Masquerade, Masquerade von UrrSharrador (Ahh!! It’s Halloween …) ================================================================================ Prolog: Masquerade, Masquerade ------------------------------ Die Gestalten verschwammen zu einer einzigen, quietschbunten, zähflüssigen Masse. Sie zog ihn weiter, an blutüberströmten Gesichtern, ekeligen Fratzen, Vampiren und Kürbisköpfen vorbei in eine einsame Gasse. Das Kopfsteinpflaster war feucht, glitschige Sturzgefahr für ihre hochhackigen Schuhe. Der nasskalte Herbstwind heulte, ließ ihr knielanges Kleid im Gothic-Lolita-Stil um ihre schlanken Beine flattern. Ursprünglich hatte sie als Hexe gehen wollen, aber ihre Verkleidung war letztendlich in ein undefinierbares Mischmasch verschiedener Stile ausgeartet. Sie bogen um eine weitere Ecke, wo sie ihn neben einer kaputten Straßenlaterne gegen die Wand presste und ihm einen Kuss auf die goldenen Fuchslippen drückte. Er hob apathisch die Arme, betastete die verzierte venezianische Maske auf ihrer Nase und strich über ihr Haar, schweigsam, immer noch schweigsam. Sie lächelte, fuhr mit den Fingern die breiten Schultern nach, die sie schon in dem Moment beeindruckt hatten, in dem sie ihn gesehen hatte. „Na? Warum so schüchtern?“ Ihr warmer, nach Alkohol riechender Atem wurde von seiner Maske in ihre eigene Nase reflektiert. Kein Atem aus der Mundöffnung des goldenen Gesichts. Er hielt also die Luft an. Dabei hatte sie noch gar nicht angefangen, ihm den Atem zu rauben. Die Laterne blitzte kurz auf, wurde wieder finster, warf ihre Schatten erneut, während in der Ferne eine Kirchenglocke läutete, doch sie zählte die Schläge nicht. „Findest du nicht, dass das Ding im Weg ist?“ Sie drehte seine Maske ein wenig zur Seite, gerade so weit, dass sie im Dunkel das saubere Weiß seiner Zähne leuchten sah. Sie küsste ihn auf den Mund, fuhr mit der Zunge über seine geöffneten Lippen. Schließlich fand sie seine Zunge, erst leblos wie ein totes Tier, dann träge tastend. Sie kam ihr kühl und rau vor. Er rührte sich immer noch nicht, wie ein schüchterner Schuljunge stand er da, starr wie ein Brett. Sie legte seine Hände auf ihren Hintern und machte sich, ohne den Zungenkuss zu unterbrechen, an seinem Hosenbund zu schaffen. Ihre Finger waren ungeschickt, der Alkohol forderte seinen Tribut. Sie lächelte entschuldigend. „Weißt du, du könntest mir ruhig helfen“, hauchte sie ihm ins Ohr. Ihr warmer Atem wurde zu weißen Dampfwölkchen im Halbdunkel, kaum sichtbar. Ihr Herz schlug schnell und ihr Blut schien vor Hitze verdampfen zu wollen. Flüssiges Feuer wallte durch ihren Körper, Alkohol und Verlangen. Die Laterne surrte, das Licht zuckte und flackerte. Immer noch kam keine Reaktion von ihm, keine Antwort, nichts. Er schwieg schon die ganze Zeit, und schwieg und schwieg und schwieg. „Sag mal, bist du aus Stein?“ Ärgerlich hörte sie auf, an seiner Anzughose zu nesteln, und presste sich stattdessen gegen seinen muskulösen Körper, legte die Hände auf seinen breiten Rücken. „Oder einfach nur schüchtern?“, flüsterte sie neckisch. Seine Maske hing schief, immer noch ließ die kaputte Laterne nichts als Schatten darunter erkennen. Sie warf ihr langes, silbern gefärbtes Haar zurück und drückte ihm einen weiteren Kuss auf die Lippen. Das schien ihn endlich aus seiner Trance zu wecken. Als sie sich von ihm löste, hörte sie seinen Atem wieder, schwer und schnell, und er streckte eine Hand nach ihr aus. Sie schloss ihre Finger um seine und küsste ihn abermals. Langsam erwachte er, wie eine Eidechse in der Sonne nach einer kalten Nacht. Seine freie Hand fuhr ihre Hüften entlang, bis zu ihren Haarspitzen, strich durch die Strähnen, seine Finger tasteten sich bis zu ihrem Kopf entlang. Den nächsten Kuss erwiderte er fordernd, und das Plastik seiner Maske schlug ihr gegen die Nase. Sie hakte die Finger darunter. „Weg damit“, schnurrte sie. „Ich will dein Gesicht sehen.“ Damit riss sie ihm die goldene Fuchsmaske vom Kopf, gleichzeitig auch ihre eigene. Und im selben Moment, in dem sie in das Gesicht darunter starrte, sah sie, wie es sich verzerrte, zornig, verzweifelt, traurig, hasserfüllt. Seine Hand schnellte vor, Finger wie Krallen stießen in ihr Gesicht, Zeige- und Mittelfinger bohrten sich in ihre Augenhöhlen, der Daumen in ihren Mund, und er brach ihr mit einem solchen Ruck das Genick, dass das Knacken in der leeren Gasse widerhallte. Schließlich setzte er seine Maske wieder auf und bedachte die Leiche mit keinem Blick, keinem Gedanken mehr, als er zur Straße zurückging. Er tauchte in der Menge unter, verschmolz mit den anderen grausigen Schemen, die die Straßen bevölkerten. Denn es war Halloween, und das wahre Blutvergießen stand erst bevor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)