Boundless friendship von Anyi (NaruSasu) ================================================================================ Kapitel 8: Du liebst mich - Teil 1 ---------------------------------- Hey^^ Nach, keine Ahnung wie viel Zeit, hab ich es endlich geschafft. Es ist lang und doch noch nicht alles. Teil 1 steht da schließlich nicht ohne Grund. Ich glaube, 68 Seiten an einem Stück wären wirklich ein wenig zu viel gewesen, oder? Deshalb hab ich es geteilt.. und ich wünsch euch viel Spaß damit... Lg, Anyi Wenn Liebe einem Alles bedeutet, wenn Liebe die Zeit überdauert, wenn Liebe wartet und erwidert wird, wenn sie dein Leben bestimmt, dein Leben verbessert, wenn sie dein Licht ist, dein sicherer Anker, dein beschützender Glaube, wenn Liebe wahr ist, wenn es die wahre, aufrichtige Liebe gibt, dann habe ich sie gefunden! Nicht länger existiert ein "Ich", nicht länger ein "Du". Wir sind gleich, wir sind verschieden, weinen doch die gleichen Tränen - Wir sind "Wir"! Was hat es so schwer gemacht es einzugestehen? Was stand im Weg? Wo war die Hoffnung, wo der Verstand? Wo war das Herz im richtigen Moment? Du liebst mich? - Teil 1 "Ah, Uchiha." Es ist noch früh und die Gänge der Einrichtung sind so gut wie leer. Nur einer ist außer mir schon auf den Beinen und schließt mit eiligen Schritten zu mir auf. Ich nicke ihm zur Begrüßung knapp zu und gehe mit ihm zusammen nach draußen, wo sich die Raucher ihrem Nikotin bedenkenlos hingeben dürfen. Zigaretten sind in Ordnung. In Maßen und abgezählt, nur nicht zu viel, nicht unkontrolliert, nicht ohne Auflage. Zori, der Junge neben mir, zündet sich gerade eine von seinen an. Ich beobachte ihn, für einen Moment zeichnet sich Unzufriedenheit in seinem Gesicht ab. "Wochenration ist schon wieder aufgebraucht", beschwert er sich in merklich missfallendem Ton. Mich kümmert es nicht, da ich sowas nicht benötige. Rauchen ist auch eine Sucht. Rauchen ist für mich beinahe der erste Schritt zum Rückfällig werden. "Heute ist Mittwoch, da gibt es eh neue", gebe ich ihm lässig zu bedenken und sehe, wie sich seine Miene augenblicklich aufhellt. Muss schlimm sein, wenn man sich so an diese Stängel klammert, wie ein Ertrinkender an einem Rettungsring. Kaum zu glauben, dass mir mit dem weit aus schlimmeren Zeug ähnlich ging. "Stimmt, dafür sind heute allerdings auch wieder diese Kontrollen", sagt er und zieht genüsslich an seiner Zigarette. Mittlerweile habe ich herausgefunden warum Zori hier ist. Er ist mit seinen 17 Jahren so stark Alkoholabhängig, dass er echt ziemlich viel Scheiße gebaut hat. Einbruchserien und Körperverletzungen stehen bei ihm ganz weit oben auf seiner Liste. Und dennoch ist er einer der wenigen, der eine entspannte, ruhige Gesellschaft abgibt. Ein Blick auf meine Uhr verrät, dass es bereits Zeit ist um zum Frühstück zu gehen. Wenn man früher erscheint, ist es dort noch nicht so voll und der Andrang erträglicher. Demzufolge stoße ich Zori leicht in die Seite und erreiche mit einer knappen Kopfbewegung, dass er mir schweigend wieder nach drinnen folgt. "Wer hält heute die bewegende Ansprache?", fragt er mich deutlich genervt, aber auch leicht sarkastisch. Ich verstehe wieso. Jeden Mittwoch gibt es 'die Umschau', wo uns immer einer der Betreuer über Änderungen und Neuerrungen informiert, uns auf die bestehenden Regeln aufmerksam macht, oder uns einfach nur über irgendwelche anderen Festlichkeiten aufklärt. Mit einem Wort gesagt, langweilig. Es ist die langweiligste Stunde am Tag. Anschließend geht es zur Zimmerkontrolle. Sie schreiben sich auf, wer was gemacht hat. Sie notieren sich, wie sauber und ordentlich man sein Bad und sein Zimmer hält. Es gibt Belohnungen und Bestrafungen, je nachdem, wie man seine Arbeit erledigt hat. "Ich glaube, Herr Kurama ist heute dran", meine ich dann nachdenklich und warte darauf, dass sich der Gemeinschaftsraum langsam füllt, während ich mich mit Zori schon an unseren Tisch setze. "Na klasse", ruft Zori noch seufzend aus, was darauf schließen lässt, dass er diesen Betreuer nicht sonderlich mag. Er ist aber auch wirklich, naja sagen wir mal, er ist etwas eigen. Streng und pedantisch, dass kann einem wirklich zum Problem werden. Sich mit ihm anlegen ist da definitiv das letzte, was man tun sollte. Wie zu erwarten gewesen, ist die heutige Umschau genauso öde wie die letzten. Viel Neues gibt es nicht. Die Rede beschränkt sich hauptsächlich auf erneuerte Regeln, die es ab heute einzuhalten gilt. Eine davon beinhaltet das Aufhalten außerhalb des Geländes. Ab jetzt nur noch mit Begleitpersonal, weil der Vorfall mit Rinji einfach zu viel Unruhe und Aufregung mitgebracht hat. Dass sie die Regeln nun so verschärfen, ist eigentlich keine große Überraschung, doch trotzdem geht ein unzufriedenes Raunen durch den Saal. Außerdem teilen uns die Betreuer in Gruppen ein, die jeweils etwas anderes für das Fest nächstes Wochenende vorbereiten werden, was natürlich auch keine wirkliche Begeisterung bei uns auslöst. "Sasuke", dringt ein angestrengtes Keuchen an meine Ohren, was mich zum Umdrehen bringt. Wir sind gerade auf dem Weg zu unseren Zimmern, als ich die weibliche Stimme vernehme. Schwer einatmend lehnt sie an der Wand und sieht mich mit einem kleinen Lächeln an, während sie ihr braunes Haar zur Seite streicht. "Denken Sie an die Sichtstunde, Sasuke?", fragt sie mich mit einem nervösen Gesichtsausdruck, weshalb ich ihr einfach beruhigend zunicke. Sie ist jetzt schon seit sechs Wochen hier und gehört fast schon zu uns, obwohl sie aus anderen Gründen hier ist, als wir. Eine der neuen Praktikantinnen, die uns in sämtliche Beschäftigungstherapien ziehen, um uns auf das alltägliche Leben außerhalb dieses Zentrums vorzubereiten. Nett umschrieben, wenn man bedenkt, dass wir alle schon mal ein angemessenes Leben geführt haben. Jedenfalls solange, bis wir abgestürzt sind. "Gut, dann sehen wir uns später, ja? Wir treffen uns vor der Bibliothek im zweiten Stock, aber pünktlich um drei", teilt sie mir mit, während sie schon wieder eilig an mir vorbeigeht. "Und später Volleyball, Sasuke", ruft sie noch und ist im darauffolgenden Moment hinter der nächsten Ecke verschwunden. Zori neben mir schüttelt etwas irritiert seinen Kopf, ehe er leise über ihr stürmisches Verhalten lacht. Mir kann es egal sein. Ein Schulterzucken folgt, mehr ist es mir nicht wert. "Die ist voll toll", bemerkt Zori schmunzelnd. Als ich ihn ansehe, glaube ich fast nicht was ich sehe. Auf seinen Wangen bildet sich tatsächlich ein leicht rötlicher Farbton. "Stehst du auf Aria?", frage ich ihn direkt und beobachte genau seine Reaktion. Ertappt fährt er herum und starrt mich an. "Ne, du etwa?", versucht er abzulenken und gleichzeitig seine Chancen auszutesten. Lächerlich. Dass er bereits weiß, dass ich nicht auf Mädchen stehe, hat er wohl schon wieder vergessen. "Trottel. Natürlich nicht", zische ich zurück und verpasse ihm direkt einen sanften Schlag gegen seinen Hinterkopf. Vielleicht hilft ihm das ja seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu kommen. "Ah, stimmt. Wie hieß er noch gleich? Naruto, hm? Hab ich vergessen", verlegen kratzt er sich am Kopf und ich würde ihm für seine Scharfsinnigkeit am liebsten gleich noch eine verpassen, allerdings erreiche ich gerade noch rechtzeitig mein Zimmer, weshalb ich mich schweigend von ihm verabschiede. Wir werden uns spätestens bei Arias Sichtstunde wiedersehen. "Sehr gut, weiter so, Sasuke", meint mein Betreuer monoton. Manchmal glaube ich, dass er einfach nur woanders viel lieber wäre als hier. Er spricht mit uns teilweise ohne Gefühl, ohne Emotion und doch trifft er in den richtigen Momenten genau den Ton, den man braucht, um nicht vollkommen auszuticken. Dennoch vermittelt er mir gerade, dass er beinahe schon gelangweilt ist. Vielleicht hat er sich erhofft, dass er mehr an meinem Zimmer auszusetzen hat, als nur Kleinigkeiten, die außerdem noch meinen Mitbewohner betreffen. "Machen Sie ruhig so weiter, dann steht Ihrer Entlassung nichts mehr im Wege, allerdings sollten Sie aufpassen und Omoi nicht die ganze Arbeit abnehmen", gibt er mir zu bedenken, was ich allerdings als nebensächlich abtue. Für mich ist es egal, wer hier sauber macht, solange es zu den Kontrollen gemacht ist und wir dadurch irgendwelchen Strafarbeiten entgehen können. "Na gut, Ihre Wochenrationen dürfen Sie sich später abholen. Jetzt wartet erstmal Ihre Chorprobe", meint er grinsend. Wieder eine dieser Wendungen, die ich an ihm nicht ausstehen kann. "Chor?", frage ich skeptisch nach und sehe, wie sein Lächeln plötzlich breiter wird. "Haben Sie heute Morgen bei der Umschau geschlafen? Für das Fest am Samstag schließen Sie sich beide dem Chor an", erklärt er beschwingt und macht direkt auf dem Absatz kehrt, um uns mit unseren entsetzten Gesichtern stehen zu lassen. "Chor?", haucht Omoi mir ungläubig ins Ohr. Auch ich versuche vergeblich diese Information zu verarbeiten. Ich soll singen? Singen? Na das ist doch das allerletzte. Ich schwöre, eine Sekunde länger in diesem Saal, eine Sekunde länger diese Musik und mir wären beide Ohren abgefallen. Meine Zunge ist bereits taub, weil sie mich nötigen richtig mitzusingen. Im Ernst, ich habe versucht nur so zu tun, aber Frau Yuhi meinte, sie könne meine Stimme unter Tausenden heraushören, was es ihr wiederrum leicht gemacht hat zu bemerken, dass ich überhaupt nicht gesungen habe. Seitdem zwingt sie mich, dieses dämliche Lied rauf und runter zu singen. Fiesta, Fiesta Mexicana... Nein, ich kann es echt nicht mehr ertragen, weshalb ich innerlich sämtliche Rachepläne ausbaue, wie ich es Naruto heimzahlen kann, dass ich mich diesem Mist hier aussetzen muss. Auch wenn ich weiß, dass Naruto nur indirekt Schuld daran trägt. Schließlich waren es meine Entscheidungen, zu denen ich auch stehe. Aber jetzt gerade in diesem Moment verfluche ich ihn, weil ja irgendwer dafür leiden muss, dass ich hier leide. "Wunderbar." Aria verdreht ihre Augen, als vorne Frau Yuhi überschwänglich begonnen hat in ihre Hände zu klatschen. Ich schließe mich stumm ihrer Meinung an, doch als die Probe beendet wird, bereue ich es direkt neben Aria zu stehen. Sie greift nach meinem Handgelenk und zieht mich festentschlossen hinaus aus dem Saal und steuert direkt den zweiten Stock an. "Warte mal. Bis zur Sichtstunde ist doch noch Zeit. Ich will doch noch einen Brief an..." "Kannst du später. Jetzt brauche ich erstmal deine Hilfe", unterbricht sie mich barsch und bemerkt gar nicht, dass sie aufgehört hat so höflich mit mir zu reden, wie man es eigentlich von ihr verlangt. Stört mich nicht. Ehrlich nicht, sie ist ja auch kaum älter als ich. "Wobei?", frage ich alarmiert, da ich das letzte Mal, als sie meine Hilfe in Anspruch genommen hatte, noch ganz genau in Erinnerung habe. Es war schlimm. Ihre Fragerei war lästig und kam zu einem deutlich unpassenden Moment. Wenn sie jetzt wieder meine ganze Lebensgeschichte wissen will kann ich für nichts garantieren. "Zori", sagt sie knapp. Unglaublich. Wie soll denn ausgerechnet ich ihr bei dieser Sache helfen? Ich, der nicht einmal sein eigenes Liebesleben in den Griff bekommen hat? Dass es bei den beiden um diese Art der Zuneigung geht, ist mir schon länger klar. Dafür tauschen sie einfach zu eindeutige Blicke miteinander, nur sie selbst scheinen sie nicht zu verstehen. Während ich noch darüber nachdenke, wie ich ihr behilflich sein kann, schüttet mir Aria gerade ihr Herz aus. Sie schwärmt, sie träumt, sie weint und letztendlich sieht sie mich fragend an. "Sag es ihm?", gebe ich ratlos von mir und sehe zu, wie sich eine leichte Falte auf ihrer Stirn bildet. Lange sieht sie mich so an, bis sie schließlich heftig mit dem Kopf nickt. "An meinem letzten Tag werde ich es ihm sagen, danke Sasuke", meint sie erleichtert und fällt mir geradezu um den Hals. Einen Kommentar, warum sie es nicht gleicht macht, erspare ich mir lieber. Sie entscheidet sich ja schließlich für die vernünftigere Variante. Immerhin gehört sie sozusagen zum Personal und da wird eine Beziehung zu einem Patienten nicht gerade toleriert. Allein das, was wir hier gerade tun, wird nicht gern gesehen. Aber Aria scheint diesen Moment zu brauchen. "Lass mich los, ich will noch den Brief schreiben", mache ich mich nach einer gefühlten Ewigkeit bemerkbar und drücke sie leicht von mir weg. Die Briefe an Naruto sind mir wichtig, da kann mich jetzt keiner mehr von abhalten. Schon gar nicht jetzt, wo ich weiß, wann ich wieder nach Hause kann. "Schon wieder ein Brief?", hinterfragt sie neugierig und legt ihren Kopf dabei wieder schräg. Zori hätte das an ihr wahrscheinlich für ausgesprochen niedlich befunden. "Hm", brumme ich zustimmend und schiebe mich an ihrem zierlichen Körper vorbei. So langsam rennt mir nämlich die Zeit weg und ich will schließlich noch vor der Sichtstunde fertig sein mit schreiben. Normalerweise wäre das auch kein Problem, wenn ich nicht immer Ewigkeiten nach den richtigen Worten suchen würde. Ich will nichts Falsches schreiben, deshalb fällt es mir auch so schwer von meinen Gefühlen zu berichten. Immer erwische ich mich dabei, wie ich ihm mitteilen will, dass ich ihn schrecklich vermisse, dass ich ihn noch immer liebe und dass ich endlich von ihm zurück geliebt werden will. Doch letztendlich hält mich die Angst vor Narutos abweisender Antwort genau davon ab, ihm gegenüber so offen zu sein. "Du hast ihm schon sooft geschrieben, aber eine Antwort hast du nie bekommen. Warum nicht?", fragt sie mich leise, als sie eilig zu mir aufgeschlossen hat und nun neben mir den Gang entlang läuft. Nur kurz schaue ich zu ihr, um festzustellen, dass sie mich aufmerksam mustert. Na toll, also doch Fragestunde. "Ich habe Naruto gebeten, mir nicht zu antworten", gebe ich widerwillig eine Antwort und hoffe insgeheim, dass sie nicht weiter nachfragen wird. Nur leider scheint sie einfach ein ganz normales Mädchen zu sein, die ja von Natur aus schon so schrecklich neugierig sind. "Warum? Ich denke, es wäre bestimmt schön, wenn du mal etwas von ihm hörst. Interessiert es dich denn gar nicht, was er dir zu erzählen hat?", redet sie unaufhörlich auf mich ein. Natürlich hat sie Recht. Es wäre schön, bestimmt. Und interessieren tue ich mich auch für Narutos derzeitiges Leben, aber ich könnte nicht ertragen, wenn er mir von irgendjemand vorschwärmen würde. Ich kenne Naruto und er würde diesbezüglich keine Rücksicht nehmen, oder? Verdammt, dass sind Themen, mit denen ich mich nicht unbedingt beschäftigen will. Er antwortet nicht und damit hat sich die Sache doch erledigt. Scheinbar will er mir auch gar nichts sagen, da er sich ja auch einfach hätte melden können. "Ich will nicht, dass er mir schreibt, weil ich nichts lesen will was mich verletzt", entgegne ich ehrlich und verhindere nicht das Seufzen, das schwermütig meine Lippen verlässt. "Unterschätzt du deinen Freund nicht etwas? Er kennt dich doch genauso lange wie du ihn und er hat dich gesehen, als du bereits am Boden gelegen hast. Er kennt deine Gefühle besser als jeder andere. Ich glaube nicht, dass er dir von eventuellen Begegnungen vorschwärmen würde", sagt Aria. Ihre Worte bringen mich zum Nachdenken. So habe ich die Sache noch gar nicht gesehen. Ehrlich gesagt, habe ich sogar die Tatsache, dass Naruto mir damals gestanden hat, dass er mein Tagebuch gelesen hat, ignoriert und verdrängt. Wahrscheinlich auch nur, um mich nicht länger damit beschäftigen zu müssen. "Vielleicht, aber dafür ist es jetzt ohnehin zu spät. Nur noch zwei Wochen, dann werde ich ihn ja wiedersehen und er hat alle Zeit der Welt mir zu erzählen, was er alles so getrieben hat", entgegne ich angespannt und erreiche mit ihr zusammen mein Zimmer. "Wirst du denn mit ihm drüber reden, wenn ihr euch nach so langer Zeit wiedertrefft?", hält sie mich fragend am Handgelenk zurück, ehe ich die Tür zum Zimmer öffnen kann. Überrascht sehe ich sie an und bemerke dadurch ihren sorgenvollen Blick. "Ich denke schon", meine ich unsicher. "Auch wenn er nicht nachfragt und das Thema von sich aus anspricht?" Schon allein durch ihre Stimmlage weiß ich, worauf Aria hinaus will. "Ich werde Naruto sagen, was ich für ihn empfinde, auch wenn er mir keinen Grund zur Hoffnung geben sollte. Er wird es erfahren, einfach um die Sache endlich abzuschließen, versprochen." Nachdem sie mich noch eine Sekunde lang eindringlich angesehen hat, beginnt sie zu Lächeln und löst ihren Griff. Erst dann verabschiedet sie sich und verschwindet, wieder so eilig, wie wir es von ihr kennen. Nachdem wir Arias wirklich interessante Sichtstunde hinter uns haben, wo sie unglaublich nervös war, sodass ihr sämtliche Sachen aus der Hand gefallen sind und sie trotzallem noch gut abgeschnitten hat, befinden wir uns nun zwei Wochen später vor dem Haupteingang zur Klinik. Wir verabschieden heute nicht nur mich, sondern auch Aria, weil ihr Praktikum nun vorbei ist. Betreten sieht sie zu Boden. Man merkt ihr an, dass es ihr nach der langen Zeit schwer fällt uns alle zu verlassen. Vor allem Zoris Blick vermeidet sie akribisch. So wie es scheint, hat sie bis jetzt noch nicht den Mut aufgebracht, ihm zu gestehen, was sie fühlt. Unauffällig stoße ich sie deshalb in die Seite. Ihr muss doch klar sein, dass sie ihre Chance verpasst, wenn sie jetzt noch länger wartet. Ihre Zeit läuft nämlich langsam ab, ganz im Gegensatz zu mir. Mir steht frei, wann ich letztendlich gehe. Ob jetzt oder erst in einer Stunde, das ist egal. Aber gepackt habe ich. Meine Tasche steht im Eingangsbereich. "Was ist?", lenkt Arias Stimme mich ab. Gut so, denn ich war gerade wieder dabei zu zweifeln. Zweifel, die mich seit einer Woche plagen und jeden Tag mehr werden. Zweifel, die eigentlich nicht für eine Entlassung sprechen, sondern Anzeichen auf Instabilität geben sollten. Dass rede ich mir jedenfalls ein, denn auch nach täglicher Absprache mit den Therapeuten steht fest, dass ich hier alles erreicht habe, was ich erreichen kann. Der letzte Schritt ist das alltägliche Leben zu Hause, dem ich mich wohl oder übel jetzt langsam stellen muss. "Du willst ihm doch noch etwas sagen, oder nicht?", nicke ich gleich in Zoris Richtung, während ich ihr diese Worte so leise wie möglich zu flüstere. Zischend atmet sie ein und ich bin schon wirklich kurz davor sie zu packen und einfach in die Arme von Zori zu drücken. Doch genau rechtzeitig geht ein Ruck durch ihren Körper. Zielstrebig geht sie auf den Jungen zu, in den sie sich augenscheinlich total verliebt hat und zieht diesen einfach an sich. Er wirft mir kurz einen irritierten Blick zu, ehe er beginnt zu verstehen und sie ebenfalls glücklich umarmt. Das anschließende Gespräch bekomme ich jedoch nicht mit, da sie sich zurückziehen und erst nach einer halben Stunde wieder auftauchen. Beide mit leicht geröteten Wangen und ihre Hände noch ineinander verschränkt. Scheinbar haben sie es endlich auf die Reihe bekommen, sich ihre Gefühle zu gestehen. Wurde aber auch Zeit, wenn man sieht, wie glücklich sie jetzt aussehen. "Du solltest auch nicht mehr länger warten", ergreift nun Zori das Wort und schenkt mir unverkennbar einen auffordernden Blick. Wie recht er hat. Seine Aussage stimmt in vielerlei Hinsicht und dennoch, ich kann mich nicht zum Gehen bewegen. Ich will es und kann es nicht. "Was hält dich noch hier, Sasuke? Er wartet auf dich", mischt sich nun auch Aria ein, obwohl sie das doch gar nicht wissen kann. Sie kann es nicht wissen. Nicht, wenn ich es nicht einmal weiß. Woher auch? Jeglichen Kontakt habe ich schon im Vorhinein unterbunden, was sich allmählich als dummer Fehler entpuppt. Ich kann meine Gefühle nicht einordnen, obwohl ich seit einer Woche überlege, wie ich fühlen soll, wenn er vor mir steht oder wie ich empfinden soll, wenn er eben nicht am Treffpunkt erscheint. "Uchiha!" Ermahnend klingt Zoris Stimme in meinen Ohren nach. Seine dunkle Stimmfarbe lässt mich kurz zusammenzucken und anschließend fragend aufsehen. "Ich geh nochmal kurz...", beginne ich stockend. Es fühlt sich so schwer an, einfach hier einen Schlussstrich zu ziehen. Zu sagen, das war es dann wohl, viel Glück und Auf Wiedersehen, fällt eben doch nicht leicht. Trotz der Zeit, wo man auf genau diesen Moment hinarbeitet. Mit einem Mal sind die Grenzen wieder offen, die Schranken oben und die Welt liegt dir in ihrer ganzen Schönheit und Schrecklichkeit zu Füßen. Angst und Zweifel, Freude und Erwartung, das und noch viel mehr begleitet einen beim ersten Schritt in die Freiheit. "Zum See", beende ich meinen angefangenen Satz und drehe mich um, bevor einer der anderen noch etwas sagen kann. Ich brauche nicht auf die Uhr zu sehen, um zu wissen, dass ich mich verspäten werde, wenn ich jetzt noch spazieren gehe. Aber ich brauche den Moment. Diesen einen Moment der Ruhe, um meine Gedanken und vor allem meine Gefühle zu ordnen. Das Wasser am See ist ruhig, steht still. Ganz im Gegensatz zu meinem Inneren. Ich bin ein Fluss, rauschend und fließend, immer in Bewegung. Ein Fluss, kein See. Äußerlich gelassen, doch unter der Oberfläche ist es aufgewühlt und unruhig. Das was keiner sieht sind Stromschnellen, schäumende Strudel, keimende Unsicherheit, die sich an glattem Gestein bricht und wellenartig hinfort treibt. Sie reißen mich mit, ziehen mich weg von meinem eigentlichen Ziel. Ich wäre viel lieber ein See. Gelassen und ausgeglichen, still und sicher, trotz der ungewissen Tiefe. Es könnte so einfach sein. Müsste es das nicht? Ist es das nicht? Wieso schaffe ich es nicht, die Freude zu halten, die ich empfunden habe, als ich Naruto schreiben konnte, dass ich nach Hause darf? Wieso verbindet mich der Gedanke an ein Wiedersehen mit alter Unsicherheit? Dabei war ich mir noch vor einer Woche sicher, dass es nicht so wie früher sein wird. Ist es das? Ist es die Angst vor Veränderung? Nein, es ist Furcht vor der Abhängigkeit. Furcht vor dem, was passieren kann, wenn sich eben nichts verändert hat. Selbst stundenlange Gespräche haben diese Gefühle, fest verbunden mit der ungewissen Zukunft, nicht klarer erscheinen lassen als dieser Moment. Das Wasser, der See, der ich nicht sein kann. Nicht hier, nicht jetzt, nicht allein. Ich bin ein Fluss, der zurückkehren muss. "Sasuke." "Aria." Ich habe sie bereits bemerkt, bevor sie mich gerufen hatte. Ihren Geruch trägt der aufkommende, warme Frühlingswind zu mir. Ich weiß, sie ist da und wünsche mir im selben Moment nichts sehnlicher, als jemanden anderes an ihre Stelle. Jemanden, den ich schrecklich vermisst habe. "Du lässt ihn bereits eine Stunde warten", gibt sie sanftmütig von sich und entlockt mir damit ein leises Seufzen. Ich schließe die Augen und genieße ein letztes Mal die frische Luft. Atme den süßen Duft des Wassers ein. Fülle meine Lungen mit ruhiger Gewissheit, dass ich das Richtige tue. "Sasuke", drängt sie vorsichtig und legt ihre Hand auf meine Schulter. Ich bewege mich nicht. Dieser Moment gehört mir, mir allein. "Kein Platz für Zweifel, kein Platz für Unsicherheit, keine Zeit zum Weglaufen", flüstere ich gegen den Wind. Ihr Griff wird fester. "Geh jetzt, es wird schon..." "Ja. Ich gehe nach Hause." Ich höre sie ausatmen und wende mich ihr zu. Wir sehen uns an und ich lächle ihr schweigend entgegen, was sie erleichtert erwidert. Eine letzte Umarmung lasse ich zu, ehe ich ihr den Rücken kehre und den See verlasse, dessen spiegelglatte Oberfläche in Bewegung gerät. Wind wirbelt das Wasser auf und lässt es stetig ans Ufer schwappen. Vielleicht kann ich beides sein, Fluss und See. Vielleicht bin ich schon längst beides, nur nicht hier. Denn hier bin ich allein, nicht komplett, nicht vollständig. Hier bin ich nicht ich, nicht ganz. Den ganzen Weg über denke ich an nichts, an gar nichts. An nichts, außer Naruto. An das, was wir hatten. An das, was wir haben und an das, was wir haben können. Was will ich, was will er? Fragen, die mich nicht mehr davon abhalten den Park zu betreten und die ordentlichen Wege entlang zu gehen. Fragen, dessen Antworten ich nicht mehr finde, denn Narutos blondes Haar vertreibt jeden Gedanken aus meinem Kopf. Es leuchtet richtig unter dem Schein der Sonne und ich spüre, wie sich langsam ein Lächeln in meinem Gesicht ausbreitet. Es sind nur wenige Meter, die ich vor ihm stehen bleibe und ihn einfach nur betrachte. Mein Herz lebt auf bei diesem Anblick. Schnell und kräftig schlägt es noch regelmäßig unter meiner Brust, doch ich weiß bereits, dass es nicht lange so bleibt. Es wird aus seinem Rhythmus fallen, sobald ich in seine Augen sehe, da bin ich mir sicher. Es ist traumhaft ihn einfach nur ansehen zu können, ohne dass er meine Anwesenheit bemerkt. Denn jetzt sehe ich das, was mir den Mut bringt hier zu bleiben und nicht einfach wieder zu verschwinden. Naruto sitzt tatsächlich auf unserer Bank, hat den Kopf in den Nacken gelegt und seine Augen geschlossen, während ihm der frische Wind sein Haar locker ins Gesicht weht. Es könnte beinahe beängstigend sein, dass meine Gefühle für ihn immer noch so stark sind, dass ich ihn am liebsten sofort in den Arm nehmen würde. Nur das Papier in seinen Händen und die Gewissheit, dass wir vielleicht vorher einiges zu bereden haben, halten mich davon ab. Schließlich kenne ich meine Gefühle, seine jedoch nicht. Ich warte lange, ehe ich mich überwinden kann auch die letzten Meter zu gehen, sodass ich nun unmittelbar vor ihm stehe. Mein Schatten legt sich auf sein entspanntes Gesicht und ich verspüre schon wieder den Drang, ihm einzelne Strähnen aus der Stirn zu streichen, weshalb ich auch eilig meine Tasche fallen lasse, ganz in dem Wissen, dass er mich dadurch bemerkt. Schlagartig reißt er seine Augen auf und sieht mich direkt an. Ich kann seine Erleichterung sehen, die sich mit Überraschung und Nervosität mischt. So schnell wie jetzt gerade habe ich ihn noch nie aufstehen sehen. Nicht einmal einen Wimpernschlag später steht er direkt vor mir und ich schmunzle leicht über seine Unsicherheit. Seine Hände machen Anstalten mich stürmisch umarmen zu wollen, doch ehe er es tut, zucken sie zurück und hängen still an seinen Seiten. Bilde ich es mir nur ein, oder hat er sogar die Luft angehalten? Ich weiß selbst nicht so genau wie ich mich verhalten soll, denn das einzige was ich jetzt gerade spüre ist mein Herz, das unaufhörlich kleine Purzelbäume schlägt und sich einbildet jetzt einen neuen Takt entwickeln zu müssen. "Naruto", mehr als seinen Namen bringe ich nicht heraus. Es gleicht einem Hauchen, einem leisen Flüstern, aber es reicht, um seine Augen noch mehr zum Strahlen zu bringen. Doch er sagt nichts. Kein einziges Wort verlässt seine Lippen und ich vermute, dass er noch irgendwas von mir erwartet. "Ich bin etwas spät", stelle ich unnötigerweise fest. Ganz toll. Dafür könnte ich mich glatt selbst schlagen und Naruto gleich mit, weil er ernsthaft seinen Kopf schüttelt. "Nicht schlimm. Ich bin auch grade erst angekommen. Kennst mich doch, ich bin gerne mal zu spät." Das ist frech. Er lügt mir eiskalt ins Gesicht und kratzt sich dabei auch noch schauspielreif am Hinterkopf, wie er es immer macht, wenn er verlegen wird. Aber ich werde nicht sagen, dass ich ihn schon längst durchschaut habe, dass würde nur den Moment zerstören, denn nun scheint es, als hätte ich seine Zunge etwas gelockert. Nun beginnt er zusammenhangloses Zeug hervorzubringen, dem ich erst allmählich folgen kann. "...und du siehst verdammt gut aus. Anders, weil deine Haare etwas kürzer sind als sonst, oder?", fragt er mich, nachdem er eingesehen hat, dass sich das Wetter auch in den nächsten Minuten nicht mehr ändern wird. Reflexartig geht eine meiner Hände zu meinem Haar, das sich im Grunde eigentlich nicht verändert hat, nur die Seiten sind etwas kürzer. Dass es ihm trotzdem aufgefallen ist, ist schon beeindruckend. "Aria war der Meinung, zu einem neuen Leben gehört auch eine neue Frisur. Aber ich glaube, in Wirklichkeit hat sie nur austesten wollen, ob sie Talent als Friseurin hat", erkläre ich deutlich lockerer als ich es erwartet habe. Überhaupt wirkt diese Situation viel entspannter als ich gedacht habe. Naruto runzelt verwundert seine Stirn. "Aria? Wer ist Aria?", hinterfragt er skeptisch und auch seine Haltung spannt sich mehr an. Ich merke, wie er mit sich kämpft, um nicht zu neugierig zu wirken, doch er scheitert kläglich. "Aria war eine Praktikantin, aber irgendwie auch eine gute Freundin", sage ich schließlich gelassen, als wäre wirklich nichts Besonderes dabei. Was ja auch nicht ist. Höchstwahrscheinlich werde ich sie und die anderen nicht mal mehr wiedersehen. "Ach so", seufzt Naruto erleichtert und sieht mich danach an. Sein Blick wird ernst, auch wenn noch immer die Wiedersehensfreude vorherrscht. "Ich weiß du magst das nicht, aber ich kann nicht mehr. Ich muss es einfach tun, Sasuke", ruft er aus und wirkt auf mich beinahe verzweifelt. Seine Worte kommen so bedeutungsschwer aus ihm heraus, dass ich glaube, er hat sich unheimlich anstrengen müssen, um sie so lange für sich zu behalten. Noch ehe ich seinen Worten irgendeine Bedeutung zuweisen kann, oder auf sie reagieren kann, spüre ich seine Arme, die sich um meinen Körper legen und seine Brust an meiner. Er umarmt mich. Automatisch gerät mein Herz aus dem Takt und ich atme wohl mehr ausversehen seinen berauschenden Duft tief ein. "Sasuke." Erst die Erwähnung meines Namens, den er leise gegen meinen Hals haucht, bringt wieder Leben in meinen Körper. Als wäre er der Halt, das Wichtigste, das Wertvollste für mich, lege ich meine Arme um ihn und drücke ihn noch fester an mich. Es tut so gut, ihm auf diese Weise nahe zu sein, auch wenn ich mich innerlich nach viel mehr sehne. Für den Moment jedoch reicht diese Berührung vollkommen aus. Instinktiv atme ich immer mehr von seinem intensiven Geruch ein. Angenehm und süß, so wie ich ihn kenne. "Ich hab dich vermisst, echt jetzt!" Seine Stimme klingt leicht brüchig und ich habe die Vermutung, dass ihm bereits stumme Tränen die Wangen hinunterlaufen, weshalb ich den Druck auf seinen Körper erhöhe und leicht über seinen Rücken streichle. Vorstellen, warum er so heftig reagiert, kann ich mir natürlich. Auch bei mir brennt salzige Flüssigkeit in den Augen, doch ich kämpfe noch und schaffe es, sie zurückzuhalten. "Ich hab dich auch vermisst, Naruto", antworte ich leise. Mir gefällt die Situation. Richtig gut sogar. Am liebsten würde ich ihn nie wieder loslassen. Zum Teufel mit meiner Abneigung gegen Umarmungen. Bei ihm ist es was anderes. Warm und schön, verdammt schön. Da stören noch nicht einmal seine feuchten Tränen, die allmählich von meinem Shirt aufgefangen werden. Sie perlen zum Teil an dem glatten Leder meiner Jacke ab, doch gelegentlich verirrt sich eine und tropft auf meine Haut. Auf die wenigen Stellen, die nicht bedeckt sind von Kleidung. "Schon gut, ich geh nicht nochmal weg", flüstere ich und lasse ihn keine Sekunde los. Noch nicht. Noch brauche ich diese Nähe. Wenigstens für die nächsten fünf Minuten noch. "Das will ich hoffen", schluchzt er erstickt und dreht seinen Kopf. Sofort trifft sein warmer Atem auf meinen Hals und ich spüre, wie sich eine prickelnde Gänsehaut meinen Rücken hinunter arbeitet. Dass solche kleinen Dinge so intensiv wahrgenommen werden können, war mir bisher nie wirklich bewusst gewesen. Doch nun darf ich es am eigenen Leib erfahren. Und ich genieße es. Genieße jeden Atemzug von Naruto, der eine neue kribbelnde Welle über meinen Rücken jagt. Ich weiß nicht genau wie lange wir so engumschlungen unter dem blühenden Baum stehen. Mir kommt es vor, als würde die Zeit nicht mehr vergehen, still stehen und warten, bis einer von uns sagt, dass sie weiter voranschreiten darf. Nur ich werde es nicht sein. Nicht eine Sekunde verschwende ich daran diese Verbindung zu Naruto zu trennen. Ich will es nicht. Und er scheint es auch nicht zu wollen. Sein Kopf liegt immer noch warm auf meiner Schulter. Bisher habe ich mich noch nicht getraut ihn anzusehen, aber jetzt, da er so regelmäßig ausatmet, muss ich es doch tun. Meine Mundwinkel zucken automatisch nach oben, bei diesem selig, ruhigen Anblick. Augen geschlossen, bereit zufrieden einzuschlafen, kuschelt Naruto sich an mich, bis er meinen Blick zu bemerken scheint und halb seine Augen öffnet. "Stimmt es?", haucht er leise und erwidert meinen Blick. Ich vermute einfach mal, dass ich ihn so verträumt ansehe wie schon lange nicht mehr, denn er lächelt so sanft. "Was meinst du?", frage ich zurück, da ich nicht genau weiß, was er jetzt von mir wissen will. Er seufzt nur, behält sein Lächeln aber weiterhin auf seinen sinnlichen Lippen. "Das, was in deinem Tagebuch steht. Stimmt es?", wiederholt er genauer und senkt nun doch vorsichtig seinen Blick. Seine Frage lässt mein Herz rasen, aber nicht weil es mir unangenehm ist, oder weil er mich nun doch direkt darauf anspricht. Sondern eher, weil ich nervös werde und den Moment herbeigesehnt habe, dass ich jetzt sogar Mühe habe zu schlucken. Meine Kehle ist staubtrocken, doch ich bemühe mich, ihm mit fester Stimme zu antworten. "Ja. Jedes Wort ist wahr. Alles was dort drin steht ist passiert." Er seufzt erneut. Mitfühlend sieht er auf und ich glaube, dass sogar ein kleiner Funken Hoffnung in seinen verführerischen blauen Augen schwimmt. "Dann liebst du mich?", fragt er zögerlich. So leise. Seine Stimme so zart und zerbrechlich, dass ich nicht einordnen kann, ob ihn eine ehrliche Antwort nun stören würde oder nicht. Dennoch, ich habe mir geschworen, ab jetzt immer ehrlich zu sein und zu dem zu stehen, was ich fühle. Aufgeregt löse ich meine Umarmung und drücke ihn nur wenige Zentimeter von mir weg, ehe ich seinen Kopf leicht anhebe, um ihn so gefühlvoll wie möglich ansehen zu können. "Ja. Ja, ich liebe dich." Meine Stimme empfinde ich selber als rau und angespannt. Aber ich vertraue einfach darauf, dass ihn mein Blick von der Echtheit meiner Worte überzeugt. Er sagt nichts. Seine Augen liegen starr auf meinem Gesicht. Plötzlich merke ich, wie rasend schnell die Zeit vergeht. Rauschend zieht sie an uns vorbei und mir wird bewusst, wie sehr ich mir eine Erwiderung von ihm gewünscht habe, die nicht kommt. Sie verlässt seine Lippen nicht. Er bleibt stumm, schweigsam und stumm. Mehr noch, er verzeiht sein Gesicht, verbissen und kämpfend, als ob er nach Worten sucht, die mich weniger verletzen sollen. Es ist schwer stehen zu bleiben und mich nicht abzuwenden. Aber ich werde nicht gehen. Ich kann es auch gar nicht, denn noch schuldet er mir eine Antwort. So schwer sie für mich auch sein mag, ich brauche sie. "Der erste Kuss gehört der Person, die wir aufrichtig und von ganzem Herzen lieben, richtig? Dann bin ich dir den wohl noch schuldig, hm?", murmelt er schließlich und ich habe keine Zeit seine Worte zu verinnerlichen, da mir seine weichen Lippen auf meinen schlagartig meinen Kopf vernebeln. Wenn sich eben die Welt noch unnatürlich schnell gedreht hat, dann bleibt sie jetzt wieder erstarrt stehen. Für mich steht alles auf dem Kopf, seit dieses berauschend schöne Gefühl durch meine Venen jagt. Ich kann nichts tun außer vor ihm zu stehen und meine Augen weit aufzureißen. Unerwartet, unwirklich. Langsam fange ich an zu realisieren, was er tut. Seine warmen Lippen drücken sich gegen meinen Mund. Vorsichtig, warm und schön, gleichzeitig zärtlich beginnt er sich zu bewegen. Noch immer weiß ich nicht, ob ich diesen langersehnten Kuss nur träume. Einer dieser zahlreichen Träume, die mich quälen sobald ich wieder aufwache. Doch nie hat es sich so echt angefühlt, verführerisch echt. Dieses sanfte Necken an meiner Unterlippe fühlt sich gut an, automatisch höre ich auf einzuatmen und zwinge mich dazu ebenfalls meine Augen zu schließen. Naruto hatte seine von Anfang an zu. Ich halte an seinem Anblick fest, vertraue auf meine Vorstellung und wehre mich nicht gegen seine Zunge, die sich allmählich vorwagt und meine Lippen spielerisch teilt. Keine Sekunde später kann ich ihn schmecken und höre das sehnsuchtsvolle Keuchen meine Lippen verlassen. Mit diesem zufriedenen Laut legen sich meine Hände wieder um seinen Körper, wandern hinauf zu seinem Nacken, wo ich das seidige blonde Haar ertasten kann. Ein unvergleichlicher Moment, wo auch seine Hand sich an meinen Hinterkopf legt und mich ihm näher bringt. Näher, als jemals zuvor. Näher, als jemals gedacht. Näher, als ich verkrafte, doch ich kann mich nicht lösen. Viel zu einmalig ist diese Situation. Und vielleicht, vielleicht... Ich kann diesen Gedanken nicht beenden, da mich die raue Oberfläche seiner Zunge ablenkt. Sie schmiegt sich an meine, streichelt sie und fordert sie auf, sich ebenfalls an seiner zu reiben. Überfordert, stümperhaft und ungeübt versuche ich dasselbe zu tun wie er. Mir fällt gar nicht auf, wie vorsichtig dieser Kuss eigentlich ist. Ein Herantasten, mehr noch nicht. Aber er ist geschickt, lenkt mich ab, weil er seine Zunge zurück zieht und über meine Lippe leckt, die er anschließend zwischen seine nimmt und zärtlich an ihr saugt. Als hätte er nie etwas anderes getan. Sicher und wissend geht er vor und stupst erneut mit seiner Zungenspitze gegen meine. Ich verstehe nicht, als er sich eilig wieder entfernt. Für mich ist das neu und Denken deshalb einfach unmöglich. Wieder und wieder führt er seine Zunge an meine und zieht sie weg, ehe ich sie ausgiebig berühren kann. Verdammt, was tut er? Er spielt mit mir und lässt mich zappeln. Dass mich bei jeder hauchzarten Berührung unserer Lippen erneut ein kribbelnder Schauer erfasst, macht es nicht einfacher. Im Gegenteil, es entlockt mir erneut einen wohligen Laut. Als er den Kontakt unserer Lippen gänzlich löst, komm ich ihm verlangend nach. Ich will diese Verbindung, brauche diesen Kontakt zu seinem warmen Mund. Mit ihm verschwindet sonst dieses schwindelerregende Gefühl. Leichten Druck übt meine Hand auf seinen Nacken aus, um ihn daran zu hindern sich noch einmal zu entfernen. Schnell nutze ich den kurzen Moment um neue Luft in meine Lungen zu ziehen, ehe er wieder meine Zungenspitze berührt und verschwindet, als wolle er mir etwas zeigen. Neugierig, mit heftig pochendem Herzen folge ich seiner Zunge und kann gar nicht glauben, wie schön dieses feuchtwarme, nasse Gefühl seiner Mundhöhle ist. Sein unverwechselbarer Geschmack legt sich brennendheiß auf meine Zunge. Er verführt meine Sinneszellen, programmiert sie beinahe nur auf seinen süßlich, leckeren Geschmack. Ich kann nicht mehr atmen. Kann nicht mehr denken. Nur fühlen und schmecken geht noch. Betäubend und animierend ist sein sinnliches Spiel mit meinen Lippen, meiner Zunge. Ich dränge das tiefe, wohlwollende Stöhnen zurück, das meiner Kehle entweichen will und widme mich lieber seinen vollen Lippen. Nervös lecke ich darüber und beiße neckend, in der Hoffnung, dass es zärtlich ist und ihm gefällt, hinein, weil es mich wahnsinnig macht, wenn ich diese Gelegenheit nicht voll ausreize. Sekunden, nein Minuten verstreichen, wo ich ausgiebig von seinen Lippen koste und seine Zunge umspiele, bis er sich schließlich keuchend löst. Innerlich beginne ich zu schreien, dass er nicht verschwinden soll, dass seine Lippen da bleiben sollen, wo sie sind. Zu perfekt haben sie auf meinen gelegen. "Wow", haucht Naruto nur wenige Millimeter von meinen Lippen entfernt. Noch immer kann ich seine wundervolle Nähe spüren, während sein heißer Atem ein anregendes Prickeln hinterlässt, welches sich verstärkt, als ich meinen Kopf nach vorn lege und seine Stirn an meiner spüren kann. Sie ist warm, seine Haut weich. Doch viel besser ist, dass Naruto nicht zurück weicht. Ich genieße den Moment, halte meine Augen weiterhin geschlossen, weil sich ein Bild in meinem Kopf abzeichnet, das dieser Situation ebenbürtig ist. Ich will diese Projektion von mir und Naruto, küssend unter fallenden Blüten und Blättern des Baumes, nicht zerstören, nur weil ich meine Augen öffne. Auch wenn mich vielleicht sein verliebter, verträumter Blick erwartet. Vielleicht, aber eben nur vielleicht. Heftig keuchend atme ich ihm entgegen. Unser Atem vermischt sich, wird eins und löst sich in Nichts auf, weil es der sanfte Wind hinfort trägt. "Hätte ich gewusst, wie schön es ist dich zu küssen, hätte ich niemals diese lächerliche Regel aufgestellt. Du hättest es schon viel früher erfahren können, wenn ich nicht so stur gewesen wäre. Es tut mir leid", flüstert er leise, doch in mir zieht sich etwas so heftig zusammen, dass ich am liebsten schreiend davon laufen würde. Doch ich kann nicht. Meine Muskeln reagieren überhaupt nicht mehr. Er redet, als wäre es für ihn eben nur ein Kuss von vielen gewesen und nicht wie bei mir der Erste. Er redet, als hätte er mir wirklich nur einen Gefallen getan, eine Schuld beglichen, mehr nicht. "Ich will nach Hause", sage ich schließlich, als ich es geschafft habe, dieses bedrückende Gefühl in mir zu verdrängen und mich von Naruto zu lösen. Keine Umarmung mehr, kein Hautkontakt, nicht einmal ein Blick existiert jetzt noch zwischen uns. Dafür ist der Boden gerade viel interessanter. Echt erbärmlich, wie mich schwerarbeitende Ameisen von meinen Gefühlen ablenken können, wo ich doch eigentlich darüber reden müsste. "Jaa, wird auch Zeit, dass du wieder nach Hause kommst. Weißt du, das war irgendwie verdammt ruhig im Haus", beginnt Naruto laut und fröhlich zu erzählen, scheint dabei gar nicht zu merken, dass ich mich immer mehr von ihm entferne. Nur körperlich, denn wenn ich eines gelernt habe dann, dass mir seine Freundschaft unheimlich wichtig ist. "Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, dann war es mit dir genauso ruhig. Du redest ja nicht gerade viel, immer noch nicht", murmelt er und wirft mir einen nachdenklichen Blick zu, ehe er mich angrinst und mich unerwartet wieder in eine Umarmung zieht. "Oh ja, ich bin froh, dass du wieder hier bist", meint er und lässt mich auch ziemlich schnell wieder los. Es ist nicht einfach, seinem Herzen zu folgen, wenn man doch weiß, dass es sinnlos ist. Und es ist auch nicht leicht, die Sache einfach zu ignorieren. Doch es wird funktionieren, sobald ich mit Naruto über alles gesprochen habe. Das denke ich jedenfalls. "Komm schon! Du stehst da jetzt schon fünf Minuten regungslos rum. Ich dachte du wolltest nach Hause", unterbricht Naruto meine Gedankengänge. Ich sehe auf, bemerke sein glückliches Strahlen und wie er überschwänglich über den Parkweg hüpft, rückwerts und von einem Bein aufs andere wechselnd. Sein kindliches Verhalten, was wirklich noch so ist, wie ich es in meinen Erinnerungen habe, lockt mir auch wieder ein kleines Lächeln auf die Lippen, ehe ich mich auch in Bewegung setze und ihm folge. Allerdings weniger euphorisch und mit normalem Gang. "Aber ich muss dir noch was gestehen", flüstert Naruto verhalten, als wir den Park hinter uns lassen und in die Hauptstraße einbiegen. Mittlerweile geht er auch anständig neben mir, die Hände locker in seinen Hosentaschen und ein unschlüssiges Lächeln prangt in seinem Gesicht. Ich kann einfach nicht wegsehen, weil es mich fasziniert, auf verbotene Weise fasziniert. Außerdem lassen seine Worte mein Herz aufleben, erneut und immer wieder schlägt es kräftig gegen meinen Brustkorb. Nur wegen ein paar hoffnungsbringenden Worten. "Was denn?", hinterfrage ich gefasst, so gut wie es mir momentan möglich ist. Ich kann mein Herz nicht mehr kontrollieren und ich habe das Gefühl, dass es einen Stillstand erleidet, als er sich auch noch unschlüssig an seinem Hinterkopf kratzt. Diese Geste kenne ich. Das macht er immer, wenn er mir etwas Wichtiges mitzuteilen hat, wofür er noch nach den richtigen Worten suchen muss. Ablenkung, mehr bedeutet es nicht. "So schlimm?" Resigniert betrachte ich sein Profil, bis mich seine erstaunten Augen fixieren. "Ne, ich hab nur..." Er sät Zweifel in meinem Inneren, mit jedem weiteren Wort. Zweifel an meiner Auffassungsgabe, denn ich weiß plötzlich nicht mehr, worum es hier geht. Dabei wollte ich ihm doch nur vermitteln, dass es nicht schlimm ist, wenn er mich auch... "Ich hab in deinem Zimmer gewohnt. Die ganze Zeit und naja, du kennst mich. Es sieht etwas chaotisch aus, denk ich", platzt es dann aus ihm heraus. Das ist dann wohl der Moment, wo ich mir selbst eine Ohrfeige verpassen müsste, oder? Aber das ist gar nicht nötig, mein Herz zerbricht auch so schon erfolgreich an meiner idiotischen Hoffnung, dass es keinen Schmerz geben kann, der schlimmer wäre. "Schon ok. Ich hab es mir gedacht", entgegne ich leise, weil ich dann die beste Kontrolle über meine Stimme habe. Er soll nicht merken, wie verletzt ich gerade bin. "Echt jetzt?", strahlt er mich an. Wieder mit diesem Lächeln, das den Riss in meinem pochenden Organ heilen könnte, wenn er doch nur genauso fühlen würde wie ich. "Sicher. Warum sonst habe ich die Briefe zu mir nach Hause geschickt? Ich wusste, dass du dort bist." Wie selbstverständlich nickt er und lauft weiter, grüßt beiläufig eine ältere Frau, die sein Lächeln zaghaft erwidert. "Neulich hab ich ihre Einkäufe nach Hause getragen, da hat sie mich tatsächlich als Dankeschön zu einer wahnsinnig guten Nudelsuppe eingeladen. Man war die gut! Das Rezept hab ich mir geben lassen. Wenn ich, nein, wenn wir Glück haben, dann macht uns Itachi nachher diese Nudelsuppe", plappert Naruto munter weiter, wobei er nach seiner Verbesserung gleich viel mehr Gewicht in seine Worte legt. Und mir wird bewusst, dass ich schon lange keine Nudelsuppe mehr gegessen habe. Es gab sie zwar häufig im Angebot, doch ich wollte sie nie. Sie erinnert mich an Naruto. Und niemand kann so voller Begeisterung Nudeln schlürfen wie Naruto. Umso mehr freue ich mich jedoch jetzt darauf. Ich vermute, dass Naruto sich selbst in dieser Sache nicht verändert hat. "Keiner da", murmelt Naruto, als er die Tür aufschließt und vor mir mein Elternhaus betritt. Es fühlt sich merkwürdig an, jetzt wieder hier zu sein. Dieses riesige Haus zu sehen, mit dem großen Garten und den zwei Stockwerken, hier zu stehen und sich an alles zu erinnern, was mich mit diesem Haus verbindet. Alles, einschließlich der Einsamkeit, die es mir teilweise auferlegt hatte, nach dem Tod meiner Eltern. Aber in jeder Erinnerung taucht auch ein wilder Blondschopf auf, der mich zum Lachen gebracht hat und mir beigebracht hat zu lieben. Ich halte genau an diesen, schönen Erinnerungen fest, als ich den ersten Fuß über die Schwelle setze und der altbekannte Geruch in meine Nase kriecht. Erst jetzt wird mir richtig bewusst, dass ich zurück bin. Zuhause... "Was ist?" Naruto steht neben mir, hält meine Hand und sieht mich fragend, mit schief gelegtem Kopf an. Ich muss unwillkürlich schlucken, als ich seine Lippen bemerke und dieses sanfte Lächeln mich an unseren Kuss erinnert. Es ist wirklich schade, dass es bei diesem einen Kuss bleiben muss. "Es ist... ungewohnt", entgegne ich trocken. "Ich weiß." Naruto klingt genauso vorsichtig wie ich, doch er nickt verstehend und zieht mich anschließend langsam hinter sich her, die Treppe hinauf. Ich stocke im Gehen, als ich mich erinnere, wie ich hier das letzte Mal hinauf gegangen bin. Allein, schwach und verletzt, ohne Hilfe. Die Erinnerungen an den Grund, tauchen auch ebenso plötzlich wieder auf, wie die Bilder, wo er noch gelebt hat. "Gab es eine Beerdigung?", höre ich mich fragen und bin selbst erstaunt über meine feste Stimme. "Wie?" "Von Gaara. Gab es da..." "Ja", unterbricht mich Naruto, greift jedoch wieder nach meiner Hand und führt mich in mein Zimmer. Ich habe keine Zeit mich umzusehen, da er mir einen Zeitungsartikel in die Hand drückt. Schon ein flüchtiger Blick reicht, um die Anzeige Wort für Wort zu kennen. Immerhin weiß ich jetzt, dass seine Familie da war. Sie haben ihn nicht allein gelassen. "Auf dem Westfriedhof, wenn du magst dann gehen wir...", beginnt Naruto, doch ich lasse ihn nicht aussprechen. Ich weiß ja ohnehin, was er mir vorschlagen will, doch da muss ich allein durch. Naruto und Gaara waren schließlich nicht die besten Freunde, das habe ich nicht vergessen. "Schon gut. Ich werd morgen hingehen, oder so." Entschlossen lege ich den Zeitungsbericht auf meinen Schreibtisch und bemerke nebenbei, dass dieser gar nicht so vermüllt aussieht, wie ich ihn in Erinnerung habe. Auch der Rest meines Zimmers sieht ordentlich aus, wenn man bedenkt, dass Naruto hier seit Monaten wohnt. "Du hast alles weggeräumt?" Meine Stimme fühlt sich seltsam belegt an, wenn ich daran denke, was er hier alles gesehen haben muss. Schließlich blieb damals alles stehen und liegen, nicht zuletzt auch diese verfluchten Spritzen. "Klar", nickt er und zuckt mit den Schultern. "Du warst über ein Jahr weg. Stell dir mal vor ich hätte alles so gelassen", meint er erklärend, legt zusätzlich seinen Kopf schief und lächelt verlegen. "Ich glaube, da hätten einige Dinge neues Leben bekommen und du kannst mir glauben, ich kenn mich damit aus." Ein wenig kräuselt Naruto seine Nase und ich kann mir vorstellen, worauf er anspielt. "Ich verstehe. Am besten du ersparst mir die Einzelheiten", entgegne ich und schaue mich beiläufig weiter um. "Besser ist", lacht Naruto noch, ehe ich hören kann, wie er sich auf mein Bett fallen lässt, doch mein Blick haftet an dem kleinen abschließbaren Schubfach. Ich kann nicht sagen, wie ich dieses Gefühl beschreiben soll, als mir bewusst wird, dass er nicht alles weggeschafft haben kann. Das, was sich dort drin befindet, liegt schon so lange dort drin, unbeachtet und trotzdem sicher, während der Schlüssel in meiner Hosentasche ruht und nur darauf wartet, wieder in sein zugewiesenes Schloss zu kommen. Es ist aufwühlend und macht mich nervös. Dieses Wissen, so nah an diesem Zeug zu sein, genau an dem Ort, wo sie immer von Zufluchtsort und Sicherheit gesprochen haben, treibt mir den Schweiß auf meine Stirn. Werd ich verrückt, dass es mir kräfteraubend vorkommt? "Sasuke?" Unsicher löse ich meinen Blick, betrachte eine Sekunde einen Naruto, der mehr Besorgnis in seinem Gesicht trägt, als ich jemals vermutet hätte. "Was ist denn? Hab ich doch ausversehen eine deiner Medaillen zerkratzt?", versucht er abzulenken. Das zeigt sein misslungenes Lächeln, welches schiefer wird, als ich den Kopf schüttle und zaghaft auf den Schrank deute. "Hast du da auch aufgeräumt?", frage ich nach, mit einer Stimme, die zwischen einem dunklen Beben und rauer Heiserkeit schwankt. Dieses Zimmer, diese Möbel, die Erinnerungen... Das alles ist ein altes Leben, mein altes Leben, das mich auf einen Schlag wieder einholt. All die vergangenen Monate habe ich versucht diesen ganzen Dreck zu verarbeiten und nun stelle ich fest, dass ich gerade mal am Anfang bin. Nicht am Ende, wie gedacht. "Nein. Ich hab es versucht, aber da hat sich dieses Mistding echt hervorragend gegen gewehrt. Also hab ich es gelassen", sagt Naruto und klingt dabei beinahe ein wenig vorwurfsvoll. Es ist niedlich, wenn er schmollt, auch wenn ich sowas nicht mehr von ihm denken sollte. "Hier, versuch es damit", entgegne ich, während ich einen kleinen Schlüssel, aus Kupfer, weil er sich dadurch besser von den anderen abgrenzt, aus meiner Hosentasche ziehe und halte ihm den sozusagen vor die Nase. Naruto verzieht die Stirn, hebt nebenbei eine seiner geschwungenen Augenbrauen an und greift zögerlich nach dem Schlüssel. Ich merke die Wärme seiner Finger, als sie in diesem flüchtigen Moment meine streifen. Verliebte Idioten hätten jetzt von wild flatternden Schmetterlingen im Bauch gesprochen, von einem Ameisenkribbeln auf dem ganzen Körper oder einfach nur von einem schönen Gefühl, dass sich angenehm bis zum Herzen ausbreitet. Für mich trifft die letzte Variante zu, weil für alles andere die Berührung zu kurz war. Narutos Hand entfernt sich viel zu schnell wieder, um sich anschließend auf ihr abzustützen, ehe er aufsteht und zu der Schublade läuft. Das nächste was ich nach dem leisen Klickgeräusch höre, ist sein erschrockenes Einatmen. Auch kein Wunder bei dem was er sich gerade ansehen muss, weil ich mich selbst nicht für stark genug halte und es auf ihn abschiebe. "Das... ohh", stöhnt er atemlos und sieht gleich darauf fragend zu mir. Ich merke nur wie ich einen Mundwinkel nach oben ziehe und ihn ansehe, als könnte ich seine Fassungslosigkeit nicht verstehen. Doch ich kann es, das sagt nur mein dämliches Schulterzucken nicht wirklich aus. "Und jetzt?" Diese Frage habe ich ihm schon vorher angesehen. In seinen Augen stand sie so deutlich, dass ich nur warten musste, bis er sie ausspricht. Die Antwort hingegen sollte leicht sein. Ist sie aber nicht. Zittrig atme ich ein, während ich zusehe, wie Naruto das ganze Zeug, das sich noch in seinem Mantel aus Plastik befindet, in seine Hand nimmt und mit Blicken straft. Er verabscheut es und im Grunde fühle ich genauso wie er. "Schaff es weg. Spül es im Klo runter, oder so", sage ich dann doch noch entschlossen, weil es das einzig richtige ist. Ich hätte gar nicht erst nach einer anderen Alternative suchen dürfen. Sein schnelles Nicken macht es mir nur umso deutlicher. Das Zeug muss weg. Es ist meine Vergangenheit, nicht meine Zukunft. "Bin gleich wieder da", murmelt Naruto eilig und läuft ins Bad. Froh darüber, dass er mir diese Aufgabe ohne Murren abnimmt, atme ich befreiter ein. Jetzt wage ich mich sogar ein paar Schritte weiter hinein in mein Zimmer, kann sogar in die Schublade sehen, wo noch zahlreiche Spritzen und Feuerzeuge liegen. Über die Hälfte von ihnen funktionieren schon lange nicht mehr und trotzdem liegen sie noch da drin. Mit einem beklemmenden Gefühl im Magen beuge ich mich hinab und ziehe gleich die ganze Schublade hinaus, um den Inhalt im nächsten Mülleimer für immer verschwinden zu lassen. Im Müll. Da gehört das Zeug hin. Definitiv. Anschließend fühle ich mich besser. Ich kann alles hinter mir lassen. Alles. Die ganzen Gedanken, die Gefühle, die beschissenen Erinnerungen gehören der Vergangenheit an, ab jetzt. "Hilfst du mir mal?", frage ich Naruto direkt, als er lächelnd wieder in mein Zimmer kommt, ohne Plastiktüte mit gefährlichem Pulverinhalt, während ich an einem Ende meines Schreibtisches hänge und diesen versuche näher ans Fenster zu schieben. "Klar", meint er lässig und greift beherzt zu. So geht es schon viel leichter und Naruto spart sich die Frage, was diese Aktion soll. Er macht einfach mit, das ist so typisch für ihn. "Den Kleiderschrank auch?" Mit skeptisch verzogenem Blick betrachtet er dieses riesige Möbelstück und anschließend mich, wo sich sein Ausdruck verändert. Flehend treffen mich seine blauen Augen, doch ändert es nichts an meiner Entscheidung. "Ja, der auch. Aber vorher müssen die Sachen raus", gebe ich als Antwort zurück und schmunzele leicht über sein wehleidiges Stöhnen. "Maaaan ey, mein Rücken!", mault er los. Langsam habe ich das Gefühl es wird doch wie früher. Ohne Anspannung oder krampfige Gesprächsversuche. Auch wenn er unzufrieden irgendwelche Verwünschungen in den Raum wirft, beginnt er damit, die Schranktüren aufzureißen und sämtliche Kleidungsstücke aufs Bett zu schmeißen. "Ich glaubs nicht. Erst neulich hab ich alles ordentlich eingeräumt und nun das. Sowas bescheuertes. Wenn es dafür nicht wenigstens eine Nudelsuppe gibt, dann schwöre ich beim Teufel persönlich, dass es mindestens einen Toten zur Folge hat", brummt er munter weiter. "Du könntest die Sachen auch normal aus dem Schrank nehmen, dann müssen wir sie nachher nicht nochmal neu zusammenlegen", kommentiere ich sein unbedachtes Handeln und erhalte gleich mal einen giftigen Blick. "Halt doch einfach deine Klappe und hilf mir, Teme", faucht er und stutzt kurz selber über seine Worte. Auch ich zucke wegen seiner Bezeichnung am Ende zusammen, aber einfach weil es sich so gewohnt schön anfühlt und ich feststellen muss, dass ich es wahrhaftig vermisst habe. "War nur nen Vorschlag, Dobe", entgegne ich schulterzuckend und grinse leicht, als er auch anfangen muss zu lächeln. "Bereit?", fragt er und keucht angestrengt, als ich mein Nicken gebe und wir gleichzeitig den verfluchten Schrank anheben, der ein merkwürdiges Knacksen von sich gibt. "Ohje", flüstert Naruto vorausahnend und macht schnell ein paar Schritte nach hinten, denen ich ebenso eilig folge, ehe wir den Schrank an seinem neuen Platz abstellen, sodass er glücklicherweise nicht auseinanderbricht. Ist eben doch schon ziemlich alt das Ding. "Puhh, das war aber sehr gefährlich, Sasuke." Mit einem Finger fuchtelt er mahnend vor meinem Gesicht herum. "Warum?", entgegne ich ahnungslos und hebe zusätzlich noch meine Augenbraue an. Er jedoch reißt ungläubig seine Augen auf. Scheint mir vermitteln zu wollen, wie ich so was nur fragen kann. "Das Teil hätte mich armen, kleinen, unschuldigen, super geilen Typen doch unter sich begraben und dann wäre ich bei lebendigem Leibe erstickt, während du verzweifelt versucht hättest mich unter all dem Schutt zu finden", entrüstend wirft er mir diese Worte an den Kopf, mit einer Ernsthaftigkeit, die mich kurzzeitig echt sprachlos macht. "Du bist so ein Idiot, Dobe. Das ist doch totaler Blödsinn", meine ich kopfschüttelnd und fange schon an die T-Shirts wieder ordentlich zu falten. "Na danke. Du hättest mich also nicht versucht zu retten?", wirft mir Naruto doch tatsächlich vor und boxt mir unsanft in die Seite. "Du Trottel, das meinte ich nicht. Sondern eher die Darstellung deines übertriebenen, unfreiwilligen Todes", erwidere ich und gebe ihm im Gegenzug einen Klaps auf seinen Hinterkopf. Naruto murrt leise und reibt sich die Stelle, wo eben noch meine Hand war. "Aber wenn das jetzt wirklich..." "Naruto", unterbreche ich ihn warnend, da ich befürchte, dass diese Diskussion sonst noch eine Ewigkeit anhalten würde. So gut kenne ich Naruto immerhin. "Ja ja, schon gut", gibt er leise nach und widmet sich nun ebenfalls wieder den Shirts, die alle verteilt zwischen Pullovern und Hosen auf meinem Bett liegen. Dank Naruto... "Ist das deins, oder meins?", fragt er mich plötzlich, hebt ein Shirt nach oben und schiebt selbst seinen Kopf seitlich an dem Stoff vorbei. Dieses Shirt kenne ich. Das habe ich getragen, als ich damals mit Gaara in der Stadt unterwegs war, weil er neuen Stoff besorgen musste. "Meins, kannst du wegschmeißen", antworte ich tonlos und drehe mich weg. Naruto muss nicht sehen, dass dieses Shirt eine Bedeutung hat. "Wieso denn? Da sind noch keine Motten drin!" Auch ohne hinzusehen weiß ich, dass er gerade dieses Shirt inspiziert, weil er mich nicht versteht. "Schlechte Erinnerungen. Also hau es weg." Zwei Stunden später lässt sich Naruto erschöpft neben mich auf mein Bett fallen. Mein Zimmer sieht komplett anders aus, auch wenn wir nur die Möbel verrückt haben. Aber ich denke, das war nötig. Um wirklich alles hinter mir zu lassen, brauche ich diese Veränderung an dem Ort, der mein Zuhause darstellt. "Sieht besser aus jetzt", meint Naruto und spricht damit das aus, was ich selbst auch denke. Es sieht besser aus und es ist irgendwie heller. "Vielleicht sollten wir die Wände überstreichen. In einem Gelb, oder so?", frage ich die Decke über mir, weil ich keine Lust habe mich auf die Seite zu drehen, wo ich Naruto wohl direkt ins Gesicht sehen würde. "Bloß nicht", stöhnt er und ich spüre, wie er sich theatralisch an den Kopf fasst. Wahrscheinlich befürchtet er, dass er dann dieses ganze Möbelrückenspecktakel nochmal durchmachen muss. "Hast recht, wir verschieben das auf nächste Woche." Amüsiert erwarte ich seine Reaktion, die auch gleich in einem meisterhaften Jammern folgt. "Nee, Teme. Ich bekomm bestimmt einen mordsmäßigen Muskelkater von diesem bescheuerten Schrank da. Dann kannst du mich doch nicht schon eine Woche später zum Streichen verdonnern. Außerdem magst du Gelb doch gar nicht." Er zählt noch weitere Dinge auf, die seiner Meinung nach gegen eine Renovierung sprechen, bis ich nicht mehr kann und anfangen muss zu lachen. Erst das lässt ihn verstummen. "Weißt du, wann ich dich das letzte Mal so richtig lachen gehört habe?", sagt er dann ruhig, irgendwie leicht versonnen. Selbst wenn ich richtig drüber nachgedacht hätte, hätte ich seine Frage mit einem Kopfschütteln beantwortet und sein Seufzen hören müssen. "Ich leider auch nicht. Aber es ist schön", spricht er leise, fast vorsichtig. Mir bleibt bei seinen Worten gar nichts anderes übrig als mich zu ihm zu drehen und mich auf die Seite zu legen. Ich kann direkt in seine Augen sehen, so wie er in meine sehen kann, während sein warmer Atem meine Lippen streift. Er ist mir so unglaublich nah. Näher als ich eigentlich gewollte habe, doch trotzdem merke ich, dass ich es genieße. Sein intensiver Blick ist fesselnd. Warm und voll von Emotionen. Wir sehen uns lange einfach nur an, ohne zu sprechen, ohne etwas zu denken, bis sich Naruto plötzlich merklich versteift und nervös über seine Unterlippe leckt. Er sorgt mit seinem Verhalten auch bei mir für eine kleine Unruhe. "Ich...", beginnt er, bevor ich überhaupt Nachfragen kann, welcher Gedanke ihn so plötzlich aufgewühlt hat. "Ich weiß nicht wie ich das sagen soll, ohne das es blöd klingt. Ich will wissen... du hast nicht aufgeklärt, was bei dem Test rauskam", stottert Naruto hastig vor sich hin und ich beginne zu verstehen, worauf er hinaus will. Um ehrlich zu sein habe ich dieses Testergebnis verdrängt. Absichtlich, um auf diesen Zeitpunkt zu warten, wo ich gemeinsam mit Naruto nachsehen kann, weil ich mir erhoffe, dann gleich den nötigen Halt zu haben, den ich eventuell gebrauchen könnte. "Ich weiß es selbst noch nicht", flüstere ich leise. Meine Kehle fühlt sich so trocken an, aber es bringt jetzt nichts mehr. Narutos Blick ist so eindringlich, dass ich ihm nur entkomme, als ich mich aufsetze und nach meiner Tasche greife um den Umschlag heraus zu suchen, den ich anschließend Naruto in die Hand drücke. "Mach ihn auf und sag mir was drin steht", meine ich mit belegter Stimme und Naruto geht ebenso zaghaft vor, wie ich es tun würde. Ich glaube, er weiß auch noch nicht so richtig, wie man mit einer schlechten Nachricht umgehen soll. Wer weiß das schon? Man wird mit so einer Neuigkeit ja auch irgendwie ins kalte Wasser geschmissen, ohne dass man es wirklich gewollt hat. Ich versuche wirklich nicht zu viel an die letzten Wochen zu denken, in denen ich durch die Hölle gegangen bin, weil dieses Aidsthema mich dauerhaft beschäftigt hat, während Naruto quälend langsam den Briefumschlag öffnet. Ich kann nicht hinsehen. Dieser gottverdammte, heiße Typ neben mir hält da etwas in den Händen, dass mein Leben grundlegend verändern kann. Das ist ätzend und bedrückend. Da wünscht man sich, dass man einige falsche Entscheidungen rückgängig machen kann. Als ob man das nicht schon vorher tausend Mal versucht hätte, denn es gelingt nie. Beinahe krampfhaft versuche ich nach vorn zu sehen, weg von Naruto, der mit dem Papier raschelt. Zumindest solange, bis er erleichtert ausatmet und mir gleich darauf um den Hals fällt, während das Testergebnis sorglos zu Boden segelt. "Du bist nicht krank, Sasuke. Gott sei Dank, du bist nicht krank." Diese Worte hören sich gut an. Wundervoll und wirken so befreiend. Mir fällt tatsächlich eine tonnenschwere Last von den Schultern, anders kann man dieses Gefühl nicht beschreiben und Narutos Stimme erzeugt gleichzeitig wieder ein warmes Kribbeln in meinem Körper. So viel Freude lag lange nicht in seiner Stimme und ich kann nicht verhindern, dass sich bei mir ein paar Tränen der Erleichterung in den Augen bilden, während mich Naruto so fest umarmt, dass ich schon bald nach hinten falle und mit dem Rücken wieder auf meinem Bett lande. Naruto schmiegt sich dadurch nur noch mehr an meine Brust. Eigentlich würde ich gerne die feuchten Spuren von meinem Gesicht wegwischen, doch ich komme nicht dazu, weil meine Hände ganz andere Pläne haben. Sie legen sich um Narutos Körper, drücken gegen seinen Rücken und pressen ihn an mich, sodass es mir beinahe die Luft aus den Lungen drückt. Aber das ist mir egal. Wenn ich daran ersticken sollte, dann habe ich wenigstens Naruto bei mir. So nah, dass mich sein Geruch anregend berauscht. Und er wehrt sich nicht dagegen. Er rührt sich überhaupt nicht. Nicht solange, bis ich unbeabsichtigt laut schniefen muss, weil ja immer die Nase laufen muss, wenn man heult. Verfluchter Mist. Als Naruto sich daraufhin leicht erhebt, bin ich nicht schnell genug im Verbergen meiner Tränen, weil er kurz vorher meine Hände festhält. Er sieht mich an, mit einem Blick der mich automatisch schlucken lässt. Ich kann dummerweise nur nicht wegsehen. In seinem Blick zeichnet sich etwas ab, was mich unweigerlich an alte Zeiten erinnert. Er ist so weich. So weich und verständnisvoll. Mir wird allmählich bewusst, dass ich es wohl nie schaffen werde, mich von ihm zu lösen. Jedenfalls nicht mit meinem Herzen, das wahnsinnig schnell schlägt im Moment. Und es stolpert über sich selbst, als Narutos Fingerspitzen über meine Wangenknochen streichen, ehe sie hinab gleiten, über meinen Kiefer zu meinem Kinn, bis sie hauchzart meine Lippen berühren und mir ein hauchendes Seufzen entlocken. Plötzlich geht alles zu schnell. Zu schnell für mich um zu reagieren, oder nachzudenken. Narutos warme Lippen liegen auf meinen, bewegen sich genauso sanft wie vorhin und animieren mich zum Mitmachen. Leicht und kitzelnd liegen einige blonde Strähnen von ihm auf meiner Stirn, während er sich vorsichtig Zugang in meinen Mund verschafft. Abgelenkt von diesem augenblicklich einsetzenden Kribbeln lasse ich es zu, dass er seine Zuge an meiner reibt, sie umgarnt und streichelt. Mir fallen die Augen zu, nachdem ich ein sinnliches Keuchen von Naruto gehört habe. Ich habe gedacht, dass ich nie wieder diese erregten Laute von ihm hören würde und nun bringt er sie hervor, als hätte es nie diese Differenzen zwischen uns gegeben. Aber es ist heute nicht mehr wie damals. Das kann es nicht sein und das darf es nicht sein. Wir können nicht da weiter machen, wo es damals angefangen hatte. Nicht so. Nicht jetzt. Deshalb stoppe ich Narutos Hand, die sich zwischen unseren Körpern befindet und beschwerlich an meinem Gürtel zieht, während ich mich gleichzeitig von seinem Mund losreiße und seinen verständnislosen Blick einfange. "Das geht so nicht", sage ich, merke leider viel zu spät wie rau meine Stimme klingt, doch es ändert auch nichts an meiner Entschlossenheit. "Was?", fragt Naruto und zieht seine Augenbrauen zusammen. Ich kann den Sturm hinter seinen Augen sehen, der vor lauter Unverständnis und Verwirrung tobt. "Es tut mir leid. Ich kann das nicht mit dir tun", erkläre ich leise, so selbstsicher wie ich nur kann und schiebe ihn zur Seite. Er ist vermutlich einfach zu geschockt, weshalb er es überrascht zulässt. Sein stummer Versuch zu Protestieren wird von mir ebenso schnell abgewürgt, wie der Versuch mich wieder auf mein Bett zu ziehen. "Nein, Naruto. Ich kann nicht mit dir schlafen, wenn du nicht mal annähernd das fühlst, was ich für dich fühle. Mit dieser ganzen Freundschaftssache, bei der ein wenig Spaß nicht verkehrt ist, hat dieser ganze Drogenscheiß doch erst angefangen. Ich will das einfach nicht nochmal, weil es mich ein zweites Mal kaputt machen würde, verstehst du? Bei uns beiden, da gibt es eben nur Freundschaft, aber nicht beides. Nicht ohne Gefühle. Nicht ohne gegenseitige Liebe", flüstere ich zum Ende hin und gerade, als Naruto etwas erwidern will, kracht unten eine Tür zu und Itachis Stimme hallt gedämpft, aber noch gut hörbar hinauf. "Naruto? Ich bin wieder da und ich hab uns Nudelsuppe mitgebracht. Komm runter und hilf beim Einräumen." Schweren Herzens drehe ich mich von Narutos entsetztem Gesicht weg, öffne die Tür und bin verschwunden. Narutos lautes 'Aber Sasuke' ignoriere ich. Er soll doch nicht immer so voreilig handeln und sprechen, wann kapiert der das endlich? Er soll sich verdammt nochmal Zeit zum Nachdenken nehmen und meine Worte verinnerlichen, mehr will ich doch gar nicht. .... .... Sasuke ist so ein Trottel. Ein dummer, bescheuerter und total falsch denkender Trottel. Er hätte mir doch nur noch eine Sekunde zuhören müssen, dann hätte ich ihm doch erklärt, dass er nicht mehr alleine so fühlt. Ich tu es doch auch! Scheiße verdammt, das ist nicht so gelaufen wie ich es mir vorgestellt habe. Ganz und gar nicht. Es sollte schön sein. Schön und locker, ohne irgendwelche komischen Zweifel. Aber nur weil ich mir meiner Gefühle und allem sicher bin, heißt es wohl noch lange nicht, dass sich Sasuke ebenso sicher ist. "Fuck", fluche ich laut und kralle meine Finger in den weichen Bettbezug. "Warum hab ich es vorhin nicht einfach gesagt?", frage ich mich selbst und strafe mich gedanklich selbst ein Idiot zu sein. Denn vorhin im Park, wo er mir so verführerisch nah war, stand ich vor der Wahl. Vor dieser qualvollen Wahl, was ich als erstes tun sollte. Ihn küssen, oder ihm sagen, dass ich ihn ebenfalls liebe. Und vermutlich habe ich mich für das Falsche entschieden, auch wenn sich der Kuss verdammt richtig angefühlt hat. "Shit man. Ich liebe dich doch, du Idiot." Dass diese Worte jetzt zu spät kommen und zudem auch noch ungehört bleiben, hindert mich nicht daran wie wild auf das Bett einzuschlagen. Irgendwo muss ich mich ja abreagieren, weil ich vor lauter Liebe zu dumm bin, es einfach geradeheraus zu sagen. Schlimmer noch, ich sage auch noch Sachen, die sich wohl in Sasukes Ohren deutlich falsch angehört haben mussten. Da ist es ja kein Wunder, dass er meine Küsse und alles andere vollkommen missinterpretiert. "Ok, nachdenken, Naruto", sage ich zu mir selbst, als ich endlich aufgehört habe mich in meinem Selbstmitleid zu baden und das Bett zu verprügeln. Das kann ja auch nichts für mein unbedachtes Handeln. "Irgendwas. Irgendwas muss mir doch einfallen", murmle ich apathisch vor mich hin und greife mir zusätzlich noch an den Kopf. Haare raufen bringt aber leider auch keine glanzvollen Einfälle. Und das auf und ablaufen in Sasukes neugestaltetem Zimmer irgendwie auch nicht. Erst die Pinnwand lässt mich die Stirn runzeln. Da sind noch immer die Kinokarten dran, von dem ersten Film, den wir uns damals gemeinsam angesehen hatten. Ein total bescheuerter Film, aber für uns beide war es etwas Besonderes. Wenn man es aus einer anderen Sicht betrachtet, dann war dieser Abend unser erstes Date. Jetzt erinnere ich mich auch wieder an ein Gespräch, das wir an diesem Abend geführt hatten. Je länger ich die Eintrittskarten betrachte, umso deutlicher wird die Erinnerung daran. "Was für Videoaufnahmen meinst du?", frage ich ihn, die Augen verständnislos zusammengezogen. Er jedoch lächelt nur leicht schief. "Dass du das vergessen hast... wieder so typisch, Dobe", meint er spöttisch und wuschelt durch mein Haar. "Die Aufnahmen, die meine Eltern von uns gemacht haben, als wir noch klein waren natürlich. Irgendwann bring ich die als Film ins Kino, damit alle was zum Lachen haben, so dämlich wie du dich damals immer benommen hast", lacht er zum Ende hin und auch ich muss mit einstimmen. Sein Lachen ist so selten, dass es ansteckend ist. Das ist es! Ist schon fast zu einfach um wahr zu sein. Sasuke hat sein Versprechen, diese Familienaufnahmen als Komödie ins Kino zu bringen, nie wahr gemacht. Besser für mich, weil ich es jetzt tun werde. Allerdings anders, als er es damals wollte. "Kiba? Ja ich bin es. Hör zu. Laber nicht, mir ist egal, was du gerade mit Hinata treibst. Meins ist wichtiger", fahre ich dem Jungen am anderen Ende der Leitung übers Wort. Sein grummelndes Schnauben ignoriere ich, während ich weiterspreche. "Sasuke ist wieder da und ich hab nen Fehler gamacht. Nen echt dummen Fehler, den ich jetzt.... Ja, du Arsch, ich seh auch mal was ein. Jedenfalls will ich es jetzt wieder gut machen und ich brauche deine Hilfe", blaffe ich ihn an. Dieser Typ hört mir nie richtig zu und ernst nehmen tut er mich auch nie, aber das treib ich dem noch aus. Hier geht es um meine Zukunft und um mein persönliches Glück mit Sasuke. So kitschig das auch klingen mag, aber da kann man ja mal egoistisch werden, oder? "Danke Alter. Wir treffen uns dann in ungefähr zwei Stunden bei dir. Such schon mal deine Kamera raus, die brauchen wir, also bis später", sage ich eilig und lege bereits wieder auf, noch ehe Kiba sich ebenfalls verabschieden kann. Schnell ziehe ich noch die abgelaufenen Kinokarten von der Pinnwand und stecke sie behutsam in meine Hosentasche. Ich werde sie auf jeden Fall brauchen, wenn ich das durchziehe, was sich innerhalb von wenigen Minuten in meinem Kopf gebildet hat. Ein Plan, der perfekter nicht sein könnte, um der Liebe meines Lebens endlich die Augen zu öffnen. Nachdem ich auch die alten Videokassetten - und ich hoffe wirklich, dass die noch funktionieren - vom Dachboden geholt und in meinem Rucksack verstaut habe, mache ich mich auf den Weg in die Küche. Die ganze Zeit über war ich nur mit den Gedanken bei meinem Vorhaben gewesen, dass ich Itachi vollkommen vergessen habe. Ich hoffe nur die Zwei haben sich nicht die Köpfe eingeschlagen. .... .... Ich werde nervöser je näher ich dem Ende der Treppe komme. Jede Stufe legt sich schwerer auf meinen Magen, weil ich weiß, dass ich gleich auf meinen Bruder treffen werde. Nach so langer Zeit. Außerdem habe ich dieses Mal nicht vor mich mit ihm zu streiten, was wirklich schon schwer genug ist. Bisher hat doch noch jedes unserer Gespräche in einer Eskalation geendet. Aber dieses Mal nicht. Ganz bestimmt nicht. Wenn ich zurück denke, fallen mir eigentlich nur Gespräche ein, die nach seinem unerwarteten Auftauchen stattgefunden haben. Gespräche, die von Vorwürfen und Beleidigungen handelten, weil ich nicht verstehen konnte, warum er damals einfach abgehauen ist. Auch wenn ich mir vorstellen konnte, dass der Tod unserer Eltern auch Itachi mitgenommen hatte. Aber davon wollte ich nichts wissen. Ich hab ihn so sehr dafür verachtet, dass er mich verlassen hatte. Ich kann mich daran erinnern, was er gesagt hat, als er sich verabschiedet hat, vor dem Haus von irgendwelchen fremden Leuten. "Sei nicht traurig Sasu. Ich komm ja schon bald wieder zurück, aber jetzt musst du stark sein. Die Leute sind nett und werden immer für dich da sein." Sein Lächeln ist matt und fade. Ich verstehe es nicht, weil ich es mag, immer. "Aber ich will mit", halte ich ihn auf. Er lächelt immer noch, doch jetzt ist es schief und er hat die Augen halb zu. Hinter mir reden die Leute, wollen das ich rein komme, nur ich will nicht. Ich will zu Itachi. Will nicht, dass er geht. "Komm her, Kleiner", sagt er sanft und nimmt mich in den Arm. Er berührt meine Stirn mit seinem Finger, bringt mich zum Lachen. "Vertraust du mir?", flüstert er und ich nicke. "Gut, dann geh jetzt da rein und warte auf mich. Ich bin bald wieder da. Ich hab dich lieb, Sasu, vergiss das nicht." Er lässt mich los und ist weg. Er hat gelogen. Mit allem. Die Leute waren nicht nett und sie waren nie für mich da. Er kam nicht wieder, jedenfalls nicht so bald wie er versprochen hatte. Aber ich habe gewartet. Jeden Tag saß ich am Fenster und habe gewartet. Nur er kam nicht. Und irgendwann habe ich vergessen, dass er mich lieb hatte. Irgendwann habe ich aufgehört zu hoffen, dass er zu mir zurück kommt. Irgendwann habe ich aufgehört, ihm zu vertrauen. Auch wenn ich mir sicher bin, dass ich es niemals vergessen werde, weil es zu mir gehört, zu mir und meinem Leben, so glaube ich doch, dass es jetzt an der Zeit ist zu vergeben. Die Therapeutengespräche haben mir immerhin deutlich gemacht, dass Itachi mein Bruder ist und dass ich ihn nicht einfach aufgeben darf. Immerhin ist er zurückgekommen, nach Jahren, aber er zurück. Außerdem hängt da auch noch eine Szene in meinem Kopf, die mich lange während meines Entzuges beschäftigt hat. Ein Moment, wo es mir schlecht ging. Wo ich mich verkrochen habe, in meinem Bett lag und Itachi gekommen ist, um mir zu sagen, dass ich mit Naruto reden sollte. Er war da, wollte mir helfen und ich hab ihn weggeschickt. Ich habe unendlich lange gebraucht um zu realisieren, dass ich Itachi nicht egal bin. Danach habe ich den Zettel geschrieben, weil ich eingesehen habe, dass wir eine zweite Chance verdient haben. Trotzdem kommt es mir jetzt nicht leicht vor in die Küche zu gehen, wo er sich gerade aufhält. Er brummt leise vor sich hin, als er eine weitere schwere Einkaufstüte auf den Tresen hebt und beginnt dessen Inhalt auf der Arbeitsplatte zu verteilen. Ich lehne derweil am Türrahmen und beobachte ihn dabei. Er wirkt ganz anders als sonst. Richtig gewissenhaft und ordentlich geht er mit dem Einkauf um. Und was er da alles eingekauft hat lässt mich zusätzlich verwundert aussehen. Haufenweise gesundes Zeug, was in einem Haus, indem Naruto wohnt, eigentlich vollkommen fehl am Platz ist. Selbst, dass er meine Anwesenheit noch nicht bemerkt hat, finde ich äußerst merkwürdig. Vermutlich nimmt sein Summen, was auf mich in gewisser Weise glücklich wirkt, seine ganze Aufmerksamkeit ein. Jedenfalls verstummt es erst, als ich beschließe meine Beobachtungsposition aufzugeben und zögerlich ein paar Schritte in die Küche gehe. "Wurde aber auch mal Zeit, dass du helfen kommst, Naruto", sagt er ohne sich umzudrehen. Er verstaut dafür lieber den frisch gekauften Kaffee im oberen Schrank. "Was hast du denn da oben so lange getrieben? Wieder aufgeräumt, um kein schlechtes Gewissen haben zu müssen?", fragt er weiter, immer noch im Glauben, dass er hier mit Naruto spricht, der allerdings während wir hier unten reden noch oben in meinem Zimmer hockt. Hoffentlich denkt er nach. "Glaub mir Naruto, Sasuke wird dir schon nicht den Kopf abreißen, wenn du mal ein paar T-Shirts liegen lässt", meint er und darauf schleicht sich auch bei mir ein Lächeln auf die Lippen. Damit hat er definitiv Recht. Als würde es für sowas überhaupt einen Grund geben können. "Da sind wir wohl mal einer Meinung, was?", sage ich dann und merke, wie sich Itachis Körper anspannt und ihm die Ananasdose fast aus der Hand gerutscht wäre, als er sich ruckartig zu mir umdreht. "Sasuke?" Sein Gesichtsausdruck wird von ehrlichem Erstaunen beherrscht. Mir wird erst jetzt so richtig klar, dass Naruto ihm mein Wiederkommen noch gar nicht mitgeteilt hat. Naja, letztendlich ist es jetzt auch zu spät. "Itachi", erwidere ich vorsichtig, weil ich wirklich keine Ahnung habe, wie es jetzt weitergehen soll. Mit ihm und mir. Mit meinem Bruder und mir. All die Missverständnisse, all die Vorwürfe und Anschuldigungen müssen besprochen und aus der Welt geschafft werden und ich weiß nicht, wie man damit beginnen soll. Muss ich es überhaupt sein, der anfängt zu reden? Ist es meine Aufgabe den ersten Schritt zu tun? Ja und nein. Meiner Meinung nach habe ich gerade schon den ersten Schritt gemacht. Ich stehe vor ihm. Ruhig und mit wirklich, wirklich guter Absicht. Dann kann er jetzt auch weitermachen, was er auch tut, nachdem er realisiert hat, dass ich hier wirklich vor ihm stehe. "Ich wusste nicht, dass du heute zurück kommst. Ich bin echt etwas überrascht", meint er nicht annähernd so souverän wie ich ihn in Erinnerung habe. Aber das ist wohl normal, oder? Itachi ist auch nur ein Mensch. Erwachsen zwar, aber trotzdem nur ein Mensch. Ein Mensch mit Fehlern, genauso wie ich. Genauso wie alle Menschen auf der Welt, denn niemand ist perfekt, auch Itachi nicht. "Ich merk es und ich versteh es", entgegne ich nickend. Den Blickkontakt zu ihm aufrecht zu erhalten ist nicht einfach. Ich hab das Gefühl mich zu schämen. Für all die dummen Sachen, die ich ihm damals in meiner Enttäuschung an den Kopf geworfen habe. Und ich schäme mich dafür, nicht nach seiner Hilfe gefragt oder gesucht zu haben. Denn so wie er mich gerade ansieht, bin ich mir sicher, er hätte sie mir nie verweigert. Er hätte mir immer zugehört, wenn ich ihn doch nur angerufen hätte. "Ist nicht einfach, hm?", murmle ich. Meine Lippen sind trocken, selbst dann noch, als ich mit der Zunge kurz darüber gestrichen habe. "Oh ja und wie", lacht er auf und streicht sein langes Haar zurück, was nicht sonderlich viel bringt, da es sofort wieder zurück fällt, als er seine Hand wieder entfernt. "Weiß Naruto denn...", beginnt er dann zu fragen, doch ich unterbreche ihn schnell mit einem eiligen 'ja'. Er nickt und wendet sich dann ab. Kurzzeitig ist es verdammt still in dieser großen Küche. Da traut man sich nicht einmal zu atmen, so leise ist es. "Weißt du, ich habe wirklich lange über diesen Moment nachgedacht", versucht er dann erneut dieses dicke Eis zwischen uns zu brechen. Nur dieses Mal habe ich das Gefühl, dass es bereits schon einen leichten Riss hat, den man nur noch ein wenig weiter bearbeiten muss, bis es vollständig auseinander bricht. Hört sich brutal an, aber in unserem Fall wäre es wohl pure Erlösung. Gespräche sollten Fließen und Treiben und nicht so stockend verlaufen, dass man das Bedürfnis hat abzuhauen. "Ich hab lange überlegt wie es sein wird, wenn ich dich wiedersehe und ich habe lange darüber nachgedacht, was ich dir dann sagen soll", spricht er weiter, ohne dass ich irgendwas dazwischen gesagt habe. Ich glaube, ich muss ihn jetzt einfach reden lassen, sonst würde er es wahrscheinlich nie sagen. "Und jetzt, wo es soweit ist, sind alle Worte einfach weg. Alle schönen und passenden Worte, die ich mir so mühsam zusammengereimt habe sind einfach weg. Ist das nicht bescheuert?", fragt er und dreht sich mit einem merkwürdig verzerrten Gesicht wieder zu mir. Er sieht ja beinahe ein wenig verzweifelt aus, was mich jedoch nur eine Augenbraue anheben lässt. "Aber ich weiß, dass es mir leid tut. Das alles. Ich hab es nicht gewollt", bricht es dann brüchig aus ihm heraus. "Ich war überfordert. Stell dir mal vor, du musst von heute auf morgen ein kleines Kind erziehen. Die Verantwortung, die unwiderruflich dahinter steckt, hat mich panisch werden lassen. Ich hab voreilig entschieden und das nicht gerade zu deinem Gunsten. Ich habe dich allein gelassen, weil ich selbst noch ein Kind war und nicht gelernt hatte, verantwortungsbewusst zu handeln. Und als ich geglaubt habe, ich könnte es, warst du schon so nah am Abgrund. Ich hab wohl einfach die Augen verschlossen vor meinem eigenen Versagen, weil ich mir hätte eingestehen müssen, dass ich wohl zu spät zurückgekommen bin. Es tut mir schrecklich leid, dass ich nicht da war. Und es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat das zu verstehen." Seine Ansprache wirft ein neues, ganz anderes Licht auf Itachi. Es berührt mich und macht mich glücklich, auch wenn es schwere Worte sind, die deutlich machen, dass er ebenfalls zu kämpfen hatte nach dem Tod unserer Eltern. Ich wünschte nur, er hätte es mir früher gesagt, denn ich kann ihn zum ersten Mal wirklich nachvollziehen und verstehen. Allerdings glaube ich auch, dass ich ihm geblendet von meinem grenzenlosen Hass nicht einmal richtig zugehört hätte. Vielleicht musste das alles passieren, damit wir jetzt von vorn anfangen können. Drück den Reset-Knopf und starte neu, so kann man es wohl sagen. "Und die Sache mit Naruto damals. Ich war einfach hingerissen von seiner Initiative und dachte nicht, dass...", redet er schnell, doch ich hebe unterbrechend meine Hand. Er verstummt augenblicklich und runzelt nervös seine Stirn. Das ist ein Thema, über das ich mir auch sehr lange Gedanken gemacht habe. Stundenlang habe ich im Klinikgarten gehockt und immer wieder dieses Szenario durchgespielt, bis mir klar wurde, dass ich es mit Naruto klären muss. Mit Naruto, nicht mit Itachi. So wie er selbst gesagt hat, Naruto brachte die Initiative und Itachi ist ein Mann, der einfach drauf eingegangen ist. Wenn man es genau betrachtet, dann wäre diese Sache auch überhaupt nicht schlimm, wenn ich mich nicht in Naruto verliebt hätte und es mitbekommen hätte. Wir waren kein Paar, Itachi hat von meinen Gefühlen nichts gewusst und das ist das Entscheidende. Er kann nichts dafür. "Ich würde sagen wir vergessen das. Es ist passiert, aber ich kann dir deswegen keine Vorwürfe machen, schließlich habe ich weder mit dir, noch mit Naruto über meine Gefühle gesprochen", entgegne ich deshalb gefasst, während mich Itachi einen Moment erstaunt ansieht. "Heißt das, du verzeihst mir?", fragt er dann leise, tippt mir mit seinem Zeigefinger gegen die Stirn, wie er es früher immer getan hat und lächelt ganz zaghaft. Ich schlucke und vergesse für einen Moment, zum wiederholten Male heute, wie ich Umarmungen eigentlich hasse, als ich Itachis Hand wegschlage und stattdessen meine um seinen Oberkörper lege. Es ist sanft und warm, aber auf jeden Fall anders als wenn ich Naruto umarme. Itachi ist überrascht, keucht sogar kurz auf, ehe er zögerlich diese Art der Zuneigung erwidert und mich leicht an sich drückt. Das war schon lange mal überfällig, denk ich. "Immerhin schlägst du mich nicht auch noch", murmelt er an meinem Ohr. Daraufhin runzle ich jedoch nur meine Stirn. "Warum sollte ich?", sage ich ebenso leise zurück. Er lacht kurz, ehe er wieder ernst wird und seine Umarmung etwas mehr intensiviert. "Als wir dich gefunden haben, da habe ich was Dummes gesagt und Naruto... Er hat mir eine rein gehauen", gibt er verlegen zu. Ich sage nichts, weil mich die Bilder ablenken, die sich in meinem Kopf abspielen. Ich stelle mir wirklich gerade vor, wie Naruto meinen Bruder schlägt und diese Vorstellung lässt mich lachen. Richtig lachen. "Wirklich? Tat's weh?", grinse ich ihn an, aber die Umarmung lösen wir immer noch nicht. Etwas zerknirscht erwidert er meinen Blick und ich bemerke, wie er grummelnd eine Hand an seinen Kiefer legt. "Hat mir meinen Kiefer ausgerenkt, der kleine Bastard. Es tat höllisch weh, aber vermutlich war es nötig", brummt er dennoch einsichtig. Ich nicke und bin nicht der einzige, der es wohl so sieht. "Ich denke auch, dass das mehr als nötig war", sagt Naruto. Wir drehen uns beide zu ihm, nachdem ich meine Hände von Itachis Rücken genommen habe und merke, wie amüsiert Naruto in der Tür steht. Seine Augen strahlen und ich kann nicht verhindern zu denken, dass er auf mehr, als nur Itachis ausgerenkten Kiefer anspielen will. Wahrscheinlich meint er sogar eher unsere Versöhnung. "Seit wann bist du da, Nervensäge?", grummelt Itachi. Naruto lacht nur und setzt sich ganz wie gewohnt auf seinen Platz am Tisch. "Lange genug um alles mitzubekommen was wichtig war. Und jetzt hab ich Hunger, also rück die Nudelsuppe raus", befiehlt er, doch Itachi zuckt nur mit seinen Schultern. Merkwürdig, jetzt wirkt er gleich ein wenig distanzierter. Was ist denn nun los? "Müssen noch warten. Hana kommt zum Essen", murmelt er, während er sich wieder dem restlichen Einkauf widmet. Naruto stöhnt wehleidig auf, doch ich stelle mir eine ganz andere Frage. "Wer ist denn Hana?", spreche ich meinen Gedanken laut aus und Naruto macht dazu noch ein sehr intelligent klingendes 'Oi', während sich Itachis Körper anspannt. "Das hab ich ja total vergessen. Eigentlich wollte ich dir das schon vorhin sagen, aber da hatte ich ja mit deinem Monsterschrank zu tun", erklärt sich Naruto, verpasst es dabei aber nicht mir einen Blick zuzuwerfen, der mir eindeutig sagen soll, dass ich wohl selbst dran schuld bin. "Dann sagst du es mir eben jetzt, Dobe", fordere ich ihn auf und stoße ihn zusätzlich gegen seine Schulter. Er braucht sich gar nicht einbilden, dass ich seinetwegen mitleid habe, nur weil er mir freiwillig beim Umräumen geholfen hat. "Schon gut. Also Hana ist..." Itachis tiefes Lustholen unterbricht ihn. "Hana ist meine Freundin", sagt er anstelle von Naruto. Mit einem bittendem Ausdruck im Gesicht sieht er mich an, als er seine linke Hand hebt und verlegen auf diesen kleinen, funkelnden Ring deutet. "Und wir sind verlobt." Jetzt bin ich sprachlos. Wirklich, absolut sprachlos. Damit hab ich nicht gerechnet und genauso sehe ich ihn jetzt auch an. Anschließend Naruto, der total unbeeindruckt nur mit seinen Schultern zuckt. "Ja genau, Naruto. Ist total unwichtig. Mein Bruder hat vor zu heiraten und du erzählst mir von einer Nudelsuppenbegegnung mit einer alten Oma? Klasse, Dobe." Dass ich hart klinge weiß ich, aber ich will ihn nur aufziehen, nur dachte ich nicht, dass es ihn so verletzt. Seine schuldbewussten Augen bohren sich beinahe schmerzhaft in mein Herz. Oh Gott, ich würde meine Worte ja gerne zurück nehmen, wenn er dafür anders schauen würde. Geht das? Natürlich nicht. "Da ist noch was, was ich dir noch nicht gesagt habe", flüstert er dann, den Blick abwartend auf die Tischplatte gerichtet. "Was denn? Noch irgendwelche Beziehungen von denen ich nichts weiß? Vielleicht sind Lee und Ino ja jetzt zusammen, oder noch schlimmer, du und Sakura?", platzt es aus mir heraus, unkontrolliert und unüberlegt. Das letzte hätte ich mir wohl lieber gespart, denn Naruto knurrt sauer und krallt seine Finger in das dunkle Holz des Tisches. "Nein, das ist definitiv nicht passiert, aber du bist auch nicht gerade fair. Schließlich wolltest du nicht, dass ich dir auf deine Briefe antworte", fährt er mich an, die Stimme mühsam beherrscht, was mich unwillkürlich schlucken lässt. "Da hätte ich dir dann erzählt, dass Kiba und Hinata jetzt zusammen sind und...", fährt er fort, wieder mit einem Grinsen im Gesicht, was mich vermuten lässt, dass er mir meine Bemerkung von eben nicht so böse nimmt wie er mir vorgespielt hat. "... dass Shikamaru und Ino auf der letzten Party geknutscht haben, aber angeblich ist nicht mehr gelaufen. Als ob, die zwei waren so dicht, da muss mehr gewesen sein", redet er weiter. Mit jedem Wort wird er euphorischer und hebt sogar mehrmals seine Augenbrauen an, wenn er zu mir sieht und der Meinung ist, damit irgendwelche Worte zu verdeutlichen. "Aber das meinte ich eigentlich alles nicht. Das ist doch alles unwichtig. Es betrifft ja eher Hana. Also das ist so, die zwei haben... verdammt, ich weiß gar nicht wie man sowas sagt. Also die Hana ist..." "Schwanger", beende ich seinen Satz, weil es kaum zu übersehen ist. Sie steht nämlich seit zwei Sekunden in der Küche und hört Naruto, beim stümperhaften Versuch ihren runden Bauch zu erklären, zu, während ich sie schon gesehen habe und etwas ungläubig ihren Zustand betrachte. "Ja genau, woher weißte das denn jetzt?", fragt mich Naruto ernsthaft und folgt erst eine Sekunde später meinem Blick. Dann brabbelt er noch irgendwas komisches, was ich nicht verstehe und seufzt erleichtert. "Na immerhin muss ich jetzt nichts Dummes von irgendwelchen Bienchen und Blümchen erzählen." Hana lacht und wuschelt Naruto durchs Haar. Sein Kommentar war aber auch wirklich... unnötig. Als ob ich nicht aufgeklärt wäre. "Du musst dann Sasuke sein, richtig?", wendet sich Hana freundlich mir zu, als sie genug von Narutos Murren hat und reicht mir ihre Hand. "Stimmt", entgegne ich schlicht und bringe diese noch recht zaghafte Begrüßung über mich. Aber ich finde sie nett. Wahrscheinlich auch, weil sie mir bekannt vorkommt. Nur woher? "Ich arbeite als Krankenschwester." Sie scheint meinen Blick wohl bemerkt zu haben und erklärt es mir schließlich ohne gefragt worden zu sein, aber bei mir lichtet sich dadurch auch der Nebel. Ich weiß noch, dass sie mir damals mein Essen und Trinken gebracht hatte, als ich im Krankenhaus lag. Ich nicke und sehe dann zu meinem Bruder, der immer noch etwas steif an der Theke steht und sich diese Szene ansieht. Aber als ich ihn anlächle scheint er sich etwas zu entspannen. "Hey, ihr bekommt ein Kind, da sollte man sich doch freuen, oder nicht?", frage ich Itachi und nun weicht auch die letzte Anspannung aus seinem Körper, während er Hana liebevoll in die Arme schließt. Nur Narutos belustigtes Schnauben stört etwas. "Was ist denn so lustig?" Mich zu ihm drehend bemerke ich seinen Blick und dieses kleine Funkeln in seinen Augen. "Nicht nur die zwei bekommen ein Kind", sagt er einfach mal so, ohne Umschweife und ich verstehe ihn nicht. Obwohl die Worte so klar sind, kann ich ihren Sinn nicht begreifen. Naruto scheint sich über meine Ahnungslosigkeit köstlich zu amüsieren, nur je länger er mich in Unwissenheit lässt, desto mehr drängt sich da ein ungewolltes Ereignis zurück, an das ich jetzt wirklich nicht denken will. "Was meinst du?", knurre ich, bemüht überhaupt etwas deutlich zu sagen und befürchte bereits das schlimmste. "Naja", fängt er an und zieht es absichtlich in die Länge. "Also eigentlich... bekommst du auch ein Kind", meint er ruhig und ich höre im Hintergrund Hana leise kichern. Zum Teufel mit Naruto! Was verheimlicht mir der Kerl. "Du wirst nämlich... Onkel", klärt er dann endlich, nach gefühlten Stunden, auf und lacht anschließend laut. Findet er wohl sehr witzig, blöde Aktion. Genau deshalb schlage ich ihm auch hart und unerwartet gegen den Hinterkopf, sodass er erschrocken keucht. Mir doch egal ob es weh tat, aber so einen Schreck brauch ich echt nicht nochmal. Ich habe nämlich Karin schon mit Kinderwagen vor unserer Tür stehen sehen die mir freudestrahlend verkaufen will, dass ich Vater geworden bin. Daran hat Naruto aber anscheinend nicht gedacht, sonst hätte er diesen Spaß sicher gelassen. "Was sollte das denn, Teme? Das war witzig", jammert er und reibt sich die schmerzende Stelle. "Sicher nicht. Du hast einen schrecklichen Humor", entgegne ich kühl. "Ich finde, wir sollten jetzt essen, sonst wird es wirklich noch kalt", wirft Itachi schnell schlichtend ein und ich bin dankbar dafür. Außerdem habe ich Hunger. Richtigen Hunger. Naruto scheint meine Ansicht zu teilen, denn er murrt nur kurz, ehe er seine Hände ausstreckt und von Itachi die erste Portion seiner Suppe in die Hand gedrückt bekommt. "Woahhhhh", staunt er begeistert. Seine Augen glitzern richtig, als er den Plastedeckel entfernt und ihm der Dampf entgegen kommt. "Die riecht sau gut", fügt er noch hinzu und sieht anschließend wieder fragend zu Itachi, der die Stäbchen einfach in die Mitte des Tisches legt und sich gefolgt von Hana zu uns setzt. "Was?", will er von Naruto wissen. Dieser legt seinen Kopf schief und reißt seine Augen weit auf. Momentan sieht er ein wenig aus wie ein bettelnder Hund, ob ihm das bewusst ist? "Ahh, vergiss es Naruto", ruft Itachi und deutet auf mich. "Du bekommst heute nur eine Portion, weil die andere Sasuke hat, den ich Dank dir nicht mit eingeplant habe. Also musst du wohl oder übel damit leben", grinst er Naruto süffisant an, der nur ein eingeschnapptes Geräusch von sich gibt und sich schmollend seiner Suppe widmet. "Gemeinheit. Immer auf die Kleinen", brabbelt er noch, ehe er seinen Mund mit Nudeln füllt und genüsslich anfängt zu essen. Nachdem wir gegessen haben und Hana sich schwerfällig erhoben hat, um den Abwasch zu erledigen, weil alle außer Naruto aus normalen Schüsseln gegessen haben, eile ich ihr zur Hilfe. Naruto tätschelt derweil lieber seinen Bauch und schnurrt beinahe sinnlich. Itachi musste nochmal weg. Irgendwas wegen Arbeit, was mir ehrlich gesagt ziemlich egal ist. "Dobe, was sitzt du da so doof rum? Du tust grade so als wärst du schwanger", fahre ich den Blonden an, der wirklich gar keine Anstalten macht Hana ein wenig zu entlasten. "Ne, ich muss eh los", meint er dann eilig, sieht fahrig zur Uhr und steht auf. Dabei wirft er Hana einen flüchtigen, aber entschuldigen Blick zu, die ihn sanft anlächelt und nickt. Das gibt es doch nicht. Der Typ kann immer noch alle Leute um seinen Finger wickeln... Naja, was wundert mich das eigentlich? Ich stehe auf der Liste seiner 'Opfer' wohl ganz oben an erster Stelle. "Wo musst du denn jetzt hin?", frage ich dennoch. Eine Erklärung kann er ruhig noch dalassen, bevor er sich einfach vom Acker macht. Fauler Mistkerl. "Ähm", macht er ertappt und kräuselt leicht seine Nase. Ist der nervös? Wegen einer Frage? "Zu Kiba. Hausaufgaben, Projekt, äh lernen?", haspelt er. Hana kichert schon wieder. Ich hingegen starre Naruto nur ratlos an. "Was von den drei Sachen willst du nun bei Kiba machen?", hinterfrage ich genauer. Er seufzt und verzieht sein Gesicht zu einer komischen Grimasse. "Ihm helfen ein Geschenk für Hinata zu finden." Jetzt ist er vollkommen durchgeknallt, oder? "Hä?", mache ich ziemlich intelligent, nur was soll man zu so einem schwachen Versuch einer Ausrede anderes sagen? "Maaan, frag doch nicht. Wir sind eben verabredet, akzeptier das, Teme", winkt er genervt ab und lässt mich verdutzt stehen. Er geht. Nimmt einfach seinen Rucksack und geht. Geflasht und wirklich irritiert von seinem Abgang sehe ich zu Hana, die mich mindestens genauso überrascht ansieht wie ich sie. "Was willst du jetzt machen?", fragt sie mich, als wir die Tücher zum Trocknen aufgehängt haben. Etwas unschlüssig zucke ich mit meinen Schultern. Bisher habe ich kaum darüber nachgedacht, was ich tun soll, wenn Naruto mal nicht da sein würde. Eigentlich total dämlich. Ich kann ihn ja nicht pausenlos für mich beanspruchen, was mir jetzt, wo er mit Kiba abhängt, wieder bewusst wird. "Ich werde zum Westfriedhof gehen. Ein Freund liegt dort", sage ich schließlich nach einer Weile stummen Nachdenkens. Mir erscheint es richtig, das jetzt zu tun. Als Abschied. Ein Abschied von Gaara und gleichzeitig von der Zeit, die mich mit ihm verbindet. Nur Hana sieht etwas skeptisch aus, aber ich kann sie beruhigen. "Gut, aber ich komm trotzdem mit", erwidert sie. Ich habe nicht wirklich was gegen ihre Gesellschaft, weshalb ich nicke und wir gemeinsam zum Friedhof gehen. Hana erzählt mir, dass sie dort ihre Großeltern besuchen möchte, die schon vor einigen Jahren verstorben sind. Sie erzählt mir auch, dass sie unheimlich glücklich mit Itachi ist und dass er ihr viel über mich erzählt hat. Hoffentlich nur Gutes, obwohl ich das nicht glauben kann. Dafür gab es auch zu viel Schatten, zu viel Schlechtes in meinem Leben. Aber Hana schwärmt trotzdem weiter und macht mir den Weg zum Westfriedhof leichter. Sie merkt es vielleicht nicht, aber sie ist gut darin, positive Gefühle zu wecken. "Was meinst du, die oder die?", fragt sie mich, hält mir einmal einen Strauß voller bunter Blumen, die ich nicht kenne, vor die Nase, während der andere, in ihrer rechten Hand, einheitlich aus weißen Lilien besteht. Mir gefallen beide nicht. Sie sind irgendwie, naja blumig eben. Und mit Blumen bin ich überfragt. Dennoch nicke ich zu dem Strauß in ihrer rechten Hand und Hana stimmt mir nachdenklich zu. Sie geht bezahlen, während ich noch uneinig in der Mitte des Ladens stehe und überlege, ob ich auch für Gaara... Nein. Ich weiß ja nicht einmal welche Blumen er überhaupt gemocht hatte. Und ein ganzer Bund an Blumen erscheint mir ohnehin zu viel. Ich bin kein Typ dafür. Letztendlich kann er sie ja doch nicht mehr sehen, so makaber das auch klingen mag, es ist so. Genau das ist tragisch an der Sache. Ich habe Temari am Grab getroffen. Wir haben uns unterhalten, über Gaara, über mich und darüber, wie sie versucht, dass alles zu verarbeiten. Sie hat es nicht leicht. Wir alle haben es nicht leicht. Und ich bin wahrlich nicht gut im Trösten. Trotzdem habe ich sie an meiner Schulter weinen lassen, bis sie sich beruhigt hatte. Wir haben Nummern ausgetauscht und ich habe ihr versprochen, weiterhin für sie da zu sein. Gaara hatte unrecht, wenn er geglaubt hat, seine Schwester hätte ihn gehasst. Das hat sie definitiv nicht. Ganz im Gegenteil, dieses Mädchen hat ihren Bruder geliebt. So sehr geliebt. Nur jetzt muss sie damit klar kommen, dass sie Gaara nicht helfen konnte, trotz der ganzen Versuche. Es ist schade und ich hätte mir ein anderes Ende für sie und Gaara gewünscht. So ein Ende, wie ich es mit Naruto habe, auch wenn es nicht perfekt ist. Nicht so perfekt, wie ich es mir erhofft habe. Nachdem wir zu Abend gegessen haben und ich gemeinsam mit Hana und meinem Bruder einen Film im Wohnzimmer angesehen habe, sind die beiden schließlich müde gähnend ins Bett gegangen. Ich sitze hier allein und lasse diese dämliche Serie laufen, weil ohnehin nichts Sinnvolleres kommen würde. Aber den eigentlichen Grund, warum ich mir dieses Zeug reinziehe, kann ich nicht verdrängen. Es ist wegen Naruto. Schon wieder wegen Naruto. Dieser Idiot hängt nämlich immer noch bei Kiba und glänzt durch Abwesenheit. Das Schlimme daran ist, es stört mich. Richtig ätzend. Dabei habe ich mir vorgenommen, die Sache so zu akzeptieren wie sie ist. Doch es ist verdammt schwer. Ich wünschte wirklich es wäre anders. Ich habe sehr lange gewartet. Ungefähr bis die Dauerwerbesendung von erotischen Telefonhotlines begonnen hatte. Aufgestanden bin ich dann, als sie angefangen hat mich zu nerven. Furchtbar dämlich diese Sexhotlines. Richtig unnötig. Mal ganz ehrlich, welche Menschen rufen denn da an und zahlen freiwillig so viel Kohle für ein Gespräch, das hauptsächlich aus Stöhnen besteht? Also die müssen eindeutig chronisch untervögelt sein. Ein einfacher Porno aus dem Internet würde es doch auch tun, oder nicht? Naja, wie auch immer. Diese Gedanken lenken mich nicht ausreichend genug davon ab, dass Naruto noch nicht wieder hier ist, sodass ich beschließe ins Bett zu gehen. Genau eine halbe Stunde später liege ich da auch und rutsche absichtlich weit an die Wand, um Platz für Naruto frei zu halten, weil ich nicht wüsste, wo er sonst schlafen würde. Momentan weiß ich nicht mal ob er sein Studentenzimmer überhaupt noch hat. Vielleicht übernachtet er aber auch bei Kiba, wäre jedenfalls im Bereich des Möglichen. Hoffnung aufgeben tue ich trotzdem nicht, weil es weder mein Herz, noch mein Verstand wollen. Mein Blick haftet unweigerlich an der Decke, wo sich leichte Schatten abbilden, die das ferne Laternenlicht von draußen hinein wirft. Und ich hätte sie doch farbig machen sollen, dann könnte ich mich jetzt wenigstens gedanklich über die falsche Farbwahl aufregen. So ist sie nämlich einfach nur weiß. Weiß und kahl, richtig langweilig. Ein sanftes aber schweres Seufzen entweicht meinen Lippen, als mir bewusst wird, dass ich mich einfach nur allein fühle. Die Erkenntnis hilft nur leider nichts. Ich drehe mich schon ein paar Minuten später auf die Seite, Blickrichtung zur Wand und versuche einzuschlafen, obwohl ich mir vorgenommen hatte zu warten. Die Frage ist nur warum? Warum quäle ich mich, wenn ich doch weiß, dass es dumm ist? Warum warte ich, wenn ich doch bereits weiß, dass er nicht kommt? Die Antwort ist einfach. Weil ich ihn Liebe und die Hoffnung ja immer bekanntlicherweise zu Letzt stirbt. Mein Herz schlägt schneller, als ich Mitten in der Nacht wach werde, weil sich die Bettdecke bewegt. Ich brauch mich nicht umdrehen um zu wissen, dass es Naruto ist, der sich neben mich legt. Seufzend bleibt er schon nach kurzer Zeit ruhig neben mir auf dem Rücken liegen, bis er erneut seufzt und sich wieder bewegt. Ich gebe kein einziges Anzeichen, dass ich wach bin, von mir und merke, wie er sanft seinen Arm um mich legt. Kaum eine Sekunde später rutscht er so dicht an mich heran, dass ich seine ganze Körperwärme spüren kann. So schön, einfach nur neben ihm zu liegen, mit ihm zu kuscheln und diesen Moment zu genießen. Mir ist zwar schleierhaft, warum er das tut, aber eigentlich bin ich auch zu müde, um mir deswegen jetzt Gedanken zu machen. Es ist so und ich mag daran jetzt im Moment auch gar nichts ändern. Weil es schön ist. Weil es warm ist. Und vor allem, weil es die Leere in mir füllt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)