Shards von UrrSharrador (At the End of Nightfall ... no one will be safe ... [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 27: Sword and Scythe ---------------------------- Vor dem Bluray-Gebirge, DigiWelt Freitag, 24. August 2007 6:44 Uhr Raidramon bemerkte es, als sie an einem kristallklaren Bach, der direkt aus den Bergen kam, anhielten und Davis abstieg um sich zu waschen. „Davis!“, sagte es. „Du hast das was auf dem Rücken.“ „Ja, na und?“ Davis fuhr fort, sich Wasser ins Gesicht zu spritzen und über seinen bloßen Oberkörper laufen zu lassen. Es erfrischte und brachte seinen Kreislauf in Schwung. Er hatte in der Nacht nicht geschlafen, war nur kurz auf Raidramons Rücken eingedöst, und es dauerte sicher noch, bis sie eine sichere Stelle für ein Lager fanden. „Da, auf der Schulter! Ein Mal, das so aussieht wie eine Hand!“ „Ist sicher nur ein Kratzer, was du siehst.“ „Aber Davis …“ „Nichts aber. Komm, weiter geht’s.“ Er zog sich sein T-Shirt wieder über, band sich seine flammenbestickte Weste um die Hüften und setzte sich auf Raidramons Rücken. Sein Digimonpartner lief los, aber seine Sorge war nicht abgeschüttelt. „Davis … Was stimmt nicht mit dir? Du bist so anders als sonst … und du willst plötzlich nicht mehr bei deinen Freunden sein.“ „Ich will schon bei ihnen sein“, murmelte Davis. „Aber ich will sie nicht sterben sehen.“ „Glaubst du etwa wirklich, was dir ein Geist erzählt? Also ich hätte da meine Zweifel.“ „Ach, was weiß ich. Ich will nicht darüber nachdenken. Reite schneller, wenn’s geht.“ „Ach, Davis …“, seufzte das Digimon. Ausläufer des Bluray-Gebirge, DigiWelt Freitag, 24. August 2007 8:46 Uhr Sora schlief ungewöhnlich lange. Auch wenn es noch vor neun Uhr war, hätte sie am Vortag nicht gedacht, auf den rohen Felsen so tief schlafen zu können, schon gar nicht nach den Ereignissen vom Vortag. Es war einer jener Momente, in denen sie aufwachte und für einen kurzen Augenblick keine Sorgen kannte, ehe ihr mit brutaler Wucht die vergangenen Geschehnisse wieder in den Kopf fuhren. Sie streckte sich und merkte, dass all ihre Glieder verspannt waren, was kein Wunder war. „Guten Morgen, Sora“, hörte sie Yoleis Stimme neben sich. „Morgen“, nurschelte sie und sah sich um. Sie und Yolei saßen ein wenig abseits von den anderen unter dem Vorsprung, wo sie die Nacht verbracht hatten. „Sag mal“, begann Yolei leise, als wollte sie nicht, dass sie jemand hörte, „mir ist etwas eingefallen. Was meinst du, wohin ist Ken damals verschwunden?“ Sora musste sich erst den Schlaf aus den Augen reiben. Eigentlich wollte sie nicht so kurz nach dem Aufwachen schon wieder über diese komplizierten Dinge nachdenken, aber sie hatte das Gefühl, Yolei eine Antwort, oder zumindest ihre Meinung, schuldig zu sein. Seufzend dachte sie nach. „Ich weiß nicht“, sagte sie schließlich. Nach dem Tod seiner Eltern hatte Ken jeglichen Kontakt zu seinen Freunden abgebrochen und seither hatten sie nichts von ihm gehört, kein Sterbenswörtchen. Yolei wirkte immer noch nachdenklich. „Du standest ihm sehr nahe, nicht wahr?“, fragte Sora sanft. „Ich – also, nein!“, sagte Yolei impulsiv und eine kaum erkennbare Röte schlich sich auf ihre Wangen. Dann senkte sie den Blick. „Ich habe nur Mitleid mit ihm, das ist alles … Hältst du es für möglich, dass er … hier ist? In der DigiWelt?“ „Wie kommst du darauf?“ Sora sah sie verwundert an. „Wie gesagt, ich habe nachgedacht. Ich …“ Sie wich verlegen Soras Blick aus. „Ich habe heute Nacht von ihm geträumt. Davon, wie er wahrscheinlich leidet … Und da ist mir dieser Gedanke gekommen. Der Unfall mit seinen Eltern, das war vor einem halben Jahr, oder? Ungefähr zu der Zeit sind Taneo und die neuen DigiRitter in die DigiWelt gerufen worden. Und Mimi hat mir erzählt, dass vor einem halben Jahr plötzlich Palmon aus ihrem Computer aufgetaucht ist. Was, wenn sich das Tor damals nicht nur für die neuen DigiRitter geöffnet hat? Dann könnte Ken es entdeckt haben und in die DigiWelt gereist sein.“ „Aber dann …“ Sora fröstelte plötzlich. „Das hieße ja … Er wäre ein halbes Jahr in der DigiWelt gewesen!“ Yolei nickte. „Und er hätte Taneos Aufstieg aus erster Hand verfolgen können.“ „Und er hätte nichts dagegen unternommen?“ Yolei hob nur die Schultern. „Ich weiß es nicht. Es war nur so ein Gedanke.“ Sie stand auf und ging zu Cody hinüber, der verbissen mit seinem Schwert übte, obwohl seine Verletzungen noch lange nicht verheilt waren. Sora dachte nach. So abwegig war Yoleis Theorie gar nicht. Allerdings wäre dann vielleicht schon Ansatsu auf der Jagd nach den DigiRittern auf ihn gestoßen … Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte sich nicht vorstellen, dass noch einer ihrer Freunde gestorben war. Einige Meter entfernt planten Izzy, Tai und Matt ihre nächsten Schritte. Tai hatte aus irgendeinem Grund verlangt, dass auch Joe bei der Besprechung dabei war, und Mimi saß teilnahmslos daneben. Izzy hatte eine ungenaue Karte der DigiWelt in das Fleckchen Erdboden dort geritzt. „Hier sind wir in etwa, und das ist das restliche Gebirge. Dort irgendwo, höchstwahrscheinlich im Zentrum, wird wohl die Finsterzitadelle der Scherben liegen.“ „Und die Mobile Festung, die die Dunklen benutzen, ist quasi unmöglich aufzuspüren“, sagte Tai. „Richtig, aber schaut. Hier sind das Geistertal und das Albtraumschloss.“ Izzy deutete auf eine Linie in seinem Plan. „Es waren ziemlich viele Karten dort versteckt, also denke ich, dass sie alle dort gebunkert haben. Daher vermute ich, dass es kein anderes Versteck geben wird, sonst hätten sie sie besser verteilt. Nachdem das Albtraumschloss nicht mehr sicher ist, bewahren sie die Karten jetzt sicher direkt in ihrer Zitadelle auf. Vorausgesetzt, T.K. hat sie ihnen wirklich wieder ausgehändigt.“ „Das heißt, nachdem wir Taneo nicht finden können, nehmen wir uns die Scherben zuerst vor?“, schlussfolgerte Matt. „Das halte ich für das Schlauste“, sagte Izzy. „Wenn wir erst die Karten haben, wird er sich uns früher oder später stellen. Das Problem wird sein, die Zitadelle zu finden. Wenn bekannt wäre, wo sie liegt, hätte sie die DigiAllianz sicher schon gestürmt.“ „Können wir nicht einfach T.K.s DigiVice verfolgen?“, fragte Joe. „Ihr habt uns ja auch so gefunden.“ „Das geht nicht“, sagte Matt. „Gennai hat nur Updates für die alten DigiVices geschrieben. Die neuen können weder aufspüren noch aufgespürt werden.“ „Ach so“, murmelte Joe. „Außerdem, selbst wenn wir sie finden, muss sie stark verteidigt sein“, sagte Izzy. „Wenn man bedenkt, dass T.K. so viele Digimon dabeihatte, und irgendwo in der DigiWelt eine noch viel größere Armee aus Albtraumsoldaten herumzieht und nach den Karten sucht, ist ihr Hauptquartier sicher ein wahres Bollwerk. Deswegen greifen auch die Dunklen nicht an, obwohl sie ja wissen, wo es liegt.“ „Das ist kein Problem.“ Tai schlug sich mit der Faust in die Handfläche. „Wir haben WarGreymon und MetalGarurumon. Die können uns nichts entgegensetzen!“ „Da könntest du recht haben.“ Izzy kratzte sich am Kinn. „Ihr Meister war Piedmon und keiner der Meister der Dunkelheit hattte Megadigimon als Untergebene, also werden die Triumviratoren wohl nur Ultradigimon sein. WarGreymon und MetalGarurumon gehören momentan sicher zu den stärksten Digimon in diesem Krieg.“ „Trotzdem sollten wir nichts überstürzen“, sagte Matt. „Es wäre dumm, ohne den Gegner genau zu kennen, einfach draufloszustürmen.“ „Vielleicht sollten wir …“, begann Joe leise. Alle wandten sich zu ihm um und er schrumpfte ein wenig in sich zusammen, aber als ihm Tai eine aufmunternde Geste zukommen ließ, holte er Luft und sagte: „Vielleicht sollten wir der DigiAllianz unsere Hilfe anbieten. Ich meine, wenn T.K. sogar den Albtraumsoldaten hilft, dann sollten uns die Guten doch allemal akzeptieren, oder nicht?“ „Da bin ich mir nicht sicher“, sagte Matt. „Überleg mal, wenn sie erfahren, dass einer von uns die Seiten gewechselt hat, trauen die uns nie.“ „Wir müssen es einfach probieren“, sagte Tai entschlossen. „Wir überreden sie zu einem Angriff. Selbst die müssen mitbekommen haben, dass es kaum noch Karten gibt, die die Scherben finden müssen.“ Izzy nickte. „Das glaube ich auch. Und mit T.K. an ihrer Seite, glaube ich, sind die Scherben momentan sogar eine größere Bedrohung als die Dunklen.“ „Matt, du bist der Anführer. Was sagst du?“, fragte Tai. Matt sah ihn fragend an, suchte in seinem Gesicht nach Spott oder Sarkasmus, aber Tais Augen waren ehrlich. Im Stillen dankte er dem ehemaligen Anführer. „Versuchen wir’s“, sagte er schließlich. Ebene, DigiWelt Samstag, 25. August 2007 16:35 Uhr Das Allomon brüllte zornig auf, warf den Kopf nach vorn und tauchte Ken in eine Feuerwolke. Mit seinem linken Arm ausgestreckt, zerstob der Flammenwirbel direkt vor seinem Körper, nur die Hitze spürte er auf der Hand prickeln. Schon fühlte er, wie sein Arm oder besser gesagt seine Narbe die Attacke scannte und kopierte. Das Dinosaurierdigimon quittierte seine Unverwüstlichkeit mit einem Knurren und schlich wachsam näher, um ihn mit den Klauen zu attackieren. Ken holte mit dem linken Arm aus. „Donnerball!“ Ein bläulicher Blitz zuckte aus seiner Hand und traf das blauhäutige Digimon in die Brust. Wie ein getretener Hund jaulend machte Allomon einen Satz und nahm Reißaus, die kleinen Arme und der Schwanz unkontrolliert zuckend. Die Erde bebte, als es sich aus dem Staub machte. Ken ließ den Arm sinken. Er konnte ihn immer besser kontrollieren. Den ganzen letzten Tag hatte er vorsichtig nach Digimon Ausschau gehalten, mit denen er sich messen und deren Attacken er kopieren konnte. So hatte er sich ein kleines Waffenarsenal zugelegt – und es trotzdem irgendwie geschafft, keines seiner Opfer zu töten. Um nichts in der Welt wollte er in seine eigenen Fußstapfen als DigimonKaiser treten. Ein Gotsumon, das er am Morgen gefunden hatte, hatte er außerdem zu den Vorgängen in der DigiWelt ausgequetscht, ehe er es hatte laufen lassen, und es hatte ihm einen Ort empfohlen, der ganz in der Nähe lag. Dort würde er vielleicht Antworten finden. Ken atmete tief die vom Regen feuchte Luft ein. Die Zeit des rastlosen Wanderns war vorbei. Ebene vor der Rauchenden Krone, DigiWelt Samstag, 25. August 2007 17:29 Uhr Ein Fledermauswirbel kündigte sein Kommen an. Der wolkenverhangene Himmel nahm an Schwärze zu, als die kleinen Biester über die Ebene hereinbrachen. Angemon stand hoch aufgerichtet im Gras, T.K. hockte zu seinen Füßen. Die Fledermäuse setzten die dunkle Gestalt zehn Meter vor ihnen ab und zogen sich in die Tiefen des Vampirmantels zurück. Hier stand er also – und es war, als wäre T.K. an jenen unheilvollen Tag zurückversetzt: Blondes Haar, eine neue Myotismon-Maske, weiter Umhang, erwartungsvolles Grinsen. Aki, der Engelsmörder. „Du hast meine Einladung also erhalten?“, begrüßte ihn T.K, stand auf und klopfte seinen eigenen grauen Flickenmantel ab. „Nanu, euch kenn ich doch!“, rief Aki grinsend, ohne auf seine Worte einzugehen. „Hey, bist du nicht der Typ, dessen Kleine ich gekillt hab?“ T.K.s finsterer Blick war ihm Antwort genug. „Ich hab Ansatsu echt alt aussehen lassen“, plapperte er fröhlich weiter. „Obwohl das eigentlich nicht meine Art ist. Sie war ja kein Engel.“ „Für mich war sie das“, murmelte T.K. „Und jetzt willst du also Rache? Du hast meine Spione bestochen, oder?“ T.K. zog Piedmons Schwert aus der Schlaufe an seinem Rücken. „Rache hilft Kari nichts“, sagte er grimmig. „Aber ich brauche dich für etwas anderes. Bevor wir kämpfen, lass mich dir sagen, dass MagnaAngemon dich mit einem Streich in eine andere Dimension verbannen könnte. Ich tue es nur deshalb nicht, weil du mir dort nichts nützt.“ Aki legte grinsend den Kopf schief, musterte das Schwert, dann Angemon. „Weißt du“, begann er gespielt nachdenklich, „es war eine ausgesprochen blöde Idee von dir, mich herauszufordern. Ich bin unter den Dunklen derjenige mit der meisten Power!“ Selbstgefällig breitete er die Arme aus. Das DigiVice an seinem Gürtel wurde sichtbar, als sein Mantel aufklaffte, und begann zu glühen. „Was wollt ihr schon gegen mich ausrichten? Gruselflügel!“ Eine schwarze Wolke aus Fledermäusen wallte kreischend und flatternd aus seinem Mantel heraus und hüllte T.K. und Angemon ein, zerrten an ihren Kleidern und versuchten mit ihren winzigen Zähnen an ihr Blut zu kommen. „Das sollen Fledermäuse sein?“, schrie T.K. gegen das Flappen der Flügel an. „Ich zeige dir, was Fledermäuse sind! Vilemon!“ Über der Klippe am Ende der Ebene glühten Augen wie Kohlestücke auf und die metergroßen Vilemon stürzten auf das Grasfeld, fuhren wie ein Rammbock in die Fledermauswolke und schnappten sich ihre kleineren Artgenossen mit den Klauen oder verschlangen sie direkt im Flug mit ihren übergroßen Mäulern. Einige der Tierchen wurden von den Albtraumschocks der Vilemon regelrecht gegrillt. Aki sah mit steinerner Miene zu, wie seine Fledermäuse in Sekunden immer weniger wurden und letztlich nur der Vilemon-Schwarm übrigblieb, der sich wieder auf die Klippe zurückzog. „Ich will einen Kampf zwischen dir, mir und Angemon“, erklärte T.K. „Keine Fledermäuse, und keine faulen Tricks.“ Aki biss die Zähne zusammen. „Du kleiner … Na warte!“ Er überkreuzte die Arme vor der Brust und in jeder seiner Hände begann eine tiefrote Flamme zu lodern. „Albtraumkralle!“ Er holte aus und schlug mit der ersten Albtraumkralle wie mit einer Peitsche von oben herab nach T.K, der zur Seite sprang. Das rote Energiebündel sprengte Erde und Steinbröckchen aus dem Boden. Aki schlug mit der zweiten Hand zu, diesmal führte er die Albtraumkralle waagrecht auf T.K.s rechte Seite zu. T.K. riss das Schwert hoch und blockte den Schlag damit ab. Der rote Strahl zerbarst an der Schneide und löste sich in Luft auf. „Ist das alles, was du kannst?“, fragte T.K. unbeeindruckt. Angemons Stab löste sich auf und ließ seine Faust leuchten. „Kraft des Lichtes!“ Ein reiner, blendender Strahl sauste auf Aki zu, der einen beeindruckenden Satz rückwärts machte und ihm um Haaresbreite entging. Sein Gesicht war wutverzerrt. Diesen Moment nutzte T.K. und stürmte auf ihn zu, die Schwertspitze auf den Dunklen gerichtet. Aki ließ erneut sein DigiVice aufleuchten. Eine geschwungene Sense erschien in seinen Händen. Klirrend trafen die beiden Waffen aufeinander; Aki hatte den Schwerthieb waagrecht geblockt. T.K. versuchte ihn wegzudrücken, änderte dann die Strategie und schlug seitlich auf ihn ein. Aki drehte blitzschnell die Sense und fing den Hieb noch ab, ehe er ihn verletzen konnte. „Du hast zwar eine große Sense, aber wirklich kämpfen kannst du damit nicht“, spottete T.K. Aki blies sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Unter seiner Maske glitzerte Schweiß. „Als ob ich sie bräuchte, um dich zu erledigen!“ Er löste die linke Hand von dem Sensengriff und sie glühte rot auf. In dem Moment stieß Angemon wie ein Raubvogel hinter ihm herab, ließ seinen Stab neu erscheinen und stieß ihn Aki in den Rücken. Der Dunkle stöhnte auf und sackte zusammen, aber noch hielt er den Block aufrecht. Selbst ihm musste dämmern, dass er in der Falle saß. Er stützte sich mit der Linken am Boden ab und schoss eine Albtraumkralle aus seinen Fingern. Der Rückstoß riss ihn von den Füßen und einige Meter fort von Angemon und T.K, wo er sich wieder auf die Beine kämpfte. „Du hättest vielleicht die eine oder andere Attacke der Engeldigimon scannen sollen, die du getötet hast“, bemerkte T.K. abfällig. „Pah! Und auf den Anblick verzichten, wie ihre Daten glitzernd davonfliegen? Niemals!“ Aki holte weit mit der Sense aus. „Schattenschere!“ Das Blatt der Sense verwandelte sich in einen fliegenden Schemen, und eine schattenhafte halbmondförmige Klinge schoss auf daraus hervor. T.K. riss das Schwert hoch und parierte die Sichel im Flug. Die Wucht des Aufpralls hätte ihm fast die Klinge entrissen, doch die Sichel zersplitterte und die Enden rasten schadlos neben ihm in die Erde. „Dieses verdammte Schwert!“, fluchte Aki. „Du hast es Taneo gestohlen! Es gehört uns, also rück es wieder raus!“ „Und du glaubst, du könntest hier Forderungen stellen?“, fragte T.K. „Bringen wir das Spiel auf das nächste Level, Angemon.“ In seiner Brust glühte das Zeichen der Hoffnung auf, das selbst durch seinen Mantel hindurch gut sichtbar war. Gleichzeitig begann sein DigiVice zu leuchten. „Oh nein, das lasst ihr schön bleiben!“ Aki schleuderte zwei Albtraumkrallen gleichzeitig auf T.K. Dieser schaffte es, eine von ihnen mit dem Schwert zu zerteilen. Der zweiten entging er nur, weil er bei bei seinem Rückwärtsschritt auf den nassen Gras ausglitt und rücklings hinfiel. Die rote Kralle schoss so dicht über seine Nasenspitze hinweg, dass er die unheilvolle Energie knistern hörte. Die rote Farbe brannte sich in seine Netzhaut und übertönte kurz das Licht, das Angemon einhüllte. Dann trug sein Digimon die violette Rüstung von MagnaAngemon. „Das Ende deines Frevels ist gekommen!“, verkündete das Digimon und fuhr sein violettes Schwert aus. „Ich hab dich schon einmal besiegt, Engelchen!“, rief Aki, seine Stimme klang aber etwas schrill. MagnaAngemons Schwert stieß gegen die Phantomon-Sense. Der Dunkle peitschte mit einem roten Strahl nach dem Engeldigimon und streifte einen seiner Flügel. Das Gerangel nutzte T.K, um an ihm heranzukommen. Noch damit beschäftigt, MagnaAngemon abzuwehren, bemerkte Aki ihn erst, als er schon in Schlagweite war. Akis Kopf ruckte herum, sein nackenlanges blondes Haar wehte hinterher. Sein Mund war leicht geöffnet. T.K. sah eine Schweißperle an seiner Nasenspitze hängen. So fest er konnte schlug er zu. Aki drehte auch den Oberkörper herum, in seiner linken Faust blitzte eine Albtraumkralle auf … Das Schwert traf. Brüllend zuckte Aki zusammen, als der Schlag ihm die Hand abtrennte. Die Sense ließ er fallen und er umklammerte das linke Handgelenk mit der Rechten. T.K. ließ das Schwert in seiner Hand kreisen und stieß zu. Knirschend brachen die Kevlarplatten unter Akis Anzug, dann war der Widerstand fast weg. Der Dunkle brachte ein unterdrücktes Stöhnen zustande und starrte T.K. aus ungläubigen Augen an. T.K. unterdrückte den Impuls, das Schwert herumzudrehen, und riss es wieder aus seiner Brust. Fast wäre es ihm nicht gelungen. Aki brach in die Knie – und schlug fauchend wie eine Giftschlange mit einer Albtraumkralle nach ihm. Er hatte schlecht gezielt, T.K. konnte den roten Blitz mühelos abwehren, aber er musste etwas auf Distanz gehen. Aber das machte nichts. Aki war erledigt. Aus dem Mundwinkel des Dunklen lief Blut. Seine Pupillen waren winzig klein. „Du … du elender Mistker“, brachte er gepresst mit brüchiger Stimme hervor. Sein Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig. „Du bist zäher, als ich erwartet habe“, sagte T.K. „Aber es ist vorbei.“ Aki presste die heile Hand gegen seine Brust. Aus blutunterlaufenen Augen starrte er T.K. an. „Sei dir … da nicht … so sicher …“ Sein DigiVice glühte auf. T.K. wappnete sich für eine neuerliche Albtraumkralle, aber sie kam nicht. „Ich habe vielleicht … nicht … die Engel gescannt …“ Akis Armstumpf begann zu glühen. „Aber ich hab schon gegen so einige Scherben gekämpft!“, schrie er. „Geisterkralle!“ Eine blaue, dürre Hand wuchs aus seinem Handgelenk. Die schwache Blutung hörte auf, als sie mit seinem Körper verschmolz, als wäre er schon immer ein Mensch mit einer Dämonenklaue gewesen. Dann erst schoss aus seiner anderen Hand die erwartete Albtraumkralle – nur dass T.K. von der blauen Hand so gebannt war, dass er zu spät reagierte. Die rote Peitsche wickelte sich um sein Handgelenk und entriss ihm Piedmons Schwert. Die Klinge flog wild rotierend durch die Luft und landete irgendwo im hohen Gras. „Glaub nicht … ich wäre schon … am Ende“, zischte Aki kurzatmig. Die Geisterhand schnellte vor, dehnte sich wie ein Gummiband und klaubte die Phantomon-Sense auf. Nunmehr wieder mit zwei Armen, mit denen er sie schwingen konnte, stürmte Aki auf T.K. zu. Dieser schnaubte ungläubig. Der Dunkle kam trotz seiner schrecklichen Verletzung erstaunlich schnell näher! Die Panzerweste hatte das Schwert davon abgehalten, ihn ganz zu durchbohren, aber dennoch war sie sicher lebensbedrohlich. Bei jedem Schritt quoll blutiger Schaum aus der kaum sichtbaren Wunde und Aki schnaufte wie eine Dampflok, den Mund zu einer blutigen Maske verzogen. T.K. fragte sich, ob er vielleicht auf Drogen war, die den Schmerz linderten – und mit einem Mal sah er sich diesem sensenschwingenden Dämon gegenüber, ohne Waffe in den Händen. „T.K!“, rief MagnaAngemon und stürzte herbei, aber es würde zu spät kommen. T.K. tat das einzige, was ihm auf die Schnelle einfiel. Er griff zu seinem Gürtel und schleuderte sein DigiVice dem Dunklen entgegen. Akis Augen verfolgten das kleine Gerät, als es an ihm vorbeiflog; ein wenig war er wohl doch vom Schmerz betäubt. Den Augenblick der Unaufmerksamkeit nutzte T.K. und rannte ihm entgegen, obwohl jeder Muskel in seinem Körper sich dagegen zu sträuben schien und seine Fluchtinstinkte ihn wie wahnsinnig anbrüllten. Seine Hände schlossen sich um Akis Handgelenke und hielten die Sense kurz über seinem Kopf an. T.K. keuchte auf, fing Akis Geschwindigkeit auf, rutschte im feuchten Gras ein Stück rückwärts und fand dann festen Stand. Akis Gesicht war vor Wut und Schmerz verzerrt. „Du … Du … ich werde dich …“ Seine Worte verloren sich in einem Keuchen, als T.K. ihn zurückdrückte. Viel Kraft hatte der Dunkle nicht mehr, das war deutlich zu spüren. „Du kannst mich … nicht töten …“, zischte Aki mit zusammengebissenen Zähnen. „Niemals … Nicht mich …“ T.K. schaffte es, die Sense mit einer Hand zu halten, und rammte ihm die Faust gegen die Brust. Aki hustete qualvoll auf. Blutspritzer trafen T.K.s Gesicht. Die Stimme des Dunklen wurde noch schwächer, kaum noch zu verstehen. „Du bist … grausam … Ich habe deiner Freundin einen … schnellen und … schmerzlosen Tod gewährt …“ „Grausam? Ich?“ T.K. drängte ihn weiter zurück, sodass Aki fast über seine eigenen Beine stolperte. „Ich habe schon gesagt, es geht nicht um sie“, sagte er leise. „Und du magst sie schmerzlos getötet haben, aber du hast ja keine Ahnung, welche Schmerzen du uns damit zugefügt hast.“ „Natürlich geht es um sie“, keuchte Aki und bemühte sich sichtlich, bei Bewusstsein zu bleiben. Dann machte er ein Geräusch, das sich wie ein ersticktes Lachen anhörte. „Ich weiß, wie du denkst. Wir sind uns gar nicht so unähnlich … wie du glaubst. Du wirst sehen … nach einer Weile … wirst du genau wie ich … genau wie ich …“ T.K. verstärkte den Druck auf die Wunde. Aki kippte stöhnend zur Seite, aber obwohl er fast die Augen geschlossen hatte, schaffte er es zu lächeln. „Glaub mir … Ich weiß, wie du dich fühlst … Du hast diejenige verloren, die du liebst und … und jetzt … fliehst du vor deiner Vergangenheit.“ Indem er ein wenig nachließ, ließ T.K. es zu, dass er wieder Atem schöpfte. Es war ein grässliches, gurgelndes Geräusch. „Ach wirklich?“, fragte er emotionslos. Akis Blick verlor sich in der Ferne. „Sie war wundervoll. Und sie hat immer … an Engel geglaubt. Egal, was die Zukunft bringen mochte, sie war sich sicher, dass … die Engel auf sie aufpassen würden. Wir waren … zwei Jahre ein Paar … und es war perfekt. Dann wurde sie eines Tages … schwer krank. Ich besuchte sie jeden Tag im Krankenhaus … doch sie lächelte nur, und sagte, ich solle mir keine Sorgen machen. Die Engel würden auf sie aufpassen.“ Aki seufzte bitter. „Eines Tages ist sie eingeschlafen … und nicht wieder aufgewacht. Kein Engel hat sie beschützt, es war alles eine Lüge!“ Seine Stimme wurde wieder kräftiger und fast gelang es ihm, sich T.K.s Griff zu entwinden, sodass er die Sense wieder mit zwei Händen halten musste. In Akis Augen blitzte tauber Zorn auf. „Seitdem mache Jagd auf sie. Die Engel waren nutzlos … nur im Tod sehen sie wunderschön aus. So schön wie sie, als sie noch lebte …“ Er brach ab und versuchte nur noch, seine Lungen mit wenigstens ein bisschen Luft zu füllen. „Ich verstehe“, murmelte T.K. „Darum tust du das also alles. Ja, ich kann dich verstehen.“ Akis Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. „Also verschonst du mich?“ T.K. machte einen Schritt vorwärts und brachte ihn damit zum Taumeln. „Kari war selbst ein Engel“, murmelte er. „Mein Engel. Sie war mein Licht, sie hat meine Welt erhellt. Ohne sie bin ich nur ein Schatten.“ „Ich habe eine … Idee, lass uns … zusammen eine vierte … Fraktion in diesem Krieg bilden und … alles vergessen, was war!“, keuchte Aki, aber T.K. versetzte ihm einen Stoß, der ihn endgültig zu Boden schickte. Die Sense fiel ins Gras. „Ich habe nie gesagt, dass ich dich leben lasse.“ Aki riss die Augen auf und zischte etwas, dann tauchten aus seinem Gewand wieder Fledermäuse auf und trugen ihn wie ein starker Aufwind ein paar Schritte weit von T.K. fort. Dieser schüttelte den Kopf. „Wir hatten eine Abmachung.“ Er hob die Hand und die Vilemon von den Felsklippen erhoben sich kreischend und stürzten sich auf ihre neu erschienene Beute. Ein paar von ihnen umkreisten Aki und deckten ihn mit violetten Lichtblitzen aus ihren Mäulern ein. Seine Schreie waren kaum zu hören. Als T.K. sie mit einer energischen Handbewegung wieder verscheuchte, lag der Dunkle stöhnend und mit rauchenden Kleidern am Boden, aber er war immer noch bei Bewusstsein. Sein DigiVice blinkte rot, seine Energie war verbraucht. Die Sense hatte sich in einen Datensturm aufgelöst, genau wie Akis Geisterhand. „Ich bin beeindruckt“, sagte T.K. „Einen meiner alten Freunde hat ein einziger Albtraumschock ausgeknockt.“ „Du kannst mich töten …“ Akis Stimme war nur ein Seufzen, die Augen hatte er geschlossen. „Aber du wirst … eine neue Version von mir werden … früher oder später …“ T.K. kniff die Augen zusammen. „Wir sind uns nicht ähnlich. Wir waren uns nie ähnlich. Du hast mit blindem Zerstörungswahn auf dein Schicksal reagiert.“ „Und was … tust du anderes …?“ „Ich tue es, damit es weitergeht. Damit ich ein Triumvirator der Scherben werden kann.“ Aki lachte kraftlos. „Du bist … wahnsinnig …“ T.K. trat neben ihn und hob sein Schwert. „Ich bin vielleicht nur noch ein Schatten, aber bei klarem Verstand, im Gegensatz zu dir. Aber wenn ich auf dem Thron sitze, werde ich an dich und deine Freundin denken, das verspreche ich. Und wo immer du hingehst, du wirst an mich und Kari denken. Leb wohl, Aki, Engelsmörder.“ Piedmons Schwert beschrieb einen weiten Halbkreis, als es herabfuhr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)