Der blaue Stern von _Delacroix_ (Türchen Nr. 8) ================================================================================ Der schwarze Stern ------------------ Koumei dachte nicht groß darüber nach, als er zum 157'ten Mal den Arm hob, um auch den letzten von Kouhas Männern zurück nach Kou zu teleportieren. Seine Hand schmerzte, seine Augen drohten zuzufallen, aber er biss die Zähne zusammen. Konzentration war jetzt sehr wichtig. Wenn er sich nicht konzentrierte, konnten Fehler passieren und wenn ein Fehler passierte, konnte es sein, dass Prinzessin Kougyoku statt in ihren Blumen irgendwo im Meer landete und das musste nun wirklich nicht sein. Kurz zögerte er, wartete darauf, dass seine kleine Halbschwester endlich ruhig stand, dann hob er den protestierenden Arm und fügte auch ihren Namen der Liste in seinem Kopf hinzu. „157 Soldaten mit Ausrüstung und Prinzessin Kougyoku zurück in Kou.“ Er verkniff sich ein Gähnen und erlaubte es sich für einen Moment die Augen zu schließen, bis Kouha den Platz der Prinzessin eingenommen hatte. Eine weitere Bewegung, dann war auch das erledigt. Koumei spürte wie sein Kopf schwerer wurde. Er hatte geahnt, dass die Rückreise anstrengend werden würde, aber müde wie er war, war sie die reinste Tortur. Doch er durfte jetzt nicht schlafen. Erst musste er Kouen und sich nach Hause teleportieren, weg von den Zelten und dem Lärm und weg von Magnostadts viel zu lebhaften Überresten. Gähnend hob Koumei erneut den Arm, spürte noch, wie der Schmerz durch seine Gelenke schoss, dann fiel sein Kopf auf seine Brust und seine Konzentration versiegte schlagartig.   ★★★★★   Es war warm, relativ weich und es roch nach Pergament und frischer Tinte. Es war perfekt. Na ja, es wäre perfekt, wäre da nicht dieses unangenehme Piksen in seinem Arm gewesen. Koumei stöhnte in sein Kissen hinein, doch das Piksen hörte einfach nicht auf. „Steh auf.“ Er schob den Arm über seinen Kopf und stöhnte erneut. Eigentlich war er viel zu müde um jetzt aufzustehen. „Ich sagte, steh auf!“ Etwas hartes, kaltes drückte sich durch seine Gewänder und verursachte brennenden Schmerz zwischen seinen Rippen. War das... Ja das war. „Ich kann nicht aufstehen“, nuschelte er, „du hast mich erstochen.“ Und tatsächlich schien das den ungnädigen Störenfried für einen Moment zur Räson zu bringen. Der unangenehme Druck verringerte sich und es herrschte endlich wieder himmlische Ruhe. „Du hast nicht einmal einen Kratzer“, bemerkte sein Gegenüber und bewies damit, dass er hartnäckiger war als die anderen Diener, die so im Palast herumliefen. Hatte bestimmt sein Bruder eingestellt. Das erklärte dann nämlich auch, wieso er so verdammt unhöflich war. „Das heißt: Ihr habt nicht einmal einen Kratzer, mein Prinz“, verbesserte er ohne auch nur einen Finger zu bewegen. Es war doch gerade so schön warm und angenehm. „Ich verpass dir gleich 'nen Kratzer, wenn du nicht sofort von meinem Bericht gehst!“ „Kann ich nicht. Ich bin 'ne Anlage.“ Stille. Wundervolle, herrliche Stille. Glücklich kuschelte sich Koumei weiter in seinen neuen Schlafplatz hinein. Jetzt wo die Nervensäge endlich aufgegeben hatte, gefiel es ihm hier richtig gut. Kein direktes Licht, Wärme, der Geruch nach Pergament und Tinte, der langsam immer stärker wurde. Das feine Schaben der Schreibfeder auf seiner Stirn. Halt, bitte was? Ungläubig öffnete er erst ein und dann auch das andere Auge. „Was machst du da?“ „Was schon? Ich unterschreibe die Anlage.“ Das Schaben setzte sich fort und für einen Augenblick war Koumei prompt sprachlos. Hatte dieser unverschämte Kerl gerade wirklich... Sein Blick fiel auf das Tintenfass, das verräterisch nah vor seiner Nase stand und ihm zwei Dinge auf einmal verriet. Erstens, der Kerl hatte ihn wirklich gerade unterschrieben und zweitens, das da war nicht sein Tintenfass. Ungläubig rappelte er sich hoch und blickte sich um. Hohe Decken, helle Steinwände, große dunkle Schränke, komischer Typ in Grün... Verwirrt hob er die Hand und wischte sich halbherzig über die Stirn. Ein Fehler, denn das seltsam kribbelnde Gefühl dort blieb nicht nur, jetzt war auch noch seine Hand schwarz - Tintenschwarz. Hilflos starrte er sie an. Würde er das je wieder abbekommen? Und wenn ja, wie? Konnte er das einfach an seiner Kleidung abrubbeln oder würde die dann auch schwarz werden, so wie seine Hand schwarz geworden war? Langsam streckte er die Finger nach seinem Ärmel aus. „Halt!“ Koumei hielt in der Bewegung inne. „Wenn du das jetzt anfasst, hast du die Tinte gleich überall.“ Finger schlangen sich um sein Handgelenk. Ein Tuch wurde auf seine Haut gedrückt. Feucht, kühl, unangenehm und doch musste er fasziniert zusehen, wie das Schwarz mit jedem drüberstreichen blasser wurde und schließlich sogar ganz verschwand. Machten seine Diener so etwas normalerweise auch? Er wusste es nicht und er hatte auch keine Zeit darüber nachzudenken, denn plötzlich hatte er das Tuch im Gesicht. Wieder wurde an ihm herumgewischt und wieder hatte Koumei das Gefühl, dass ihm irgendwas entgangen war. Trotzdem schloss er nicht ganz unwillig die Augen und ließ seinen Gegenüber machen. Wenn man sich an die Kühle erst einmal gewöhnt hatte, war sie nicht so unangenehm wie er zunächst gedacht hatte. Es war ein interessantes Wechselspiel aus warmen Fingern und kaltem Tuch. Entspannend, wohltuend, weich... „Besser“, kommentierte der Andere, gerade als er anfing zu überlegen, ob er es sich leisten konnte, einfach wieder einzuschlafen. Schade, denn müde war er eigentlich immer noch. Trotzdem schlug er gehorsam die Augen wieder auf und bedachte den jungen Mann vor sich mit einem neugierigen Blick. Er hatte wohl etwa sein Alter, weißes Haar, dessen Länge er aufgrund der grünen Kopfbedeckung nicht richtig abschätzen konnte und einen prüfenden Ausdruck, der ihm ein bisschen das Gefühl gab, eine Ware auf dem Markt zu sein. „Hast du dich bei dem Sturz verletzt?“ Koumei schüttelte den Kopf. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, gestürzt zu sein. Wobei, irgendwie ergab das Sinn. Er musste beim Teleportieren eingeschlafen sein und dann war er hier diesem jungen Mann direkt auf seine Arbeit – Oh! Wäre er Kougyoku gewesen, er wäre sicher Puterrot angelaufen, so beschränkte er sich aber darauf nach der angebotenen Hand zu greifen um von dem Berg aus Schriftrollen zu steigen. Da hatte er sich ja was Schönes eingebrockt und das Schlimmste war, dass er zusätzlich noch dieses nagende Gefühl hatte, er hätte was vergessen. Irgendetwas wichtiges.   ★★★★★   In Magnostadt starrte Kouen Ren seit geschlagenen fünf Minuten an die Stelle, an der sein Bruder verschwunden war. Er wusste, er hatte ihn am Morgen verärgert, aber das was er gerade tat, war lächerlich. Er konnte doch nicht einfach seine Männer und seine Geschwister nach Kou teleportieren und dann verschwinden, bevor er auch ihn heim gebracht hatte. Er konnte ihn nicht einfach aussetzen! … … Aber scheinbar konnte er doch. Kouen presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Er fand das nicht witzig. Gar nicht witzig. Sein Bruder hatte alles mitgenommen, sogar sein Zelt und jetzt erwartete er scheinbar, dass er ganz alleine und zerknirscht heim reiste und das nur, weil er für eine kurze Zeit eine kleine Ablenkung genossen hatte. Aber nicht mit ihm. Sein Bruder hatte ihn ausgesetzt. Fein, dann würde er jetzt eben gehen und schauen ob König Sinbad Lust und Laune hatte, ihm die Zeit zu vertreiben, bis denen in Kou einfiel, dass sie ihn brauchten. Konnte ja so lange nicht dauern. Und he, Sinbad hatte ein Zelt. Eines in dem es ihm eigentlich ganz gut gefiel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)