New Reign von UrrSharrador (Wie Game of Thrones, nur mit Digimon. [Video-Opening online]) ================================================================================ Kapitel 11: Fieberlohe ---------------------- Tag 23 Der Tag nach seinem Saufgelage mit dem Drachenritter war schrecklich. Matts Mundhöhle fühlte sich so trocken an wie die Kaiserwüste, und seine Zunge musste plötzlich auf das Doppelte ihrer Größe angeschwollen sein. Verdammter Drachenritter … Aber es hatte sich gelohnt. Ganz sicher hatte es sich das. Er erwachte in dem staubigen Bett in der Dachkammer des Wirtshauses am Stadtrand, wo er und Gabumon Quartier bezogen hatten. Die Wölfe hatten sich auf freiem Feld niedergelassen, nicht weit von hier. Das einzige Digimon, das sich noch die Kammer mit ihnen teilte, war Togemogumon. Das kleine Digimon sah aus wie ein Stachelschwein mit dunkelblauen Panzerplatten an den Armen und auf der Stirn, seine Stachelmähne funkelte wie Kristall in der Sonne. Er hatte es in der Großen Ebene gefunden, wo sein Bau vom Krieg zerstört worden war. Da das Digimon das Wappen der Freundschaft, das sich auch auf Matts Banner befand, in den Panzer an den Vorderfüßen eingraviert hatte, hatte Matt es für ein gutes Omen gehalten und das Digimon mitgenommen. Es konnte nicht mit der Flinkheit seiner Wölfe mithalten und scheute den Kampf, aber er hatte einen anderen Weg gefunden, es einzusetzen. Togemogumon war schon wach und wartete, bis Matt stöhnend die Füße auf den Boden setzte. Wann hatte er das letzte Mal so einen Kater gehabt? Hatte er das überhaupt schon mal? Der Sake hier war höllisch. „Auftrag ausgeführt“, lächelte Togemogumon stolz. Es hatte eine niedliche Quietschestimme. Matt sah davon ab, seine Stacheln zu tätscheln, und nickte nur dankbar. „Wie spät ist es?“ Seine Stimme war ein raues, schmerzendes Krächzen. „Es ist Nachmittag“, sagte Gabumon, das ihn vorwurfsvoll ansah. „Du hast es gestern echt übertrieben.“ „Was du nicht sagst.“ Im Moment war er froh, dass er sich nicht übergeben musste, so übel war ihm. „Wie bin ich nachhause gekommen?“ „Ein Junge mit einem edlen Umhang hat dich heimgebracht. Er war fast so betrunken wie du“, sagte Gabumon. „Matt, du bist sowas nicht gewöhnt. Warum hast du mit ihm ein Wetttrinken veranstaltet? Er hat irgendwas gemurmelt, dass er dich unter den Tisch gesoffen hätte, aber du hast überhaupt nur unverständliches Zeug gebrabbelt.“ „Hast du ihm nichts erzählt?“, fragte Matt Togemogumon. „Hätte ich sollen?“ Das Stachelschwein sah ihn aus großen, fragenden Augen an. Matt winkte ab. Er merkte, dass er in seiner staubigen Straßenkleidung geschlafen hatte und rümpfte die Nase. Er stank erbärmlich nach Schweiß. Wankenden Schrittes tappte er zur Tür. „Wo willst du jetzt hin?“, fragte Gabumon. „Zum Bach, mich waschen. Kannst du mir neue Kleidung besorgen? Irgendwas, das bei Hofe gut aussieht.“ Schließlich musste er seiner Prinzessin heute ja noch hochoffiziell eine Aufwartung machen. Er öffnete die Tür, wäre fast gegen den Rahmen geprallt, und stieg unsicher die Treppe hinunter. Irgendwie schaffte er es, obwohl er sich so wackelig und hundeelend fühlte, das Lager seiner Wölfe zu erreichen. Es war nur etwa vier Gehminuten von seiner Absteige entfernt und lag an einem schmalen Bach, der aus den Bergen kam. Eiskalt und sauber, genau das, was Matt nun brauchte. Er fand hinter dem Lager eine von Büschen geschützte Stelle am Bach, wo er sich mühsam aus seinen Kleidern schälte und dann ins knietiefe Wasser stieg und es sich ins Gesicht spritzte. Es war so kalt, dass er nicht mal nach Luft schnappen konnte, aber es half, seinen Kopf zu klären. Nachdem er sich ein wenig abgeschreckt hatte, legte er sich der Länge nach in den Bach, um sich von dem fließenden Wasser ordentlich abspülen zu lassen. Nach ein paar Minuten stieg er zitternd und bibbernd heraus, wickelte sich seinen Mantel um die Hüfte und wartete auf Gabumon, während eine sanfte Brise seine Haut trocknete. Sein Digimon-Partner brauchte ewig, wie es ihm vorkam, bis es mit einem „Matt, bist du da?“ und einem Stapel Menschenkleidung angetrottet kam. „Das sind Sachen, die ein Menschenjunge einem Crabmon-Schneider verkauft hat, und das hat sie bearbeitet, falls wieder mal ein Mensch der Prinzessin eine Aufwartung machen will. Ein toller Zufall, nicht?“ „Warum hat das so lange gedauert?“, fuhr Matt es an. „Was hast du denn, schneller ging es ja wohl wirklich nicht“, wehrte sich Gabumon, und er seufzte. „Tut mir leid. Mir tut nur der Kopf weh.“ Die Kleidung war ihm eine Nummer zu klein, aber mit etwas Glück fiel das keinem auf. Es waren ein simples, graues Hemd und dazu passende Hosen, beides mit Knöpfen, die billig mit Silberlack verziert waren. In den Kragen waren rote, blaue und grüne Fäden eingearbeitet, die ein komplexes Muster bildeten. Trotz allem war es nichts, was ein Prinz tragen würde, und nach allem, was er gestern von Taichi erfahren hatte, erwartete Prinzessin Mimi genau so jemanden. Er zuckte mit den Achseln. Was soll’s, es muss so gehen. Seine alte Kleidung wusch er gründlich im Fluss aus und hängte sie zum Trocknen ins Lager, wo ihn seine Wölfe nur wortlos anblickten. Die meisten dösten in der Sonne und sahen ihm nur mit einem Auge nach. Er nahm nur Gabumon mit, als er am Abend zur Pagode ging. Der Sonnenuntergang färbte Little Edo kupferrot, und der weite Platz vor dem herrschaftlichen Gebäude wirkte wie ein leerer, blitzendender Teller. Bei dem Gedanken begann Matts Magen leidenschaftlich zu knurren. Den ganzen Tag über hatte er keinen Bissen heruntergebracht. Am Tor zur Pagode wurden die beiden wie erwartet von einem Ninjamon-Aufgebot aufgehalten. „Ich habe eine Audienz beim Shogun und der Prinzessin.“ Das Krächzen war besser geworden, es begleitete seine Stimme aber immer noch, als hätte er einen kratzenden Kieselstein im Hals. Gabumon hatte die Audienz organisiert. „Der Eherne Wolf?“ Der Wortführer der Ninjamon steckte sein Katana weg. „Ihr werdet schon erwartet. Folgt mir.“ Es führte ihn und Gabumon die leeren Gänge der Pagode entlang bis in den großen Empfangssaal, wo ShogunGekomon und ein Dutzend seiner Froschdiener vor einer gedeckten Tafel warteten. Obgleich er hungrig war, fühlte Matt beim Anblick der Speisen schon wieder Übelkeit in sich aufsteigen. Das würde eine anstrengende Angelegenheit werden. „Willkommen in Little Edo, geko!“ ShogunGekomon breitete die Arme aus. „Es ehrt uns, solchen Besuch zu haben.“ „Es ehrt mich, empfangen zu werden“, sagte Matt höflich. „Seht Ihr, ich habe nicht einmal ordentliche Kleidung für den Anlass.“ „Aber das macht doch nichts, geko“, rief der Shogun versöhnlich. „Ihr seid uns stets willkommen, und es ist uns auch bewusst, dass Ihr ein Mann seid, der viel reist und viele Entbehrungen auf sich nimmt. Bitte, seht dieses Mahl als Möglichkeit, das auszugleichen. Wir haben Gerüchte gehört, dass Ihr durch unser bescheidenes Land reisen wollt, aber nicht so schnell mit Eurem Besuch gerechnet.“ Nach allem, was Matt wusste, hatte ShogunGekomon keine Ahnung von seinen Plänen. Das Krötendigimon wollte sich einfach nur mit jeder militärischen Macht, mit der es zu tun bekam, gutstellen. Deswegen hatte es ihm nicht nur eine Audienz erlaubt, sondern ihn mit Freuden zum Abendessen eingeladen. Es hielt Matts Truppe für eine wandernde Armee, die auf dem Weg nach Süden in der Zivilisation von Little Edo Halt machte, und wollte sich bei ihm beliebt machen. Weil es der Anstand gebot, kniete sich Matt auf das Kissen am anderen Ende der Tafel. Es gab sogar Fliegen zu essen … als wenn ihm nicht schon schlecht genug wäre. Auch Gabumon setzte sich. „Isst Euer Mündel, Prinzessin Mimi, nicht bei uns?“, erkundigte er sich. „Ach, Mimi …“, seufzte der Shogun. „Ich habe ihr gesagt, dass Ihr kommt. Ich hoffe, sie besinnt sich noch. Sie ist heute sehr launisch.“ Als es merkte, wie wenig Matt aß, wurde ShogunGekomon sichtlich besorgt und hielt ihn für schlecht gelaunt oder seine eigenen Gastgeberfähigkeiten für nicht gut genug. Fast verzweifelt versuchte es, ihm seinen guten Willen zu zeigen, es schwärmte von Matts Schlachten, von denen es gehört hatte, von der sprichwörtlichen Wildheit seiner Truppe, die er so perfekt unter Kontrolle hatte, und letztendlich sogar vom Wetter. Viel wusste es nicht mit ihm zu reden, wohl weil er kein Edelmann war. Politik ließen sie daher komplett außen vor. Nach einer schieren Ewigkeit, während der ShogunGekomons Gebaren das Peinliche längst überschritten hatte, glitt endlich eine seitliche Schiebetür auf und Matt hörte die Stimme der Prinzessin in den Saal wehen. „… aber damit das klar ist, ich gehe nicht hin, weil ich …“ Sie war offenbar in eine Diskussion mit ihrem Palmon, das ihr auf dem Fuß folgte, versunken gewesen und brach ab, als sie Matt sah. Die Prinzessin war in ein creme- und rosafarbenes Kleid gehüllt, mit Rüschen und aufgebauschten Schulterstücken. Hinter ihr betrat ein Yasyamon den Saal. Matt stand auf und spürte einmal mehr die Kraftlosigkeit in all seinen Gliedern. „Prinzessin, ihr seid heute noch schöner als gestern am Fenster.“ Komplimente, dachte er. Taichi hat gesagt, dass sie viele Komplimente will. „Oh, Ihr kennt Mimi schon?“, fragte ShogunGekomon, was unbeantwortet blieb. „Danke …“, murmelte sie. „Ihr seid also …“ „Ich habe mich nicht vorgestellt. Nennt mich einfach nur Matt. Ich bin der Anführer der Ehernen Wölfe, wenn Ihr von mir gehört habt.“ „Oh, äh, natürlich …“ War Mimis Gesicht vorher noch perplex gewesen – sicherlich ob seiner einfachen Kleidung –, so tauchte nun ein Lächeln darin auf. „Ihr wart das also, der mich mit diesem Lied überrascht hat.“ „Hat es Euch gefallen?“ Sie schürzte die Lippen. „Es war ganz nett“, sagte sie. „Schade, dass Ihr von diesem Rüpel unterbrochen wurdet.“ „Ich habe noch zwei Strophen in Reserve. Würdet Ihr mir die Ehre erweisen, sie Euch vorzuspielen, wenn wir allein sind?“ „Moment!“, erscholl da eine Stimme vom anderen Ende der Halle. Im Eingangsbereich stand plötzlich der Drachenritter vor der offenen Tür. Ein Ninjamon saß auf seinen Schultern und ein zweites hatte die Hände in seinen Umhang gekrallt, aber da keines es gewagt hatte, ihn mit seinem Schwert zu bedrohen, hatte er sie wohl einfach mitgeschleift. Ein schwer gepanzertes WarGreymon stand hinter ihm und hatte ihm wohl dabei geholfen, sich den Respekt der Wachen zu verschaffen. „Was ist das hier? Warum ist dieser … Warum isst er heute mit Euch, Shogun?“ ShogunGekomon wirkte äußerst unglücklich. „Sir Taichi, ich … Wie soll ich sagen … Ich wusste nicht, wie lange Sir Matt bleiben würde, also habe ich ihn eingeladen …“ Sir Matt. Das verlegene Krötendigimon hatte ihm sogar einen Titel verliehen. „Er ist kein Ritter“, rief Taichi. „Er ist gar nichts!“ Nur ein Bastard, der mir das Rampenlicht stiehlt, sprühte es förmlich aus seinen Augen. „Was fällt Euch eigentlich ein, hier so einzudringen?“, rief Mimi schrill. Taichi schüttelte das Ninjamon auf seinem Rücken ab und starrte sie entgeistert an, als hätte er gar nicht bemerkt, dass sie da war. „Prinzessin, lasst Euch nicht auf diesen Kerl ein. Er ist nichts für Euch – wenn, dann erringe ich Eure Hand!“ „Ach, bin ich denn eine Trophäe, die einer von Euch erringen kann?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Selbstverständlich nicht“, beteuerte Matt ruhig. „Meine Absichten sind ehrenhaft. Ein Wort von Euch, und ich ziehe weiter.“ „Welche Absichten?“, fragte ShogunGekomon. Matt sah seine Chance, bei der Prinzessin zu punkten. „Es ist nichts, worum Ihr Euch kümmern müsstet, Shogun. Es liegt ganz an Mimi.“ Sir Taichi hatte das Digimon plump um Mimis Hand gebeten, hatte er gehört. Er würde sie ganz alleine entscheiden lassen. „Hört nicht auf diesen Lügner, Prinzessin!“, rief Taichi aufgebracht. „Er will sich hier nur einschleichen!“ „Ihr seid jetzt sofort still!“ Mimi stapfte mit gerafften Röcken auf den Drachenritter zu und starrte ihn dabei fuchsteufelswild an, sodass er zurückzuckte. Ihr Leibwächter musste sich sogar beeilen, um mit ihr Schritt zu halten. „Dringt hier einfach so ein, glaubt Ihr etwa, diese Pagode gehört Euch?“ „Aber ich …“ Taichi wurde kleinlaut. „Der Wolf ist ein zu rauer Geselle für Euch, Prinzessin. Alles, was ich will, ist Euer Wohlergehen.“ „Ach ja, ich vergaß“, meinte sie schnippisch und verschränkte einmal mehr die Arme. „Mein Wohlergehen. Wie war das, dazu muss ich nur einmal hart rangenommen werden, ja?“ Taichis Kinnlade klappte nach unten. Es war ein herrlicher Anblick. Seine Augen flackerten. „Ich … also … ich … Wer …?“ Sein Blick zuckte zu Matt, der betont gleichgültig die Schultern hob. „Woher ich das weiß?“, zischte Mimi. „Es gibt genug Digimon, die Euch in dieser Kneipe gehört haben. Also versucht gar nicht erst, es zu leugnen!“ Matts Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. Zufrieden sah er zu, wie der Drachenritter unter dem Blick der Prinzessin zusammenschrumpfte. Togemogumon hatte seine Sache wahrlich gut gemacht. Es hatte ihn an dem Abend wie ein Schatten verfolgt, so auch in diese Kneipe. Nur deswegen war er überhaupt mit Taichi mitgegangen und hatte sich diesen höllischen Sake angetan. Es hatte sich an die Digimon gewandt, die bei Taichis verhängnisvollen Worten zugegen gewesen waren, und sie mit ein paar Goldmünzen dazu gebracht, Mimi davon zu erzählen. Auch Togemogumon selbst hatte der Prinzessin haarklein die Worte ihres angeblichen Verehrers geschildert. Am Nachmittag hatte es Matt von seiner Mission berichtet. Von den Digimon hatten sich die meisten als überaus stur erwiesen, sie wollten es sich nicht mit dem Drachenritter verscherzen. Ein Spadamon hatte sogar nur gelacht, als Togemogumon ihm den Vorschlag unterbreitet hatte, und gemeint, wenn es mit seinen Informationen so hausieren ginge, würde nie ein guter Spion aus ihm werden – was immer das bedeuten mochte. Einige hatten sich schließlich gefunden, die Taichi verpetzt hatten, und die Wirkung war phänomenal. „Geht mir aus den Augen“, zischte Mimi und wandte sich im gleichen Atemzug an Matt. „Mein Herr, es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr mir heute Nacht Euer Lied spielen würdet. Diesmal ohne Störung.“ „Aber …“ „Tai“, sagte WarGreymon beschwörend. Der Blick, mit dem der Drachenritter sein Digimon maß, war fast verzweifelt. Er funkelte Matt an, und straffte dann die Schultern. Den Rest seiner Würde zusammenraffend, fuhr er auf dem Absatz herum und verließ den Saal ohne Verabschiedung. Das war ein Punkt für mich, Sir Taichi, dachte Matt. Hoffentlich würde seine Kehle ihm heute Nacht das Singen gestatten. Für ein Butterbrot würde Mimi wohl trotzdem nicht zu haben sein.     Die Wassertropfen, die von ihren Haarspitzen fielen, verloren sich im dichten Dampf. Das heiße Wasser fühlte sich nicht länger wohltuend auf ihrer Haut an, sie war bereits so lange in dem Becken, dass ihr schwindelte. Die Schwefelblasen, die rasch und in großer Zahl an die Oberfläche brodelten und die ihre Haut zu Beginn noch massiert hatten, schienen sie nun wundzuscheuern, schienen hart und rau daran zu zerplatzen. Ihre Finger, blass und kraftlos, waren um den Rand des Beckens geklammert, sie spürte die abgeflachten, vermauerten Steine unter ihren Fingerspitzen. Die Hitze umwallte sie unbarmherzig, hüllte ihren Körper in eine Blase aus reinigender Wärme. Erst wenn ihr Bad das Angenehme überschritt, schwiegen ihre Gedanken und sie konnte sich allein auf die Hitze konzentrieren. Das Atmen fiel ihr schwer, sodass sie selbst darauf ihre Gedankenkraft richten musste. Ein und aus, ein und aus … Die unförmigen, grauen bis schwarzen Steine, aus denen das ganze Schloss bestand, waren rutschig und feucht vom Kondenswasser. Der Dampf setzte sich in ihrem rötlichen Haar fest, bildete kleine, freche Wasserkügelchen. Das Becken war an dieser Stelle so tief, dass ihre Füße den Grund nicht erreichten, lose trieben sie im Aufwind der Schwefelblasen, die kitzelten, wenn sie über ihre Beine liefen, und nach faulen Eiern stanken, wenn sie an der Oberfläche zerplatzten. Hitze … flüssiges Feuer in ihren Adern … Hitze … schweigende Gedanken, Stille … Hitze, heißes Wasser und heißer Dampf … Schweigen … Die Augen geschlossen, die Finger die Rillen in der Mauer des Beckens abtastend, konzentrierte sie sich auf das Nichts, das sich in ihr ausbreitete. Als sie längst das Gefühl für Zeit verloren hatte, durchbrach ein Pochen die angenehme Leere. Sie öffnete träge die Augen, nur ein Stück, sagte kein Wort. Das Klopfen wiederholte sich nicht, stattdessen schob sich ein mit einem Gespensterlaken behängter Kopf durch das schwarze Eisen der geschlossenen Tür. Ein dunkler, schlapper Hexenhut saß auf der Stirn des Digimons, unter dem sie schmale Augen geistlos ansahen. „Eure Hoheit“, nuschelte Soulmon, „MetallPhantomon ist zurück und bittet um eine Audienz.“ Die Königin reagierte mit keinem Wort, aber sie zog sich träge am Beckenrand aus dem dampfenden, orangefarbenen Wasser. Schon spürte sie die drückende Schwere ihres Körpers wieder, die das Wasser so schön aufgehoben hatte. Soulmon blieb an Ort und Stelle schweben und beobachtete sie stumm, doch sie störte sich nicht daran. Langsam, um die angenehme Stille in ihrem Kopf nicht zu schnell zu vertreiben, tappte sie durch den Baderaum. Ihre nackten Füße hinterließen Abdrücke auf den feuchten, warmen Steinfliesen. Das Wasser, das von ihrer Haut und ihrem Haar tropfte, zog eine nasse Spur hinter ihr her. Ihre Haut war krebsrot und an Fingern und Zehen durchweicht und faltig geworden, fiel ihr auf. Das Schwindelgefühl wurde mit jedem Schritt stärker und sie überlegte, was sie tun würde, wenn sie ausglitt. Hätte sie die Kraft, aufzustehen? Das Soulmon öffnete ihr die Tür, und ein Schwall eisiger Luft rollte ihr entgegen und verursachte ihr eine Gänsehaut, doch noch steckte die Hitze in ihren Knochen, und die Grabesluft machte ihr nichts aus. Stattdessen genoss sie, dass der Gestank hinter ihr zurückblieb. Ja, das war etwas, was sie genießen konnte. Einfache Sinneseindrücke. Apathisch nahm sie ihren Morgenmantel von dem schmiedeeisernen Kleiderständer im Vorraum. Er war königlich, schwarz mit weiten, grau bestickten Ärmeln. Sie zog ihn sich über und band den Gürtel um ihre Hüfte. Selbst in diesen Mantel zu schlüpfen, war anstrengend. Die Königin warf einen Blick auf ihre Pantoffeln und entschied sich, barfuß zu gehen. Vielleicht wurden ihre Zehen kalt und froren. Schmerz war auch ein einfacher Sinneseindruck. Der Weg nach oben war langwierig und scheinbar endlos. Dieser Teil des Kellers lag weit unter den anderen Bereichen, tief im Herzen der Berge, wo bald flüssiges Feuer die Felsen wärmte. Die steinerne Wendeltreppe, wo Fackeln in eisernen Ringen für rußige Helligkeit sorgten, war heute noch mühsamer als sonst. Die Königin wünschte sich, einfach für immer im Badekeller bleiben zu können. Aber man ließ sie schließlich nicht. Die steinerne Tür, die in ihren Thronsaal führte, war für Uneingeweihte gar nicht zu sehen. Sie wurde von Geisterhand zur Seite geschoben, als die Königin keine Anstalten machte, davor stehen zu bleiben. Unweit des Großen Tores betrat sie den Thronsaal. Wie immer glitt ihr Blick über das haushohe Monstrum beschlagenen, grauen, kalten Eisens. Nicht einmal hatte sie sich gefragt, wo es hinführte oder wie man es aufbekam. Es interessierte sie nur, woher es kam, was seine Geschichte war. Flankiert von den riesigen Statuen grotesker Drachendigimon, stand ihr Thron in der Mitte des Raumes. Er bestand aus gegossenem, schwarzgrau meliertem Stein und entbehrte jedweder Annehmlichkeit. Die Sitzfläche war hart und unbequem, wenn sie auch die richtige Größe für einen Menschen hatte, und es gab keine Armlehnen, nur eine sechs Meter hoch aufragende, finstere Rückenlehne, aus der im obersten Teil steinerne Fledermausflügel sprossen. Die Königin fühlte sich winzig und alleingelassen, als sie den weiten Weg über den kalten Steinboden zu ihrem Thron zurücklegte. Als sie sich auf die Sitzfläche fallen ließ, die schmerzenden Beine überschlug und erschöpft gegen die Lehne sank, sah sie, wie weit die Wände und die Statuen an den Wänden von ihr entfernt waren, und fühlte sich mutlos. Sogar die Wände weichen vor mir zurück, dachte sie lethargisch. Kaum hatte sie Platz genommen, huschten aus den Schatten zwischen den Krallen einer der Statuen die PetitMamon heraus und tollten über den Fußboden, ihre beiden … Sie wusste nicht, was sie waren oder wie sie sie nennen sollte. Sie waren einfach da und störten sich nicht daran, dass sie ihre Königin war. Vielleicht war sie das für die beiden auch nicht. Die Kleinen hatten vage Ähnlichkeit mit Fledermäusen, ihre Haut war zum größten Teil violett und aus ihren Rücken sprossen kleine Hautflügel. Auf der Stirn trugen sie beide ein Fledermaussymbol, und beide fuchtelten und strampelten mit Vorliebe mit ihren kleinen Ärmchen und Beinchen. Die Königin konnte sie allein vom Aussehen nicht auseinanderhalten, sie wusste lediglich, dass eines ein Frechdachs und das andere ein Träumer war. Momentan jagte Frechdachs Träumer durch den Saal; es war immer Frechdachs, das sein Geschwisterchen jagte. Während die Königin den beiden geistesabwesend zusah, erschien ein knisternder Kreis im Boden der Halle, und durch einen Ring aus roter Elektrizität schob sich der Totenschädel MetallPhantomons. Mit einem Fauchen stoben die Blitze auseinander, als das Digimon vollständig erschienen war, und sein weiter, rotschwarzer Kapuzenmantel flatterte. Die Königin zeigte sich davon unbeeindruckt und schenkte ihm auch kein Wort der Begrüßung. „Eure Hoheit“, begann MetallPhantomon demütig. Die Königin hasste seine Stimme; sie kratzte immer unangenehm über ihre Hörnerven. Aber das war immerhin auch eine Empfindung. „Ich muss Euch leider mitteilen, dass mein Heer vernichtend geschlagen wurde.“ Die PetitMamon hörten mir ihrem Spiel auf und drehten sich neugierig zu MetallPhantomon um. „Dein Heer?“, murmelte die Königin. Klang so ihre eigene Stimme? Sie hörte sie nicht oft. Auch diese Stimme war unangenehm. „Ja, Herrin. Mein Auftrag lautete, die Blütenstadt einzunehmen.“ MetallPhantomon hielt den Kopf gesenkt. Fürchtete es sie? Wenn ja, warum? Sie wusste es nicht. Oder hatte sie es nur vergessen? „Der Dornenwall ist vernichtet, doch am nächsten Tag machte die Besatzung der Stadt einen Ausfall. Die Armee des Löwen hat Verstärkung erhalten. Sie haben sogar ein ArmorEi. Sie haben meine Geister in alle Winde zerstreut. Nur einige wenige sind mit mir zurückgekehrt. Der Großteil ist verloren.“ „Versager!“, warf Frechdachs ihm an den Kopf. „Feigling!“ „Du bist ein Schwächling!“, lief Träumer mit den Beschimpfungen mit. „Wer hat dir diesen Befehl gegeben?“, fragte die Königin, die brüchige Stimme wäre von den PetitMamon-Geschwistern übertönt worden, wären sie nicht sofort verstummt. MetallPhantomon sah sie nun doch an, sein metallischer Totenkopfkiefer öffnete und schloss sich. „Nun, das wart Ihr, Eure Hoheit.“ „Ach so.“ Die Königin schwieg. Ehe MetallPhantomon noch etwas vorbringen konnte, setzten Frechdachs und Träumer ihre Tirade fort. „Du bist geflohen!“ „Feigling!“ „Wieso bist du nicht für deine Königin gestorben?“ Die Königin rutschte auf ihrem Thron in eine bequemere Position. „Man muss Versagen bestrafen“, murmelte sie. „Versagen wird immer bestraft.“ MetallPhantomons Zähne knirschten. „Geh in die Höllenkammer. Bleib dort zwei Tage und zwei Nächte.“ Die Höllenkammer lag genau neben der Badekammer und stank noch mehr nach Schwefel. Heißer Dampf quoll durch Ritzen im Gestein und erfüllte die ganze Kammer mit feuchter Hitze. Die Königin verbrachte selbst regelmäßig Zeit dort, wie lange, konnte sie hinterher niemals sagen. Wenn der Schweiß heiß und brennend über die Haut lief, nahm er die quälenden Gedanken mit und äscherte sie ein. „Das ist doch keine Strafe!“, begehrte Frechdachs auf. „Das macht ihm doch nichts aus!“ „Das macht nichts. Das ist sogar besser“, murmelte die Königin. So schleppend, dass sie ab und zu selbst beinahe vergaß, was sie sagen wollte, erklärte sie: „Strafen sind sinnlos. Strafen müssen sinnlos sein. Will man sich an jemandem für sein Versagen rächen, müsste man ihn töten und es selbst besser machen. Deswegen müssen Strafen sinnlos sein.“ „Das verstehe ich nicht“, grummelte Träumer. „Eure Hoheit“, begann MetallPhantomon erneut, „wenn Ihr mir gestatten würdet, erneut meine Sense zu schwingen, dann würde ich die lästigen Löwen höchstpersönlich und ganz allein aus dieser Welt wischen.“ „Ach so“, murmelte die Königin teilnahmslos. MetallPhantomon wartete, doch sie fügte nichts hinzu. „Würdet Ihr mir in Eurer Güte meine Sense zurückgeben, damit ich als Euer demütiger Diener Eure Feinde zerschlagen kann?“ Die pulsierende Kugel am Ende seines Körpers leuchtete hoffnungsvoll auf. Die Königin überlegte, bis ihre Gedanken abschweiften und sie sich zwingen musste, bei der Sache zu bleiben. Es geht wieder los, merkte sie. Die quälenden Gedanken … Ich weiß, ihr wollt mich töten, nicht bestrafen … „Nein“, sagte sie so leise, dass sie es selbst kaum verstand. „Das wäre eine Belohnung. Du verdienst Bestrafung, keine Belohnung.“ Frechdachs machte einige unanständige Gesten in MetallPhantomons Richtung, während die Königin sich erhob und ihm damit zu verstehen gab, dass die Audienz beendet war. Zischend ließ ihr Kriegsherr die Luft zwischen den Zähnen entweichen und versank wieder in einem Kreis aus rotem Licht. Die PetitMamon folgten der Königin, als sie ziellos durch die Gänge des Schlosses wandelte. Sie folgte dem Irrlicht ihrer Gedanken, oder eher, sie wollte vor ihnen fliehen. Als ihre unsichtbaren Diener wieder einmal eine Tür vor ihr öffneten, sagte ihr das Rasseln von Ketten und das Rattern eines alten Wasserrades, dass sie im Kerker war. Träumer und Frechdachs quiekten erfreut und sprangen auf die hölzernen Speichen des Rades, das sich langsam an der Wand drehte. In diesem Raum gab es fließendes Wasser, es drang durch einen Spalt in der Wand ins Schloss und verließ es wieder durch ein bodenloses Loch. Momentan lief das Rad leer, doch konnte man es jederzeit mit den Geräten hier im Kerker verbinden und sie damit antreiben. Die Geräte wiederum riefen bei den Gefangenen Schmerzen hervor, wie sie wusste. Erinnerten sie daran, dass sie noch lebten. Irgendwann, so sagte sie sich, würde sie sich selbst auf eine dieser Maschinen spannen lassen müssen, um ihren folternden Gedanken entkommen zu können. Die Wirkung eines Bades im heißen Wasser hielt immer kürzer an. Während die Königin an den leeren, mit Eisenzähnen oder Stacheln versehenen Gerätschaften vorbeiging, von denen einige für die Körper besonders abstruser Digimon konzipiert waren, galt ihr Blick der schlanken, menschlichen Gestalt, die in einem stählernen Kugelkäfig hing, dessen spitze Stacheln nach innen gerichtet und von getrocknetem Blut verdunkelt waren. Immer, wenn die Königin an das Mädchen herantrat, musste sie sich neu in Erinnerung rufen, wer sie war, was sie hier machte und an welche Maschine sie gebunden war. Wenn sie sich von ihren Gedanken säuberte, riss sie damit auch oft gewisse, unerhebliche Erinnerungen mit ins Nichts. Das Mädchen war jünger als sie selbst, aber viel schöner, zumindest dachte das die Königin. Oder vielleicht wäre sie schöner gewesen, wäre ihr Körper nicht ein zerschundenes Sammelsurium aus Blut, Wundschorf und Schrammen. Lockiges, weizengoldenes Haar floss ihr zerzaust und unordentlich bis zu den Hüften, ihre blauen Augen waren trüb. Ihr Name war der Königin entfallen. Die Gefangene war einst in teure Kleidung gehüllt gewesen, die mittlerweile völlig zerrissen war, sodass weite Teile ihres porzellangleichen, bleichen Körpers nur noch von den dornengespickten Eisenketten bedeckt waren, die sie wie Würgeschlangen umfangen hielten. Die Ketten führten durch Ösen und Metallringe zu einem Holzpflock vor dem Käfig, aus dem an der Oberseite eine Stange ragte, was an die Vorspannvorrichtung von Mühlen erinnerte. Mit Gedanken, zäh wie Honig, entzifferte die Königin die Funktionsweise der Maschine. Dracmon, der albtraumhafte Folterknecht dieses Schlosses, der eben auf seiner Pritsche leise vor sich hin schnarchte, drehte je nach Lust und Laune den Pflock, sodass sich die Ketten darum wickelten, sich enger um die Haut der Gefangenen spannten und ihre Dornen tiefer in ihr weiches, weißes Fleisch trieben. Die Königin meinte, sie manchmal nachts schreien zu hören, wenn sie schlaflos durch das Schloss wanderte. Jetzt gab das Mädchen nur zittrige Atemgeräusche von sich und ein vages Gefühl von Erkennen schlich sich ihn ihre Augen. „Bitte …“, hauchte sie flehentlich. „Bitte lasst mich gehen …“ Die Königin trat näher heran, sah ihre eigenen Augen in denen des Mädchens spiegeln. Waren es ihre Augen, die so leer und glatt wie Spiegel waren, oder die ihrer Gefangenen? Sie erwiderte nichts, aber die jauchzenden Laute von Frechdachs und Träumer, die auf dem Wasserrad spielten, weckten Dracmon, das sich mit einem Grunzen aufrichtete und sogleich grummelnd von der Pritsche sprang. Es hatte sonst nichts zu tun, daher machte es sich schnurstracks auf den Weg zu seinem Pflock, nicht ohne eine Mischung aus Verbeugung und Achselzucken vor der Königin zu vollführen, ohne sie indes anzusehen. Dracmon schien eher der Boden unter seinen Füßen zu interessieren. Die Augen der Gefangenen weiteten sich für einen klitzekleinen Augenblick, als sie ihren Folterknecht herannahen sah, dann wandten sie sich wieder der Königin zu. Bitte, formten ihre Lippen tonlos. Dracmon erreichte den Pflock, rülpste ausgiebig, spuckte in seine krallenbewehrten Hände, an deren Innenseiten glotzende Augäpfel prangten, und drehte langsam den Pflock weiter. Das hölzerne Gelenk quietschte, die Ketten rasselten, und eine Sekunde später wurde beides von den Schreien der Gefangenen übertönt, die sich in ihren Fesseln aufbäumte, die Gliedmaßen von sich streckte und mit den Fingern vergeblich nach der Königin zu greifen versuchte, während frisches Blut aus einem Dutzend alter Wunden lief, in die sich die Stacheln tiefer gruben. „Bitte … bitte … lasst mich …“, flehte sie mit Tränen in den Augen. Sie weinte. Die Königin hatte nicht so lange gebraucht, ehe sie ihre Tränen abgelegt hatte. Die nächsten Worte gingen in ein qualvolles Stöhnen über. „Bitte sagt mir … was muss ich tun, damit Ihr mich … gehen lasst?“, brachte sie mühsam über die trockenen, rissigen Lippen. Sie glaubt, sie wird bestraft. Aber es ist keine Bestrafung. „Es ist ganz einfach“, murmelte die Königin tonlos, ohne den Blick abzuwenden, ohne irgendeine Regung zu zeigen. „Liebe mich.“ Die Gefangene starrte sie aus tränengefüllten, himmelblauen Augen an. Dann, als Dracmon sich anschickte, eine weitere Drehung zu machen, rief sie heiser: „Ich liebe Euch! Ja, wirklich, ich liebe Euch von ganzem Herzen!“ Dracmon machte ein fragendes Geräusch und hielt inne. Die Königin sah das Mädchen lange an. „Du lügst“, sagte sie schließlich. Dracmon grunzte erfreut und packte den Pflock erneut. Die Königin drehte sich um und überließ ihre schreiende Gefangene dem kleinen Ungeheuer, das ihr zeigte, dass sie noch am Leben war. Sie bemerkte, dass Träumer und Frechdachs fasziniert zusahen. Auf dem Weg aus dem Kerker begegnete die Königin dem Blick einer weiteren, traurigen Gestalt, die mit schmutzigem Gefieder in einem eisernen Vogelkäfig steckte, so weit in der Ecke des Raumes, um vergessen zu werden. Die Stimme des Geschöpfs war sehr leise, doch die Königin konnte sie hören. „Sora …“, krächzte das Digimon. „Wieso tust du das …? Was ist nur los mit dir …?“ Die Königin ignorierte es und verließ gemächlichen Schrittes den Kerker. Obwohl sie sich wirklich anstrengte, gelang es ihr nicht, sich zu erinnern, wer dieses Vogeldigimon war.     Deemon! Kens Gedanken brüllten eine Wut, die er nie ausgesprochen hätte. Zeig dich, sprich mit mir! In der Ecke seines Verstandes löste sich der Schatten des Digimons, das ihn zu diesem Spiel eingeladen hatte. „Du bist heute ja voller Energie, Ken. Was hast du auf dem Herzen?“ Was für eine Spielregel hast du hier schon wieder eingeführt? Ken warf ihm im Geiste Spadamons Bericht zu Füßen. Das kleine Digimon hatte ganze Arbeit geleistet und tatsächlich mehr von seinen alten Freunden erfahren, als er für möglich gehalten hätte. „Ich weiß nicht, was du meinst.“ Spiel nicht das Unschuldslamm! Das Blutende Herz? Die Schwarze Königin? Das kann nur Sora sein! Was hast du mit ihr angestellt? Deemon lachte leise in seinen grauen Gedanken. „Hast du vor, dich bei jeder unvorhergesehenen Wendung in diesem Spiel bei mir auszuweinen, Ken? Ich habe dem Mädchen einige Digimon zur Verfügung gestellt, die zu seinem Wappen passen, und ihm Myotismons altes Schloss gegeben, als ich die Spielsteine verteilt habe.“ Digimon, die zu ihrem Wappen passen? Etwa Geister? Ken zwang sich zur Ruhe, aber es half nichts. Äußerlich war er beherrscht, doch er kommunizierte in Gedanken mit Deemon, und seine Gedanken waren aufgewühlt und emotional. Die Geschichten, die Spadamon über sie erfahren hat … dass sie Digimon foltert, dass sie Menschen angreift, und dass sie ohne Sinn und Verstand Chaos stiftet – so ist Sora einfach nicht! „Ist sie das wirklich nicht?“, fragte Deemon nur lauernd. Ken war sich sicher. Niemals. Das Digimon zuckte mit den Achseln. „Dann kann ich dir nichts weiter sagen. Ich gebe dir einen Rat, Ken. In der DigiWelt passieren auch Dinge, auf die ich keinen Einfluss habe. Lade also nicht alle Schuld bei mir ab.“ Damit zog es sich zurück, als wäre Ken es nicht wert, mit ihm zu diskutieren.   Look into the unknown mirror See the face that burns the land Eye to eye with this evil monster, hand in hand (Primal Fear – All for One) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)