Thesedays ... von whitePhobia (*KaRe*) ================================================================================ Kapitel 8: Die Sicht der Dinge ------------------------------ 8. Die Sicht der Dinge Ray wachte am nächsten Morgen schon sehr früh auf. Ein dunkelblauer Himmel mit purpurfarbenen Wolkenfetzen kündigte den Sonnenaufgang an. Er rollte sich in seinem Bett auf den Rücken und versuchte erneut einzuschlafen, aber es gelang ihm nicht. Er öffnete die Augen und starrte zur Decke. Dort oben, wenige Meter von ihm entfernt, lag Kai in dem Bett, das sie sich gestern noch geteilt hatten. Gestern Nacht schien Wochen her zu sein. Ray starrte einige Minuten hinauf. Ihm fiel auf, dass der Stuck an der Decke an einigen Stellen feine Risse aufwies. Er seufzte. Morgen Nacht, kurz nach Null Uhr, wenn der Vollmond im Zenit stand, würden sie das Ritual durchführen. Und dann? Würde Kai sie am nächsten Morgen alle wieder vor die Tür setzen, ihn eingeschlossen? Ray spürte, wie ihm die Zeit davon rannte. Noch zwei Tage. Äußerst kurze Tage. Er hatte sich ja noch nicht einmal richtig auf das Ritual vorbereitet. Ray raufte sich die Haare. Er fuhr sich mit dem Fingern durch die Mähne, nahm sich eine Strähne seines schwarzen Haares und wickelte sie um seinen Zeigefinger. Das Haar glänzte sanft im Licht der Morgensonne, die sich gerade über den Horizont schob. Morgen Abend würde er sich seine geliebten Haare abschneiden. Er hatte lange darüber nachgedacht, was er für das Ritual opfern sollte. Haare konnten wieder wachsen. Aber es bereitete ihm doch Unbehagen daran zu denken. Seine Haare waren ja auch irgendwie ein Teil von ihm. Ray seufzte erneut und stand auf. Er würde auf keinen Fall wieder einschlafen können. *** Der Tag verging ruhig. Jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen, so brach der Abend nur zu schnell herein. Ray hatte sich bereits für die Ausstellungseröffnung umgezogen und klopfte leise an Kais Zimmertür. „Herein.“, bat die gedämpfte Stimme des Russen Ray in das Zimmer. Ray lächelte als er das Zimmer betrat. Kai stand vor dem bodenlangen Spiegel und war gerade dabei sich die Krawatte zu binden. Scheinbar mit nur mäßigem Erfolg. Kai warf Ray durch den Spiegel einen griesgrämigen Blick zu, als ob Rays Erscheinen an der Widerspenstigkeit des Stück Stoffs Schuld war. Ray trat an Kai heran und nahm die beiden Enden des Schlipses aus der Hand um sie für ihn zu binden. „Wie machst du das sonst?“, fragte er Kai lächelnd und knotete mit geübten Bewegungen den Stoff ineinander. Ray war froh endlich wieder einen Grund zu haben Kai nahe zu kommen. „Die hängen sonst immer schon fertig gebunden im Schrank. Aber Tala hat mir die Krawatte vor kurzen erst geschenkt, da muss ich sie doch heute mal tragen.“ Ray nickte und zupfte den Schlips ein wenig öfter zu Recht als es eigentlich notwendig gewesen wäre. Die Nähe zu Kai auf diese Weise auszukosten war einfach zu verlockend. Ray sah die Gänsehaut die sich auf Kais Hals ausbreitete, als er ihm den Hemdkragen zurechtrückte und dabei sanft seinen Nacken entlang strich. Er leckte sich nervös über die Lippen. Alles in ihm schrie danach Kai noch näher zu kommen, ihn zu küssen und …. „Ahh Ray, ich dachte mir schon dass du sowas kannst.“ Max stand in einem hellblauen Sakko in der Zimmertür und hielt eine passende Krawatte mit Rautenmuster in die Höhe. Kai zuckte bei Max Erscheinen von Ray weg, als hätten sie etwas Verbotenes getan. Ray seufzte innerlich auf und ging zu Max um auch ihm die Krawatte zu binden. *** Kai hatte während der Autofahrt in die Innenstadt kaum zwei Worte gesagt. Stumm hatte er sie durch das Straßengewirr der Stadt gefahren und Ray, der auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, immer wieder flüchtige Blicke zugeworfen. Ray hätte sich gefreut, wenn er einen Moment mit Kai allein hätte sprechen können, doch der Russe verschwand sofort im Getümmel der Besucher der Ausstellung, sobald sie die Galerie betreten hatten. Die Galerie schien früher eine Art Lagerhalle oder Industriegebäude gewesen zu sein, deren Wände man weiß getüncht hatte. Ray konnte das Backsteinmuster unter der weißen Farbe noch erkennen. Die Decken waren hoch und von ihnen hingen lange Leuchtstoffröhren hinab, die den Komplex in weißes klares Licht tauchten. Menschen standen in kleinen oder größeren Gruppen zusammen, tranken Wein, unterhielten sich oder betrachteten die Bilder. Die hohen nackten Wänden warfen das Echo ihrer Stimmen zurück, sodass sich das Stimmengewirr noch verstärkte wie sich wie das Summen eines großen Bienenschwarms anhörte. Ray betrachtete die ganze Szenerie eine Weile lang. Er hatte nicht vermutet dass die Ausstellung so groß sein würde. Als er sich von dem Anblick losreißen konnte und sich umsah, merkte er dass auch Max und Tyson sich unter die anderen Besucher gemischt hatten. Ray nahm sich ein Weinglas von einem Tablett, das ein Kellner ihm anbot. Vorsichtig schob er sich durch die Menge und sah sich dabei aufmerksam nach seinen Freunden um, konnte sie aber nirgendwo entdecken. Er ging zu einer freien Fläche vor einigen, an der Wand aufgehängten Gemälden. Er blieb vor einem der Bilder stehen und betrachtete es eine Weile. „Gefällt es ihnen?“, fragte ihn die tiefe melodische Stimme eines Mannes, der sich neben ihn gestellt hatte. „Ja schon, denke ich.“, sagte Ray und lächelte den jungen Mann höflich an. Er musste lauter als gewöhnlich sprechen um seine Stimme über die Geräuschkulisse des Raumes zu erheben. „Das freut mich. Ich habe es gemalt. Mein Name ist Sergej.“ „Ray.“, stellte er sich ebenso vor und schüttelte die Hand, die der andere Mann ihm gereicht hatte. „Du verstehst nicht viel von Kunst, oder?“ Ray schüttelte den Kopf und lächelte entschuldigend. „Nein, wirklich nicht.“, sagte er „Ich bin nur als Begleitung eines Freundes hier.“ Ray betrachtete sein Gegenüber genauer. Sergej war ein großgewachsener junger Mann. Mitte zwanzig, schätzte Ray, der eine wunderbare schokobraune Hautfarbe hatte. Er besaß schwarzes, sehr kurz geschnittenes, krauses Haar und ebenso dunkle Augen, die Ray fröhlich anfunkelten. Sergej strahlte eine freundliche Wärme aus, der man sich nur schwer entziehen konnte. „Hast du meine anderen Bilder schon gesehen?“ Ray verneinte und wurde darauf sogleich durch den Raum geführt. Sergej überschüttete Ray förmlich mit Details zu den Bildern und Ray gab sich Mühe die Gemälde entsprechend zu würdigen. „Hast du ein neues Opfer für deine Ausführungen gefunden, Sergej?“ Kais spöttische Stimme ließ Ray sich von dem Bild abwenden, das sie gerade betrachteten. Sergej bedachte Kai mit einem gespielt beleidigten Blick und grinste dann breit. „Ray, darf ich dir den Finanzier des Ganzen hier vorstellen?“, fragte Sergej an Ray gewandt. „Das ist nicht nötig.“, unterbrach ihn Kai „Wir kennen uns bereits. Wir sind gemeinsam hergekommen.“ „Oh.“ Sergejs Blick huschte verblüfft von Ray zu Kai, als ob ihn die Bekanntschaft zwischen ihnen beiden mehr als überraschte. „Ähm naja, dann habt ihr sicherlich nichts dagegen wenn ich euch allein lasse und mir noch etwas zu trinken hole.“ Sergej hob demonstrativ sein leeres Glas hoch und ließ sie dann allein. „Ich hoffe er hat dich nicht zu sehr in Beschlag genommen. Sergej hört sich selbst gern reden.“, sagte Kai als der Maler außer Hörweite war. „Nein, nein. Es war schon irgendwie … lehrreich.“ Ray musste lachen und merkte dass auch Kai in sein Lachen einstimmte. Er bemerkte wie schön es klang wenn Kai lachte. Einen Moment lang sahen sich beide direkt in die Augen. Das Stimmengewirr um sie herum verschwamm für Ray zu einem Rauschen. Die Nähe zu Kai verwirrte seine Sinne. „Ich liebe dich!“, sagte Ray unvermittelt, ohne dass er wusste, was er da aussprach. Er hatte einfach gesagt, was er in diesem Moment fühlte. Kai, dessen Lächeln zu ihm herunter strahlte, der sanfte Blick in seinen Augen. Es war ein perfekter Augenblick für Ray und er hatte nicht darüber nachgedacht, als er es aussprach. Kais Herz dagegen stolperte in diesem Moment und sein Lächeln gefror zu einer Grimasse, als er diesen kurzen Satz hörte. Mit fast allem hatte er gerechnet nur nicht damit dass Ray ihm in diesem Moment seine Liebe gestand. Was dachte Ray sich eigentlich dabei? Das er, Kai, hier und jetzt „ich liebe dich auch.“ sagen würde? Das war zu viel für ihn. Kai stolperte ein paar Schritte nach hinten, ließ Ray dann wortlos stehen und verschwand in der Menge. „FUCK!“ Rays Lippen formten das Wort ohne es laut auszusprechen. Er starrte zu der Stelle an der Kai soeben im Getümmel verschwunden war. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Wie hatte er nur so tollkühn sein können sowas laut auszusprechen? Er hätte sich denken können, dass Kai so reagierte. Wie war das noch gewesen mit: wenn man einen Mann zu sehr bedrängte …? Ray kippte den Inhalt seines Weinglases in einem Zug hinunter und stellte es auf dem Tisch neben sich ab. „Hey Ray.“, begrüßte ihn eine vertraute Stimme. Ray wandte sich widerwillig um, er hatte im Moment eigentlich gar keine Lust sich mit irgendwem zu unterhalten. Vor Ray stand Tala, das feuerrote Haar gekonnt verstrubelt, blickte er ihn mit seinem jungenhaften Grinsen an. „Hey Tala, wie geht’s dir? Ist ja großartig dass du malst. Deine Bilder sind … großartig.“ Ray war sich darüber im Klaren wie hohl sich seine Worte anhören mussten, aber er war einfach nicht in Plauderstimmung. Talas eisblaue Augen blickten Ray durchdringend an und glitten dann zu der Stelle wo Kai in der Menge verschwunden war. „Ob er eins und eins zusammengezählt hat?“, fragte sich Ray. Doch eigentlich war es ihm egal. „Na, wenn dir die Bilder schon gefallen, dann zeige ich dir mal mein Meisterwerk.“, sagte Tala, der Rays trübsinnigen Tonfall einfach überging und ohne eine Erwiderung abzuwarten schlossen sich seine langen dünnen Finger um Rays Handgelenk und zogen ihn hinter sich her. Tala sagte ein paar Worte zu Sergej, als sie an ihm vorbeikamen, und schob Ray dann durch eine Seitentür in einen düsteren Gang, dessen Wände aus Ziegeln in allen Rottönen bestanden. Das Stimmengewirr aus dem Ausstellungsraum erstarb als Tala die Tür hinter ihnen schloss. „Ich stelle das Bild nicht mit aus.“, erklärte Tala und bedeutete Ray ihm den Gang entlang zu folgen. Sie gingen ein paar Schritte, bevor Tala Ray unvermittelt ansprach. „Ich habe auch schon Tyson gesehen. Ich hätte nicht gedacht dass Kai euch mitbringt. Ich wusste ja noch nicht einmal dass ihr in der Stadt seid. Wie kommt es dass ihr beschlossen habt euch mal wieder zu treffen?“ „Ähm…“, Ray zögerte er wusste nicht ob es klug wäre Tala von dem Ritual zu erzählen. Obwohl dieser ja auch die Auswirkungen auf sein eigenes Bitbeast gespürt haben musste. Ray grübelte, wieder einmal auf der Suche nach einer Antwort die nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt war, aber dennoch genug Spielraum ließ und falsch interpretiert werden zu können. Ihm war bewusst, dass sein Zögern eigentlich bereits zu lange dauerte. „Schon gut. Es ist eure Sache.“, sagte Tala milde, doch der Blick aus seinen Augen verriet Ray, dass ihn seine Verschwiegenheit in gewissem Maße beleidigte. „Tyson hat auch so merkwürdig reagiert als ich ihn darauf angesprochen habe, warum sich euer Team nach so vielen Jahren plötzlich wieder sieht. Ich freue mich ja dass ihr da seid. Darf ich dir einen gut gemeinten Rat in Bezug auf Kai geben?“, fragte Tala, während sie gemeinsam weiter durch den Gang schritten. Die Backsteinwände verbreiteten eine feuchte Kühle. „Klar.“, Ray nickte knapp, er war froh das Tala ohne große Umstände das Thema wechselte, auch wenn sich Ray gewünscht hätte nicht gerade über Kai sprechen zu müssen. „Ich weiß nicht, was du vorhin zu Kai gesagt hast. Aber nimm dir seine Reaktion nicht allzu sehr zu Herzen. Kai ist ein riesengroßer Feigling was sein Privatleben angeht. Er benutzt seine Arbeit, um vor seinem Privatleben zu flüchten. Es gibt sogar Situation, da würde er noch nicht einmal zugeben, dass er eines hat.“ Tala lächelte bei seinen Worten, als ob er sich an eine konkrete Situation erinnerte und fuhr dann fort. „Aber er braucht Freunde und hängt auch nach all den Jahren irgendwie an euch. Er fürchtet sich nur in gewisser Weise davor, dass jemand ihm zu viel bedeuten könnte. Er hält das für eine Schwäche. Wenn er das merkt, dann geht er zehn Schritt zurück und richtet eine Mauer um sich herum auf, um niemand zu nahe an sich heran zu lassen. Naja die Freundschaft zwischen mir und ihm mal ausgenommen. Er könnte wirklich einem Stein noch Lektionen über Sturheit erteilen, was das angeht.“ „Ich weiß“, unterbrach Ray Talas Redefluss und lächelte traurig „ das habe ich bereits bemerkt.“ Ray hätte am liebsten offen mit Tala über Kai gesprochen und sich dessen Rat erbeten. Da Tala den Russen scheinbar soviel besser einschätzen konnte als jeder andere. Doch etwas hinderte ihn daran und Ray musste sich eingestehen, dass dieses etwas den schalen Geschmack von Neid auf seiner Zunge hinterließ. Neid über die Nähe, die zwischen dem Rotschopf und Kai scheinbar herrschte und die trotz Kais nach außen hin kühlen Temperaments, doch tief und innig zu sein schien. Das Kais zu Schau gestellte Maske, manchmal sehr wenig mit dem zutun hatte, was in seinem Inneren brodelte, hatte Ray ja schon während der gemeinsamen Nacht gespürt. Dennoch der Geschmack auf seiner Zunge hielt ihn davon ab, mehr zu sagen. Tala sah ihn mit einem merkwürdig forschenden Blick an, der Ray zu röntgen schien, während sie den restlichen Weg bis zu einer Metalltür zurück legten. Er öffnete die Tür und sie betraten einen hohen Raum, in dem mehrere Leinwände, einige mit Tüchern bedeckt, andere unverhüllt, an den Wänden lehnten. Ein leichter Geruch nach Firnis lag in der Luft. „Ist das dein Atelier?“, fragte Ray und sah sich neugierig um. Jede Art von Ablenkung kam ihm gelegen. „Nein.“, Tala schüttelte den Kopf und schritt zu einem großen düsteren Gemälde, das aufrecht an einer Wand lehnte. „Mein Atelier ist im Westen der Stadt, auf der anderen Seite des Flusses. Da sind die Mieten billiger.“ „Das ist es.“, sagte Tala und Stolz schwang in seiner Stimme mit, als er vor einem Gemälde inne hielt. Ray betrachtete das Bild vor dem sie standen und bereute sofort mit Tala mitgekommen zu sein. Er war von Regen in die Traufe gelangt. Blutrote Augen starrten ihm aus einem schneeweißen Gesicht von der Leinwand aus entgegen. Die Gesichtszüge von Kais Porträt waren seltsam in die Länge verzerrt. Der gemalte Kai lümmelte lasziv und halbnackt in einem Sessel. Ein Bild das Rays Meinung nach, mehr ins Schlafzimmer als über den Kaminsims im Salon gehörte. „Ich bin sprachlos.“, hauchte Ray und Tala neben ihm lächelte, scheinbar zufrieden mit seiner Reaktion. Das leise Quietschen der Metalltür ließ Tala und Ray ihre Blicke von dem Gemälde abwenden. Kai und Sergej betraten nacheinander den Raum. Ray seufzte leicht. Heute war wirklich nicht sein Glückstag. Kais Gegenwart verfolgte ihn wie ein Poltergeist und das Aufblitzen von Unsicherheit in diesen roten Augen erinnerte Ray wieder daran, dass er sich noch nicht einmal vor einer halben Stunde wie ein kompletter Idiot benommen hatte. Er konnte einfach nicht in Kais Nähe bleiben, nicht jetzt, nicht nachdem er sich wie ein Volltrottel verhalten hatte. Ray ging ohne ein weiteres Wort zur Tür und vermied es dabei in Kais Richtung zu schauen. Er wusste genau, dass er es war, der sich diesmal feige aus der Situation davon stahl, aber es war einfach zu viel für ihn. Sergej zwinkerte Tala noch einmal zu und folgte dann Ray in den Gang hinaus. *** Als die Tür hinter Ray und Sergej ins Schloss gefallen war, verschwand das Lächeln von Talas Gesicht und machte einem wütenden Ausdruck Platz. Er ging zu Kai, packte ihn grob am Arm und zog ihn zu sich. „Und jetzt sagst du mir bitte, was mit dir los ist.“, forderte Tala seinen Freund auf. Seine Augen waren wie blaues Eis, durch das das Sonnenlicht fiel: kalt, klar, unnahbar. „Was meinst du?“, fragte Kai und wusste nicht auf welche Tatsache Tala genau anspielte. „Ich habe heute einen Anruf von einem Anwalt bekommen. Er hat mir mitgeteilt dass ein größerer Geldbetrag auf meinem Konto eingehen soll und dass er das noch eine Unterschrift von mir braucht. Kannst du dir vorstellen wie groß die Summe war und von wem sie kommt?“, Talas Stimme klang bedrohlich, als er diese Frage stellte. Kai lächelt seinem Freund entschuldigend zu. Er war ein wenig erleichtert, dass Ray nicht mit Tala darüber gesprochen zu haben schien, was zwischen ihnen beiden passiert war. „Ich denke, ich bin dir wohl eine Erklärung schuldig.“, setzte Kai an doch Tala unterbrach ihn barsch. „Oh ja, das bist du! Falls du irgendwelche Probleme mit dem Finanzamt hast oder in zwielichtige Geschäfte verwickelt bist, fände ich es nett wenn du mich vorher fragen würden ob du dein Geld bei mir verstecken darfst.“ Kai lachte bei Talas Unterstellung leise auf und die blauen Augen seines Freundes wurden noch eine Spur kälter. „Nein, nein du verstehst das ganz falsch.“, sagte Kai und hob die Hände vor die Brust, als ob Tala ihn mit einer Waffe bedroht hätte. „Das Geld ist ein Geschenk.“ „Was?“ Tala entgleisten die Gesichtszüge. „Aber da ist doch … aber“, stammelte er ohne recht zu wissen was er eigentlich sagen wollte „Wieso?“ „Ich habe dir ja schon gesagt: Ich bin dir eine Erklärung schuldig.“, sagte Kai und begann Tala eine Kurzfassung der Geschichte zu erzählen, die Max ihm vor zwei Tagen in seinem Wohnzimmer erzählt hatte. Kai kam es wie eine Ewigkeit vor, seit seine Teamkameraden bei ihm aufgetaucht waren. Tala hörte Kai schweigend und mit gerunzelter Stirn zu. „Deshalb sind die also hier. Und ich kann nicht an dem Ritual teilnehmen?“, fragte Tala nachdenklich und tippte sich mit dem Finger an die Lippen. „Ich weiß nicht. Max hat gemeint, dass es nicht notwendig ist. Eigentlich solltest du nicht einmal von dem Ritual wissen.“ Tala nickte langsam und zog eine silberne Taschenuhr aus seiner Hosentasche. Sie war einmal ein Geburtstagsgeschenk gewesen. Tala klappte sie auf und betrachtete die Uhr. Auf der Innenseite des Deckels war das Wort Freundschaft eingraviert. Neben der Gravur war ein Bitchip an der Innenseite des Uhrdeckels befestigt. Tala strich über den Chip. „Und danach wird alles wieder wie früher sein?“, fragte er abwesend. „Wir wissen nicht genau was passieren wird. Aber wenn alles gut geht, denke ich … ja.“ *** Ray seufzte, als er und Sergej in den Ausstellungsraum zurück gekehrt waren. Seine Gedanken kreisten um Kai. Ray verfluchte sich selbst. Er hatte es versaut, schlichtweg versaut. Vielleicht konnte er jetzt einfach nach Hause fahren und sich in sein Bett legen, um morgen früh festzustellen, dass der heutige Abend nur ein böser Traum gewesen war. Oder besser noch: Wie der Kerl in dem Film über den Murmeltiertag, den ganzen Tag einfach noch einmal von vorn beginnen und alles richtig machen. *** Weit nach Mitternacht verließen Kai, Max, Ray und Tyson zusammen die Ausstellung. Kai fuhr sie in seinem Wagen durch das Netz der Seiten- und Nebenstraßen Moskaus zurück zur Villa. Dunkle Häuserfassaden zogen an ihnen vorüber. Kai warf einen Blick in den Rückspiegel, während er den Wagen durch die von der Nacht leer gefegten Straßen lenkte. Nur ein paar versprengte Gestalten waren jetzt noch unterwegs. Kais Blick fiel auf Ray, der zusammen mit Max auf der Rückbank saß, und den Kopf an Max Schulter gelehnt, die Rückfahrt zu verschlafen schien. Kai hatte Ray den restlichen Abend nicht mehr zu Gesicht bekommen. Nicht das es ihn gestört hatte, er hätte nicht gewusst wie er sich Ray gegenüber verhalten sollte. Einerseits zog es ihn zu Ray hin, andererseits machte ihm dieses Bedürfnis nach Nähe auch Angst, die ihn unwillkürlich Abstand halten ließ. „Was mache ich nur mit dir?“, dachte Kai reumütig während er Ray beobachtete und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße. http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/audiobooks/30/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)