Shards von UrrSharrador (At the End of Nightfall ... no one will be safe ... [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 14: Angelkiller ----------------------- Zur Rauchenden Krone, DigiWelt Montag, 7. August 2007 irgendwann kurz vor Sonnenaufgang „Davis! Hey, Davis!“ Veemons Stimme drang in sein Bewusstsein, gleichzeitig mit heftigem, stechendem Kopfschmerz. Jemand rüttelte ihn an der Schulter. Davis brauchte einen Moment um zu verstehen, dass auch das Veemon war. Stöhnend stemmte er sich in die Höhe. Er hatte auf einem der Tische im Gastzimmer geschlafen – oder besser gesagt, er war plötzlich einfach vorgesunken und wie ein Stein in tiefen Schlaf – oder auch Ohnmacht – gefallen. Was zur Hölle war gestern passiert? Allein der Versuch sich zu erinnern bereitete ihm Kopfschmerzen. Dann fiel es ihm wieder ein. Kari … und T.K. … und … „Davis!“ Veemons Stimme klang eindringlicher. Blinzelnd sah Davis sich um. Graues Licht sickerte durch die halb geschlossenen Läden der Taverne. Bis auf sie beide war der Schankraum leer – was gut war, denn Davis‘ Hut lag neben seinem Stuhl auf dem Boden und gab den Blick auf seine Igelfrisur frei. Hastig bückte er sich danach – und ihm wurde prompt übel. „Alter Schwede, du hast gestern ja ordentlich was geleistet“, sagte Veemon mit einer Spur von Tadel und einer noch vom Restalkohol schweren Zunge. Davis setzte sich behutsam den Hut auf. Sein Kopfweh blieb beharrlich in Form eines dumpfen, penetranten Schmerzes, und sein Mund war ausgetrocknet und pelzig, als hätte sich ein Eichhörnchen darin zum Schlafen niedergelassen. „Wie spät ist es?“ nuschelte er und erschrak, wie heiser er klang. „Keine Ahnung. Es fängt gerade zu dämmern an. Ich bin auch erst wachgeworden – allerdings hab ich es gestern ins Zimmer geschafft.“ Davis dachte an ein gewisses anderes Zimmer und empfand eine grimmige Zufriedenheit dabei, einfach hier mitten im Schankraum geschlafen zu haben. Wenn da nur nicht dieses Kopfweh wäre … „Wo sind all die anderen?“, fragte er. „Und hast du ein Glas Wasser für mich?“ Veemon grinste schadenfroh. „Nein … Da musst du wohl warten, bis Deramon aufwacht. Es wollte dich eigentlich nicht hier liegen lassen, konnte dich aber nicht wecken. Die Goblimon und ich haben gewettet, ob es das schafft. Ich hab eine Menge Geld gewonnen“, meinte es stolz. „Ich kenn dich eben zu gut.“ „Aha“, brummte Davis missmutig. Sein Digimon-Partner schien vergessen zu haben, dass die Goblimon eigentlich ihre Feinde und mit Schuld am Chaos in der DigiWelt waren. „Und wo sind deine neuen Freunde jetzt?“ „Oh, sie haben kein Zimmer mehr bekommen, also sind sie in den Wald gegangen, um dort zu übernachten.“ „Hm.“ Davis versuchte aufzustehen und wäre fast gestürzt. Seine Knie waren weich und er fühlte sich so schwer … all seine Glieder schmerzten, als wäre er übernächtigt und hätte obendrein Fieber … Vor seinen Augen drehte sich der Raum und ein leiser Stich von Übelkeit hatte sich endgültig in seiner Magengegend eingenistet und wollte nicht weichen. Von seinem Sodbrennen erst gar nicht zu reden … Schwankend machte er sich auf den Weg zur Eingangstür. „Wo willst du hin?“, fragte Veemon. „Hau bloß nicht ab, du schuldest Deramon einen Haufen Geld!“ Seine Witze konnte sich Veemon getrost sparen. Davis knurrte irgendeine Antwort, die er selbst nicht verstand, und torkelte ins Freie. Angenehm kühle Waldluft füllte seine Lungen und weckte seine Lebensgeister wieder. Jetzt erst fiel ihm auf, wie stickig es in der Taverne war. Er spürte einen enormen Druck auf der Blase und erleichterte sich beim nächstbesten Baum. Dann sah er nach links, wo am Ende des Tals die Sonne über die Felsspitzen spähte. Irgendetwas stimmte dort nicht, aber Davis war so benebelt, dass er erst gar nicht merkte, was. Über dem Halbkreis aus Felsen ging die Sonne auf – aber auch wieder nicht. Etwas wie ein dichter, schwarzer Schleier schob sich den Horizont empor und legte sich über die goldene Scheibe. Davis blinzelte. Täuschte er sich, oder kam der Schleier näher? Kaum hatte er das gedacht, leckten dicke Schattenfinger über den stahlgrauen Himmel, und Davis konnte trotz seiner etwas unsicheren Sicht innerhalb des Schleiers kleine, zappelnde Körner ausmachen. „Oh, Scheiße“, murmelt er. „Veemon!!“, brüllte er schließlich aus Leibeskräften. Er wartete gar nicht ab, bis sein Partner reagierte, sondern stürmte in die Taverne zurück und die Treppe hoch zu den Zimmern. Die Stufen schienen sich unter seinen Schritten zu wölben und auf halbem Weg ging ihm die Puste aus. Einem Impuls folgend wollte er erst in T.K.s und Karis Zimmer stürmen, überlegte es sich dann anders und lief in sein eigenes. Veemon prallte in der Tür fast mit ihm zusammen. „Joe!“ Davis rüttelte seinen Freund, der tief und fest schlief, so heftig an der Schulter, dass dieser hochfuhr und beinahe aus dem Bett gefallen wäre. „Wa-Was ist denn los?“, murmelte Joe schlaftrunken, während er nach seiner Brille tastete. „Ich weiß auch nicht, aber da kommt irgendwas!“ „Was meinst du mit irgendwas?“ „Komm mit und sieh’s dir an!“ Davis‘ aufgeregte Stimme hatte auch Kari und T.K. geweckt, die verschlafen auf den Gang kamen. „Was brüllst du denn so herum?“, fragte Kari gähnend. T.K. rieb sich den Schlaf aus den Augen. Sie trugen beide nur Unterwäsche. „Schnell, ihr müsst sofort mit mir mitkommen! Irgendwas kommt genau auf uns zu!“ Kari war sofort hellwach. „Was meinst du?“ Keine zwei Minuten später standen sie alle vor der Taverne und beobachteten die Schattenwolke, die über den Himmel glitt. Mittlerweile hatte sie die Sonne wieder freigegeben, doch sie hielt tatsächlich genau auf die Rauchende Krone zu. „Das sind doch …“, murmelte T.K, als er die einzelnen flatternden Elemente erkannte, aus denen die Wolke bestand. „Fledermäuse?“, sagte Kari zaghaft. „Ich habe ein ganz mieses Gefühl“, sagte Joe. Die düstere Wolke verschluckte die echten Wolken über ihnen, wölbte sich – und eine Säule aus Fleisch gewordener Finsternis bohrte sich wie ein gigantischer Finger aus dem Himmel in die Wiese vor ihnen. Glashalme flatterten durch die Luft, als ein konzentrischer Windstoß an den Haaren und Kleidern der DigiRitter zerrte. Wie durch einen Strohhalm wurde der Schatten aus dem Himmel durch die Säule gezogen, schien mit dem Boden zu verschmelzen – und schließlich stoben die Fledermäuse spiralförmig auseinander und gaben den Blick auf ihren Herrn frei. Die DigiRitter schrien erschrocken auf. Eine hochgewachsene Gestalt in einem altmodischen, blauen Anzug mit hohem Kragen stand dort vor ihnen. Blondes Haar fiel ihr bis in den Nacken und eine rotviolette Maske mit Fledermausflügeln umgab die Augen in dem blassen Gesicht. „Myotismon!“, stieß Joe aus. T.K.s Blick glitt vom Gesicht des Digimons ab. „Patamon!“, rief er. Das Myotismon hielt Patamon an den Ohren gepackt wie einen Hasen. „T.K. …“, seufzte das kleine gelbe Digimon. „Was hast du mit ihm gemacht?“, rief T.K. und machte einen Schritt auf Myotismon zu. Der Vampir kicherte. Es war definitiv ein anderes Myotismon als das von damals, aber dennoch zweifellos gefährlich. „Nichts“, sagte es gedehnt. „Ich habe es nur eingefangen, um es zu dir zu bringen. Wenn meine Informanten die Wahrheit gesagt haben, dann bist du doch sein Partner, oder?“ Damit holte es aus und schleuderte Patamon von sich. T.K. gelang es, es aufzufangen. „Bist du verletzt? Patamon!“ „T.K!“ Patamons Augen glänzten feucht. „Ich bin so froh, dich zu sehen …“ „Es ist wohlauf. Und nun, da ihr beide vereint seid, kann es auch wieder digitieren.“ In Myotismons Händen erschienen rote Lichter wie Flammen. „Darf ich dann um den Tanz bitten?“ „Dir wird der Spott noch vergehen!“, rief Davis. „Veemon!“ „Schon zur Stelle!“ Das blaue Digimon wurde von goldenem Licht umhüllt, als es zu Ex-Veemon digitierte und sich auf Myotismon stürzte. „An dir bin ich nicht interessiert!“ Das Vampirdigimon schoss eine seiner Albtraumkrallen auf Ex-Veemon ab, schlang sie um dessen Brust und schleuderte das Drachendigimon von sich. „Kari! Ich kämpfe auch!“, rief Gatomon. „Viel Glück!“ In Karis Brust begann das Licht ihres Wappens zu glühen. Gatomon wurde zu einem weißen Schemen, der menschliche Gestalt annahm und zu Angewomon wurde. „Das gefällt mir schon besser“, konstatierte Myotismon und riss seinen Mantel auseinander. „Gruselflügel!“ Vor ihm erschien ein Fledermausschwarm, der mit hungrig gebleckten Mäulern auf das Engeldigimon zuraste. „Himmlischer Charme!“ Angewomon breitete die Arme aus und eine Sichel aus rosafarbenem Licht pflügte durch die Fledermäuse und ließ sie zu glitzernden Datenwirbeln werden. Myotismon brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit und das Licht bohrte sich in die Erde, wo es einen klaffenden Spalt hineinschlug. Noch bevor Myotismon wieder auf seinen Füßen landete, holte es aus und schleuderte eine weitere rote Lichtschlange auf Angewomon. Das Digimon erschuf vor sich einen leuchtenden Schutzschild, der die Attacke abfing. „T.K! Du musst Patamon auch kämpfen lassen!“, rief Davis. Das Auftauchen dieses Digimons und der damit einhergehende Adrenalinschub hatten seinen Kopf geklärt. T.K. sah ihn nur gedankenverloren an. „Aber warum …“ Patamon löste sich energisch aus seiner Umarmung und flog mit weit ausgebreiteten Flügeln auf die Kämpfenden zu. Sein Körper glühte auf und verformte sich zu Angemon. „Pass auf, Angemon“, warnte Angewomon. „Irgendetwas stimmt mit ihm nicht.“ Angemon nickte. „Ich spüre es auch. Seien wir besser vorsichtig.“ T.K. sah stirnrunzelnd zu seinem Digimon hoch. „Das macht doch keinen Sinn … Warum tut es das?“ „Was meinst du?“, fragte Kari, doch da ertönte Angemons klare Stimme: „Myotismon! Du magst nicht das Wesen sein, das vor Jahren diese und andere Welten ins Chaos gestürzt hat, aber du bist dennoch eine unheilige Existenz, die ich von dieser Welt tilgen werde!“ Angemons Stab verwandelte sich in reines Licht, das seine Faust umschloss. „Kraft des Lichtes!“ Ein weißgoldener Energiestrahl schoss auf Myotismon zu, das ihn mit einem grimmigen Lächeln erwartete und eine ruckartige Bewegung mit dem Handgelenk machte – und eine Albtraumkralle erschien und riss Ex-Veemons massigen Körper zwischen die Attacke und das Vampirdigimon. „Ex-Veemon!“, schrie Davis, als der Lichtschwall das Drachendigimon zwischen den Flügeln traf. Ächzend wurde Ex-Veemon nach vorne geworfen und riss Myotismon von den Füßen. Angemon, das seinen Stab wieder erscheinen ließ, flog besorgt hinterher. „Bist du in Ordnung, Ex-Veemon?“ Ex-Veemon rang einen Moment nach Luft und hustete dann. „Du hast einen ordentlichen Wumms drauf, Angemon“, sagte es schließlich. „Aber mir geht es soweit gut.“ „Ex-Veemon ist nicht von der Macht der Dunkelheit besessen. Angemons Attacke hatte daher nur eine geringe Wirkung auf es“, kombinierte Joe, während T.K. immer noch seltsam nachdenklich, fast apathisch wirkte. „Irgendetwas …“, murmelte er. „Irgendetwas stimmt nicht …“ Ex-Veemon bekam einen Fußtritt von Myotismon in die Brust. „Runter von mir, du unwichtiger Nebencharakter!“, zischte das Vampirdigimon und mit einem Mal wurde das geflügelte Drachendigimon von einem Fledermausschwarm attackiert. „Ha! Könnte dir so passen!“, knurrte Ex-Veemon, packte Myotismon am Kragen und schleuderte es von sich. „Jetzt, Angewomon!“ „Verstanden!“ Noch während Myotismon mehrere Meter weit sich überschlagend und schreiend durch die Luft flog, ließ Angewomon einen Bogen und einen Pfeil aus reinem Licht in seinen Händen erscheinen. „Dein Ende ist gekommen, Myotismon!“, verkündete es. „Himmelspfeil!“ Wie ein Blitz, viel schneller als Angemons Attacke, bohrte sich der Pfeil blitzend und Energie sprühend durch die Luft, traf Myotismon in der Brust, nagelte es am Boden fest und entlud blitzend und zischend seine heilige Kraft, begleitet von einem schauerlichen Brüllen der Vampirgestalt. „Jetzt hast du es!“, freute sich Joe und ballte die Fäuste. So hatten sie schließlich schon einmal ein Myotismon besiegt. Nicht so dieses Mal. Das Licht verebbte nach ein paar Sekunden, und auch Myotismons Schrei endete. Das Vampirdigimon hockte keuchend auf die Hände gestützt im Gras. Seine Brust und sein Rücken, wo die Spitze des Lichtpfeils hinausgetreten war, rauchten. „Ihr … seid gut …“ „Das ist doch unmöglich!“, rief Kari. „Auch Angewomons Attacken haben die größte Wirkung gegen dunkle Digimon“, versuchte Joe die Sache logisch anzugehen. Seine Stimme zitterte jedoch. „Heißt das, dass Myotismon nicht die Macht der Dunkelheit gebraucht?“ Angemon schwebte auf ausgebreiteten Flügeln in den Himmel. Erneut umfing es Licht, als es sich dazu bereit machte, auf sein Ultra-Level zu digitieren. „Verdammt, der Kampf dauert schon viel zu lange!“, fluchte Davis. „Warum hat es das getan? Das ergibt doch keinen Sinn“, murmelte T.K. „Was meinst du?“, fragte Kari. „Was überlegst du die ganze Zeit?“ „Kommt dir das nicht auch komisch vor?“, fragte T.K, während Angemon ein neues Flügelpaar wuchs und sich seine Rüstung verstärkte. „Myotismon hat Patamon zu mir gebracht, damit es digitieren kann. Aber warum? Was hat es davon, wenn es seine Feinde stärker macht?“ Davis klappte den Mund auf, um etwas zu erwidern, aber dann fiel ihm ein, dass er sich darüber noch gar keine Gedanken gemacht hatte. So ganz nüchtern war er wohl immer noch nicht … „Das hast du gut beobachtet, DigiRitter“, ertönte Myotismons Stimme, als es aufstand und sich einen Speichelfaden aus dem Mundwinkel wischte. „Dein Name ist Takeru, oder?“ „Du kennst meinen Namen?“, fragte T.K. und runzelte finster die Stirn. Myotismon überging die Frage. „Es gibt natürlich einen Grund, warum ich Patamon nicht gleich getötet habe. Ich lebe für den Kampf! Aber ich suche mir meine Gegner genau aus – denn ich bin ein Engelsmörder!“ Kari wich instinktiv einen Schritt zurück. „Ein Engelsmörder?“, wiederholte sie leise. Die Falte auf T.K.s Stirn vertiefte sich. Myotismon breitete seine Arme aus. Seine Augen hatten einen fast an Wahnsinn grenzenden Glanz bekommen. „Engeldigimon sind wirklich etwas Besonderes! Sie sind so prachtvoll, so rein und gutartig, dass sie alles in den Schatten stellen, was man über Digimon gehört und gesehen hat! Und es ist eine Lust, wenn ich ihre schmalen, makellosen Körper zerbreche, wenn ich ihre reine, weiße Federpracht mit ihrem eigenen Blut beschmutze! Seit der Krieg ausgebrochen ist, habe ich mehr Engel getötet, als ihr euch vorstellen könnt!“ Myotismons Stimme war immer lauter geworden und ging in ein schrilles Lachen über, das abrupt endete. Das Vampirdigimon senkte den Kopf und eine Strähne seines blonden Haares fiel ihm ins Gesicht. „Wusstet ihr, dass selbst die Datenfragmente, in die sich Engeldigimon bei ihrem Tod auflösen, viel heller und schöner glänzen als normale?“ „Es ist genug, Myotismon!“, ertönte eine Stimme von oben. Die Blicke aller richteten sich auf MagnaAngemon, das ruhig und majestätisch hoch über der Ebene schwebte. Angewomon schwebte an seine Seite. „Nie wieder sollst du unschuldige Digimon verletzen!“ Die beiden Engel strahlten wie eine zweite Morgensonne, ihr Licht war sogar noch greller, aber gleichzeitig so weich, dass es nicht in den Augen schmerzte. Sogar Myotismons Fledermäuse waren mit einem Mal verschwunden. MagnaAngemons Schwert, das an seinem Handgelenk befestigt war, glühte violett auf. Das Digimon hob die Waffe und begann, einen Kreis in den Morgenhimmel zu zeichnen, um das Himmelstor zu öffnen. „Oh nein, das lässt du schön bleiben!“, rief Myotismon und aus seiner Hand schoss einmal mehr eine rot blitzende Albtraumkralle, die sich um MagnaAngemons Arm schlang und ihn zur Seite riss. Der violette Halbkreis endete in einer schiefen Linie und erlosch. „Angewomon!“, feuerte Kari ihr Digimon an. Angewomon legte bereits einen neuen Pfeil an – als plötzlich die Fledermäuse wiederkamen, von überall her, und dem weiblichen Digimon die Sicht nahmen. Der Himmelspfeil löste sich und bohrte sich knapp neben Myotismons Fuß in den Boden, als dieses sich kraftvoll abstieß. Von einer Wolke aus Fledermäusen getragen flog es auf die beiden Engeldigimon zu. „Nicht so schnell – ich bin auch noch da!“ Ex-Veemon kam ihm mit geblähten Schwingen entgegen. Das X auf seiner Brust glühte feurig auf. „Vee-Laser!“ „Du störst schon wieder!“, blaffe Myotismon und breitete seinerseits die Arme aus. Ein großer Schatten, der die Form seiner Maske hatte, fegte durch den Vee-Laser wie Wind durch Rauch und traf Ex-Veemon frontal. Das Drachendigimon brüllte auf, dann wurde seine Haut plötzlich grau, und es stürzte ab. Davis schrie seinen Namen und rannte dorthin, wo es am Boden aufschlagen würde. Kari erinnerte sich, dass Mimi einmal erzählt hatte, dass das Myotismon von damals auf die gleiche Weise Lilymon betäubt hatte. „Nun zu euch!“ Myotismon hielt in seinem Flug nicht inne, während es MagnaAngemons Schwert immer noch mit seiner Albtraumkralle blockierte und Angewomon von einem schieren Schwall aus Fledermäusen von ihm fortgedrückt wurde. Als es dem männlichen Engeldigimon endlich gelang, die rote Peitsche zu zerschlagen, war Myotismon direkt über ihm. „Im Nahkampf unterliegst du mir!“, rief MagnaAngemon mit seiner volltönenden, von den Felswänden im Tal widerhallenden Stimme und hob sein Schwert aus violettem Licht. „Denkst du! Schattenschere!“, rief das Vampirdigimon und stürzte wie ein Raubvogel auf MagnaAngemon hernieder. In seinen Händen erschien eine riesige, messingfarbene Sense. „Was?“, stieß MagnaAngemon ungläubig hervor und zögerte gerade eine Sekunde zu lang, zuzuschlagen. Myotismon schwang die Sense mit einem weit ausholenden Streich. Das Licht, das von MagnaAngemon ausging, wurde von einer finsteren Wolke wie von einem Tintenfleck befleckt, als die Sense quer durch seine Hüfte schnitt. „MagnaAngemon!“, brüllte T.K. Kari schrie auf, Joe brachte keinen Ton heraus. Davis, der das reglose, graue Ex-Veemon mit Tränen an der Schulter rüttelte, sah erschrocken auf. Myotismon segelte, von seinen Fledermäusen umgeben, wie in Zeitlupe wieder bodenwärts. MagnaAngemon schien für einen schrecklichen Moment seine Substanz zu verlieren und zu losen Daten zu werden, dann glühte sein Körper gelblich auf und es wurde wieder zu Patamon, das bewusstlos abstürzte. „Und ein weiterer Engel für meine Sammlung!“, schrie Myotismon triumphierend. Wie ein Blitz schoss Angewomon herab, das sich endlich von der Fledermauswolke gelöst hatte, legte im Flug einen neuen Pfeil auf Myotismon an und schoss – jedoch zu hastig und unpräzise. Auch dieser Pfeil verfehlte Myotismon um Haaresbreite, als es sich zur Seite warf – und im Gegenzug eine Albtraumkralle nach Angewomon schleuderte. Das Engeldigimon wich ebenfalls aus, musste dabei aber seinen Sturzflug abbremsen – und diesen Moment nutzte das Vampirdigimon, um direkt zwischen Kari, T.K. und Joe zu landen. Erschrocken wichen die drei auseinander. Wie ein Kreisel wirbelte Myotismon herum und brachte mit einem Schlag einer weiteren roten Peitschte auf Knöchelhöhe die DigiRitter zu Fall. Schnell wie ein Schatten glitt es dann hinter Kari, riss sie brutal in die Höhe und hielt ihr das gekrümmte Blatt der Sense an die Kehle. „Was hast du gesagt? Ich soll nie wieder unschuldige Digimon verletzen?“, schrie Myotismon Angewomon zu, das schneller als je zuvor auf ihn herabsauste. „Sieh zu, wie ich deinen Partner töte!“ „Nein!“, schrie T.K, ließ alle Vorsicht fahren und stürzte auf Myotison zu. Wenn es sein musste, würde er mit bloßen Händen gegen es kämpfen! Alle Geräusche verstummten in seinen Ohren, selbst das rasch näher kommende Rauschen von Angewomons Flügeln, er hörte nur mehr sein eigenes Keuchen und seinen Herzschlag. Die Zeit zog sich wie Gummi zu einer Ewigkeit. Er sah in Karis geweitete Augen, sah das blanke Entsetzen, die nackte Panik, die Verwirrung darin, und es brach ihm das Herz. Noch ein Schritt, noch ein Schritt … Seine Turnschuhe rissen winzige Grashalme und Erdkügelchen aus dem Boden, als er mit weit ausgreifenden Schritten um Karis Leben rannte. Er sah alles so scharf wie noch nie, sah, wie Karis Kinn zitterte, sah, wie die Sonne sich im Sensenblatt spiegelte, sah, wie Myotismon die Muskeln in dem Arm anspannte, der die Sense hielt. T.K. schrie, ohne sich selbst zu hören. Angewomons Schatten erschien über ihm. Er streckte die Arme nach Kari aus … Myotismon zog die Sense durch. In einer geschwungenen Linie zeichnete das funkelnde Blatt einen roten Halbkreis. Blutstropfen wie Rubine sprenkelten das Gras. Der Vampir ließ es zu, dass Kari T.K. direkt in die Arme fiel. „Kariii!!“ T.K. brach in die Knie. Karis Glieder waren ganz schlaff. Ihr Mund zuckte, als sie versuchte, zu atmen. Blut quoll aus der Schnittwunde an ihrer Kehle, so viel Blut … „Kari ... bitte …“ Tränen standen in T.K.s Augen. Kari war leichenblass geworden, dunkle Ringe wurden unter ihren glasigen Augen sichtbar. Er bekam nicht mit, wie der Kampf weiterging, wie sich Angewomon auf Myotismon stürzte, auch nicht wie Davis heranstürmte, auch nicht Joe, der Kari mit zittrigen Händen anstarrte und nicht wusste, was er tun sollte. T.K. presste die Hände auf den Schnitt, aber das Blut quoll zwischen seinen Fingern hindurch. „T…K…“, brachte Kari hervor, als der Schmerz ihr wieder gestattete zu sprechen, und sie hob die Hand, um T.K. an der Wange zu berühren. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt. „Kari, halt durch! Kari!“, schrie T.K, dem die Tränen längst über die Wangen brannten. „Ver…Versprich mir…“Als sie die Worte hervorpresste, lief Blut aus ihren Mundwinkeln. Ihre Augen verloren sich in seinen. „Pa … au …“ Er konnte sie nicht verstehen, wollte es auch gar nicht. „Kari, bleib bei mir! Bitte, Kari!“ „Ich … liebe … dich“, seufzte sie mit dem letzten Bisschen Luft, das ihre Lungen bekamen. Dann schloss sie die Augen, als würde sie einschlafen. Ihre Hand, die über seine Wange gestreichelt hatte, fiel schlaff zu Boden. T.K.s Tränen endeten abrupt. Er konnte nicht mehr atmen, es schnürte ihm die Kehle zu. Fassungslos starrte er Kari an. Sie war tot. Tot. Tot! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)