My angel & my demon von Rosenmaedchen (It is what it is. [♥]) ================================================================================ Kapitel 6: Decision ------------------- Entscheidung Sie starrte die Person, die zu ihr getreten war, an. Sein schwarzes Haar war leicht durchwühlt und einzelne Strähnen wehten im frischen Juniwind. Seine Haut war genauso weiß wie sie sie in Erinnerung hatte. Seine grauen Augen, die sie heute an Quecksilber erinnerten, ruhten auf ihr. Aus ihnen lesen konnte man nicht. Samantha blieben die Worte im Hals stecken. Sie war nicht darauf gefasst gewesen, Duncan hier zu treffen. Sie war überhaupt nicht vorbereitet irgendjemanden zu treffen. Und er gehörte zu den letzten Personen, die sie sehen wollte. Er trat neben sie und warf einen Blick auf den weißen Marmorstein. Mit seinen Fingern strich er vorsichtig über den Stein. Samantha konnte nicht anders, sie musste ihn einfach anstarren. Sie wusste, dass sie wie eine Idiotin wirken musste, konnte aber nichts dagegen machen. „Owen und Melina Cameron“, las er mit seiner samtrauchigen Stimme leise vor. „Deine Eltern?“ Sie nickte leicht und ihr Blick trübte sich etwas. Duncan beobachtete sie sehr aufmerksam. „Du vermisst sie“, stellte er deswegen sofort fest. Wieder nickte sie. Dann rang sie sich dazu durch mit ihm zu erzählen, auch wenn sie das nie wieder tun wollte. „Ich war gerade mal sechs als sie starben. Ich kann mich kaum an sie erinnern. Und seitdem war ich allein.“ Duncan stellte jetzt erst fest, wie gebrochen sie in ihrem inneren wirklich war. „Das tut mir leid.“ Samantha winkte leicht ab. „Schon gut. Ich bin s gewohnt allein zu sein…“ „Lilith und ich waren in den letzten Wochen öfters bei dir. Sie hat sich Sorgen gemacht, weil du solang nicht in der Schule warst. Was war los?“ „Ich war krank.“ Sie wendete den Blick von seinen Augen ab, um die Lügen zu vertuschen. Er nickte knapp und dann verfielen sie in Schweigen. Aber kein angenehmes. Es war erdrückend. „Ich weiß, was du bist“, stieß sie plötzlich hervor, sodass Duncan sie überrascht anblickte. „Kira?“ Sie nickte. „Durch sie war ich dann sicher, dass meine Überlegungen richtig waren.“ „Du bist eben sehr schlau und beobachtest genau.“ Eine leichte Röte stieg ihr ins Gesicht. „Wie ist es so als Engel?“ Er zuckte die Schultern. „So wie es für dich als Mensch ist.“ „Darf ich dich etwas fragen?“ „Klar.“ „Wieso bin gerade ich die Person, die so wichtig ist für euch? Ich finde einfach keinen plausiblen Grund.“ „Was würdest du sagen, wenn ich dir erzähle, dass die beiden, die deine Eltern seien sollen, nicht deine leiblichen sondern deine Adoptiveltern sind?“ „Wieso würdest du sowas behaupten wollen?“ „Weil es die Wahrheit ist.“ Samantha wollte lachen, es als Lüge abtun, doch Duncans Gesicht war ernst und in seinen Augen konnte sie nichts als die Wahrheit lesen. „Woher willst du das wissen?“ Samantha war misstrauisch und verunsichert. Ohne Beweise würde sie ihm niemals glauben. „Ich kannte deinen Vater und habe einfach etwas nachgeforscht um mir sicher zu sein.“ Samantha schüttelte abwehrend den Kopf und wich einen Schritt zurück. „Ich glaube dir kein Wort.“ „Du kannst mir vertrauen.“ „Woher weiß ich das?“ Er ging einen Schritt auf sie zu und sie wich sofort einen weiteren zurück. „Hör zu, Samantha. Die ganze Zeit haben Lilith und ich dir geholfen, meist mit Magie, sodass du es nicht mitbekommen hast.“ Sie schnappte nach Luft. „Und woher weiß ich, dass du das mir nicht einfach erzählst, um mich auf eure Seite zu kriegen?“ „Wenn ich das machen wollte, würde ich das ganz anders tun. Ich bin immerhin ein Engel aus der Hölle.“ Samanthas Instinkte bestätigten ihr, dass er mit gefährlichen Taten handeln könnte, wenn er das wirklich wollte. Aber er tat es nicht. Zögernd nickte sie. „Versuch mich zu überzeugen.“ Duncan überlegte kurz. „Das erste Mal hat Lilith dir geholfen, als Yessica dich auf der Mädchentoilette eingesperrt hatte. Was hat sie zu dir gesagt, wie sie dich gefunden hat?“ „Dass sie Yessica schon länger beobachte.“ „Eigentlich hat sie eher dich beobachtet um für deinen Schutz zu Sorgen. Die Tür hat sie mithilfe von Telekinese ausgehangen, sodass du raus konntest.“ „Ihr benutzt Telekinese?“ Duncan nickte. „Eine Grundfähigkeit.“ „Lilith hatte mir dann ein Taschentuch gereicht, womit ich mir das Gesicht abwischen sollte. Danach ging es mir sofort besser. War das auch Magie?“ „Ja.“ „Du bist auch sicher kein Techniker bei einem Autokonzern?“ „Hat sie das gesagt?“ Sie nickte und Duncan lächelte. Jedoch stellte Samantha sofort fest, dass es kein echtes Lächeln war. Es erreichte nämlich nicht seine Augen. Schließlich kam er zurück zum eigentlichen Thema. „Als ihr einfach quer über den Schülerparkplatz gelaufen seid ward ihr von einem Schutzschild umgeben. Und den genauen Weg zu deinem Haus wussten wir dadurch, dass wir dich öfter beobachtet hatten.“ Samantha nickte erneut. „Als ihr an dem Strand ward und Kyna und Shannon getroffen habt, da –“ „Du warst in der Nähe? Ich dachte schon, mein Gefühl täuscht mich.“ Auf Samanthas verwirrten Blick erklärte er. „Ich kann durch mein langes Lebensalter mehr Dinge als zum Beispiel Lilith. Eine Fähigkeit ist, dass ich verschiedene Auren unterscheiden und analysieren kann.“ Wieder nickte sie und rätselte insgeheim, wie alt Duncan wohl sei. „Vertraust du mir jetzt mehr?“, fragte Duncan sie als wieder etwas Wind aufkam. Samanthas Haare wurden nach vorne geweht und Duncan stand urplötzlich vor ihr. Sie blinzelte als sie eine Berührung spürte. Duncan schob ihr einige Haarsträhnen hinter ihr linkes Ohr. „Ich weiß nicht genau“, brachte sie hervor. Duncan ließ seine Hand wieder sinken, wobei ihr wieder dieses Sternentattoo auffiel. „Ich kann nicht schnell Vertrauen aufbauen.“ „Versteh ich. Geht mir genauso.“ Samantha blickte verwundert zu ihm auf, doch Duncan hatte den Blick abgewandt. Zu gern würde sie wissen, was er erlebt hatte. Ihn verstehen und, wenn er es brauchte, ihn trösten. Schnell schüttelte sie den Gedanken wieder ab. Duncan würde ihr so etwas niemals erzählen, geschweige denn es zulassen, dass sie ihn bemitleiden oder trösten konnte. Dieser Mann war ein einziges Rätsel. Jedoch fragte sie sich, wieso er sie berührt hatte. Sicher war es nur ein Reflex gewesen. Hör auf dir auf alles was einzubilden, Samantha., ermahnte sie sich selbst. Ihr Blick fiel wieder auf den Grabstein. „Meine Eltern. Kannst du mir mehr über sie erzählen? Also, über meine richtigen Eltern?“ Sie glaubte ihm, dass es nicht ihre richtigen Eltern waren, die hier auf diesem Friedhof begraben waren. Wieso? Samantha wusste es nicht. Ein inneres Gefühl trieb sie einfach dazu. Sie konnte es sich nicht erklären. Duncan schien verblüfft. „Du glaubst mir also?“ „Fürs erste schon. Vielleicht kommen sie mir näher als die, die hier liegen.“ Hoffnungsvoll schaute sie ihn an. „Kann ich sie kennenlernen?“ „Sie leben nicht mehr.“ Er hob sofort die Hand, als wollte er sie beschwichtigen. „Aber ich werde dir alles erzählen, was ich weiß. Auch wenn es ein verbotenes Thema ist, ich verspreche es dir. Und meine Versprechen halte ich immer.“ Leicht nickte sie. „Wann?“ „Sobald du mich in die Hölle begleitet hast.“ Samantha erstarrte. „Ich soll mich entscheiden…für eure Seite?“ „Der Himmel könnte dir nichts über deine Eltern erzählen.“ „Wieso das?“ „Das hat mit deinem Vater zu tun.“ Ein Seufzen entglitt ihm. „Ich kann dir das hier wirklich nicht erklären, Samantha. Vertrau mir einfach.“ Er streckte seine Hand aus und suchte Augenkontakt. Graue Augen blickten sie an. „Bitte.“ Sie zögerte. „Haben meine Eltern etwas damit zu tun, warum ich anders bin als andere? Das ich mich hier nicht wohlfühle?“ „Ja. Auch das hat damit etwas zu tun.“ Und diese Aussage war der ausschlaggebende Punkt für Samantha. Sie legte ihre Hand in seine. „Ich vertraue dir.“ „Ich werde es nicht missbrauchen.“ „Willst du das auch mitnehmen?“ Lilith hielt ein rosa Shirt mit einem Aufdruck darauf hoch. „Ich weiß nicht. Was meinst du denn?“ Die Blondine seufzte. „Samantha, so geht das schon die ganze Zeit. Dann such ich eben alle Sachen zusammen, die für die Hölle geeignet sind und du erzählst oder fragst mich was.“ Samantha fing an nachzudenken. Nachdem sie Duncan ihr Vertrauen gegeben hatte, war er mit ihr zu ihrem Haus gefahren. Dort hatte er Lilith angerufen und war kurz danach gegangen. Die Blondine selbst half ihr seitdem beim Packen. „Wo ist Duncan denn hin?“ Lilith nahm ein schwarzes Oberteil, besah es sich und packte es ebenfalls ein. „Er erledigt noch einige Dinge. Er meldet uns beide in der Schule ab und klärt alles mit dem Heim ab. Offiziell wirst du umziehen, nach Neu England.“ Sie grinste. „Umziehen tust du ja – nur nicht so ganz nach Neu England.“ „Ich hatte mich schon gefragt, wie ihr mein Verschwinden erklären wollt.“ Samantha wurde plötzlich ganz still. Lilith bemerkte das und richtete ihren Blick auf sie. „Alles okay?“ „Es gibt dann kein zurück mehr, richtig?“ Lilith kam zu ihr und ließ sich neben ihr nieder. „Nicht wirklich, nein. Dein Leben wird sich von Grundauf verändern.“ Sie legte ihre Hand auf Samanthas Arm. „Aber du gehörst nicht hierher. Du gehörst in unsere Welt, Sam. Ich darf dich doch Sam nennen? Oder Sammy?“ Die Braunhaarige lächelte leicht. „Ja, darfst du.“ „Sehr gut.“ Lilith lächelte ebenfalls, stand auf und sortierte weiter. „Wo werde ich denn dann wohnen? Und wie kommen wir in die Hölle?“, fragte sie nach einigen, eher schweigsamen, Augenblicken. Lilith schmiss ein graues Top in die Tasche und machte sich über Hosen und die wenigen Röcke her. „Das klärt Duncan ebenfalls. Mein Vater weiß zwar schon Bescheid, aber so vieles muss noch geklärt werden. In die Hölle selbst kommst du nur durch unsere Hilfe. Aber wieso erzählen? Wir zeigen es dir dann. Das ist viel aufregender.“ Lilith strich sich einige Haarsträhnen zurück. „Also, ganz ehrlich. Deine Klamotten sind nicht wirklich höllentauglich. Und es wirkt alles so, nehm es mir bloß nicht übel, wie graue Maus, Mauerblümchen. Wenn wir zu Hause sind gehen wir erstmal richtig shoppen.“ „Aber ich hab doch kein Geld.“ Lilith grinste. „Aber ich hab genug für uns beide.“ Erst jetzt fiel Samantha wieder ein, dass die Blondine ja die Prinzessin der Racheengel war. „Stimmt. Du bist ja die Prinzessin…“ „Hey, für dich bin ich nur deine Freundin Lil. Behandel mich bloß nicht anders als bisher, das möchte ich nicht.“ „Ist okay.“ Lilith verstaute die letzten Sachen in der Tasche und zog den Reißverschluss zu. Dann setzte sie sich zu Samantha. Dann seufzte sie leise. „Weist du, es ist schwer für mich richtige Freunde zu finden.“ Sie spielte mit ihren Fingern als sie fortfuhr. „Weil ich die Prinzessin bin weiß ich nie, wer mein Freund sein will wegen meiner Person und wer mein Freund sein will wegen meinem Status, meinem Ruf oder einfach nur wegen dem Ruhm, dem Ansehen, welches meine Freunde hätten. Deswegen bin ich eher allein.“ Samantha konnte sie verstehen. Lilith ging es so ähnlich wie ihr. Sie war allein. Nur das es bei ihr durch einen anderen Grund war als bei der Prinzessin. Vielleicht konnten sie das ändern. Indem sie sich gegenseitig die Einsamkeit nahmen und Freunde wurden. Falls sie das nicht schon längst waren. Lilith erhob sich. „Ach, auch egal. Du kennst das wahrscheinlich selber zur genüge. Jetzt geht es erstmal darum, dass wir dich in die Hölle kriegen.“ Ungeduldig blickte sie auf ihre Uhr. „Tja, wir sind fertig. Fehlt nur noch Duncan.“ „Ich bin hier“, kam es plötzlich aus Richtung Türrahmen. Sowohl Samantha, als auch Lilith zuckte zusammen. Die Blondine fing sich eher wieder und starrte Duncan leicht bösartig an. „Warte nur. Das kriegst du irgendwann zurück.“ „Ich hab dich auch lieb, Lil.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Schön, da wir das jetzt geklärt haben, können wir?“ Bevor Duncan antworten konnte, rutschte Samantha eine Frage heraus: „Wie lange kennt ihr euch schon?“ Sofort ruhten zwei Augenpaare auf ihr. „Duncan und ich, wir kennen uns seit meiner Geburt. Mein Leben lang hat er auf mich aufgepasst, stand mir immer zur Seite und war bis heute mein bester Freund – und der einzige, muss man dazu sagen. Das hatte ich vorhin vergessen, zu erwähnen.“ Sie lächelte. „Nicht einmal ich kenne mich so gut wie er mich kennt.“ „Soll vorkommen, Prinzessin.“ Duncan nahm die Reisetasche hoch und schulterte sie. „Kommt ihr? Wir müssen erst noch ein Stück mit dem Wagen fahren.“ Als sie in dem Park, etwas außerhalb von Los Angeles, ankamen, war es bereits dunkel. Der Park selbst wurde von einigen Laternen, die an den Wegrändern standen, erleuchtet. Duncan stellte die Reisetasche auf eine Parkbank ab. Nicht unweit davon saßen Samantha und Lilith. „Bist du endlich soweit, Duncan?“ Die beiden kamen zu ihm herüber. Er hatte sie vor wenigen Minuten abgeladen und das Auto mithilfe von Magie in die Hölle geschickt. Er liebte seinen Wagen und musste selbst feststellen, dass ihm kein einziger Kratzer in den Lack kam. An Liliths Blick konnte er erkennen, dass sie wusste, was er gemacht hatte. Aber er hatte auch den Torwächter Bescheid gegeben, damit sie Samantha durchließen ohne sie umzubringen. Lebende Menschen war es sonst nicht gestattet, die Hölle zu betreten. Und im Moment war er für sie verantwortlich. Sie brauchten Samantha lebend. Da führte kein Weg daran vorbei. „Ja, ich bin soweit.“ Lilith schaute Samantha durchdringlich an. „Bereit?“ Die Braunhaarige sah entschlossen aus. „Bereit.“ To be continued. Hosted by Animexx e.V. 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