Fallen Angel of the Night - Pt. 01 von PinkyTwinkleLeo ================================================================================ Kapitel 11: Kapitel 11 ---------------------- Leise seufzte Nathanael. Gut, er konnte zwar so verharren, aber wäre der Stuhl wohl bequemer, dennoch blieb er ohne weiteres Murren einfach neben Adam hocken und umfasste weiterhin dessen Hand, war froh darüber, dass sein Liebster nun wieder schlief. Es schien ihm schon viel besser zu gehen und das war gut so. Auch er selber konnte wieder klarer denken und so sah er keineswegs verwundert zu Emily und Nion. "Und?" war seine einzige Frage, er rührte sich dabei kein Stück. Nion warf ihm einen Blick zu, der tausend Worte übertraf und auch das abfällige Schnauben von Emily sagte mehr aus, als man als Normalsterblicher vielleicht dahinter vermuten konnte. "Sie ist verschwunden. Es ist, als ob sie nie hier auf dem Gelände gewesen wäre" antwortete Emily und stützte sich auf ihrem Schreibtisch ab. Den anderen Anwesenden hatte sie den Rücken zugedreht, während sie sprach. "Sie war in der Hütte Nathanael. Es war vermutlich euer Glück, dass ihr nicht dort gewesen seid. Sie hat zwar nichts angefasst, aber ihr Geruch ist dort sehr deutlich zu vernehmen. Und bei Oliver scheint sie auch gewesen zu sein, die arme Pauline ist völlig verwirrt. Sie kennt unsere Welt einfach noch nicht so gut." Nun drehte sie sich zu Nathanael und Nion um, auch Adam streifte ihr Blick. "Sie ist auf der Jagd nach Adam. Sie will ihn tot sehen. Im Moment seid ihr hier am sichersten. Ich werde Adam von der Schule nehmen und hier auf privat unterrichten lassen. Sein Abitur kann er dann an einem hiesigen Gymnasium nachholen. Ich will euch beide in meiner Nähe wissen!" Ihre Tonlage ließ wirklich keine Wiederworte zu und selbst Nion wusste, dass Nathanael ihre Worte akzeptieren musste. Nathanael hatte auch nichts dagegen einzuwenden. Er selber hatte eingesehen, dass er keine Chance hatte, zumindest nicht im Moment, Adam alleine zu beschützen und er würde nicht dabei zusehen können, wie Roselin ihr Werk tat, ohne selber dabei zu verrecken. Plötzlich kam ihm eine Idee, die ihn beinahe in den Augen stand. "Ich schreibe ihr einen Brief" stellte er fest und ignorierte Emilys weitere Worte, sowie auch Nion, der misstrauisch drein schaute. Er sah zu Adam und löste sich dann von ihm, um sich einen Zettel von Emily zu nehmen und einen Stift. Dann blickte er sie an. "Vielen Dank" sagte er und kniete sich dann wieder neben Adam, kritzelte, den Zettel auf der Couch abgelegt, einige Worte, bis das Blatt voll war und faltete es dann. "Mh, ob es reicht, wenn ich es aus dem Fenster schmeiße?" überlegte er laut und äußerst amüsiert über seinen Gedanken. "Nathanael!" herrschte Emily ihn an. "Hast du mir überhaupt auch nur im Ansatz zugehört?" Sie stemmte die Hände in ihre Hüften und sah ihren Sohn sauer an. Sie zermatterte sich hier ihr Gehirn, um sie beide vor diesem psychopatischen Kind zu schützen, denn mehr war Roselin in ihren Augen noch nicht. In Vampirjahren gerechnet war sie kaum 90 Jahre alt und stand somit noch in Kinderschuhen. "Was schreibst du ihr in den Brief!" Sie war normalerweise jemand, der sich nicht in die Angelegeneheiten anderer einmischte, doch die Blonde in ihrem Zorn jetzt auch noch zu provozieren glich einem Himmelfahrtskommando, ohne Aussicht auf Wiederkehr. "Sag es mir! Ich will dich nicht verlieren!" Denn das sie eines ihrer beiden Kinder verlieren würde, war ihr klar und sie hatte sich für Nathanael entschieden und für Adam, denn für sie konnte sie kämpfen. Die kranke Existenz von Roselin konnte und würde sie nicht weiter verantworten. Dieser seufzte ein wenig, als Emily so wütend wurde. "Ja, ich habe zugehört." Dann reichte er ihr den Brief. "Ich schrieb lediglich, dass sie mein Leben beenden wird, wenn sie das von Adam beendet und sie so auf alle Zeit von mir und auch von Nion und selbst von dir, Emily getrennt sein wird. Ich meine, sie liebt uns, als ihre Familie und sie will mich für sich. Wenn ich also tot bin und ihr zwei euch von ihr abwendet, dann hat sie niemanden mehr. Es könnte helfen, sie zumindest für einen Tag, vielleicht auch nur für eine Stunde zu klarem Verstand zurück zu leiten und dann ist es nur eine Frage des Handelns, was mit ihr geschieht. Entweder wir nutzen den Moment ihrer Klarheit und überwältigen sie, sperren sie weg oder" Er sprach nicht weiter, denn die zweite Variante war eine, die er nicht umsetzen konnte und auch nicht verlangen würde, dass es jemand anderes tat. "Du kannst ihr doch nicht einfach diese Karte in die Hände spielen! Bist du verrückt! Denkst du wirklich, dass würde bei Roselin auch nur einen Moment des lichten Verstandes herbeiführen!" Das war nicht Emily die nun sprach, sondern Nion. "Sie ist überaus wütend Nathanael und als Freund kann ich dir nur nahelegen, ihr diesen Brief nicht zukommen zu lassen, denn die Konsequenzen, mit denen du kalkulierst, sind Roselin im Moment egal. Wenn sie Adam tot sieht, wird ihr dein Tod auch gleichgültig sein. Denn das sie dein Herz bereits verloren hat, dass weiß sie." Er biss sich auf die Lippe, ehe er weitersprach. "Ich kann dich nicht davon abhalten, dass zu tun, was du tun willst, aber als dein bester Freund rate ich dir, lass es sein. Wir werden versuchen, sie in eine Falle zu locken und so wieder hinter Schloss und Riegel zu bringen, aber eine Lösung auf Dauer wird es auch nicht sein." Auch ihm schwebte eine weitere Variante vor, doch diese wollte ihm so gar nicht gefallen. "Roselin wird erst ruhen, wenn sie tot ist" kam es schließlich leise über seine Lippen. Nathanael sah zu Nion, als hätte dieser kein Recht gehabt zu sprechen und funkelte ihn an. "Deine Ratschläge sind nicht immer die besten, Nion" erinnerte er ihn. "Schon gar nicht, wenn es um Rose geht." Dann grinste er. "Wir können auch sagen, dass du verreckst, wenn sie Adam etwas antut, sicher wird das einiges ändern." Er wusste, wie fies er gerade klang, wie unnötig diese Sticheleien waren und wie sehr er Nion und wohl auch Emily damit verletzte, aber es war eine ausweglose Situation, die Nion nicht auch noch mit überflüssigen Worten an die Wand fahren musste. Gut, er sah ein, dass Roselin wohl sterben musste, aber wie oft waren diese Gedanken schon gedacht und diese Worte gesprochen, ohne das Roselin auch nur ein Haar verloren hat. Also zweifelte Nathanael auch dieses Mal daran, dass es eine entgültige Entscheidung war. Er wandte sich an Emily. Ein leichtes Seufzen glitt über seine Lippen, ehe er sich wieder zu Adam setzte und die beiden missachtete, sanft über die warme, aber nicht mehr heiße Wange strich. "Hört auf! Alle beide!" donnerte Emily. Sie hatte genug gehört. "Nion du fährst nach Hause! Wenn ich deine weitere Hilfe benötige, werde ich dich es wissen lassen!" Sie wartete bis der Brünette verschwunden war, ehe sie sich ihrem Sohn zuwandte. "Was sollte das Nathanael! Es ist nicht Nions Schuld, dass wir uns in dieser Lage befinden, wenn du unbedingt einen Sündenbock brauchst, andem du deine Wut auslassen kannst, dann nimm jemanden, der sich auch dagegen wehren kann!" Sie ballte die Hände zu Fäusten. "Du weißt um die Gefühle deines Freundes für Roselin und dennoch besitzt du nicht genügend Herz und schleuderst ihm diese Gemeinheiten an den Kopf! Verlange ich etwa von dir, Adam auf die dunkle Seite zu ziehen? Nein! Also hör auf, dass du von Nion verlangst, er soll Roselin töten! Das ist wirklich nicht seine Aufgabe!" Sie atmete ein paar Mal durch, versuchte sich auf diese Weise zu beruhigen. "Ihr könnt heute Nacht hier schlafen, oder zurück in mein Zimmer gehen, mir ist es gleich." Es war Nathanael klar gewesen, dass Emily schimpfen würde, dass sie wütend werden würde und so drehte er sich im ersten Moment nicht einmal um. Er seufzte ein wenig. Schließlich hatte er nicht von Nion verlangt, sie zu töten, noch nie und er würde es auch nicht. Dann drehte er sich jedoch um und blickte zu Emily. Sie war noch immer schrecklich wütend. Also wandte er seinen Blick wieder ab. "Nein, du verlangst es nicht von mir." Dabei betonte er das du, denn er wusste, dass Nion zwar hinter ihm stand und ihn auf jeden Fall unterstützen würde, doch dass er sich, wenn es beschlossen würde, wieder an das Wort halten würde, seiner Sippe zu folgen und da half es nicht, was die persönliche Meinung war. Sanft küsste er Adams Hand, schloss dann einen Moment die Augen und stand auf, drehte sich zu Emily. "Verzeih mir, im Moment bin ich wieder etwas reizbar" sagte er dann noch, auch wenn er wusste, dass er sich bei Nion entschuldigen sollte, aber dieser war nun mal nicht mehr da. "Es wird auch niemand sonst von dir verlangen, solange ich als Schutz vor dir stehe!" antwortete Emily kühl. "Nichteinmal Leopold würde es wagen, sich mit mir anzulegen, doch ich will, dass du soetwas nie wieder auch nur denkst! Ich weiß, zu welchem schrecklichen Ende es uns geleiten wird, ich habe es ihm Gefühl!" Sie wandte sich an ihren Sohn. "Ich bin dabei, eines meiner Kinder zu verlieren Nathanael! Ich werde meine Tochter verlieren!" Sie hatte diese Worte noch nie ausgesprochen, doch Trauer schwang offensichtlich in ihnen mit. Sie wandte sich wieder von Nathanael und Adam ab und ging zum Fenster, wo sie die Hand auf die kühle Scheibe legte. "Ich wünschte, ich könnte es ändern. Es rückgängig machen, wie noch einiges mehr in meinem Leben." Ihre Stirn lehnte nun auch an der Scheibe und zum ersten Mal seit Jahrhunderten fühlte sie die riesige Last auf ihren Schultern und die Verantwortung, die auf eben diesen lastete. Es war ja nicht so, dass Nathanael nicht verstehen konnte, wie Emily sich fühlte, er glaubte es nachvollziehen zu können, aber Roselin hatte in vielen Punkten ihr Leben einfach verwirkt und es war nicht Emily, die das Leben beenden musste, zumindest glaubte das der Vampir. Als sie jedoch so traurig am Fenster stand, ging er zu ihr hin und legte die Arme von hinten um sie. "Du solltest es nicht ändern. Wer weiß, ob ich dann jemals Adam getroffen hätte oder ob ich ohne Roselin nicht an ihrer Stelle gestanden hätte" sagte er leise. "Oder ob irgendjemand anders ihren Platz im Schicksal eingenommen hätte." So versuchte er ihr ein wenig die Last von den Schultern zu nehmen. "Alles kommt, wie es kommen muss, hast du das nicht selber gesagt? Schmiede dein Schicksal so weit es geht selber, aber nimm hin, wenn es mal nicht so kommt" oder so ähnlich waren die Worte, an die er sich erinnerte. Sie schlang ihre Arme um den starken Körper und ließ sich einfach fallen. Ja, das waren ihre Worte gewesen, vor langer Zeit schon, denn sie hatte sie vielen ihrer Kinder gesagt, doch noch nie hatte sie diese so bereut wie im Moment. Die meisten ihrer Schöpfungen hatte sie nie mehr gesehen und sie lebten ihr Leben ohne Emily. Einzig Nathanael war ihr noch geblieben und Roselin. Und es schmerzte einfach, diese höllische Vorstellung ihr Todesurteil einmal mit zu unterschreiben müssen. "Ja, dass sind Dinge, die niemand vorher wusste. Aber ..." Sie seufzte und vergrub ihr Gesicht für einen Moment in Nathanaels Hemd. "Ich kann es einfach nicht tun Nathanael." Was wäre sie nur für ein Monster, wenn sie das machen würde. "Nion wird sie fangen und dann ist alles wieder gut" versuchte sie es mit einem schwachen Lächeln. Auch Nathanael musste ein wenig lächeln. "Ja, aber Nion darf nicht ihre Überwachung übernehmen. Dann wird er auf ihr Bitten hin sie wieder raus lassen, wenn sie sich beruhigt hat und klar klingt und dann fängt alles von vorne an. Er kann sie fangen, aber sie müsste aus seiner Reichweite" flüsterte er und streichelte über Emilys weiche Haare. Er glaubte nicht, dass es genügen würde, er konnte sich gut vorstellen, dass es eine ewige Jagd würde, wenn Roselin nicht starb, doch wenn Emily so sehr darunter litt, dann konnte er das nicht verlangen. Wohlmöglich war es doch er selber, der Roselin töten musste, wo er doch eh das schwarze Schaf seiner Rasse war, würde das die Dinge auch nicht mehr verschlimmern. "Möchtest du nicht ein wenig bei mir und Adam bleiben?" schlug er vor und schmunzelte leicht. "Du tust ihm weiterhin unrecht. Nion hat sie nicht entkommen lassen, zumindest nicht mit Absicht Nathanael. Und Roselin war schon seit Jahren nicht mehr klar im Kopf. Ich werde natürlich veranlassen, dass man Nion nicht mehr diese schwere Bürde auferlegt. Yien-Wu ist sicherlich an einer neuen Kreatur für sein Kabinett interessiert." Sie wusste, dass ihre Worte grausam klangen. Aber dort wäre das blonde Mädchen weit genug von ihnen allen weg und sie wäre in guten Händen, bei jemandem, der auf sie achtete. Emily spürte den Zwiespalt in Nathanael. Und sie wusste, dass sie sich am Ende für sein Glück entscheiden würde, doch zu welchem Schicksal es am Ende gereichen würde, war selbst ihr im Moment noch nicht klar. "Denk nichteinmal daran, selbst Hand an ihr anzulegen hörst du!" Sie lächelte liebevoll. "Ich werde euch etwas allein lassen. Auch ich brauche etwas Ruhe, dass ist alles doch ein anstrengender Tag gewesen." Geschlagen seufzte Nathanael einfach nur. Er befürchtete eh nichts sagen zu können, ohne das Emily ihn dafür schelten würde, also schwieg er lieber und strich ihr über den Kopf, als wäre sie tatsächlich das junge Mädchen, dass ihrem Körper entsprach. "Du wirst dich schon richtig entscheiden, egal wie" flüsterte er und ging wieder zu Adam. "Ich danke dir" antwortete Emily und löste sich langsam von Nathanael. Sie strich ihm dabei über die Wange und warf einen liebevollen Blick zu Adam. "Ich lasse euch beide jetzt allein. Er wacht langsam wieder auf." Sie konnte den langsam unruhiger werdenen Atem spüren, der nun von Adam ausging. "Wenn ihr etwas braucht, ich bin hier irgendwo im Haus, sicherlich nicht weit weg von euch." Sie lächelte erneut und verschwand dann langsam aus dem Zimmer. Hinter sich schloss sie die Tür und atmete ersteinmal tief durch. Sie würde die Nacht vermutlich in einem der vielen Zimmer verbringen. Wobei sie es hinter Mauern nicht sehr lange aushalten würde. Also entschloss sie sich, für die verbleibenden Stunden etwas in den Garten zu gehen und die Kälte zu spüren, die bereits durch den nahenden Winter nachts aufzog. Nathanael nickte nur und sah Emily hinterher, ehe er wieder zu Adam ging und noch einmal dessen Stirn fühlte. Ob er ihm noch eine Tablette holen sollte? Aber er wollte ihn nur ungern alleine lassen, also kniete er sich wieder daneben und nahm wieder sanft die Hand seines Liebsten. "Adam" flüsterte er leise, um ihn nicht unbedingt zu wecken aber zu erfahren, ob er wach war. Sanft streichelte er über den Handrücken. Es schien langsam besser zu werden, zumindest war Adams Stirn und seine Hand nicht mehr so heiß und der Schlaf war ruhiger geworden. Der Junge schwitzte auch nicht mehr so heftig, alles nach Nathanaels Meinung, gute Zeichen. Sanft küsste er die Wange des noch schlafenden Menschens und legte seinen Kopf dann auf dem Polster ab, die Hand weiterhin haltend. Es war bereits früh am Morgen und die Vorhänge waren zugezogen worden. Doch teilweise fiel Licht durch kleine Ritzen, sodass Adam bemerkte, dass es draußen hell war. Er bemerkte die Kühle an seiner Hand und drehte leicht den Kopf. Das erste was der Junge nun erblickte waren die geschlossenen Lider des Vampirs und dessen ruhiger Atem. Sanft hob und senkte sich dessen Brust, fast als ob er schlafen würde. Adam gewöhnte sich langsam an das dämmrige Licht im Raum und sah sich zum ersten Mal richtig um. Das war nicht Nathanaels Zimmer, wie er erst auf den zweiten Blick bemerkte. Dann fiel ihm wieder ein, was der Grund gewesen war, warum sie eben dieses verlassen hatten. Allein schon bei dem Gedanken an Roselin lief Adam ein kalter Schauer über den Rücken und alles in ihm zog sich zusammen. Adam betrachtete nun wieder Nathanael, der um Welten erholter wirkte, als noch vor ein paar Stunden. Vorsichtig löste der junge Schwarzhaarige seine Hand aus der sanften Umklammerung und strich dem Vampir über die Wange. Ein leises Seufzen überkam seine Lippen. Das war doch alles so .. verwirrend. "Nathanael?" fragte er leise. Wenn dieser schlief, wollte er ihn sicherlich nicht wecken. Er sollte sich wirklich erholen können, von dem, was er ihm gerade zumutete. Leise drang Adams Stimme an sein Ohr und erst als er bemerkte, wie sich auch dessen Wärme immer mehr verlor, öffnete Nathanael die Augen und sah in das wache Gesicht von Adam. Er richtete sich langsam auf und schenkte seinem Gegenüber ein Lächeln. "Dir geht es besser" stellte er fest und strich dann seinerseits über die nur noch erwärmte Wange des Jungen, der wirklich erholt aussah. Das beruhigte den Vampir ungemein und so war er dem Anderen auch nicht böse, dass er nicht mehr schlief. Außerdem sollte der Kreislauf wohl auch ein wenig in Schwung kommen hin und wieder. "Möchtest du etwas essen?" Nach trinken fragte er gar nicht, sondern griff neben sich auf den kleinen Hocker, den er zum Nachttisch umgebaut hatte, wo nun eine Karaffe mit Wasser und ein Glas stand. Das gefüllte Glas wanderte so eben in seine Hand und wurde Adam gereicht, der keine Widerworte aufbringen musste, denn Nathanael würde ihn zur Not das Wasser auch anders zukommen lassen. Es war wichtig viel zu trinken, sonst würde er wohl gleich wieder zusammen brechen. "Trink" sagte er also, als er ihm das Glas hin hielt. Das Lächeln ließ Adams Herz einen kleinen Hüpfer machen und er erwiederte es liebevoll. Seinen Kopf bettete er kurz auf seinen Arm, ehe Nathanael ihm das Wasser reichte und er dies dankend annahm. Vorsichtig setzte er sich auf dem kleinen Sofa auf und nippte an dem Wasser. Erst jetzt bemerkte der Junge, wir durstig er wirklich war und trank schnell zu Ende. Anschließend reichte er Nathanael das Glasgefäß wieder und zog seine Beine an. "Nein danke, ich hab keinen Hunger." Er sah besorgt zu seinem Liebsten. "Wie fühlst du dich? Geht es dir wieder besser? Du siehst zumindest so aus, als ob es dir besser gehen würde." Nathanael füllte das Glas noch einmal und reichte es ihm wieder. 2-3 Liter sollte er trinken, so wurde es ihm aufgetragen und er würde dafür sorgen. "Mir geht es gut, Adam" versicherte er ihm und lächelte. Gut, er würde auch ganz gerne seinen Durst löschen, das konnte er sich selber nicht verheimlichen, doch war dies kein Thema, was Adam wissen musste oder was ihn überhaupt interessierte und so setzte er sich nur im Schneidersitz vor das Sofa und lächelte zu seinem Liebsten auf. Der Jüngere nickte. "Du siehst auch wieder bedeutend besser aus, als gestern und vorgestern. Es tut mir Leid, dass ich dir solche Sorgen bereite." Er nahm das Glas erneut, doch trank er diesesmal nur noch ein wenig. Adam seufzte wohlig, denn er fühlte sich besser. Wirklich besser. Zwar noch etwas wacklig und so, aber im Grunde genommen, ging es ihm wieder besser. "Wo ist Emily? Habt ihr Roselin gefangen?" Er hatte Mühe den Satz auszusprechen, fürchtete er sich so sehr vor den Worten, die folgen würden. Denn insgeheim kannte er die Antwort, die Nathanael ihm geben würde schon. Ein einfaches nein, oder ein Kopfschütteln, mehr würde er nicht erhalten. Doch wollte er die Wahrheit wissen, damit er sich für sein künftiges Leben darauf einstellen konnte. Denn nie mehr wollte er sich so sehr fürchten, wie die letzte Nacht. Niemals sollte ihm diese Wahnsinnige auch je wieder so nah kommen. Erneut schmunzelte der Vampir. "Du bereitest mir nicht mehr Sorgen, als du es sonst auch getan hast." Er lächelte ein wenig. Nein, es waren andere Faktoren im Spiel, die viel mehr um seine Aufmerksamkeit rangen, als es Adam tat. Er musste zugeben, dass es ihn mitgenommen hatte, wie Adam gelitten hat, aber Roselin hatte mehr Platz in seinem Kopf gefunden. "Emily ist irgendwo hier, ich weiß nicht genau wo" war seine Antwort. Auf Roselin ging er erst nicht ein, dennoch konnte er die Frage nicht so im Raum stehen lassen. "Sie wird noch gesucht. Aber es sind viele auf ihrer Spur, sie wird nicht lange versteckt bleiben" beruhigte er Adam und strich diesem sanft über die Hand, nahm ihm das Glas ab und stellte es wieder neben die Karaffe. "Das sagten sie beim letzten Mal auch" bemerkte Adam leise. Er verschlang seine Finger mit denen von Nathanael und hob ihre Hand hoch. "Weißt du, ich hab mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Du hast noch nie geschlafen, während ich anwesend war und ... als ich wach wurde, einmal, da war so ein komisches Mädchen bei mir. Sie war so blass und sie konnte nicht sprechen. Ach, dass war bestimmt nur ein Traum." Er wickelte sich noch etwas enger in die Decke und blickte zu Nathanael. "Danke für das alles." Erst jetzt wurde er sich der Schlägerei wieder bewusst. "Wie sieht eigentlich mein Gesicht aus?" fragte er vorsichtig. Mit der freien Hand tastete er es ab und zuckte bei einer Stelle neben seinem rechten Auge zusammen. Autsch, da tat es noch immer ziemlich weh. Nathanael seufzte leise. Ja, das sagten sie beim letzten Mal auch, aber dieses Mal war alles anders. Zumindest war es das, was Nathanael sich einredete. "Du brauchst dir keine Sorgen um mich machen, schon gar nicht, weil ich schlafe" stellte er ein wenig belustigt fest. Das war nun wirklich die kleinste Ursache sich Sorgen zu machen, aber irgendwie hatte Adam wohl recht. Es war nicht normal gewesen und würde es wohl auch nie sein, also war es wohl nur natürlich, sich sorgen zu machen. "Das Mädchen war eine Krankenschwester. Ich hatte dich zu einem Arzt gebracht, falls du dich erinnerst. Sie hatte ihm geholfen." Der Vampir lächelte ein wenig und küsste Adam dann sanft, setzte sich danach an den Rand der Couch und strich dem Jungen durch die Haare. "Dein Gesicht sieht schon viel besser aus. Noch ein wenig blau und grün aber noch lange nicht sehr so dick" sagte er ruhig und streichelte weiter durch die Strähnen. Adam hätte am liebsten die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Nur noch grün und blau, dass war ja allerliebst. Wirklich, was schöneres hätte er sich gar nicht vorstellen können. Er lachte sarkastisch. "Na toll, dass ist es auch, was mir wochenlang bleiben wird. Vermutlich sieht Steve nicht so schlimm aus wie ich!" Adam grummelte in sich hinein, während er sich an Nathanael lehnte. Das war einfach unfair. Sowas konnte aber auch wirklich nur ihm passieren. "Wie lange darf ich nicht zur Schule?" Zwar interessierte es ihn nicht wirklich, aber mal so die Freiheiten abzuschätzen war sicherlich gut. "In den nächsten Wochen gar nicht" kam plötzlich die ruhige Stimme von Emily aus dem Hintergrund, was Adam erschrocken zusammenfahren ließ. "Herrgott nochmal! Musst du das immer machen?" keuchte Adam. Daran, dass die Vampire sich lautlos bewegen konnten, würde er sich wohl nie gewöhnen. "Och, er sieht bestimmt noch schlimmer aus" versuchte er Adam aufzumuntern und schmunzelte. Adam sah aber wirklich nicht mehr schlimm aus. Gerade als er antworten wollte, kam Emily herein und er sah zur Türe, lächelte gleich wieder. Dann strich er sanft über Adams Kopf. Dass dieser sich immer wieder erschrecken musste, irgendwie amüsierte es ihn den Vampir. "Ich habe dich für die nächsten Wochen von deiner Schule abgemeldet. Bis es dir besser geht, wirst du hier im Haus bleiben. Ich habe ein paar Privatlehrer eingesetzt, die dich weiter auf dein Abitur vorbereiten werden und auch versuchen werden, deine Noten in Mathematik und Physik zu bessern. Deine Schule war so frei, mir davon zu erzählen, dass es in diesen Fächern nicht zum besten bei dir steht. Aber das wird sich ändern. Da bin ich mir sicher. Du wirst dein Abitur mit Bravour bestehen." Sie löste sich von der Türe und kam auf die beiden zu. "Nathanael, würdest du bitte in deinem Zimmer etwas für Ordnung sorgen? Es sieht aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hat." Ihr Blick sprach Bände, dass sie sich kurz allein mit Adam unterhalten wollte und Nathanael deshalb loszuwerden versuchte, dass war sogar Adam bewusst. Nathanael sah skeptisch zu Emily. Es gab in seinem Zimmer gar nichts, dass es chaotisch aussehen konnte, doch erkannte er ihren Wink und so küsste er Adam noch einmal. "Ich komme gleich zurück" versprach er ihm und ging dann mit einem äußert unzufriedenen Blick an Emily vorbei in sein eigenes Zimmer. Dort sah er sich um. Er würde das Bett beziehen können und hier und da ein wenig was weg räumen, das nicht an Ort und Stelle lag, wo es hin gehörte, aber viel lieber stellte er sich mit dem Ohr an die Wand und wollte dem Lauschen, was Emily so wichtiges mit Adam zu besprechen hatte. Adam erwiederte den Kuss sanft und sah Nathanael noch hinterher, als dieser den Raum verließ. Dann wandte er sich zu Emily um und sah in ihr feines Gesicht. Er rutschte noch ein Stück von seinem Platz ab und machte ihr somit etwas platz. "Du willst mit mir sprechen?" fragte er nun neugierig. "Über was denn?" Seine grünen Augen leuchteten ein wenig in der Finsternis und verrieten ihn somit. Er war gespannt wie ein Flitzebogen, das zu erfahren, was Emily ihm zu erzählen hatte. Nachdem Adam so lieb Platz gemacht hatte, ließ sich Emily neben ihm nieder und drehte sich zu ihm, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. "Nun" fing sie an und ihr Ausdruck wurde ganz weich. "Ich habe mir überlegt, dass du sicher einiges über Nathanael erfahren möchtest" sagte sie und lächelte noch immer, ihr Gesicht hatte sich nicht ein bisschen geändert und sie sah noch immer zu Adam. Eigentlich erwartete sie keine Antwort und so redete sie dann auch gleich darauf los. "Ich weiß auch nicht alles über ihn, aber einiges mehr und es wird mich freuen, dies mit dir zu teilen" sagte sie und drehte sich etwas mehr zu Adam. Der Junge zog seine Beine an und betrachtete die junge Frau neben sich skeptisch. "Ähm, natürlich würd ich sowas gerne wissen, aber ... aber darfst du mir das einfach so erzählen?" Er lauschte ihr weiter. Sie jetzt zu unterbrechen erschien selbst in seinen Augen sinnlos, also warum lange zögern und so nickte Adam. "Ich bin ziemlich neugierig, was Nathanael in seinem Leben gemacht hat. Woher er stammt, was er gelernt hat, wo er gelebt hat, wie er gelebt hat und vor allem, wie du ihn kennengelernt hast, dass würde mich am allermeisten interessieren." Er zog seine Knie noch etwas enger an den Körper und wippte vor und zurück. Eine alte Angewohnheit, die er hatte, wenn er nervös war. Nathanael drückte sein Ohr an die Wand, er glaubte nicht, was er dort hörte. Es schien ihm beinahe, als würde Emily absichtlich laut und deutlich reden. Sie wollte über ihn reden? Über seine Vergangenheit. Natürlich wollte Adam das wissen, aber es war nun wirklcih nicht .... aaargh, wie sehr ihn das schon wieder aufregte, aber er konnte Emily nun mal nicht dazwischen gehen, sie wollte was sie wollte und hatte ihm nun schon mehr als einmal klar gemacht, dass ihre Liebe nicht über alles ging und er manche Dinge eben so annehmen musste. So setzte er sich aufs Bett, das Ohr noch immer an die Wand gedrückt, auch wenn er sich sicher war, dass er auch so jedes Wort verstehen würde. Emily lachte über soviel Enthusiasmus. Es war ja leichter gewesen, Adam für ihre Geschichten um Nathanael zu begeistern. Endlich konnte sie wenigstens mit jemanden über ihren jüngsten Sohn reden, der sie nicht gleich wegen seiner Verwandlung verurteilte. "Woher er stammt. Nun ja, da du schätzungsweise viel Zeit hast, kann ich es dir ja lang und breit erzählen. Nathanael stammt aus einer reichen Adelsfamilie in Paris. Er war ein Schöngeist, genauso wie du es zu sein scheinst. Er liebte alles, was mit Kunst zu tun hatte, was im Grunde nicht mit Arbeit zu tun hatte. Seine Schulleistungen, nunja, ich als seine Mutter hätte mir damals furchtbare Sorgen gemacht. Er scherte sich nicht viel um Bildung und Wissen. Das hat sich natürlich mittlerweilen geändert, aber ist jetzt nicht so wichtig. Nathanael liebte es, einfach zu leben. Ich habe ihn lange beobachtet." Emilys Blick wurde leicht abwesend, als ob sie in diese Zeit zurückkehren würde. "Heute würde man ihn vermutlich einfach nur als Rebellen oder Tunichtugt beschreiben. Ich selbst habe ihn lange beobachtet, er übte einen gewissen Reiz auf mich aus, jedoch nicht in sexueller Hinsicht. So war das zwischen uns nie. Das erste Mal sah ich ihn, wie er das Rotlichtmilleu in Paris besuchte. Er schien oft dort zu sein, denn sein Geruch war dort ständig anwesend. Seine Mutter war ganz krank vor Sorge um ihn, denn es wäre schrecklich gewesen, wenn das ans Licht gekommen wäre. Als Erbe eines großen Weinguts musste er auf seinen Ruf achten. Nun ja, ich wartete ausnahmsweise sehr sehr lange darauf, mich ihm das erste Mal zu zeigen. Ich glaube, es waren beinahe 15 Monate. In diesem Millieu konnte er einfach er selbst sein, seine Träume leben. Ich glaube er ist fast ein bisschen pervers veranlagt. Wer würde sonst einen Blick auf eine nichteinmal sechzehnjähre Frau werfen?" Sie kicherte leicht bei dem Gedanken daran. "Als ich ihm dann das erste Mal begegnete, war es beinahe wie Liebe auf den ersten Blick. Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, er zu mir. Da seine Mutter ihm nie die Liebe entgegenbringen konnte, die er brauchte, suchte er ständig nach Ersatz für sie. Und ich war gewillt, sie ihm zu geben, da ich mir selbst nie etwas mehr gewünscht hatte als ein Kind." Ein leicht trauriger Ausdruck trat in ihre Augen, bei diesen Worten. Adam lauschte ihr Aufmerksam. Er konnte sich vorstellen, wie schwer es sein musste, nie eigene Kinder haben zu können. "Was ist passiert Emily? Ich meine, wie bist du zu einem Vampir geworden?" Sie wandte den Blick zu Adam und lächelte traurig. "Das ist eine viel zu lange Geschichte Adam. Nicht heute und nicht ... hier." Er sah verzweifelt zu ihr. "Ich möchte es aber hören." Ein Seufzen kam über ihre Lippen und sie lächelte leicht. "Ich kann Nathanael verstehen, warum er dich so sehr liebt. Dir kann man einfach nicht wiederstehen. Deine naive Art." Sie lächelte leicht. "Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie lange es schon her ist Adam. Ich bin durch zu viele Epochen und Zeiten gewandert, als das ich mich noch genau an meine Schöpfung erinnern könnte. Ich wanderte an der Seite des großen Julius Cäsar, Alexander, Heinrich VIII. von England und Anne Boyeln. Aber an meinen Anfang, Adam. Es sind mindestens 2500 Jahre vergangen, wenn nicht sogar noch mehr. Ich lebte in Griechenland, ich hatte zwei Schwestern und einen älteren Bruder. Er kümmerte sich rührend um mich. Wir waren ein Herz und eine Seele. Eines Tages lief ich einem Mann über den Weg, der für mich unwiederstehlich war. Von so erhabener Schönheit, wie ich sie bist dato noch nie in meinem jungen Leben gesehen hatte. Ich stand kurz vor der Vermählung mit einem reichen Kaufmannssohn. Der Name des Fremden war Octavianus. Ich war ein junges Mädchen, wie du unschwer an meinem Körper erkennen kannst. Ich hatte keinerlei Erfahrung auf sexueller Ebene oder gar in der Liebe. Ich wurde einfach vermählt und fügte mich der Entscheidung meiner Eltern, um ihnen eine gute Tochter zu sein. In der Nacht vor der Hochzeit kam Octavianus wieder einmal zu mir und stellte mich vor eine Entscheidung eines sterblichen Lebens mit allem Schmerz und Erfahrungen, oder eines unsterblichen Lebens. Es war zu verlockend für mich und ich stimmte zu." Sie lächelte bitter. "Ich kann mich erst wieder daran erinnern, wie ich eines Nachts unter großen Schmerzen aufwachte und diesen unbändigen Durst nach Blut in mir verspürte. Davor hatte Octavianus mich nie gewarnt oder es auch nur erwähnt. Ich war seine Schülerin, er lehrte ich alles, was ich wissen musste, um zu überleben und jetzt gehöre ich einem Kreis an, der aus vier Vampiren besteht und die sich um alles kümmern. Doch du kannst sicherlich verstehen, dass ihn diesen Jahrtausenden der Wunsch nach Kindern wuchs. Am schlimmsten war es in meiner Zeit, die ich mit Anne Boelyn verbrachte. Sie war eine wundervolle Frau und sie vergötterte ihre Tochter Elizabeth, eine sehr weise Königin. Und Nathanael war meine Erlösung, das einzige Kind, dass ich mir stets wünschte und das mich schließlich auch mit Liebe erfüllte." Emilys Blick wandte sich wieder zu Adam, der ganz blass um die Nase war. Sie lachte wieder leise. "Das ist wohl etwas zu viel für dich." "Du bist fast 3000 Jahre alt?" Nathanael hatte sein Ohr von der Wand abgesetzt und hörte doch jedes Wort. Oh ja, er erinnerte sich an die Zeit. Es war nicht so, dass er sie vermisste, aber er erinnerte sich gerne daran. Er hatte kein schweres Leben gehabt und auch jetzt war sein Leben in vielerlei gleich geblieben. Er machte noch immer, was er wollte und er hatte noch immer keine Probleme damit, einige Regeln nicht zu halten, auch wenn das nun schwerere Konsequenzen haben konnte. Dann legte er seine Wange wieder an die Wand und lauschte weiter. Er hörte Emily gerne zu und auch wenn er die Geschichte schon kannte, so hörte er zu, als würde er sie das erste Mal hören. Ja, Emily war wirklich schon lange auf Erden gewandelt und es war ein Wunder, dass sie noch so froh war und so viel Liebe für ihre Umgebung übrig hatte. Wieder erklang Emilys glockengleiches Lachen, als sie das verblüffte Gesicht des Schwarzhaarigen sah. "Ja, ich bin beinahe 3000 Jahre alt. Außer mir sind nur noch die anderen Ratsmitglieder älter als ich. Octavianus hatte sich eine Gefährtin gewünscht, doch hatte ich ihm das nicht sein können, weil ich nicht so für ihn empfand, wie er für mich. Unsere Wege trennten sich in Jerusalem in etwa um 90 vor Christus. Ich kehrte erst nach Griechenland zurück, dann nach Rom, wo ich den großen Cäsar kennelernte. Er war ein genialer Kopf, der wusste, was er wollte und ich war gerne bei ihm. Bis sein Sohn ihn töten ließ. Ich hätte ihn natürlich als einen meiner Gefährten auserwählen können, doch ich sehnte mich nach Einsamkeit. Aber..." Sie brach kurz ab. "Wir sollten wohl eher über Nathanael reden, und nicht über mich." Sanft strich sie über die Wange des schwarzhaarigen Jungen. "Es tut mir heute noch Leid, dass ich Nathanael nicht vor die Wahl stellte, wie er sein Leben führen möchte. Ich hatte am Anfang wirklich das Gefühl, ich hätte ihm keinen Gefallen getan, erst als er dich traf, wurde mir klar, dass dem nicht so war. Er liebte sein neues Leben endlich mehr. Es war eine ziemlich kalte Nacht, es war irgendwann im Januar, als wir uns wieder heimlich in einem der Bordelle trafen. Dort konnten wir uns ungestört treffen, denn seine Eltern hatte eine Detektiv auf ihn angesetzt, der ihn 24 Stunden bewachte. An diesem Abend erschien mir Nathanael verzweifelter denn je. Er war unzufrieden mit seinem Leben, konnte das nicht finden, was er wollte, die ewige Liebe. Auch ich war nicht in der Lage, sie ihm zu geben. Wir lagen gemeinsam in diesem weichen Bett, sein Kopf an meine Brust gelegt und ich strich durch seine langen schwarzen Haare. Erneut weinte er sich seine Seele aus dem Leib, wie schon die ganzen letzten Tage und ich ertrug es nicht weiter ihn so leiden zu sehen. Und an diesem Abend nahm ich ihm sein sterbliches Leben und gab ihm ein unsterbliches." Emily lächelte traurig bei dem Gedanken. "In der Phase seiner Verwandlung wünschte ich mir, es rückgängig machen zu können, doch das war nicht mehr möglich. Ich stand ihm ständig zur Seite, geleitete ihn durch alle schwierigen Zeiten, die er durchlief. Er war am Anfang wie ein kleines Kind, wich nicht von meiner Seite und das war die Entscheidung von mir, dass es wohl am besten für uns wäre, wenn wir Paris verließen. Ich zog es vor hier mein Lager aufzuschlagen, da wir auch hier ungestörter Leben konnten." Auch Nathanael stimmte es etwas traurig, aber nur kurz, denn viel zu viele angenehme Gedanken traten in seine Erinnerung und so schmunzelte er sogar leicht, löste sich von der Wand und fing an, die Dinge wegzuräumen, die nicht ordentlich waren. Als er fertig war, legte er sein Ohr wieder an die Wand. Seine Augen weiteten sich ein wenig. Musste sie wirklich erzählen, dass er jede Nacht geweint hatte? Er schnaufte leise und entschied sich dafür, dass Adam langsam genug gehört hatte und ging zurück, wo er dann an die Tür klopfte. Erschrocken zuckte Adam zusammen, da er zu gefangen von der ganzen Geschichte gewesen war. Er sah etwas traurig zu Emily, die so viel Unglück hatte ertragen müssen und so lange allein hatte leben müssen und jetzt nahm er ihr alles wieder weg. "Ich möchte dir Nathanael nicht nehmen Emily." Sie lächelte. "Ich bin glücklich, solange er glücklich ist. Er ist in gewisser Weise mein Sohn, doch auch ich als Mutter muss lernen, loszulassen, wenn sie flügge werden. Es ist nicht leicht, aber ich werde es schaffen." Sie strich über Adams Stirn. "Du kannst reinkommen Nathanael!" Wie gewünscht trat Nathanael ein und sah zu Emily, dann zu Adam und ging zu den beiden hin. "So, genug geplaudert?" fragte er, als wäre er böse und blickte dabei vielsagend zu Emily. Ja, ein bisschen böse war er schon, weil sie das einfach ohne seine Meinung entschlossen hatte und Adam über ihn erzählte. Aber andererseits fand er es nicht schlimm, weil es der Junge früher oder später wahrscheinlich eh erfahren hätte. Sanft strich er dann über Adams Kopf. "Wenn du möchtest, können wir in mein Zimmer zurück" sagte er dann. Adam schmiegte sich an die weiche Hand auf seinem Gesicht und nickte schließlich. Doch vorher beugte er sich noch zu Emily vor und schloss sie in die Arme. "Danke, dass du mir das erzählt hast." Er hauchte einen zarten Kuss auf ihre Wange. "Du bist sicherlich die beste Mum auf der Welt." Ja, das konnte sich Adam wirklich vorstellen, dass sie der fürsorglichste Mensch auf Erden war und für alles, was ihr etwas bedeutete, kämpfen würde. "Danke" lachte Emily. Soetwas war ihr noch nie gesagt worden. Adam hüllte sich in die Decke und stand mit wackligen Beinen auf, hielt sich an Nathanaels Arm fest. "Meinetwegen können wir gehen." Als Adam ihm so entgegen gewackelt kam, legte er sanft einen Arm um diesen. "Heh, nicht so schnell" sagte er leise und blickte noch einmal zu Emily, die scheinbar ganz gerührt war, ging dann aber mit seinem Liebsten aus dem Zimmer, legte ihn in seinem eigenen dann direkt ins Bett, kniete sich daneben und küsste ihn, als hätten sie sich lange Zeit nicht mehr gesehen. Von Nathanael ließ er sich gerne so umschwärmen und erwiederte den Kuss liebevoll, doch nicht weniger leidenschaftlich als Nathanael. Als er sich wieder von dem Vampir löste, sah er keuchend zu diesem auf. "Womit hab ich das alles denn verdient?" fragte er vorsichtig und schmiegte sich wieder in die starken Arme. Er hatte gerade so viel erfahren, wie er sich nie zu denken gewagt hätte und noch mehr hatte er über die Frau erfahren, die ihm das Glück beschert hatte, Nathanael zu haben. Und dafür musste er ihr mehr als dankbar sein. Nathanael löste den Kuss und legte sich zu Adam auf das Bett, kuschelte sich ein wenig an die angenehme Wärme. "Einfach nur, weil du du bist" sagte er schmunzelnd und küsste Adam gleich noch einmal sanft, schmiegte sich mehr an den anderen und sah ihn danach mit funkelnden Augen an. "Ich glaube, du bist gar kein Mensch" stellte er dann mit einer beinahe kindlichen Betonung fest. "Du musst etwas Überirdisches sein" lachte er dann und piekste Adam sanft in die Wange. "Du bringst Emily so viel Glück, du bringst mir so viel Glück und dabei bist du einfach nur" er lächelte wieder, dieses Mal voller Liebe. "Ich liebe dich, Adam" flüsterte er leise und so ehrlich, wie wohl noch nie zuvor, küsste den Jungen darauf gleich wieder und schloss die Augen genüßlich. Adam versuchte bei diesen Worten nicht zu hyperventilieren. Wenn sein Überlebensinstinkt nicht automatisch funktionieren würde, wäre er vermutlich an Sauerstoffmangel gestorben, da er das Atmen vergaß. Er brachte Glück? Für Emily und für Nathanael? Und er war überirdisch? Seine Wangen färbten sich augenblicklich mit einem tiefen Rot und er vergrub sein Gesicht in Nathanaels Hemd. "Ich... danke" hauchte er einfach nur gegen die kühle Brust. "Ihr seid meine Familie, ich liebe euch über alles. Bitte, lass mich nicht mehr allein!" Ein wenig schmunzeln musste der Vampir schon, als Adam sich so an ihn schmiegte. "Deine Familie?" Es klang irgendwie lieblich, wie Adam das sagte, aber zweifelte Nathanael daran, dass Adam schon bewusst war, was es heißen sollte, zu einer Vampirfamilie zu gehören. Doch er sagte nichts darauf, viel zu schön war der Klang und so strich er nur über den wuscheligen Kopf und wühlte Adam langsam aus der Decke heraus, um diese dann über sich und den Jungen zu legen. "Ich lasse dich nicht mehr alleine, nein. Und Emily wird dich sicher auch nicht verlassen und ... nun ja, wer auch immer noch so hier herum kreucht wird es auch weiterhin tun" sagte er schmunzelnd und strich sanft über Adams Wange, nachdem er ihn von sich geschoben hatte. Sprachlos sah er den Jungen an, der ihm gerade um so vieles schöner vorkam, als bei ihrer ersten Begegnung, als bei ihrem Zusammenleben, als all die Zeit, wo er ihn schon gesehen hatte. Erneut legte er sanft seine kalten Lippen auf die warmen, seufzte dann leise und sah seinen Liebsten wieder an. "Dir geht es schon viel besser, hm?" fragte er leise mit einem liebevollen Lächeln auf den Lippen. Adam rannen nun unaufhörlich Tränen über die Wangen. Das war alles so sanft und zärtlich, was man ihm ins Ohr flüsterte und beteuerte, zu sein. Dabei war er doch gar nicht so wertvoll. Er war doch nur ... Adam. Ein einfacher Mensch, der per Zufall an Nathanael und Emily geraten war. Durch einen großen Zufall, aber mehr war es nicht gewesen. Er wischte sich die Tränen von der Wange und nickte. "Ja, es geht mir wirklich besser" bestätigte er die Feststellung von Nathanael. Als ihm wieder bewusst wurde, was Emily ihm vor wenigen Augenblicken erzählt hatte, kuschelte er sich noch enger an den Vampir. "Ich liebe dich. Ich würde alles machen, um dich glücklich zu sehen." Auch wenn es das tun müsste, so erschreckte es den Vampir nicht, die Tränen des Jungen zu sehen. Er spürte nur zu genau, dass er nicht traurig war und so machte es ihm nicht viel aus. Sanft strich er die feuchten Spuren von den Wangen und lächelte weiterhin. "Du machst mich doch schon glücklich. Glücklicher kann ich wirklich nicht werden" versprach er ihm leise, zog die Decke ein wenig höher, damit Adam nicht wieder kalt wurde und strich sanft über dessen Schulter. Vielleicht konnte er noch glücklicher werden, aber im Moment war alles, was er sich wünschte erfüllt und das war nun wirklich das äußerste Glück, dass man für den Moment erreichen konnte. Es dauerte nicht lange und Adam schlief erneut in den kühlen Armen des Vampirs ein. Sein Körper verlangte einfach nach so viel Erholung wie möglich und was anderes konnte Adam ihm gar nicht bieten. Erholung, Schlaf und Glück. Denn das war es, was er im Moment am meisten empfand. Nathanael gönnte seinem Körper auch noch ein wenig Ruhe und hier in den Wänden von Emilys Haus, selbst nach dem kleinen Zwischenfall, war seiner Meinung nach noch immer der beste Ort dafür. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)