Shards von UrrSharrador (At the End of Nightfall ... no one will be safe ... [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 9: Sole Survivor ------------------------ Tokio, Japan Donnerstag, 3. August 2007 16:43 Uhr Sie hatten sich alle in der Eingangshalle des Nagano-Krankenhauses versammelt. „Also ist doch noch einer der neuen DigiRitter am Leben“, murmelte T.K. leise, während Tai bei der Schwester am Empfang herauszufinden versuchte, in welcher Station und auf welchem Zimmer Fumiko Shinokiri lag. „Wenn Taneos Leute das noch nicht wissen, werden sie es bald herausfinden. Wir müssen das Mädchen auf jeden Fall beschützen.“ „Wenn wir es können“, murmelte Izzy mutlos. „Was meinst du damit?“ T.K. wirkte plötzlich so zornig, dass Cody ihn verwundert ansah. Er hatte diese Wut in seinen Augen schon oft gesehen, aber damals hatten sie noch gegen den DigimonKaiser und BlackWarGreymon gekämpft. War er wütend, weil die Bedrohung nun von jemandem ausging, der geschworen hatte, die DigiWelt zu beschützen? Izzy kam nicht dazu, zu antworten, denn Tai kam soeben vom Schalter zurück und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Fumikos Zimmer lag im vorletzten Stockwerk im rechten Krankenhausflügel, aber nach einer kurzen Liftfahrt hatten sie es erreicht. Auf dieser Station mussten sie noch einmal die Schwestern bitten, das Mädchen besuchen zu dürfen, und sichtlich widerwillig wurde es ihnen erlaubt. Sie hatte das Dreierzimmer für sich und lag in dem Bett direkt am Fenster. Fumiko war das genaue Ebenbild ihrer Mutter: Sie hatte langes, blauschwarzes Haar und fast weiße Haut. Allerdings waren ihre Wangen eingefallen und dunkle Ringe lagen unter ihren Augen. Als sie die Besucher sah, blinzelte sie nur schwach und schien durch sie hindurchzusehen. „Fumiko?“, fragte Izzy. Das Mädchen sah ihn apathisch an, ohne wirklich auf seine Frage zu reagieren. „Du kennst uns vielleicht nicht“, fuhr der Computerfreak fort, „aber wir sind auch DigiRitter. Wir gehören zu den beiden Generationen vor euch.“ Das Wort DigiRitter ließ Fumiko sichtlich aufhorchen. Sie öffnete die Augen und den Mund, sagte aber nichts, sondern versuchte sich nur aufzusetzen. Kari fielen die vielen Geräte auf, die rings um sie platziert waren. An einem Tropf hing ein ganzer Wald von Infusionsbehältern und die Kabel eines EKGs führten unter ihr Krankenhausnachthemd. Ein Knopf des Hemdes fehlte, und wo das Hemd aufklaffte, sah man einen dicken Verband, der um ihre Hüfte gewickelt war. „Ihr … ihr seid …“, fragte sie ungläubig. Ihre Stimme war nicht mehr als ein Krächzen. Dann verschwand das Leuchten aus ihren Augen und machte Traurigkeit Platz. „Ihr müsst aufpassen ... Taneo wird euch …“ „Das wissen wir bereits.“ Kari ließ sich seitlich von ihrem Bett in die Hocke sinken und legte ihr die Hand auf den Arm. Ihre Haut war kalt und verschwitzt. Fumiko zuckte leicht zurück. „Wir wissen von Taneo, und, was er euch angetan hat. Wir wollen versuchen, ihn aufzuhalten, aber wir brauchen deine Hilfe.“ Fumiko schluckte so hart, dass man es hören konnte. „Fumiko, du weißt, dass du die letzte von eurer Generation bist?“, fragte Tai. T.K. funkelte ihn wütend an, aber Fumiko nickte. „Ich wäre eigentlich schon längst tot … Wenn mich Parallelmon nicht gerettet hätte …“ Sie schnaubte traurig und ihr Blick verlor sich in den Falten ihrer Bettdecke. „Aber es ist noch nicht wieder vom Meer der Dunkelheit zurück. Wahrscheinlich ist es schon tot.“ Der Gedanke an ihr Digimon, das letzte, was ihr geblieben war, brach den Nebel, den ihr Bewusstsein zu seinem eigenen Schutz hatte aufwallen lassen, und die ganze Traurigkeit und Machtlosigkeit brach über ihr zusammen. Sie begann am ganzen Körper zu zittern und Tränen stiegen in ihre Augen. Das Gerät, das ihren Pulsschlag maß, piepste schneller. „Fumiko, beruhige dich bitte!“, rief Kari, drückte ihre Hand fester und zwang das Mädchen, sie anzusehen. Fumiko konnte nicht älter als vierzehn sein, eine Tatsache, die Kari das Herz einfrieren ließ. Doch tatsächlich atmete Fumiko nur noch einmal zitternd aus und wurde dann wieder ein wenig ruhiger. „Du warst am Meer der Dunkelheit?“, fragte T.K. „Wie sieht es dort aus?“ Sie zuckte schwach mit den Schultern. „Wie immer, eigentlich. Wir waren vorher nur einmal dort, alle zusammen. Zwei riesige Digimon kämpfen dort immer wieder gegeneinander. Wir haben immer nur ihre Umrisse gesehen. Den Flügelmann und den Tintenfisch haben wir sie genannt …“ Die Erinnerung an die Erlebnisse, die sie gemeinsam mit ihren Freunden hatte, ließ ihren Blick stumpf werden. „Können wir irgendetwas tun, um dir zu helfen? Dir etwas bringen, vielleicht?“, fragte Davis unsicher. Fumiko schüttelte schicksalsergeben den Kopf. „Ansatsu hat mich mit einem DemiDevimon-Pfeil vergiftet. Vielleicht hat er auch noch was von seinem eigenen Gift auf die Spitze geschmiert. Es ist schleichend, aber die Ärzte werden mir nicht helfen können. Ich werde bald sterben.“ Die Worte schlugen wie eine Granate ein. Die anderen riefen entsetzt durcheinander, doch Fumiko sagte nur: „Gegen ein Glas Wasser hätte ich aber nichts einzuwenden. Das Sprechen ist anstrengend.“ Sie sagte es so ruhig, als hätte sie sich schon vor langer Zeit mit ihrem Schicksal abgefunden. „Sofort.“ Davis hatte es richtig eilig, auf den Gang hinauszugehen. Fumiko starrte wieder ins Leere. „Wir haben auf der ganzen Linie versagt“, murmelte sie. „Es hätte alles ganz anders sein sollen …“ Sie wollte die Faust ballen, hatte aber nicht die Kraft dazu. „Fumiko, wir brauchen deine Hilfe“, redete Izzy wieder auf sie ein. „Taneo ist noch in der DigiWelt, oder?“ Sie nickte. „Wir können mir unseren alten DigiVices aber nicht mehr das Tor zur DigiWelt öffnen. Aber du kannst es, richtig?“ Fumiko schloss die Augen und ein bitteres Lächeln zuckte durch ihre Mundwinkel. „Wenn du einen Computer hast, nichts leichter als das. Aber ihr werdet es nicht schaffen. Taneo hat die DigiWelt ins Chaos gestürzt. Er hat irgendwie eine Armee um sich geschart und kämpft gegen die freien Digimon – und dann sind da noch die Scherben, die Reste der ehemaligen Macht der Dunkelheit. Ihr steht auf verlorenem Posten.“ „Jagari war da anderer Meinung“, sagte Izzy ruhig. Sie sah ihn überrascht an. „Du kanntest Jagari?“ Izzy nickte. „Er hat mit mir Kontakt aufgenommen.“ „Ach so.“ Fumikos Blick wurde wieder stumpf. „Jagari war schon immer ein Traumtänzer.“ Einen Moment lang wirkte es, als ob sie einschlafen würde, aber sie riss sich zusammen. Davis kam mit einem Becher Wasser zurück, doch sie befeuchtete nur die Lippen damit. Izzy erwiderte nichts mehr, sondern packte seinen Laptop aus. Er war bereits hochgefahren. Er dockte seinen mobilen Internet-Stick an und hielt ihr den Bildschirm erwartungsvoll hin. „Aber du kannst es öffnen.“ Fumiko deutete ein Schulterzucken an. „Mein DigiVice ist bei meinen Klamotten im Schrank dort drüben.“ Cody öffnete eine der Schubladen und zog ein kleines Gerät heraus. „Ist es das?“ Das DigiVice unterschied sich komplett von ihren eigenen. Es hatte immer noch das kleine Display, war aber aufklappbar wie ein Handy. Fumiko nahm es mit zittrigen Händen entgegen, als Tai sie zurückhielt. „Wartet noch.“ Alle sahen ihn an. „Wollen wir etwa ohne Matt, Sora, Mimi und Yolei in die DigiWelt reisen? Wenn, dann gehen wir zusammen!“ Er wandte sich an Fumiko. „Was meinst du, wie lange hältst du noch durch?“ „Sei ein wenig taktvoller, Tai“, tadelte ihn T.K, doch Tai beachtete ihn gar nicht. Auch Fumiko schien sein Tonfall nicht zu kümmern. „Kann ich nicht sagen. Vielleicht eine Woche. Vielleicht einen Tag. Vielleicht bricht in zwanzig Sekunden Ansatsu hier ein und bringt seine Sache zu Ende.“ „Es bleibt also ein Risiko“, stellte Tai fest. „Tai, wenn du nicht sofort …“, sagte T.K. zornig, aber der junge Mann mit der braunen Haarmähne unterbrach ihn sofort wieder. „Wir werden es so machen: Einige von uns gehen sofort in die DigiWelt und sehen nach dem Rechten, eine kleine Gruppe, die unbemerkt bleiben kann. Die anderen warten, bis Matt und die anderen da sind, und kommen nach.“ Sein Blick fiel auf Fumiko und diesmal schien er sich genau zu überlegen, was er sagte. „Sollte es ihnen dann nicht mehr möglich sein, in die DigiWelt zu reisen, haben wir wenigstens eine kleine Truppe, die dort aufräumen kann. Es gibt diesmal keine Prophezeiung, die besagt, dass man alle DigiRitter braucht. In der DigiWelt können wir mit unseren Digimonpartnern notfalls auch in einer kleinen Gruppe etwas ausrichten.“ „Ich bin dagegen“, sagte Joe sofort. „Wir sollten auf jeden Fall zusammenbleiben. So sind wir immer noch am stärksten.“ „Aber vielleicht verpassen wir dadurch die Chance, überhaupt in die DigiWelt zu kommen. Vergiss nicht, wir können das Tor selbst nicht öffnen“, gab Cody zu bedenken. „Aber …“ „Joe“, sagte Tai. „Du warst dabei, als ihr mich damals zu eurem Anführer gemacht habt. Es hat seitdem keine neue Abstimmung mehr gegeben. Tust du also, was ich sage, oder nicht?“ Joe wirkte mit einem Mal hilflos. „Das … Was du da sagst, ist unfair …“ Kari musterte ihren Bruder. Er tat nur so, als ob er so hart und unnahbar wäre. Ihm ging die Sache mit Fumiko und den anderen genauso nahe wie den anderen, aber er musste eine Entscheidung treffen. Wahrscheinlich wollte er Fumiko in ihren möglicherweise letzten Stunden die Gewissheit geben, dass sie getrost das Schicksal der DigiWelt in ihre Hände legen konnte. „Außerdem gibt es seitdem neue DigiRitter! Du kannst nicht einfach alles alleine entscheiden, nur weil du zuerst da warst!“, sagte Joe. „Ich bin Tais Meinung“, warf Davis ein. „Wir sind hier in dieser Welt auch nicht mehr sicher; drüben haben wir wenigstens die Unterstützung unserer Digimon.“ Joe seufzte. „Also schön. Vergesst es einfach.“ Er wirkte ein wenig geknickt, weil sein Vorschlag – wieder einmal – in den Boden gerammt worden war. Izzy nickte. „Dann machen wir es so. Wer geht?“ „Ich hätte gerne, dass T.K. und Kari gehen. Traust du dir das zu?“, fragte Tai Kari, die wortlos nickte. „Gut. Wenn die Reste der dunklen Macht sich zusammengerottet haben, können eure Digimon am meisten dagegen ausrichten. Davis, ich möchte, dass du auch mitgehst, zur Sicherheit.“ „Ich?“, fragte Davis. Er warf T.K. und Kari einen Blick zu. „Bist du sicher? Ich meine – du hast immerhin WarGreymon … Und ohne Ken kann Veemon nur bis zum Champion-Level digitieren.“ „Ich bin mir sicher“, nickte er. „Ich würde gerne hier bleiben und die Dinge in der Realen Welt regeln. Es kann sein, dass wir bald von Zuhause ausziehen müssen, und wir müssen sicherstellen, dass Matt und die anderen keine schlimme Überraschung erwartet, wenn sie am Flughafen ankommen. In der DigiWelt werden wir die Hilfe von anderen Digimon brauchen. Davis, du bist derjenige, der die überzeugendsten Reden schwingen kann, dir werden sie vertrauen. Außerdem wissen wir nicht mit Sicherheit, ob unsere Partner überhaupt noch digitieren können.“ Davis blies die Backen auf. „Was mich angeht, zieht nur das letzte Argument“, meinte er. Tatsächlich war die ältere Generation der DigiRitter während der letzten Kämpfe eher im Nachteil gewesen. Falls es wieder etwas wie die Schwarzen Türme in der DigiWelt gab, wie damals, als der letzte Mensch versucht hatte, sie zu erobern, würde die Armor-Digitation ihre einzige Hoffnung sein. Tais Blick wanderte zu Joe, der immer noch ein wenig an einen begossenen Pudel erinnerte. „Joe, du gehst auch mit.“ Der Älteste sah ihn erstaunt an. „Im Ernst? Wieso ich?“ „Weil du der Vernünftigste von uns bist und ein wenig Vorsicht in der DigiWelt nicht schaden kann. Ich weiß, ich kann mich auf dich verlassen. Du wirst die Gruppe anführen, einverstanden?“ Joe starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Er konnte es nicht fassen, gerade noch fuhr Tai ihm über den Mund, dann ernannte er ihn zum Anführer der Aufklärungsmission. Das zeugte tatsächlich von Vertrauen, das Tai ihm nicht verwehren wollte. Fumiko hustete keuchend und lenkte damit die Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Gut. Wir haben genug Zeit verplempert“, sagte Izzy und hielt dem Mädchen seinen Laptop hin. Fumiko hob ihr DigiVice, das sofort aufglühte. Zwischen den Zeilen auf dem Bildschirm veränderte sich etwas, dann begann auch der Bildschirm zu leuchten. „Beeilt euch. Ich glaube, es kommt eine Schwester“, drängte Cody, der Schritte auf dem Flur hörte. Kari, T.K, Davis und Joe hielten ihre DigiVices, zu dem Monitor und verwandelten sich in verschwommene Schemen, die von dem Computer aufgesaugt wurden. Das glühende Licht verschwand kurz danach, das Tor hatte sich wieder geschlossen. Sie ließen Fumiko alleine – die Schwestern wollten nicht, dass sie zu lange von Besuchern aufgeregt wurde – und vereinbarten, sofort wiederzukommen, sobald der Rest ihrer ehemaligen Gruppe in Japan eingetroffen war, und Izzy wies Fumiko an, ihn sofort anzurufen, wenn irgendetwas Ungewöhnliches vorfiel. Als sie das Krankenhaus verließen, meinte Cody: „Mir ist gerade etwas eingefallen. Wir müssen doch eigentlich gar nicht alleine mit dem Problem fertig werden. Es gibt weltweit noch genug andere DigiRitter, die uns helfen können.“ „Das hab ich mir auch schon überlegt“, sagte Izzy missmutig. „Aber wenn wir mit ihnen Kontakt aufnehmen, geraten sie sicher auch in Taneos Visier. Außerdem können wir nicht warten, bis sie alle nach Japan kommen, um durch Fumikos Tor zu gehen, und ich weiß nicht, ob es andernorts auch eine neue DigiRitter-Generation gibt.“ Tais Blick verlor sich im Himmel, der von einem unwirklichen Grau überzogen war. „Ich mache mir eher Sorgen darüber, wie ich Matt erklären soll, dass ich seinen Bruder ins Ungewisse geschickt habe.“ Myotismons Schloss, DigiWelt Donnerstag, 3. August 2007 17:08 Uhr T.K. blinzelte gegen die Staubwolke an. Man sah kaum die Hand vor den Augen. Die Sonne war hinter dicken, schwarzen Wolken verschwunden. Dennoch hatte er die Ruine, vor der sie sich materialisiert hatten, sofort erkannt: Es handelte sich um die Überreste von Myotismons Schloss, dem finsteren, gruselig-mystischem Bauwerk, in dessen Keller sich einst das Tor befunden hatte, das das Digimon und seine Armee in die Menschenwelt gebracht hatte. Selbst als die DigiWelt nach Apocalymons Vernichtung neu erschaffen worden war, war die Ruine wieder erschienen, als weigerte sie sich, von der Bildfläche zu verschwinden. „Meint ihr, Fumiko hat uns absichtlich hierhergebracht?“, überlegte Davis, während er die Umgebung erkundete. Es lag kein Stein mehr auf dem anderen, der Ort, der frührer durchtränkt war vom Bösen, war nun nur noch trostlos und öde. Ein Skelett war alles, was vom Schloss übrig geblieben war, und selbst das sah aus, als würde es nur noch halten, weil sich die Felsblöcke beim Einsturz ineinander verkeilt hatten. T.K. konnte sich noch gut erinnern, wie das Bauwerk damals von MegaKabuterimons und WereGarurumons Attacken zerstört worden war. „Was tun wir jetzt als nächstes?“, fragte Kari. „Wir halten uns erst mal verdeckt“, bestimmte Joe, „und suchen unsere Digimon-Partner und sehen dann, was wir tun können.“ Keiner von ihnen bemerkte den Schatten, der auf der obersten Zinne der Ruine stumm auf sie herabsah. ========================== Tais Plan wird also umgesetzt. Ob es eine gute oder eine schlechte Idee war, wird sich zeigen ;) Und ich will jetzt auch gar nichts mehr hinzufügen, außer: Im nächsten Kapitel gibt es diverse Wiedersehen ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)