nach einer Weile das Schweigen. T.K. antwortete nicht sofort. „Ich mache mir Sorgen“, sagte er. Sie nickte. Das konnte sie ihm ansehen. „Ich weiß. Nur Mut, wir werden es schon irgendwie regeln. Wie immer.“ „Das meine ich aber nicht.“ Er sah sie an und wirkte dabei gleichzeitig ein wenig wütend und verzweifelt. „Kari, was ist, wenn das niemals ein Ende hat? Wir haben schon zweimal für die DigiWelt gekämpft und waren immer wieder in Lebensgefahr, und nun geht es erneut los? Es ist hoffnungslos.“ Er schüttelte den Kopf und wirkte nun plötzlich traurig. Kari rutschte zu ihm, nahm ihn in die Arme und legte den Kopf an seine Brust. Nach einer Weile meinte sie: „Es sieht dir gar nicht ähnlich, die Hoffnung aufzugeben.“ T.K. seufzte. „Nur Mut. Wir haben es zweimal geschafft, ein drittes Mal wird es auch irgendwie gehen.“ „Genau das ist es ja!“ Er war kurz versucht, sich aus ihrer Umarmung zu lösen, aber stattdessen erwiderte er sie und fügte leise hinzu: „Es ist immer nur irgendwie. Und das ist kein Garant, dass wir es schaffen. Sollten wir nicht irgendwann einmal die Verantwortung auf neue Generationen ablegen können? Ich will nicht mehr kämpfen, Kari. Ich will mich langsam auf mein Leben konzentrieren, auf die Zukunft … Auf unsere Zukunft.“ Kari erwiderte nichts. Sie wusste, was er meinte. In den letzten Jahren waren sie sich immer näher gekommen und ein festes Paar geworden – und er hatte Angst, dass dieser Friede jetzt durch eine neue Bedrohung in der DigiWelt gefährdet werden würde. „Diesmal ist es anders“, sagte sie schließlich hob den Kopf, um ihm fest in die Augen zu sehen und von ihrer Sicherheit zu überzeugen. „Es ist nicht die Macht der Dunkelheit, die die DigiWelt bedroht, soweit ich das verstanden habe. Und das wäre schließlich das Schlimmste, was passieren könnte.“ T.K. seufzte. Er war nicht überzeugt. „Warten wir erst einmal ab, was Izzy ans Tageslicht bringt“, schlug Kari vor. „Alles Weitere wird sich zeigen.“ Sie hob sanft sein Kinn an. „Lächle wieder. Wir sind schließlich zusammen – und wenn wir demnächst Patamon und Gatomon wiedersehen, werden wir wieder Spaß haben wie früher. Und unsere Beziehung bleibt spannend“, meinte sie augenzwinkernd. Er seufzte ein weiteres Mal, aber diesmal klang es erleichtert. „Du bist wunderbar“, flüsterte er. „Du bist mein Licht. Ich weiß nicht, was ich ohne dich tun würde.“ „Du bist aber nicht ohne mich, also musst du auch nicht die Hoffnung aufgeben.“ „Hoffnung, ja“, überlegte er. „Stimmt ja, das war mein Wappen.“ „Es ist immer noch dein Wappen. Und dein Wappen spiegelt dein Herz wider“, sagte sie. Ihre Lippen berührten sich beinahe. „Aber Hoffnung … Es ist trotzdem nichts Greifbares. Es ist eben nur … hoffen. Nichts genau wissen.“ Er wusste selbst nicht, warum er das sagte. Er wollte, dass Kari all seine Zweifel tilgte. „Aber mit der Hoffnung fängt alles an“, sagte sie und drückte ihre Lippen auf die seinen. Sie küssten sich verträumt, aber nicht lange, denn dann drang Izzys Stimme durch die Tür des Computerzimmers. „Kari? T.K.? Kommt ihr? Ich hab das Video zusammengesetzt!“ ====================== Das ist kürzer geworden, als es sollte ... Das nächste wird hoffentlich wieder länger :) Hoffe, es hat euch trotzdem gefallen ... und ich weiß, ich bin fies, dass ich nur Fragen aufwerfe und (noch) nicht beantworte^^ Wie auch immer, das nächste Kapitel spielt dann teilweise auch wieder in Europa. Danke für die Kommis bei den letzten Kapiteln, über welche zu dem hier freue ich mich natürlich auch immer ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)