Shards von UrrSharrador (At the End of Nightfall ... no one will be safe ... [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 29: Longing for Solace ------------------------------ Locomotown, DigiWelt Montag, 27. August 2007 18:07 Uhr Die DigiAllianz hatte ihr Feldlager in den Wäldern abgebrochen, aber es war unübersehbar gewesen, wohin sie gezogen war. Matt und die anderen fanden innerhalb eines Tages ihre neue Stellung: Die Stadt Locomotown. Zwischen den dutzenden unbefahrenen Bahngleisen hatte die Digimonsoldaten iher Zelte aufgeschlagen und die vorhandenen Häuser besetzt. Es war nicht zu sagen, ob sie die Bewohner vertrieben hatten; vielleicht hatten die Wirren des Krieges die Digimon auch von hier fliehen lassen. Die umliegenden Felder waren zur Hälfte brutal abgeernted worden, um Nahrung für das riesige Heer bereitzustellen. Matt und Tai hatten zunächst große Sorgen gehabt, sich erneut in die Mitte dieser Armee zu wagen. Auf den ersten Blick konnten sie zwar kein Digimon ausmachen, das höher war als auf dem Ultra-Level, aber das konnte nur zu wahrscheinlich ein Trugschluss sein. Und die DigiRitter standen wohl immer noch nicht weiter oben auf der Sympathieliste der freien Digimon – schon gar nicht, wo sich langsam herumerzählte, dass sich ein Mensch den Scherben angeschlossen hatte. Zum Zweck einer schnellen Flucht waren Agumon und Gabumon auf das Mega-Level digitiert, und die anderen Digimon hatten jeweils die Form gewählt, die am schnellsten laufen oder fliegen konnte. Wachsam waren sie an den Rand des Lagers getreten und hatten Einlass verlangt; die DigiAllianz hatte auch hier einen Palisadenwall errichtet. Ein recht kompetentes Triceramon – das vor allem durch seine nüchterne Aufnahme ihres Begehrens glänzte – ließ sie kurz warten und dann, nach Absprache mit seinem General, eintreten. Und genannter General erwartete sie sogar direkt hinter dem Tor. Es handelte sich um niemand anderen als ihren alten Freund Leomon. Bis vor kurzem hatte ein LordMagnaAngemon die Führung über die DigiAllianz gehabt, doch das Engeldigimon auf dem Ultra-Level wurde auf einem Streifzug von dem Engelsmörder der Dunklen getötet, und nach langem Machtgeplänkel innerhalb der Armee war es Leomon gelungen, zum obersten General aufzusteigen. Es sorgte für einen herzlichen Empfang, und besonders Tai war froh, den alten Kameraden wiederzusehen. Dann entstand ein kleiner Streit zwischen Leomon und seinen Untergebenen, die nicht damit einverstanden waren, Menschen in ihr Lager zu lassen, doch das Löwendigimon wies sie in ihre Schranken und gewährte den DigiRittern sogar Quartiere in einem Haus direkt neben seinem, wo sie jeder ein eigenes Zimmer bekamen. Der Unmut der Digimon stieg zwar, aber Leomon versprach, sich um dieses Problem zu kümmern. Matt seufzte auf, als Sora seine verspannten Nackenmuskeln massierte, doch das Seufzen war eher trauriger Natur. Die Sonne war schon am Versinken und sie saßen in Matts Zimmer, das ziemlich einfach und dunkel gehalten war. Die löchrigen Vorhänge waren zugezogen und ließen kaum Licht herein. Die weichen Couchstühle waren zweidimensionale Schatten wie Scherenschnitte. Sie standen um ein kleines Tischchen herum, genau wie das bleiche Sofa, auf dem Matt saß. Das Zimmer sah recht menschlich eingerichtet aus, sogar einen Fernseher gab es – den allerdings ein sternförmiges Loch im Bildschirm zierte. „Ist es gut so? Oder weiter unten?“, fragte Sora, um die Stille zu durchbrechen. Matt schien ihrer Massage gar keine Aufmerksamkeit zu schenken. „Es hätte alles anders sein müssen“, murmelte er, so leise, dass Sora ihn kaum verstand. Sie seufzte, ließ von seinem Rücken ab, warf sein Hemd, das zusammengeknüllt auf dem Sofa lag, über eine Sessellehne, setzte sich neben ihm und legte ihm die Hand auf den Oberschenkel. „Matt …“, sagte sie mitfühlend. „Wir sind jetzt zwar endlich auch bei der DigiAllianz, nur …“ Er seufzte abermals und schüttelte den Kopf. „Ich habe auf der ganzen Linie versagt. Wir hätten nie auch nur herkommen sollen.“ „Das war nicht deine Schuld“, erinnerte sie ihn mit sanfter Stimme. „Du hattest gar keine Chance, irgendetwas zu ändern. Wir waren in Spanien, als sie in die DigiWelt vorgegangen sind.“ Matt vergrub das Gesicht in den Händen. Es tat Sora unbeschreiblich weh, ihn so zu sehen. Sie fühlte deutlich seinen Seelenschmerz. „Ich dachte, ich könnte uns besser anführen als Tai. Aber ich habe mich in ihm getäuscht. Er hat sein Urteilsvermögen gar nicht verloren.“ „Oder aber er hat es wiedergefunden“, erwiderte Sora. „Denk nicht über Tai nach, bitte. Du hast getan, was du konntest, und niemand hätte es zu der Zeit besser gekonnt.“ Matt schien ihr immer noch nicht zuzuhören. Er sah starr in die dunkelste Ecke des Raumes. „Kari ist tot“, murmelte er tonlos. „T.K. hat sich den Scherben angeschlossen – ausgerechnet T.K! Cody wäre fast von einem Devidramon getötet worden und jetzt ist auch noch Davis verschwunden. Unsere Gruppe fällt auseinander, Sora.“ Er schnaubte humorlos. „Und bei unserem Glück wird sich Davis noch den Dunklen anschließen, das würde doch passen.“ „Red nicht so ein dummes Zeug. Du weißt, dass er das nie tun würde.“ Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter, fühlte sich plötzlich so müde, so unbeschreiblich müde … Doch er brauchte sie jetzt. Seine Nerven mochten schon lange blank liegen, aber abstumpfen würden sie nicht. „Weiß ich das wirklich? Was ist mit T.K? Mein eigener Bruder hat uns verraten!“ Er stand mit einem Ruck auf, der Sora zurückzucken ließ, und ballte die Fäuste. „Er kämpft auf der Seite der bösen Digimon! Mir ist klar, dass er völlig durcheinander ist, aber das … das passt einfach nicht zu ihm.“ Sora schwieg und wartete, bis Matt sich wieder auf das Sofa warf. Er schien plötzlich all seine Kraft verloren zu haben. „Vor einem Monat war noch alles in schönster Ordnung. Ich habe mir alle so anders vorgestellt …“ Er ballte wieder die Fäuste, die zitterten. Mit Augen, die feucht in der Dunkelheit schimmerten, sah er Sora an und flüsterte: „Du warst in Frankreich, und ich in Spanien. Wir wussten, dass wir voneinander getrennt sind, bis meine Tournee zuende ist. Ich hab es mir so oft ausgemalt, wie wir uns wiedersehen … In Tokio, am Flughafen. Jede Nacht, nach jedem Konzert, habe ich mir vorgestellt, wie wir uns in die Arme fallen. Halt das meinetwegen für kitschig.“ „Da tue ich nicht. Mir ist es ähnlich gegangen.“ „Und dann kommen plötzlich diese … Dann wird alles anders. Wir werden in diesen Krieg hineingezogen, ohne dass wir es wollen.“ „Matt“, sagte sie sanft und drückte seine Hand. Sie war kalt in ihrer. Erneut lehnte sie sich gegen ihn. „Wir wurden doch auch früher nie gefragt.“ Eine Weile saßen sie nur da, in der Dunkelheit des Zimmers, während das Licht, das durch die zerfressenen Vorhänge fiel, noch schwächer wurde. „Ich will, dass es aufhört“, murmelte Matt grimmig. „Egal, was noch alles passiert, es soll einfach vorbei sein.“ Sora wusste, wovon er sprach. Seit sie hier waren, hatte er nicht ein Mal entspannen können. Und nun lag Karis Tod und T.K.s Verrat auf allem, was sie sagten oder taten. Es war wie ein Schatten, der nie wieder weichen würde. „Vielleicht tut T.K. ja sogar das Richtige“, sagte Matt plötzlich. Sora fuhr hoch. „Das … das meinst du nicht ernst!“, japste sie. „Er kämpft ohne Rücksicht auf Verluste“, sagte er und seine Augen nahmen einen seltsam verklärten Ausdruck an, der Sora Angst machte. „Er hat Tai angegriffen und ohne zu zögern Palmon niedergestochen. Ich kann ihm nicht begegnen – ich wäre ihm auf jeden Fall unterlegen.“ „Hör auf! Er würde nie seinem eigenen Bruder etwas zuleide tun!“, rief Sora mit Inbrunst. Matt ging nicht auf ihren Einwurf ein. „Ich kann so nicht weitermachen … Ich habe uns zwar zur DigiAllianz gebracht, aber was nützt das? Wenn wir kämpfen, müssen wir gegen T.K. kämpfen. Und ihr alle geratet dann wieder in Gefahr – auch du, Sora.“ Er sah sie an und diesmal wirkte er so traurig und verzweifelt, wie sie ihn noch nie erlebt hatte. „Wir waren lange leichtsinnig. All unsere Siege haben uns weisgemacht, dass wir nicht verlieren können. Aber das ist Irrsinn. Wir sind sterblich, und du hast gesehen, wie schnell so etwas geht.“ Er atmete schwer, als schnüre ihm das alles die Luft ab. „Wenn ich allein wäre, könnte ich vielleicht auch ohne zu zögern kämpfen. Aber wenn ich daran denke, dass du in Gefahr gerätst …“ Plötzlich horchte er auf, als wäre ihm etwas eingefallen, und seine Lippen schwenkten in ein trauriges Lächeln um. „Ich müsste meine Gefühle abtöten“, sagte er. „In einem Krieg sind Gefühle fehl am Platz. Wenn ich keine Trauer kennen würde, könnte ich weiterkämpfen. Gefühle binden einen Menschen, zwingen ihm Regeln auf. Ohne das alles … könnte ich mehr erreichen.“ Sora konnte nicht glauben, was sie da hörte. „Du … Du willst deine Gefühle abtöten?“, fragte sie und Tränen stiegen plötzlich in ihre Augen. „Soll das heißen … du willst, dass alles zwischen uns … einfach aufhört? Ist es das, was du sagen willst? Damit du dich nicht um mich sorgen musst?“ Er sah sie gequält an. „Du bist das beste, was mir je passiert ist, Sora“, sagte er unendlich traurig. „Aber wenn jemand das Band zwischen uns zerreißt, wird mich das zerstören, auf jeden Fall. Jemanden zu lieben kann eben auch bedeuten, sich von ihm entfernen zu müssen.“ Sora hielt die Tränen nicht mehr zurück. Sie kullerten ihr über die Wangen und glitzerten schwach im verbleibenden Licht. „Sag mir, dass du das nicht ernst meinst …“, flüsterte sie. „Bitte, Matt …“ Er hörte sie offenbar gar nicht. „T.K. und Davis leiden beide so sehr unter Karis Tod, dass sie uns verlassen haben. Den Dunklen sind andere Menschen und Digimon egal, nur deswegen konnten sie so viel erreichen. Nur, wenn mich auch nichts mehr zurückhält, kann ich für die DigiWelt von Nutzen sein.“ „Jetzt vergiss doch für einen Moment die DigiWelt!“ Soras Trauer schlug in Zorn um und sie packte ihn hart an den Schultern. Ihre Fingernägel bohrten sich zitternd in seine nackte Haut. „Was ist mit mir? Glaubst du nicht, dass ich lieber sterben würde, als dich zu verlieren?“ „Aber das ist doch genau das, was ich sagen will …“, erwiderte Matt schwach, aber sie unterbrach ihn. „Was würde es für einen Unterschied machen, ob du tot bist oder ob nur deine Gefühle tot sind? Ich wäre unglücklich, so oder so! Wenn dieser Krieg vorbei ist und die DigiAllianz gewinnt, was soll dann sein, wenn du keine Gefühle mehr hast? Wie kannst du … Wie kannst du einfach unsere Liebe verleugnen?“ Ihre letzten Worte verloren sich in einem Schluchzer. Sie hielt die Hand an ihr Herz. „Es zerreißt mich, dich so leiden zu sehen, aber lieber soll es mich zerreißen, als dass ich zulasse, dass wir beide uns voneinander entfernen! Es ist ein Schmerz, den ich gern in Kauf nehme, und außerdem werde ich dir helfen, wo immer ich kann! Also hör jetzt endlich auf, solche Dinge zu sagen!“ Matt sah sie mit leichter Verwunderung an. Dann lächelte er traurig und seine Augen schimmerten ebenfalls. Seufzend schloss er sie in die Arme. „Du hast recht“, flüsterte er in ihr Ohr. „Es tut mir leid, dass ich über so einen Schwachsinn überhaupt nachdenke. Als ob ich je meine Gefühle für dich abstellen könnte.“ Seine Umarmung wurde verkrampfter und seine Stimme härter, als er sagte: „Aber es wird nie wieder so werden, wie es war, auch zwischen uns nicht.“ „Das muss es gar nicht.“ Sie löste sich von ihm und strich ihm über die Wange. „Auch wenn es anders wird, können wir es trotzdem genießen. Vergiss für einen Moment die DigiWelt. Du hast dir viel zu lange viel zu viele Gedanken gemacht. Die letzten Wochen waren auch für mich hart, aber du darfst dich auch nicht ständig darauf fixieren.“ Einen Moment schwieg sie, dann legte sie den Kopf an seine Brust und schloss die Augen. „Es ist schade, dass du deine Gitarre nicht dabei hast.“ Er strich ihr sanft durch das Haar, als er antwortete. „Denkst du denn, ich könnte in so einer Situation spielen?“ „Warum nicht? Tut es dir nicht leid, dass wir überhaupt keine Zeit füreinander hatten, seit wir in der DigiWelt sind? Es wäre schön, wenn du mir etwas vorspielen könntest.“ „Da sind … zuviele andere Dinge, um die wir uns kümmern müssen. Ist es da nicht klar, dass wir zurückstecken müssen?“ „Ach Matt“, seufzte Sora. „Das ist genau, was ich meine. Wir müssen unser Bestes geben, aber ohne Pausen geht das nicht. Und so wie jetzt gibt es immer wieder Momente, in denen man nichts tun kann, und da sollte man sich erholen und sich nicht von Sorgen quälen lassen, die man ohnehin noch nicht bekämpfen kann. Also vergiss wenigstens für einen Augenblick Kari und T.K. und die anderen.“ „Und wie soll ich mich erholen?“, brummte Matt. „Schlafen? Essen? Ich weiß nicht, was du meinst.“ „Abschalten“, sagte Sora. „Konzentriere dich nur auf dein Innerstes. Schließ die Augen, ich zeig’s dir.“ Sie spürte, wie er mit den Schultern zuckte, und wusste, dass er die Augen zumachte. „Ich habe mir das oft vorgestellt, als ich in Paris war. Wir beide sitzen bei mir zuhause, auf dem Sofa, so wie jetzt gerade, ich lehne mich an dich. Du spielst auf deiner Gitarre ein Lied der Teenage Wolves und singst dazu. Es ist Herbst, vor uns prasselt ein Feuer im Kamin, und es ist angenehm warm. Aus der Küche kommt der Duft von Essen, aber wir sind satt, weil wir uns was von einem Fastfood-Restaurant geholt haben. Ich bewege die Zehen im Takt. Wir haben beide die Augen geschlossen, aber ich weiß, dass es Abend wird und goldene Sonnenstrahlen durch das Fenster auf uns fallen. Alles ist still, wir hören nur deine Gitarre und deine Stimme. Es ist so beruhigend, dass ich ein wenig vor mich hindöse. Ein frischer Luftzug kommt durch das Fenster, weil es gekippt ist, und dann hörst du auf mit dem Spielen, und die Vögel draußen beginnen zu zwitschern, als hätten sie es nicht gewagt, dich zu stören. Und ich sehe dich an, und du lächelst, und ich lächle zurück.“ Während sie erzählte, schloss er seine Arme um sie und sie spürte, wie seine Anspannung sich lockerte. Sie sah ihm in die Augen und merkte, dass er tatsächlich die Lippen zu einem Lächeln verzogen hatte. Als er das merkte, schlich sich eine kaum merkliche Röte auf sein Gesicht, als wäre ihm die Vorstellung mit einem Mal peinlich. „Ach … das … das ist doch Tagträumerei“, stotterte er verlegen. Sora kicherte. „Ach, Matt. Ich werde schon dafür sorgen, dass du auch wieder träumen kannst.“ Sie gab ihm einen Kuss auf die Lippen. Finsterzitadelle, DigiWelt Unbekannte Zeit Völlige Schwärze umgab ihn, als er aufwachte. Das erste, was T.K. bemerkte, war, dass seine Wangen feucht waren. Er tastete mit den Fingern über sein Gesicht und seufzte. Wann würde er aufhören können, im Schlaf zu weinen? Er konnte sich nicht an seinen Traum erinnern, aber er wusste, wovon – oder eher, vom wem – er gehandelt hatte. Seufzend setzte er sich auf, lehnte den Kopf und den nackten Oberkörper gegen die blanke Steinwand. Die eisige Kälte tat gut. Seine Stirnwunde zog schmerzlich; sie war noch nicht ganz vernarbt. Seine Schlafkammer war irgendwo in den Winkeln der Finsterzitadelle verborgen, dieser Burg aus kaltem, finsteren Stein, in der sogar die Fackeln ein wenig düsterer brannten, als er es gewohnt war. Die Kammer war winzig; nur ein Bett und ein niedriger Tisch ohne Stühle. Wenigstens gab es eine Matratze auf dem Bett. Die anderen Triumviratoren schliefen entweder gar nicht – in Phantomons Fall – oder begnügten sich mit einer stillen Ecke – was SkullSatamon anging. Das Bett war nicht für Digimon gedacht; es stammte wohl noch aus der Zeit, in der Taneo und die Dunklen die Finsterzitadelle bewohnt hatten. T.K. seufzte erneut. In der vollkommenen Dunkelheit über ihm tauchte ihr Gesicht auf. Weder lächelte es, noch war es traurig. Es war einfach nur ihr Gesicht, alles, wonach er sich hätte sehnen können. „Kari …“, flüsterte er leise ihren Namen. Er brauchte sie so dringend. Er wollte sie reden hören, lachen hören, ihr liebliches, unschuldiges Lachen. Er wollte sie in die Arme schließen, ihre Lippen schmecken, ihren zarten, warmen, weichen Körper spüren, hier in der kalten Finsternis mehr denn je. Er wollte mit ihr gemeinsam lachen, weinen, tanzen, Frohsinn und Schmerz teilen, so wie früher. Doch ihr Licht war erloschen. T.K. stieß die Luft aus. „Ich schaffe es nicht“, flüsterte er und spürte erneut seine Augen brennen. „Ohne dich kann ich es nicht schaffen …“ Doch wäre sie bei ihm, würde er das hier überhaupt tun? Er schüttelte den Kopf. „Ich muss“, redete er sich ein. „Ich muss es schaffen.“ Nichts zählte mehr ohne sie. Dennoch war er entschlossen. Er schwang die Beine aus dem Bett, weil er nicht mehr schlafen wollte. Er würde ohnehin nur von ihr träumen, und so süß der Traum sein mochte, so leer und traurig war stets das Erwachen. T.K. zog sich seinen zerfledderten Mantel über, dann schnallte er sich sein Schwert und den nachtschwarzen Kapuzenumhang um, den er von den anderen Triumviratoren zu seiner feierlichen Ernennung letzten Nachmittag erhalten hatte. Die ganze Besatzung der Zitadelle war in der Torhalle zusammengekommen, ein gewaltiges Aufgebot an Digimon, eines finsterer und hässlicher als das andere, und da waren sogar einige gewesen, die er noch nie gesehen hatte. Phantomon und SkullSatamon hatten ihn als einen der ihren willkommen geheißen und ihm den Umhang überreicht. Er war pechschwarz und unten wild ausgefranst; die Fransen und der Rand der Kapuze waren blassrot wie die Morgendämmerung. T.K. hatte nicht gefragt, wo sie ihn herhatten, aber dieses Geschenk sollte wohl dem Zweck dienen, dass ihn die anderen Digimon anerkannten. Er hatte schnell gemerkt, dass dem trotzdem nicht so war. Alles in den Scherben sträubte sich, einem Menschen zu gehorchen. Einzig das Vilemon-Battailon hatte so hohle Schädel, dass es ihm bedingungslos folgte, mit allen anderen war es schwierig. Vielleicht ließen sich die Generäle deswegen so lange Zeit, um auf seinen Aufruf zum Feldzug zu antworten. Diese Idioten würden noch alles gefährden. T.K. fand den Ausgang seiner Kammer blind und ging mit raschen Schritten und wehemdem Mantel den Gang entlang Richtung Thronsaal; die Kapuze zog er sich weit ins Gesicht. „Wie spät ist es?“, herrschte er das Ogremon an, das vor den eisernen Torflügeln Wache hielt. Die Wachleute in der Zitadelle brauchten harsche Worte, das hatte er begriffen. Freundlichkeit wurde nicht geschätzt. „Kurz nach Mitternacht“, gab das grünhäutige Digimon zurück. T.K. blieb vor ihm stehen und starrte es unter dem Kapuzenrand finster an. Das Ogremon sah ihm trotzig entgegen. „Wie war das?“, fragte er drohend leise. „Kurz nach Mitternacht.“ Das Ogremon blieb trotzig. T.K. formte seine Hand zu einer Klaue. Er hatte mittlerweile herausgefunden, wie man die DigiVices der Dunklen benutzte. Wenn man sie nahe genug am Körper trug, konnte man die Energie fühlen, die schwach von ihnen ausging. Es genügte, wenn er sich auf einen Teil dieser Strahlung konzentrierte und die Daten, aus denen sie bestand, entsprechend umformte. Ohne dass er etwas sagen musste, spürte er, wie die Energie sich in seiner Hand verdichtete, bis ein rotes Glühen seine Finger in eine zuckende Albtraumkralle verwandelte. Das Ogremon warf einen nervösen Blick darauf. T.K. zog demonstrativ eine Augenbraue hoch, und das Digimon senkte schließlich den Blick. „Es ist kurz nach Mitternacht, erhabener Meister.“ T.K. ließ das Licht erlöschen und ging mit einem Nicken weiter in den Thronsaal. Hinter sich hörte er das Ogremon erleichtert aufatmen. Er hoffte, dass es seine Lektion gelernt hatte. Direkt nach seiner Ernennung hatte er ein halbes Dutzend Digimon umbringen müssen, die sich geweigerten hatten, ihm Respekt zu zollen. Akis DigiVice, das er neben seinem eigenen an seinem Gürtel befestigt hatte, hatte ihm dabei gute Dienste geleistet. Angemon war für ihn sogar noch weiter gegangen; seine heilige Macht hatte etwa zwanzig halsstarrige Scherben ausgelöscht, die noch vor der Ernennung auf ihn hatten losgehen wollen. Der Thronsaal war noch finsterer als am Tag; selbst die schmalen, mehrere Meter tiefen Fensterschlitze in der geschwungenen Decke ließen nun kaum Licht in den Raum. Ein einzelner Mondstrahl beleuchtete den mittleren Thron – seinen Thron seit einem halben Tag. Sonst war niemand hier, zumindest auf den ersten Blick. T.K. ließ sich auf den kalten Steinstuhl fallen und sah demonstrativ nach links und rechts. Dann überschlug er lässig die Beine und sagte leise: „Versteckt Ihr Euch etwa vor mir? Das ist nicht notwendig.“ Ein Kichern ertönte und rechts von ihm, über dem ersten Thron, tauchte schwebend Phantomon auf. „Ihr seid scharfsinnig, Takeru.“ Die Triumviratoren sprachen sich gegenseitig so höflich an, wie es auch die Meister der Dunkelheit untereinander getan hatten. Einzig SkullSatamon redete ihn noch wie einen gewöhnlichen Untergebenen an, doch entweder konnte er das dem Skelettdigimon austreiben, oder eben nicht. Es bedeutete ihm nicht viel. „Selbstverständlich. Ich habe gegen Gegner gekämpft, von denen Ihr nichts ahnt, Phantomon. Da lernt man sich eine gewisse Wachsamkeit an.“ In Wirklichkeit hatte er die Worte einfach so gesagt. Wenn niemand hier gewesen wäre, hätte sie auch niemand gehört – aber auf diese Idee kam Phantomon wohl gar nicht. „Ihr Menschen schlaft in der Nacht, habe ich geglaubt?“ „Wenn wir müde sind. Aber ich werde wohl ein Nachtmensch.“ „Nachtmensch? Bedeutet dieser Ausdruck, dass ihr euch der Macht der Dunkelheit hingebt?“ T.K. schmunzelte amüsiert. Phantomon war scharfsinnig und schlau, aber es gab Dinge, die es nicht wusste, aber zu interpretieren versuchte – vor allem, was Menschen anbelangte, denn ganz offensichtlich wollte es von T.K. alles Wissenswerte über selbige erfahren, wenn auch eindeutig mit dem Hintergedanken, den Dunklen und DigiRittern eher gewachsen zu sein. „Nein. Es bedeutet lediglich, dass man in der Nacht wacher ist als am Tag.“ Phantomon fauchte, aber das war sein Äquivalent zu einem nachdenklichen Hm, wie T.K. mitbekommen hatte. „Ich habe gehört, Ihr habt noch eine andere Kriegsbeute außer dem Kopf des Menschen mitgebracht?“ „Sein DigiVice. Was ein DigiVice ist, wisst Ihr?“ „Selbstverständlich.“ Phantomon schwieg kurz. T.K. zog sich seine Kapuze tiefer und bemühte sich, dass sein Gesicht im Schatten des Mondlichts lag. Da das Gesicht des Digimons ebenfalls verhüllt war, wollte er nicht im Nachteil sein, wenn es darum ging, die Gedanken des anderen zu lesen. „Es ist in der Hinsicht gut, dass wir jemanden haben, der damit umgehen kann. Digimon, die DigiVices benutzen können, gibt es noch nicht.“ T.K. nickte. Wenigstens Phantomon war zufrieden mit seinem neuen Mitglied. „Habt Ihr getan, worum ich Euch gebeten habe?“ Er hatte Phantomon diese spezielle Angelegenheit erläutert und es für sich gewonnen. Dann hätte es den Befehl weitergeben sollen, weil er befürchtete, die Digimon dort würden ihn nicht oder nur halbherzig ausführen, und das würde wiederum einen Teil seiner Pläne zunichte machen. Auch wenn der Plan spontan bei seiner Begegnung mit seinen ehemaligen Freunden entstanden war, wollte er ihn doch durchziehen. „Ja. Ich habe einen Boten zur Stadt des Ewigen Anfangs geschickt.“ „Ich danke Euch.“ Eine Weile saßen – beziehungweise schwebten – sie in der Stille da, bis Phantomon kicherte. „Ihr seid seltsam, Takeru. Meine Präsenz habt Ihr gespürt, aber die eines Bakemon nicht?“, fragte es lauernd und kicherte, ein klares Zeichen, dass es keine Antwort wollte, sondern ihn bereits durchschaut hatte. T.K. musste sich beherrschen, sich nicht auf die Unterlippe zu beißen. „Ich muss eine ganze Armee beeindrucken“, sagte er, darum bemüht, seinen Frust nicht offen zu zeigen. „Da kann es nicht schaden, wenn ich bei Euch anfange.“ Phantomon kicherte weiter. „Du kannst dich zeigen“, sagte es in die Dunkelheit. Als in dem sternförmigen Mosaik am Boden, das den Platz anzeigte, an dem Besucher die Audienzen bei den Herren der Zitadelle abhalten durften, ein Bakemon erschien, sagte Phantomon: „Aber grämt Euch nicht, es ist eben erst gekommen.“ „Ich bringe Nachricht von den Generälen. Zwei Boten sind vor ein paar Minuten vor den Toren der Zitadelle eingetroffen“, sagte es mit einer hohlen, nuschelnden Stimme, die es dümmlich wirken ließ. T.K. wartete nur darauf, dass ihm Sabber aus dem beinahe rechteckigen, zahngesäumten Mund lief. Das Bakemon wandte sich direkt an ihn. „Ehrhabener Meister Takeru, General Musyamon lässt Euch ausrichten, dass es nur einen kleinen Trupp seiner Armee entbehren kann, denn es befindet sich weit im Territorium der DigiAllianz.“ „Was? Was bildet es sich ein?“ T.K. sprang wütend auf. Ein kleiner Trupp … das bedeutete im schlimmsten Fall zwei, drei Rookie-Digimon. Er wandte sich an Phantomon. „Da ich noch neu im Geschäft bin – ist es bei Euch üblich, die Überbringer schlechter Nachrichten zu töten?“ Das Bakemon schwebte ruckartig ein paar Meter rückwärts und bekam es sichtlich mit der Angst zu tun. Phantomon, das sofort erkannte, dass er die Frage nur pro forma gestellt hatte, kicherte vor sich hin. „A-aber unsere Marine steht Euch natürlich voll und ganz zur Verfügung, erhabener Meister“, beeilte sich das Bakemon zu versichern. „Sie wird schon bei Tagesanbruch in Position sein. Der Trupp von General Musyamon wird am frühen Vormittag eintreffen, wurde mir gesagt.“ „Na gut“, sagte T.K. und setzte sich. Das Bakemon atmete auf. Irgendwie empfand T.K. eine abstruse Freude daran, bösartige Digimon zu verängstigen. So etwas war nicht möglich gewesen, als er noch ihr Feind war. In Gedanken überschlug er die Zeit, die er brauchte, um mit den Vilemon zu der Stelle im Meer zu gelangen, wo die Mobile Festung abgestürzt war. Wenn die Fledermausdigimon mit Pegasusmon mithielten, war es in wenigen Stunden zu schaffen. „Du kannst gehen. Und zwar nicht nur verschwinden, ich will sehen, dass du zum Tor hinausfliegst.“ „Wie Ihr wünscht“, murmelte Bakemon ergeben und zog sich zurück – rückwärst fliegend. „Wenn Ihr vielleicht auf den Gedanken kommt, mich von unsichtbaren Geistern beschatten zu lassen, könnt Ihr das gerne tun“, sagte T.K. zu Phantomon. „Ich habe nichts zu verbergen. Wenn ich jemanden in meiner Kammer erwische, muss Euch aber klar sein, dass ich dieses Digimon töten lasse.“ Phantomon kicherte erneut. „Ich hatte nichts dergleichen vor.“ T.K. beschloss, nicht weiter nachzuhaken. Es brachte nichts, zu überlegen, ob Phantomon log oder nicht. Er stand auf und ging in seine Kammer zurück, um sich noch ein paar Stunden Schlaf zu holen. Bei Tagesanbruch wollte er schließlich kämpfen. Locomotown, DigiWelt Dienstag, 28. August 2007 1:56 Uhr Obwohl es schon auf zwei Uhr nachts zuging, konnte Tai nicht schlafen. Sein Zimmer, das im obersten Stock des Hauses lag, war früher mal so etwas wie eine Gerümpelkammer gewesen; es gab allerhand staubige Möbel, die meisten davon mit Planen abgedeckt, und zum Schlafen hatte er nur eine Pritsche, deren Stroh durch das schmutzige Leintuch hindurch stach. Agumon hatte sich auf einem zugedeckten Schaukelstuhl ausgestreckt, dessen Sitzfläche gerade groß genug war, damit es nicht herunterfiel, und schnarchte leise. Ein zaghaftes Klopfen riss Tai aus seinen Gedanken. Er ging zur Tür und war erstaunt, als Mimi ihren Lockenkopf zögerlich in sein Zimmer streckte. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen. „Ich … Störe ich?“, fragte sie. „Kein bisschen.“ Er öffnete die Tür weiter und ließ sie eintreten. „Es ist kein Königreich, aber … Egal. Was gibt es?“ Mimi stand mitten im Zimmer und sah dabei verloren aus. „Ich … wenn ich ungelegen komme, tut es mir leid, nur … Ich fühle mich so allein in meinem Zimmer. Ich wohne gleich nebenan, und da dachte ich, naja, ich schau mal bei dir vorbei … Tut mir leid, wenn ich dich geweckt hab!“, sagte sie eilig. „Ich war wach.“ Tai zog eine Augenbraue hoch. Er war sich ziemlich sicher, dass Mimis Zimmer im Erdgeschoss lag, aber er sagte nichts, sondern deutete nur auf seine Pritsche. „Ähm, setz dich doch. Leider ist es nicht wirklich gemütlich.“ „Das macht nichts.“ Mimi nahm auf der Pritsche Platz, Tai auf einer Holzkiste gegenüber. Eine Weile schwiegen sie. Dann seufzte Mimi. „Hast du … naja … ich meine …“ „Du bist traurig wegen Palmon, oder?“, fragte er geradeheraus. Mimi biss sich auf ihre Unterlippe. Sie nahm das Kissen von der Pritsche und drückt es an sich. „Ja“, flüsterte sie erstickt. Tränen schimmerten in ihren Augen, wie so oft seit diesem Vorfall. Er setzte sich nun doch zu ihr und wollte sie beruhigend berühren, ihr irgendwie Linderung verschaffen, sie irgendwie trösten, irgendwie … doch er wagte es nicht. Sie kam ihm so fragil vor, dass er sie vielleicht verletzte. „Das … das wird schon wieder. Irgendwann. Palmon kommt zurück. Du weißt, wie es auf der FileInsel mit Angemon war.“ „Und wenn nicht? Die Stadt des Ewigen Anfangs ist ja besetzt“, murmelte sie. „Ich habe gehört … sie bringen alle Digimon um, die keine Albtraumsoldaten werden können … Ich konnte mich nicht einmal von Palmon verabschieden, es ging alles so schnell …“ Sie schluchzte auf und warf sich Tai an die Brust, weinte hemmungslos. Er wollte die Arme um sie legen, aber etwas hielt ihn davon ab. Dabei hätte er im Moment nichts lieber getan, als sie zu trösten. „Ich bin ja so egoistisch“, stieß sie unter Tränen hervor. „Du hast … du hast deine Schwester verloren, und ich weine mich hier bei dir aus wegen Palmon, das wiedergeboren wird … Ich bin das Letzte …“ Tai spürte, wie ihre Tränen sein Hemd tränken. Ihm begannen selbst die Augen zu brennen. „Bitte … hasse mich nicht“, flüsterte Mimi. „Aber es … es tut so weh … Dabei weiß ich gar nicht, wie du dich fühlst …“ „Mimi, ganz ruhig“, flüsterte er. Ihm liefen jetzt selbst Tränen über die Wangen. „Sag einfach nichts mehr.“ Mimis schmale Schultern beben, als er sie nun doch mit den Armen umschloss. Eine Weile saßen sie einfach nebeneinander da, stützten sich gegenseitig in ihrer Trauer. „Wie … wie fühlst du dich?“, fragte Mimi, als sie sich etwas beruhig hatte. Sie löste sich von seiner Brust und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die feucht von ihren Tränen war. Er wich ihrem Blick aus, sah zu dem schlafenden Agumon. „Es ist wie eine Wunde … Sie vernarbt langsam, das weiß ich. Aber ich fühle mich, als wäre da etwas in mir zerbrochen.“ „Es tut mir so leid“, sagte Mimi. „Du willst sicher nicht daran erinnert werden, und ich bin so … so …“ „Bitte, Mimi“, flüsterte er. Sie legte ihre Hände auf seine Schultern, krallte ihre schlanken Finger in seine Haut. Mit geschlossenen Augen presste sie sich an ihn. „Es … es tut mir leid … Ich weiß nicht, was mit mir los war, aber … Als ich dich so auf dem Boden liegen gesehen habe, da dachte ich … da dachte ich, dass du auch … Und da dachte ich, ich müsste sterben. Mir war nie klar, dass du … Also …“ Sie schluckte, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Ich meine … ich wollte nur, dass du es weißt, weil … Es kommt mir vor, als ob alles, was wir tun und sagen, keine Rolle mehr spielt … Da dachte ich, ich kann es dir auch ebenso gut sagen … Ich sollte es sogar …“ Tai strich beruhigend durch ihr Haar. Sie war so anders, dachte er. Nicht mehr ein eitles Prinzesschen, mit dem nur schwer auszukommen war. Er merkte, dass er die alte Mimi zurück wollte. „Ich …“ Sie holte tief Luft und stieß sie dann wieder aus. „Ich kann nicht.“ Tränen füllten erneut ihre Augen. „Selbst jetzt kann ich es nicht sagen. Vielleicht bin ich einfach benebelt.“ „Vielleicht“, sagte er. Mimi zog lautstark ihre Nase hoch. „Ich glaube, ich … Ich sollte jetzt gehen.“ Sie wollte aufstehen, aber er hielt ihre Hände fest. Sie sah ihn überrascht an, aber auch mit einem Ausdruck wilder Hoffnung in den Augen. Hoffnung darauf, dass er ihr seinerseits irgendeine Bestätigung gab, irgendetwas, um ihre Gefühle zu ordnen … Eine Hoffnung, dass sie einander nicht fremd waren, die geschlagene Mimi und der zerbrochene Tai … „Mimi, wenn du jemanden … zum Reden brauchst … oder so …“ Plötzlich fühlte er selbst, wie ein Kloß im Hals ihn am Reden hindere. „Ich bin für dich da, wenn du auch für mich da bist. Nein, ich meine, ich würde mich freuen, wenn du mir wieder mal Gesellschaft leistest, solange wir hier sind.“ „Stört es dich auch nicht?“, fragte sie zögerlich. „Im Gegenteil!“ Sie lächelte erlöst ob seiner impulsiven Antwort. „Gut, dann … Vielleicht kann ich jetzt besser schlafen. Danke, Tai.“ Die Art, wie sie seinen Namen sagte, brachte etwas in ihm zum Klingen, eine Art von Resonanz, die er bisher nur näherungsweise kannte. Er wusste, er sollte sie auffordern, hier zu bleiben, ihr die Pritsche anbieten, damit sie nicht in ihr einsames Zimmer zurückmusste, in dessen Stille ihre Ängste mit unbarmherziger Wucht auf sie eindroschen, aber er blieb stumm. Er sagte nichts, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und er mit Agumon allein war. Mit einem Seufzer warf er sich auf die Pritsche, die unter seinem Gewicht ächzte. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich besser als vorher, aber gleichzeitig war er auf sich selbst wütend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)