Shards von UrrSharrador (At the End of Nightfall ... no one will be safe ... [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 40: Shards ------------------ Finsterzitadelle, DigiWelt Dienstag, 4. September 2007 0:51 Uhr „Schnell! Beeilt euch!“ Matts Stimme wehte ihnen voran. Gerade eben hatte eine Attacke den Schutthaufen von hinten getroffen und Felsbrocken herunterrutschen lassen. So war ein kleiner Spalt ganz oben bei der Decke entstanden, durch den sie hindurchschlüpfen konnten. Gennai hatte das Mekanorimon stehen lassen und war ihnen gefolgt. Nach der Kletterpartie waren Matts Finger zerschunden und blutig, aber es galt keine Zeit mehr zu verlieren! Der Thronsaal kam in Sicht, das Tor dorthin war zerstört worden und lag wellig und scharfkantig ausgefranst auf dem Boden. Die DigiRitter stürmten in den Thronsaal. Dort waren sie. T.K. hockte auf dem Boden. Blut lief aus seiner Nase, sein Umhang war an den Rändern verkohlt. Patamon flatterte neben ihm und war sichtlich mitgenommen. Und dort an der Wand stand Taneo, ein Thunderboltmon schwebte vor ihm in der Luft, aber was Matt am meisten irritierte, war Myotismons Tor. Es war geöffnet. „Oh nein!“, rief Cody. „Haben sie Piedmon etwa schon befreit?“ „Davis!“, rief Veemon und rannte zu seinem Partner, der ohnmächtig auf der anderen Seite des Raumes lag. Rings um ihn zierten Brandflecken und Krater den Boden; er hatte mächtig Glück gehabt, nicht von den Attacken erwischt worden zu sein. „Was geht hier vor?“, fragte Matt scharf. Taneo wandte sich zu ihnen um. „Sieh an, deine Freunde wollen bei deinem Ende auch zusehen. Ihr kommt gerade richtig.“ „Taneo, bitte“, sagte Gennai ruhig. „Sei vernünftig.“ „Du hast mir nichts zu sagen, digitaler Mann, merk dir das endlich!“, schrie der Dunkle. „Ihr werdet heute alle sterben, und wenn es das letzte ist, was ich tue!“ Yolei richtete ihre Pistole auf ihn. Das Magazin war leer, das wusste sie, und gerade deshalb konnte die die Waffe ruhig halten. Taneo schien zu glauben, dass sie geladen war, denn er wurde blass um die Nase. Im nächsten Moment schoss Thunderboltmon wie ein Blitz heran und prallte gegen Yoleis Hand, die erschrocken aufschrie. Die Pistole flog im hohen Bogen davon. Den Moment, in dem Thunderboltmon abgelenkt war, nutzte Matt und rannte los. „Matt!“, rief Sora und machte Anstalten, ihm zu folgen, aber er kniete sich neben T.K. und sah seinen Bruder mit starrer Miene an. „Wo ist Piedmon?“, fragte er eisig. „Tot“, antwortete T.K. knapp und hustete. „Jetzt fehlt nur noch Taneo.“ Matt sah ihn forschend an. Was sollte er von ihm halten? Sein Bruder hatte sich so weit von ihm entfernt, wie es nur möglich war. Dennoch tat es ihm weh, ihn so zu sehen, verletzt und am Ende seiner Kräfte. Er sah, dass das DigiVice der Dunklen an seinem Gürtel rot blinkte. Zumindest ging von ihm keine Gefahr aus. „Halt dich raus“, knurrte er und lief zu den anderen zurück. Gabumon und die anderen hatten bereits eine Front gegen Thunderboltmon gebildet. „Da scheinen ja noch ein paar Kampfeswillen zu haben“, sagte Taneo amüsiert. „Treiben wir ihnen das aus, ja, Thunderboltmon?“ Das DigiVice, das an seinem Hals baumelte, verströmte gleißendes Licht, das seinen Digimon-Partner einhüllte. Thunderboltmons Körper wurde etwas, das wie ein Drachenkopf aussah, aus dem ein Körper wuchs, größer und größer. Kräftige Arme und Beine mit scharfen Krallen entstanden, und zwei paar roter Flügel sprossen aus seinem Rücken. „Oh nein, was ist das denn?“, rief Yolei, als sie das Digimon sah. So ein Wesen hatte keiner der DigiRitter je gesehen. „Das ist Cyberdramon!“, verkündete Taneo triumphierend, während er auf den Rücken des Digimons kletterte, sich auf seine Schulter setzte und sich an dem dicken Hals festhielt. „Mein Digimon kann zwar ohne Weiteres auf dem Champion-Level bleiben, aber von uns haben nur Renji und Fumiko ihre Digimon je auf das Mega-Level gebracht.“ Er lächelte grimmig. „Aber das macht wohl auch keinen Unterschied mehr, oder?“ „Was ist los …“, murmelte Davis, der in diesem Moment die leeren Augen aufschlug. „Bleib einfach liegen und überlass uns das Feld“, sagte Veemon heroisch. Davis atmete tief durch und nickte, und sein DigiVice versprühte Licht und ließ Veemon zu Ex-Veemon digitieren. „Sieht so aus, als würde es an uns liegen“, brummte Digmon. „Goldsturm!“ Die Bohrer schossen auf Cyberdramon zu, das dreien auswich und die verbleibenden zwei mit den Klingen an seinen Armen abwehrte. Es flog elegant um einen heransausenden Vee-Laser herum und prallte gegen Ex-Veemon, drückte es knurrend gegen die Wand und versenkte seine Zähne in dessen Schultern. Das blaue Digimon brüllte auf. „Patamon! Kannst du ihm nicht helfen?“, rief T.K. „Schaffst du noch eine einzige Digitation?“ „Ich kann‘s versuchen.“ Vor seinen Augen wurde Patamon zu Angemon, mehr Energie konnte es nicht aufbringen. Der Engel flog zu den kämpfenden Drachen. „T.K, ruf sofort Angemon zurück!“, schrie Matt. „Ohne mich verliert ihr diesen Kampf!“, gab T.K. zurück. Sein Bruder rannte zu ihm und starrte ihn zornig an. „Du wirst nichts unternehmen, ehe wir nicht wissen, auf welcher Seite du stehst!“ „Aber sie verlieren, siehst du das nicht?“ Warum war Matt nur so stur? Gut, er konnte es sich eigentlich denken. Nichts anderes hatte er verdient. Cyberdramon ließ ein wenig von Ex-Veemon ab und seine Klauen leuchteten auf. „Ausradier-Kralle!“, grollte es. Ein grün glitzernder Energiestrahl traf Ex-Veemon in die Brust und ließ es mit einem Aufschrei zu Boden fallen und zurückdigitieren. „Das sind doch keine Gegner!“, höhnte Taneo. „Cyberdramon, töte jetzt den Verräter!“ Sein Digimon wandte sich in der Luft herum und sammelte neue Energie in seinen Krallen. Matt erkannte sofort, was es vorhatte. „Nein!“, schrie er und warf sich zwischen T.K. und den Strahl, den es auf ihn abschoss. Sora kreischte auf, die DigiRitter schrien ebenfalls – und T.K. verpasste seinem Bruder einen kräftigen Stoß, der ihn zur Seite warf. Der Strahl streifte ihn selbst und schleuderte ihn davon. Bluray-Gebirge, DigiWelt Dienstag, 4. September 2007 0:58 Uhr Mimi saß schweigend neben Tai und hielt seine Hand. Das Blitzen und Kämpfen auf den Summenden Feldern, das nun schon so lange andauerte, wurde immer weniger, doch niemand im Lazarett konnte sagen, ob sie am Gewinnen oder Verlieren waren. Stumm hing sie ihren eigenen Gedanken nach. Tais Wunde war dank der Cutemon bereits verheilt, doch er war durch den Blutverlust noch immer sehr schwach und blass. Plötzlich schlug er die Augen auf. „Da … da kommt was“, hauchte er. Eine Sekunde später packten zwei kräftige Hände die Kante der Plattform, auf der das Lazarett errichtet war, und ein gewaltiges SkullMeramon zog sich herauf. Seine Stiefel klirrten metallisch, als es auftrat. „Sieh mal an, was wir hier haben“, sagte es, wobei sein metallener Kiefer knirschte. Sofort trat Agumon vor und spie einen Feuerball auf das Digimon, den dieses lachend mit der Faust abfing. „Ich zeig dir mal, wie man das macht“, grunzte es und ein blau glühender Feuerstrahl verließ seinen Mund. Mimi kniff die Augen zu und kauerte sich zusammen, doch die erwartete Hitze blieb aus. Verblüfft drehte sie sich um. Der Taktische Stab war vor ihnen erschienen. Sie standen in einer Piximon-Tarnkappe, die das Feuer abgefangen und daher sichtbar geworden war. Außer den Piximon waren noch Jerrymon, Vademon und der gefesselte Dunkle, den Matt und Izzy erwischt hatten, dabei. „Wenn es nichts mehr zu koordinieren gibt“, befand Jerrymon, „können wir ebensogut selbst kämpfen.“ „Ha!“, rief SkullMeramon. „Und ich dachte schon, mir würde langweilig werden.“ Vier glitschige Raremon quälten sich im Schneckentempo hinter ihm auf die Plattform hoch. „Spiralschwert!“ SkullMeramon fuhr herum, sah, wie von der Seite eine Klinge angerast kam, und wehrte sie mit seiner Kette ab. Andromon trat auf es zu. „Ich bin dein Gegner“, sagte das Androidendigimon mit mechanischer Stimme. SkullMeramon schnaubte, was kleine blaue Funken vor seinen Nasenlöchern tanzen ließ. „Dann komm her.“ Finsterzitadelle, DigiWelt Dienstag, 4. September 2007 0:58 Uhr Matt sprang auf. „T.K!“ Auch Cody kam angelaufen. T.K. sah nicht gut aus; wo der Strahl seine Brust gestreift hatte, breiteten sich schwarze Flecken auf seinem Körper aus. Schwerfällig stemmte sich T.K. in die Höhe. „Warum … Warum wolltest du mich schützen?“, murmelte er schwach. „Ich hab euch doch … so viel … angetan …“ Matt wich seinem Blick aus. „Du bist immer noch mein Bruder“, sagte er ernst. „Cyberdramon, jetzt!“, befahl Taneo. Das Drachendigimon wollte soeben wieder neue Energie sammeln, als von hinten Digmons Bohrer gegen es prallten. Taneo wurde durchgeschüttelt, und als sie sich umdrehten, sah er, wie auch die Rookie-Digimon sie angriffen. Die Flammen und Tentomons Elektrizität kitzelten das Ultra-Digimon kaum, aber auch Angemon schoss einen Strahl reinen Lichts auf sie ab, und Cyberdramon hatte plötzlich alle Hände voll zu tun, ihm und Digmons Attacken auszuweichen, um Taneo zu schützen. „Nach alledem … siehst du mich immer noch als deinen Bruder?“, seufzte T.K. Matt zögerte, sah ihm dann aber doch fest in die Augen. „Du bist immer noch einer von uns. Wir haben uns alle Sorgen um dich gemacht. Komm zurück.“ T.K. starrte ihn an, dann, plötzlich, füllten Tränen seine Augen, Tränen von der Sorte, wie er sie nie wieder zu weinen vorgehabt hatte. Es war ohnehin alles verloren … „Es tut mir leid, Matt“, flüsterte er. „Es tut mir leid, was ich euch alles angetan habe. Ich wollte nur … ich wollte nur diesen elenden Krieg beenden, der Kari das Leben gekostet hat. Und dafür bin ich über Leichen gegangen.“ „Du hast Piedmon getötet, oder?“, fragte Cody. T.K. antwortete nicht darauf. Matt zögerte kurz, dann nahm er seinen kleinen Bruder in den Arm. „Vielleicht waren wir die ganze Zeit über im Irrtum“, sagte er leise. „Schon damals bei Apocalymon ist es uns nicht gelungen, die DigiWelt vor der Zerstörung zu retten. Aber sie ist neu entstanden und so schön geworden wie vorher. Vielleicht ist das auch dieses Mal wieder notwendig. Vielleicht war diese Welt bereits zu dunkel, um sie nur mit der Macht des Lichtes zu bekämpfen. Vielleicht war das alles notwendig. So hart das auch klingen mag.“ T.K. löste sich von ihm. „Trotzdem … Ich bin ein DigiRitter. Ich habe schreckliche Dinge getan.“ Hinter ihnen krachten die Attacken von Cyberdramon auf die wehrlosen Rookie-Digimon ein. Digmon digitierte zu Armadillomon zurück und wurde dann zu Ankylomon; sein stacheliger Panzer schützte die anderen vor der Ausradier-Kralle, nahm aber selbst dabei Schaden und wurde nach und nach von dunklen Flecken überzogen. „Vergiss das jetzt mit den DigiRittern!“, rief Cody energisch. T.K. sah ihn verständnislos an. „Das ist doch nicht alles, was uns ausmacht! Wir sind Freunde, oder nicht? Wir helfen dir, den giftigen Stachel rauszuziehen, verstehst du? Was der eine Schlechtes tut, das bügeln die anderen wieder aus!“ „Cody …“, murmelte T.K. „Als wir draußen vor der Zitadelle gekämpft haben, da hatte ich das Gefühl, dass du etwas zurückhältst, dass du mir nicht die Wahrheit erzählst.“ T.K. lächelte traurig. „Ich habe dir nicht mal ansatzweise die Wahrheit erzählt.“ Er schüttelte den Kopf, als sie etwas erwidern wollten. „Nein, sagt nichts mehr. Ihr könnt mir nicht vertrauen. Ich bin euer Feind. Taneo kann nicht mehr gewinnen. Piedmons Schwerter sind mit ihm verschwunden. Es ist vorbei. Geht, lauft davon, zurück zu eurer Armee.“ Matt legte ihm die Hand auf die Schulter. „Nicht ohne dich.“ Er zögerte. „Was ich vorhin gesagt habe … das tut mir leid. Ich hätte wissen müssen, dass du immer noch du selbst bist. Ich habe nur einen Wunsch. Komm mit uns.“ „Bin ich denn noch ich selbst?“, fragte T.K. „Wie könnt ihr mir nur vertrauen, nach allem, was ich getan habe?“ „Es liegt nicht an dir, zu entscheiden, wer dir traut und wer nicht!“, warf Cody ein. „Sicherlich hängt es von deinen Taten ab, aber letztendlich müssen wir entscheiden, ob wir dich zurückhaben wollen oder nicht!“ „Ich weiß, du hast eine Menge durchgemacht, kleiner Bruder“, sagte Matt leise. „Bitte, komm jetzt nach Hause.“ T.K.s Tränen fanden ihren Weg seine Wangen hinunter. „Ihr seid … Nein, es war trotzdem ein Fehler! Ich dachte, ihr wärt ebenso gebrochen wie ich. Aber das war ein Irrtum.“ „Ich weiß, dass du noch ziemlich durcheinander bist und dass dich Karis Tod sehr schmerzt“, sagte Cody einfühlsam. „Ich habe auch einen lieben Menschen verloren. Ich war noch sehr klein, als mein Vater starb. Der Schmerz ist vielleicht nicht derselbe, aber ich glaube, ich kann ein wenig nachempfinden, was dich quält, zumindest ein kleines bisschen.“ Er drückte T.K.s Hände, die eiskalt waren. „Hör mir zu“, sagte er eindringlich. „Du glaubst, wir wären zerbrochen, und wahrscheinlich stimmt das. Aber sieh dich um! Die Scherben waren auch eine gebrochene Macht, und sie haben trotzdem wieder zueinander gefunden! Sicher sind die Ränder der Splitter scharf und es tut weh, aber sie sind immer noch Teil eines Ganzen und sie passen zueinander! Kari ist in jedem von uns, in allen, die sie gekannt haben!“ T.K. schluckte bange. Ihm fiel keine Antwort mehr ein. Stumm hörte er Cody zu. „Du hast uns eine neue Seite deiner selbst gezeigt. Deine freundliche Seite gibt es noch immer! Du bist kein DigimonKaiser, du bist nicht von der Saat der Dunkelheit befallen und du hast dich auch nicht der Macht der Dunkelheit angeschlossen.“ „Ich hasse die Macht der Dunkelheit“, murmelte T.K. tonlos. „Du hast gesagt, du willst die DigiWelt neu formen. Das wird jetzt nicht mehr möglich sein, aber wir können sie gemeinsam immer noch in eine bessere, schönere Welt verwandeln, eine Welt, die auch Kari gefallen würde!“ Cody ließ ihn los und streckte ihm seine Hand entgegen. „Was meinst du?“ Die Kälte, die von T.K. Besitz ergriffen hatte, wich langsam. Er spürte sein Herz schmerzhaft pochen. Er lächelte, während Tränen seine Wangen hinabglitzerten. Ein Schluchzen entkam seinen Lippen und er blinzelte heftig. Seine Augen brannten. Dann ergriff er Codys Hand. Und ihre DigiVices erstrahlten. „Nanu, was ist das?“, grollte Ankylomon, als es sich in einen gelben Lichtstrahl verwandelte. Ebenso wurde Angemon in grünes Licht gehüllt, und die Lichtsäulen umtanzten einander, nahmen feste Form an – und schließlich wirbelte Shakkoumon aus dem Licht hervor. „Sie sind digitiert!“, rief Cody begeistert. Er spürte T.K.s Herzschlag, und er spürte nun auch seinen Gedanken. Seinen Schmerz, seine Zweifel, seine Sehnsucht, seine Hoffnungen … Nun verstand er ihn endlich wieder. T.K. konnte nicht glauben, dass ihre Digimon zu Shakkoumon geworden waren. „Sie haben eine DNA-Digitation ohne den Heiligen Ring geschafft“, sagte Gennai, während die anderen DigiRitter das glänzende Digimon, das wie eine kunstvolle Tonfigur aussah, verblüfft anstarrten. „Das ist erstaunlich.“ „Sie sind verschmolzen? Was ist das für eine verschrobene Digitation?“, rief Taneo und bedeckte seine Augen, während das Licht erst langsam abklang. „Vernichte dieses Ding, Cyberdramon!“ Knurrend ließ sein Digimon-Partner seine Klauen aufleuchten. „Ausradier-Kralle!“ Der Lichtblitz schoss stärker als je zuvor auf Shakkoumon zu – und wurde von dessen Bauchklappe absorbiert. Zischend entwich Dampf aus Shakkoumons Kopf. Angemons und Ankylomons Stimmen schallten im Einklang durch den Saal. „Deine finsteren Machenschaften haben jetzt ein Ende, Dunkler!“ Die Klappe in seinem Bauch öffnete sich erneut. „Tonbomben!“ Tonscheiben mit rotierenden Klingen verließen die Luke. Cyberdramon schlug mit den Flügeln und versuchte auszuweichen, doch die Scheiben änderten ihre Richtung und trafen es in den Rücken. Taneo wurde mit einem Schrei von der Schulter seines Digimons geschleudert und landete hart auf dem steinernen Boden. Cyberdramon fing sich und ging mit den Klingen an seinen Oberarmen auf Shakkoumon los, zerkratzte dessen Rüstung. Shakkouman packte das Digimon mit seinen Greifarmen und schoss rote Strahlen aus seinen Augen auf es. Cyberdramon brüllte. Taneo stand auf, er hielt die rechte Hand gegen die Brust gepresst, wo sein DigiVice glühte. „Lass dich nicht von ihm aufhalten! Zerstör den Thronsaal! Vernichte alle hier drin!“ Das drachenähnliche Digimon brüllte auf, sammelte abermals Energie und schoss blindlings um sich. Die Ausradier-Krallen rissen Löcher in die Wände und die Decke, die sich wie Wucherpflanzen ausbreiteten. „Schnell, Shakkoumon, mach dem ein Ende!“, schrie Cody über das Geräusch berstenden Steins hinweg. „Tonbomben!“ Eine neuerliche Welle klingenbewehrter Scheiben traf Cyberdramon mit ungeminderter Wucht. Brüllend leuchtete es auf und digitierte zurück. Ein winziges Ausbildungsdigimon mit buschigem Schwanz und einem stacheligen Helm auf dem Kopf fiel zu Boden, als seine gesamte Energie verbraucht war. Auch Shakkoumon wurde wieder zu Armadillomon und Patamon. Die DigiRitter brachen in lauten Jubel aus. Ein knirschendes Geräusch ertönte und ließ sie verstummen. „Nicht schon wieder!“, rief Yolei. „Schnell raus hier, sonst stürzt hier noch alles ein!“, kommandierte Izzy. Matt und Cody stützten T.K, während Joe Davis auf die Füße half. Seine Haut war noch etwas grau, aber die Wirkung von Myotismons Attacke schien nachgelassen zu haben, als T.K.s DigiVice erschöpft war. „Wartet – was ist mit Taneo?“, rief er, als sie ihn zum Tor hinaus zerrten. „Schnell, wir müssen weiter!“, drängte ihn Matt, als die ersten Felsbrocken, so groß wie Häuser, auf den Steintisch mit den Karten krachten. „Es ist vorbei, Kapurimon“, murmelte Taneo tonlos. „Endgültig. Wir haben verloren. Wir sind am Ende.“ „Es tut mir leid. Ich habe mein Bestes gegeben“, piepste das Digimon. Taneo nahm es in die Arme und drückte es an sich. „Ist schon in Ordnung. Es lässt sich nicht mehr ändern. Vielleicht erwischt es diesen Takeru ja auch noch, das wäre nur fair.“ Er streichelte das Fell des kleinen Digimons, während rings um ihn herum Wände zersplitterten und Gewölbebrocken den Boden durchschlugen. Selbst wenn er fliehen könnte, würde ihn das nicht retten. „Wenigstens muss ich nicht alleine sterben.Wenn du wiedergeboren wirst, genieße den Frieden.“ „Ach, Taneo“, seufzte Kapurimon, als die Decke vollends einbrach und sie zermalmte. Nicht nur der Thronsaal war betroffen. Als der größte Saal der Zitadelle seine Decke verlor, griff der Zusammenbruch auch auf die anderen Räume über und pflanzte sich wie eine Lawine fort, genauso rumorend und genauso tödlich. „Wartet“, keuchte T.K. plötzlich und riss sich von Matts Griff los. „Was hast du?“, rief Davis, dem es von Minute zu Minute besser ging. „Schnell, sonst werden wir zermatscht!“ „Da vorne, die Treppe“, brachte T.K. schwer atmend hervor. „Die dritte Tür dort oben. Dahinter sind eure DigiVices.“ „Dann nichts wie hin!“, rief Yolei, doch T.K. öffnete eine Tür zu ihrer Linken. Dahinter war eine steile Wendeltreppe zu sehen. „Wo willst du hin?“ „Ich muss noch was erledigen“, sagte er. „Bevor hier alles einstürzt, muss ich eine Nachricht an die anderen Stellungen der Scherben übermitteln. Sie müssen sofort die Waffen strecken. Mir werden die Wachen dort oben nichts tun. Geht schon mal vor, ich komme mit Pegasusmon nach.“ Damit warf er die Tür hinter sich zu. Cody machte auch einen Schritt darauf zu, unsicher, ob er ihn nicht begleiten sollte. Das Ende der DNA-Digitation hatte auch das Ende ihrer Gedankengleichheit markiert. „Komm schon, Cody!“, rief Davis ungeduldig. Der Boden wackelte und zahlreiche Risse wanderten über die Decke der ohnehin maroden Zitadelle. „Leute!“, hörten sie jemanden rufen. „Ken! Hallo, wir sind hier!“, rief Yolei und winkte. Ken kam ihnen von vorne entgegengehumpelt. Sein Bein war mit einem Streifen seiner Kleidung dick verbunden. Yolei strahlte über das ganze Gesicht. „Gut, dass du auch wieder da bist! Auf zu unseren DigiVices, DigiRitter, und dann nichts wie weg!“ Bluray-Gebirge, DigiWelt Dienstag, 4. September 2007 1:20 Uhr „Rapidmon, du sollst dich zurückziehen!“, rief Leomon. Die DigiAllianz hatte vom Schlachtfeld abgelassen und sich in die Gänge des Labyrinths zurückgezogen, wo sie ihre Stellung relativ gut verteidigen hatten können, ehe die SkullGreymon angefangen hatten, die Felswände einfach einzureißen. Rapidmon war jedoch zu stolz, um sich an den Rückzug zu machen. Es sauste zwischen den Feinden umher, zersplitterte Knochen mit seinen Raketen und wich blauen Feuerbällen aus – als es plötzlich eine Kette am Bein erwischte. Kurz abgebremst, schlangen die SkullMeramon weitere Ketten um das Digimon, bis es wie eine Fliege in einem Netz zwischen ihnen hing. Ein riesiges, furchteinflößendes SkullGreymon baute sich vor ihm auf. Die Rakete auf seinem Rücken löste sich und löschte Rapidmon in einer gewaltigen Explosion aus. Ogremon ließ sich erschöpft gegen Leomons Rücken sinken, das sich seinerseits mehr an Ogremon abstützte, als dass es ihm den Rücken freihielt. Sie hielten ihre Waffen abwehrend von sich gestreckt und waren von SkullMeramon umzingelt, in der Mitte eines Kraters, den die SkullGreymon-Raketen ins Labyrinth gerissen hatten. „Verdammt nochmal, das hätte ich mir nie träumen lassen“, knurrte Ogremon außer Atem. „Dass wir mal Seite an Seite sterben würden – wir sind doch Erzfeinde!“ Leomon kniff die Augen zusammen und lauschte. „Ich glaube, ich muss dich enttäuschen“, sagte es. „Das ist noch nicht das Ende.“ Die DigiRitter waren wieder da. Dank Azulongmons Kugel waren ihnen letztendlich noch einmal ihre Digitationen gelungen. SkullSatamons Garde, von den langen Kämpfen geschwächt, hatte keine Chance. Ein Hornschlag von MegaKabuterimon löschte ein SkullMeramon aus, Ken und Aquilamon nahmen ein SkullGreymon aufs Korn. Garudamon setzte Joe und Sora ab und vernichtete einen weiteren Feind mit seiner Flügelklinge, und Gomamon digitierte zu Zudomon und stampfte mit seinem Hammer im Alleingang ein SkullGreymon in den Boden. „Wir laufen weiter zu Tai und Mimi!“, rief Matt und Metalgarurumon sprang von MegaKabuterimons Rücken und setzte über das Labyrinth hinweg. Andromon und SkullMeramon lieferten sich einen erbitterten Kampf. Unermüdlich schlugen und prügelten sie aufeinander ein. Vademon beschoss die Raremon mit seiner Laserpistole, und die Piximon und Jerrymon bekämpften die drei SkullGreymon, die auf die Plattform gesprungen waren, wobei sie gleichzeitig versuchten, die Verletzten zu beschützen. Ein Brüllen unterbrach die Kampfgeräusche und MetalGarurumon sprang über die Kante und tauchte die Raremon in eine Metallische Wolfskralle. „Tai! Mimi!“, rief Matt und warf den beiden ihre DigiVices zu. Mimi fing sie auf und reichte Tai seines. „Sie haben es geschafft“, flüsterte sie mit Tränen in den Augen. „Sie müssen es einfach geschafft haben!“ „Matt, du alter Haudegen“, sagte Tai und grinste schwach. „Ich lass dich sicher nicht allein im Rampenlicht stehen, hörst du!“ Ihre DigiVices erglühten. Tanemon wurde zu Palmon und Agumon, das inzwischen ausgeruht und von den Notvorräten gestärkt war, gelang sogar die Warp-Digitation zu WarGreymon. Es war, als hätte sich im Laufe dieser Nacht der finstere Schleier gelichtet, der die DigiWelt umschlungen hielt, und das Licht der Digitation strahlte heller denn je. Matt trat neben seine Freunde. „Wie in alten Zeiten?“, fragte er. Tai nickte. „Wie in alten Zeiten.“ MetalGarurumons und WarGreymons Körper verschwanden in ihren Helmen, aus denen Licht strahlte und einen ritterlichen Körper annahm, der alle anderen überragte. Die SkullGreymon und das SkullMeramon wichen eingeschüchtert zurück. „Los, Omnimon!“, riefen Matt und Tai wie aus einem Munde. Omnimon stürzte mit wehendem Mantel auf die Feinde zu. Sein Schwert zerteilte die drei SkullGreymon mit einem einzigen Streich und SkullMeramon mit einem weiteren. Dann stieß es sich ab und flog in den Himmel hinein, bis es die kämpfenden Digimon im Labyrinth ins Auge fassen konnte. Die verbliebenen Scherben hatten in Windeseile eine Front gebildet und hielten den Attacken der DigiAllianz verbissen stand. Omnimon zückte seine Kanone, und ein einziger Schuss pulverisierte die Feinde, sodass nur noch ein riesiger Krater übrig blieb. Seine Energie war so schnell verbraucht, wie es sie erhalten hatte. Während es zu Koromon und Zunomon wurde und die DigiAllianz laut grölend aufjubelte, flogen auch die anderen DigiRitter zum Lazarett, fielen einander in die Arme und beglückwünschten sich. Yolei und Mimi lachten und weinten Arm in Arm, Davis scherzte ob Tais miserablen Zustands, und Ken stand lächelnd daneben und schien nicht zu wissen, was er sagten sollte. Der Taktische Stab nahm Izzy in seine Mitte und riss ihn mit in einen ausgelassenen Siegestanz, während Joe die Cutemon nach Tais Befinden fragte und dann erschöpft gegen einen Felsen sank. Sora drückte Matts Hand fest und lächelte. Er lächelte zurück und schloss sie fest in die Arme. Es war überstanden. „Was ist jetzt mit T.K? Wollte er nicht auch kommen?“, fragte Davis. „Ich glaube nicht, dass er kommt“, murmelte Cody finster, der in Richtung der Finsterzitadelle sah. Die anderen starrten ihn an. Er senkte niedergeschlagen den Kopf. „Er hat uns schon wieder angelogen.“ Finsterzitadelle, DigiWelt Dienstag, 4. September 2007 1:28 Uhr „Findest du das in Ordnung, T.K?“, fragte Patamon, während von draußen das Donnern und Knirschen mahlenden Gesteins hereindrang. T.K. saß auf seinem Bett in der Kammer, in der er in der Zitadelle immer geschlafen hatte, und starrte in die Düsterheit. Durch einen Riss in der Wand schwebte Sternenlicht in den Raum. „Ich habe mein Ziel erreicht“, murmelte er heiser. „Wenn ich mitgekommen wäre, hätte es nur Probleme gegeben. Die DigiAllianz hasst mich, und ich will das meinen Freunden ersparen.“ Matt drehte er den Kopf zu Patamon. „Du musst nicht hier bleiben. Dort geht es hinaus; flieg los.“ Patamon schüttelte den Kopf. „Wenn, dann musst du mit mir fliegen.“ T.K. lächelte und strich sanft über Patamons Haut. „Das geht nicht. Du hast keine Kraft mehr, um zu digitieren. So wie ich keine Kraft mehr habe …“ Seine Muskeln waren verkrampft und sein Atem ging stoßweise. Cyberdramons Attacke hatte ihn nur gestreift, aber dennoch mehr verletzt, als er es zugegeben hatte. Er spürte, wie die schwarzen Flecken auf seiner Haut seine Lebenskraft aus ihm zogen. Schon jetzt fühlte er bleierne Müdigkeit, aber keine Schmerzen. Wenigstens keine Schmerzen. Zitternd atmete er aus, und ein, und aus. Seine Arme und Beine wollten nicht mehr, aber er brauchte sie ja nicht mehr. Der Krieg war vorbei. Die DigiWelt konnte neu entstehen. „T.K, kann ich nicht noch irgendwas für dich tun?“, fragte Patamon, das sich neben seinen kalten Körper drängte. Er sah es aus müden, trüben Augen an. Selbst zum Kopfschütteln fand er keine Kraft. „Danke, dass du an meiner Seite warst, als es sonst keiner war“, flüsterte er, während seine Augen schwer wurden. „Aber T.K. …“ Seine Finger hörten auf, Patamon zu streicheln. Er schloss die Augen und völlige Dunkelheit umgab ihn, während seine Gedanken langsamer und ruhig wurden. T.K! Eine Stimme? Woher kam sie? Mitten aus der Finsternis? T.K, sei stark! „Kari?“ Er öffnete die Augen. Kannst du mich endlich hören … Ein Seufzen ließ seinen Kopf herumfahren. Wo war sie? Wo? Nein, sie war nicht hier, sie war tot, er halluzinierte … Wie lange wirst du dich mir noch verschließen? Er fühlte etwas, eine sanfte Berührung auf der Haut, ein Kribbeln an seiner Wange, an seinen Lippen. Ein Kuss? T.K. meinte, ein goldenes Glänzen am Rand seines Gesichtfelds zu sehen. Wie damals, als ihn diese Stimme davon abgehalten hatte, Davis zu töten. „Wo bist du?“, flüsterte er. Patamon sah ihn fragend an. „Bist du nicht tot?“ Ich fürchte, das bin ich, seufzte die Stimme traurig. Sie kam von überallher, merkte er, und nicht aus seinem eigenen Kopf. Es war Karis Stimme, eindeutig! Sein Herz klopfte Leben in seinen geschundenen Leib zurück. „Wieso kann ich dich dann hören?“ Er schaffte es, sich weiter aufzusetzen, drehte den Oberkörper, immer noch suchend, obwohl er wusste, dass er sie nicht sehen würde. Gennai hat es uns erzählt, oder?, hauchte sie, leise wie fallender Schnee. Die DigiWelt besteht zum Teil aus Daten und zum Teil aus Wünschen. T.K, es ist dein inniger Wunsch, der meinen Geist hier hält. Ich war immer bei dir, als wandernder Datenrest, so wie Oikawa. Ich habe dich gerufen, doch du hast nie geantwortet. „Du warst … die ganze Zeit …“ T.K. spürte einen Knoten in seinem Hals, an dem er meinte ersticken zu müssen. Stumme Tränen liefen über seine Wangen. „Kari … Ach Kari, wenn du wüsstest, wie leid mir das alles tut … Ich habe die Hoffnung verloren. Anstatt auf die Stimme meines Herzens zu hören, habe ich alles getan, um sie zum Schweigen zu bringen … Ich schäme mich, es tut mir so leid, so unendlich leid …“ Er begann zu schluchzen. Der Knoten in seinem Hals verstärkte sich. Da fühlte er eine sanfte Berührung an seinem Kinn, als würde sie es in ihre Hand nehmen, und er hob den Kopf. Fast glaubte er, sie vor sich zu sehen, goldenen Staub, der ihre Gestalt nachbildete. Weine nicht mehr, flüsterte sie. Ich habe dir längst verziehen. Ich habe dir schon am Anfang deines langen Weges verziehen. „Kari!“, schrie er und schlang die Arme um seine Schultern, als könnte er sie damit festhalten. Hemmungslos schluchzend weinte er seine Einsamkeit von sich. Er wusste nicht, ob es Freudentränen waren oder ob er traurig war, sie nun zu hören, aber nicht zu sehen, oder ob er einfach vor Scham weinte. „Kari! Bitte, bitte, bleib bei mir! Rede mit mir, es genügt, wenn du mit mir redest! Mehr will ich nicht – ich will … nur … nie wieder … allein sein …“ Er brach ab und weinte und schluchzte, bis seine Tränen auf die Bettdecke tropften. Eine flüchtige Berührung strich beruhigend über sein Haar. Schsch ... Es ist alles gut … Aber du darfst jetzt nicht einfach hier bleiben. Ich wäre sehr traurig, wenn du sterben würdest. Ich weiß nicht, ob wir uns noch unterhalten könnten, wenn auch du nur noch ein umherwirbelnder Datenrest bist. „Kari …“ T.K. schniefte. Er konnte nicht anders, er musste immer und immer wieder ihren Namen sagen, um all die Male wettzumachen, an denen er stattdessen stumm geblieben war, weil sie nicht bei ihm gewesen war. Steh jetzt auf, T.K, sagte sie und klang diesmal drängend, flehend. Er wollte nicht, dass sie ihn anflehte. Wenn, dann war er es, der sie um Vergebung anflehen sollte. Er nahm all seine Kraft zusammen und hievte sich aus dem Bett. Versprich mir, dass du Gatomon suchst, flüsterte Karis Stimme. „Das werde ich. Bestimmt.“ Immer noch kamen Tränen, aber diesmal war er sich sicher, dass sie seinem Frohsinn entsprangen. Er konnte sie nicht aufhalten, er fühlte sich gar nicht mehr traurig, aber sie wollten nicht aufhören. Karis Stimme seufzte und er fühlte, wie die Wärme in seinen Körper zurückkam. „Was ...?“, ließ Patamon vernehmen. „T.K! Was geschieht hier? Ich fühle … da ist irgendeine Energie …“ T.K. lächelte. „Warst du das?“, fragte er. Er konnte Karis Lächeln spüren. Das war mein Wunsch für euch. Geht zu den anderen. Bleibt nicht hier. Wie um ihre Worte zu bekräftigen, krachte draußen eine weitere Ebene der Festung in sich zusammen. Staub rieselte von der Decke der Kammer. Der Riss in der Mauer wurde größer. „Patamon?“, sagte T.K. mit fester Stimme. Seine Lebensgeister waren wieder geweckt. Er hatte nun einen Grund, am Leben zu bleiben, noch lange am Leben zu bleiben, und er würde Kari nicht allein lassen, nicht schon wieder. „Meinst du, du schaffst mit der Energie noch eine Armor-Digitation?“ „Ich kann es versuchen.“ T.K. hob sein DigiVice. „Danke, Kari“, flüsterte er und rief dann laut: „DigiArmorEi der Hoffnung, erstrahle!“ Bluray-Gebirge, DigiWelt Dienstag, 4. September 2007 6:25 Uhr Als die Sonne am Morgen aufging, veredelten ihre Strahlen eine verwüstete Gebirgslandschaft. Die Mitglieder der DigiAllianz ließen sich von ihrer Wärme küssen, die die Kälte der langen Nacht aus ihren Gliedern vertrieb. Viel war von der einst so stolzen Armee nicht geblieben, kaum mehr als eine Handvoll tapferer Digimon, und doch kehrten sie als Sieger aus diesem Krieg heim. Zurück in Locomotown schloss Ken Wormmon glücklich in die Arme. T.K, der sich auf Karis Drängen hin seinen Freunden gezeigt und für die Verspätung entschuldigt hatte, nahm sich vor den anderen Digimon sehr in Acht, die ihm mit offenem Misstrauen begegneten. Zwar überredeten seine Freunde die Cutemon, ihn zu heilen, aber sie ließen durchblicken, dass sie ihn lieber seinem Schicksal überlassen hätten. Auch Mimi hatte Palmons Tod und anschließende Geiselnahme nicht vergessen und sprach wütend über ihn, als wäre er gar nicht da. Vielleicht würde sie ihm vergeben, irgendwann einmal. T.K. wusste, dass es ihn eigentlich nicht verletzen durfte. Tai geriet in einen heftigen Streit mit ihr, und so beschloss T.K, in die Reale Welt vorauszugehen. Nach ernstem Händeschütteln benutzte er Akis DigiVice, um nach Hause zu gehen. Er hatte den anderen noch nicht von Kari erzählt, nahm sich aber vor, es noch zu tun. Patamon blieb, um mit gemeinsam mit den anderen Partnerdigimon beim Aufbau zu helfen. Auch die anderen DigiRitter blieben noch, um für Recht und Ordnung in der vom Krieg gebeutelten Welt zu sorgen. Eines Abends, als Matt und Sora an einer Küstenstadt, mit deren Wiederaufbau gerade begonnen worden war, auf der Kaimauer saßen und die Beine baumeln ließen, sagte sie, während eine warme Brise ihr Haar verwehte: „Ich hätte nie gedacht, dass es je wieder so friedlich werden würde.“ Matt nickte. „Meinst du, T.K. kommt wieder in Ordnung?“ Er spielte mit einem Gänseblümchen und drehte es zwischen den Fingern hin und her, als er sagte: „Ich hoffe es. Wir sollten auch nicht mehr allzu lange hier blieben.“ „Tai tut mir leid“, murmelte Sora. „Er muss das alles seinen Eltern beibringen.“ Matt seufzte. „Ja. Es wird eine schwierige Zeit. Aber wir schaffen auch das, wir alle gemeinsam.“ Als sie einige Tage später die DigiWelt ebenfalls mit Ansatsus DigiVice verließen, nahmen sie auch Kentarou mit. Es hatte etliche Digimon gegeben, die seinen Kopf gefordert hatten, aber Leomon hatte streng erklärt, dass wahrlich genug Blut geflossen wäre. „Und keine krummen Dinger, ja?“, schärfte ihm Tai ein, ehe sie ihn durch das Tor ließen. Tai war fast schon wieder so fit wie eh und je, und es bestand eher die Gefahr, dass er sich nicht ausreichend schonte. Mimi hatte die Rolle als Aufpasserin übernommen und führte diese fast zu gewissenhaft aus: Oft hörte man die beiden noch drei Häuser weiter miteinander streiten. „Was sich liebt, das neckt sich“, sagte Yolei dann immer grinsend. „Keine Sorge“, erwiderte Kentarou auf Tais Warnung. „So auf Dauer hab ich sowieso die Schnauze voll von den Digimon. Dauernd hier zu sein, das ist, als würde ein Maurer in einem Schloss aus Mörtel wohnen. Oder so ähnlich.“ Nachdem sie wieder in der Menschenwelt waren, stahl er sich ohne ein einziges Dankeswort davon, und seither hörten sie nie wieder etwas von ihm. Die Stadt des Ewigen Anfangs erstrahlte bald wieder in all ihrer Pracht, und mit Tausenden DigiEiern pulsierte sie bald in neuem Leben. Es war ganz wie damals, nach Apocalymons Ende. Die DigiWelt würde wieder schön und von Unmengen von Digimon bewohnt werden. Izzy erhielt regelmäßig Nachrichten von Gennai, was ihn sehr freute. Die Macht der Dunkelheit hatte sich einmal mehr in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Es mochte nur eine Frage der Zeit sein, bis irgendein finsteres Digimon wieder nach der Macht griff, doch für diesen Zweck würde es neue DigiRitter geben, und Gennai versprach, alles zu tun, damit so ein schrecklicher Verrat, wie er durch Taneo begangen worden war, nie wieder vorkam. So drehte sich das Rad der Zeit und ein weiterer Vers wurde in das Lied der Gekomon aufgenommen. Tokio, Japan Sonntag, 1. Mai 2016 17:40 Uhr T.K. saß vor seinem Computer und lauschte dem Vogelgezwitscher, das friedlich durch die gekippten Fenster hereinwehte. Ein frischer Luftzug mit dem Duft des Frühlings erfüllte sein Arbeitszimmer. In dem gepolsterten Hundekörbchen neben dem Schreibtisch dösten Patamon und Gatomon vor sich hin. T.K. holte sie mit Akis DigiVice immer noch hin und wieder zu sich. Auch die anderen hatten Ansatsus DigiVice behalten, um kleine Reisen in die DigiWelt tätigen zu können. Das Tor ließ sich damit immer noch öffnen, doch wie es schien, hatte es Gennai irgendwie geschafft, die Fähigkeit der DigiVices, Digimon-Attacken zu benutzen, zu blockieren. Schriftzeichen erschienen vor T.K. auf dem Bildschirm. Und? Wie war die Feier? Er lächelte. „Du kennst ja Yolei“, sagte er in das Mikrofon. „Sie war so zappelig, als stünde sie unter Strom. Und Ken, tja … der sah auf einmal so unsicher aus, als würde er am liebsten wieder kehrt machen.“ O weh. Ist es trotzdem gut gegangen? „Klar. Als es darauf ankam, hat er wild entschlossen sein Ja-Wort gegeben.“ Er schmunzelte. „Davis hat dann gemeint, wahrscheinlich würde Yolei letztendlich Ken über die Schwelle tragen und nicht umgekehrt.“ Ein Glück. Hast du ihnen meine Glückwünsche übermittelt? „Natürlich.“ T.K. zögerte ein wenig. „Hör mal … Ich hab mir etwas überlegt. Ich will gerne ein Buch über unsere Abenteuer in der DigiWelt schreiben.“ Das ist eine tolle Idee! „Findest du?“, fragte er hoffnungsvoll. „Ich werde aber diese letzte Geschichte auslassen, denke ich. Sie sitzt mir noch zu tief in den Knochen, weißt du. Es stimmt schon, dass alte Wunden heilen, aber die Narben hat man ein Leben lang.“ Er sah auf seine Hand, bewegte die Fingerstümpfe. Es ist deine Entscheidung, T.K. Wenn du es so schreiben willst, dann wird es das Beste sein. „Ich werde auch einen kleinen Epilog schreiben“, fuhr T.K. fort. „Was wir noch aus unserem Leben gemacht haben und so. Ich will, dass du darin vorkommst.“ Er glaubte, etwas wie Belustigung zwischen den Zeilen zu spüren, als er ihre Antwort las: Aber gerne doch. „Du wärst doch immer gern Kindergärtnerin geworden, oder? Ich kann mir dich so richtig mit den kleinen Rackern vorstellen. Wäre es dir Recht, wenn ich das für dich schreibe?“ Natürlich, wieso nicht? Es wird Spaß machen, das zu lesen. Kurze Pause. Was wirst du sonst noch schreiben? Über uns beide, meine ich. „Ich weiß nicht.“ Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Aber mir fällt bestimmt etwas ein.“ Er sah abermals zu Patamon und Gatomon, dann zu den beiden DigiVices, die er vor sich liegen hatte. „Bis dahin – was hältst du davon, wenn wir wieder mal ein wenig gemeinsam durch die DigiWelt reisen?“ ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)