Yasura und Kaname von Hidaso (Merkwürdig, wie die kleinsten Entscheidungen das Leben verändern können …) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Nun war es Zeit alleine weiterzugehen. Jedenfalls fast alleine, denn Kaname entschied sich, einfach weiter hinter ihr her zu gehen. Die Straßen waren fast leer und genau dieser Gedanke machte Yasura irgendwie Angst. Die meiste Zeit lief sie dort entlang, wo sie einen Schatten vermutete – etwa dicht an Hauswänden. Kaname fand es nach einer Weile irgendwie ungeeignet ihr so zu folgen, vielleicht hatte sie sogar Angst vor ihm… einfach aus Unsicherheit, weil er so doch viel mehr wie ein Krimineller wirken würde, wenn er hinter ihr lief, also begab er sich etwas neben sie. Ein Wort aber verließ seinen Mund nicht. Naja, bis sie auf einmal stehen blieb, da hätte er jedenfalls beinahe etwas gesagt. Er sah gleich, dass sie eigentlich Angst hatte und er staunte darüber, dass sie sich ganz alleine durch die Dunkelheit einen Nachhauseweg bahnte. Die Temperaturen sanken mittlerweile recht schnell und die Kälte der Nacht kroch Yasura über den Rücken. Sie fror etwas in dieser kalten Nacht und schlang die Arme um sich. Nun schloss sie die Augen – Auch wenn es eigentlich keinen Unterschied für sie machte. Sie standen gerade an einer Kreuzung, an der nur wenige Autos vorbei fuhren, weshalb ein Blinder nicht wissen konnte, ob die Ampel grün oder rot war. Zu allem Übel gab es hier anscheinend nicht dieses Geräusch, das eine Ampel macht, wenn sie grün ist, damit Menschen, wie Yasura, auch problemlos die Straße überqueren konnten. Als das Licht der Ampel auf grün sprang, ging Kaname wortlos über die Straße, denn er wusste, dass sie seine Schritte hörte. Sie konzentrierte sich eh fast nur auf ihn und war ihm, dem Fremden, in diesem Moment mehr als dankbar. Auf der anderen Straßenseite blieb er stehen und wartete auf sie. „Denk nicht gleich so schlecht, Yasura. Wahrscheinlich möchte er dir einfach nur helfen!“, sagte sich die junge Frau und schien ein wenig mutiger zu sein. „Ob sie Angst hat etwas zu sagen?“, fragte sich zugleich Kaname, doch wenn er nicht gerade in seinem Beruf war, war er sowieso nicht der sonderliche Redner. Im Gegenteil, er würde am liebsten jede Sekunde seines Lebens schweigen. Dadurch dass Yasura nun etwas unvorsichtiger wurde, stolperte sie kurz bevor die andere Straßenseite erreicht war. Sie fiel nach vorne – direkt in Kanames Arme. Er fing sich reflexartig auf und war mit seinem Gesicht nun ganz nach an ihrem. Anfangs hielt er -erschrocken über seine eigene Reaktion- noch die Luft an, dann aber atmete er aus und ein Hauch strich ihr sanft über das Gesicht. Sie lief knallrot an, was der Blonde in der Dunkelheit glücklicherweise nicht erkennen konnte. „E-Es tut mir Leid! Ich habe nicht aufgepasst!!“, rief Yasura erschrocken und kniff die Augen zusammen, damit er ihre starre Hilflosigkeit nicht sehen konnte. Dass sie blind war, war für sie dabei keine Entschuldigung. Einen Moment verharrten die beiden so. Seltsam. Sie klammerte sich die ersten Sekunden fast schon an ihn an und hörte sogar auf zu zittern, da der junge Mann so warm war. Wie konnte ihr das nur wieder passieren? Es waren schon wider diese kleinen Entscheidungen, die ihn und Yasura zusammen brachten. Wäre Kaname ihr nicht gefolgt… dann wäre sie gefallen oder vielleicht von einem Auto angefahren worden… Als sie das Festklammern bemerkte, ließ Yasura mit immer noch leicht geröteten Wangen ab. Als die beiden dann wieder auf dem Bürgersteig standen, tat der Prominente dann doch auf einmal den Mund auf: „Es ist nicht schlimm, mach dir keine Vorwürfe.“ Zum ersten Mal hatte die Blinde seine Stimme gehört. Und irgendwie wärmte sie ihr Herz… Er ließ langsam ihre Hand los und sah still zu ihr herüber. Sie öffnete endlich wieder die Augen und ihr Körper begann wieder zu zittern. Das konnte er einfach nicht mehr mit ansehen, also nahm er seinen dünnen Mantel, legte ihn ihr vorsichtig über und drückte vorne einen Knopf zu, damit der warme Stoff nicht von ihren schmalen Schultern herunterrutschte. Sie verstand erst im zweiten Moment, was er da tat und fühlte sich schon wieder viel zu lästig. „D-das musst du nicht tun…“, flüsterte sie leise, ohne überhaupt zu merken, dass sie ihn duzte. Verlegen drehte das Mädchen den Kopf zur Seite und atmete tief durch. Sie musste zugeben: So war es um einiges wärmer. Kaname blieb geduldig neben ihr stehen und wartete. Worauf er genau wartete, wusste er selbst nicht recht. Dann aber drehte sie den Kopf so zu ihm, dass er wenigstens das Gefühl haben könnte, dass sie ihn sehen würde. Sie wusste zwar ganz genau, dass es für die meisten Menschen fast schon unbehaglich war, wenn sie diesen starren Blick in eine andere Richtung lenkte. Kaname aber lächelte lediglich, denn er spürte einfach, dass sie sich Mühe gab, nicht aufzufallen, weil sie ja anders war. „Du hast es gemerkt,… oder?“, fragte sie nach einer Weile sehr leise. Er betrachtete noch immer ihre wunderschönen Augen. Ihm war es egal, wie starr ihr Blick war. Er sah etwas anderes in ihren Augen. Etwas, dass sie so unbeschreiblich schön machte. Sie konnte nur ein Engel sein – ja. Morgen würde er aufwachen, dachte er sich, und er würde sie nie wieder sehen, weil alles nur ein Traum war. „Du…“, fing er vorsichtig an. Es fiel ihm sehr schwer mit ihr zu reden, aber er riss sich zusammen, „…hast nicht den typischen Blick eines blinden Menschen… „ Er vergaß beinah alles um sich herum, als er mit ruhiger Stimme zu ihr sprach. „Du weißt, wo du hinsehen musst und deine Augen:…“, ohne es selbst zu merken, beugte sich Kaname ganz nah an ihr Gesicht und flüsterte dann den letzten Teil seines Satzes, „Sie wissen es auch.“ Er richtete sich wieder auf und legte ihr seine warme Hand auf die Schulter. „Denn sie zucken nicht wild umher.“ Seine Hand wanderte, genauso wie die andere, in seine Hosentaschen. Während sie langsam weiterliefen lugte er ein paar Mal zu ihr herüber und musterte sie schließlich ein weiteres Mal. Yasura nickte leicht und ließ ihre blauen Haare nach vorne fallen. Es störte sie ja sowieso nicht. „Das haben schon so viele Leute gesagt. Meine Augen sind zwar blind, aber meine Muskeln haben keinen Schaden.“, erklärte sie mit einem sanften Lächeln, dass sich auf ihren schmalen Lippen bildete. Es war wieder dieses traurige Lächeln, worauf ebenfalls Kaname nichts sagte. Yasura vertraute dem jungen Mann irgendwie, auch wenn sie bei seiner Berührung etwas rot geworden war. Wahrscheinlich war ihr ein Mann noch nie so nah gekommen. Auch wenn sie blind war, hatte sie genau das gleiche recht darauf, unruhig mit den Fingern zu spielen, wenn sie nervös war. Sie liefen ein Stück, ohne weitere Worte zu wechseln, doch irgendetwas schien Yasura zu quälen. „Ähm…“, fing sie dann leise an, als sie wahrscheinlich lange genug darüber nachgedacht hatte, „Ich weiß, dass das jetzt irgendwie… eine seltsame Frage ist, aber… Kannst du mich bis nach Hause begleiten?“ Sie senkte bei ihrer Frage unsicher den Kopf. Er aber hörte ihr aufrichtig und verständnisvoll zu, sah auf seine Uhr und schloss kurz die Augen. Um diese Uhrzeit sollte man wirklich keine Frau alleine draußen herumlaufen lassen. Schonmal gar nicht, wenn sie blind war. Er mochte sie komischerweise sehr gut leiden, was ihn ziemlich verwirrte, da er sie nicht einmal einen halben Tag kannte und ungefähr erst drei Sätze zu ihr gesagt hatte. Da er aber eh Zeit hatte, musste er nicht lang darüber nachdenken, wie seine Antwort lauten würde – wohl eher, wie er sie in Worte fassen wollte. „Also komisch ist die Frage nicht...“, äußerte er sanft und bemerkte, dass sie wieder etwas verlegener, dennoch ruhiger wurde. Auf irgendeine Art stand der Blinden diese Röte und Nervosität aber. „Wie weit ist es denn noch bis zu dir?“, fragte der Blonde dann freundlich und duzte sie einfacher Weise zurück. Es störte ja eh keinen, fand er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)