Walk on the Edge von Yamato_ (Erste deutschsprachige Taito in Romanlänge) ================================================================================ Kapitel 4: Nagareboshi ni Onegai wo ----------------------------------- Disclaimer: Die krassen Kodomo und ihre fett geilen Didschis gehörn den schwulen Fuzzis von Bandai und Toei Animation. Habisch mir foll konkret ausgliehen, ey! Schreibisch voll krass die Fanfic, kriegisch aber nix Kohle für. Immer noch Disclaimer: Die deutschen Lyrics zu Let’s Gotsumon, Pumpmon , Brave Heart und Walk on the Edge sind meine, sie haben nichts mit den Texten von Andy Knote zu tun. Die dazugehörigen Songs gehören natürlich den Didschi-machern.. Autor:Yamato Spoiler: Alles bis Folge 34, aber ganz besonders die 33. Shibuya, krasse Gängstadidschis und jede Menge Mucke. Archive: Ähnlich wie für Amicus Draconis, hab’ ich jetzt auch für WOTE einen kleinen Schrein in meinem LJ angelegt. ( http://yamato--ishida.livejournal.com/72604.html ) Dort gibt es die Story mit Bildern, Hintergrundmaterial und kleinen Spoilern für noch nicht gepostete Folgen * * * 4. Nagareboshi ni Onegai wo Mahou wo tsukaeru you ni nagareboshi ni onegai wo Wenn eine Sternschnuppe fällt, wünsche ich mir, daß ich zaubern könnte. - Takeru - Tadaima! Das sagt jemand bei uns, wenn er die Wohnungstür aufschließt. Damit wissen all diejenigen, die sich in der Wohnung aufhalten, daß derjenige nun nach Hause gekommen ist. Die richtige Antwort auf ‘Tadaima‘ lautet übrigens ‘Okairi‘ Das sagen dann diejenigen, die sich in der Wohnung aufhalten, damit derjenige, der nach Hause gekommen ist, weiß, daß diejenigen die sich in der Wohnung aufhalten wissen, daß er nun nach Hause gekommen ist. So einfach ist das. Bei mir ist es sogar noch viel einfacher. Wenn ich ‘Tadaima‘ sage, bekomme ich in 95% aller Fälle, überhaupt keine Antwort, weil sich nämlich niemand außer mir in der Wohnung aufhält. Wenn ich von der Schule heimkomme, ist mein Vater normalerweise noch in der Arbeit. Am Wochenende unternehmen wir manchmal was zusammen, aber meistens muß er vom Sender aus auf irgendwelche Veranstaltungen. Dann bin ich bei meiner Mutter und Takeru. Mir macht das nix aus, ich weiß ja, daß Redakteur beim Fernsehen ein stressiger Job ist und daß man nicht soviel Privatleben hat, wie man es gerne hätte. Und es ist ja nicht so, daß er mich vernachlässigen würde. Ich hab‘ immer alles, was ich brauche, zu Essen, Klamotten, Sachen für die Schule und Spielzeug. Davon sogar jede Menge, denn als Fernsehredakteur verdient man ja nicht schlecht. Andere Kinder mögen sich drüber streiten, ob die Playstation nun cooler ist, als der Nintendo 64, oder ob der Gameboy eine bessere Graphik hat als der Wonder Swan. Mir ist’s wurscht, denn ich hab‘ alles zusammen! Wenn ich im November Geburtstag hab‘, krieg‘ ich endlich einen richtigen Computer und ein eigenes Handy. Das mit dem Handy darf ich aber nicht meiner Mutter erzählen, sie ist dagegen, daß Kinder Handys haben, weil das Ding angeblich irgendwelche Wellen aussendet, die schädlich für Gehirn und Wachstum sind, sagt sie. Mir macht das Alleinsein wirklich nix aus, ich müßte ja gar nicht allein sein, wenn ich es nicht wollte. Ich bräucht‘ ja nur den Jungs aus meiner Klasse zu erzählen, was ich alles für’n Krempel hab‘ und schon hätt‘ ich an jedem Finger zehn Freunde und die Playstation Spieler würden den Nintendo 64 Spielern die Türklinke in die Hand geben. Pfeif‘ ich aber drauf! Schon ein komisches Gefühl, nach so langer Zeit wieder in den eigenen vier Wänden abzuhängen. Mehrere Monate lang waren wir nun in der Digiwelt gewesen und als wir gestern zurückgekehrt sind, war immer noch der erste August. Also war ich in Wirklichkeit nur einen Tag weg. Mein Vater ist ein notorischer Schlamper und so genügt ihm ein Tag vollkommen, um die Wohnung in ein komplettes Chaos zu verwandeln. Wie das Ding ausgesehen hätte, wenn ich nach vier Wochen aus dem Ferienlager heimgekommen wäre, wag’ ich gar nicht zu denken. Wahrscheinlich hätt‘ ich dann erstmal das biochemische Versuchslabor im Kühlschrank schließen, das schmutzige-Wäsche-Biotop chemisch vernichten und den Käfer und Schaben Zoo in der Küche auflösen können. Obwohl, um den hätten sich dann schon die Ratten gekümmert. Gestern war ich allerdings zu müde, um noch irgendwas aufzuräumen. Nachdem wir durch Vamdemon’s Tor in die reale Welt zurückgekehrt waren, konnten wir erstmal quer durch ganz Tokyo wetzen, um den achten Digiritter zu suchen. Ganz recht, es gibt einen achten Digiritter. Ein weiteres Kind, das den ganzen bescheuerten Schlamassel mitmachen muß, und der arme Kleine weiß wahrscheinlich noch gar nix von seinem Glück. Vamdemon, dieser Vampirverschnitt hat ihm eine ganze Armee fieser Didschis auf den Hals gehetzt, a.k.a. Godzillas und Mothras in der Live-Version (und wie heißt der Schildkrötentyp, der das Eis spuckt, den vergess‘ ich immer?) Wir haben gestern gesucht, wir haben heut‘ gesucht und morgen werden wir wieder suchen! Ich hob ein Hemd auf, das mein Vater im Flur liegengelassen hatte und schmiß es in den Wäschekorb. Muß der Kerl seine Sachen immer überall auf dem Boden ausbreiten? Meine Mutter hat mal gesagt, es ist ein übriggebliebener Trieb aus der Höhlenmenschenzeit, Männer wollen ihr Revier markieren. Da Takeru und ich ja auch Männer sind, haben wir natürlich sofort angefangen, unser Spielzeug im ganzen Haus zu verteilen, worauf unsere Mutter einen Riesenkrach schlug. Ja, damals wohnten wir noch in einem Haus. Wir alle zusammen. Aber was soll’s, vorbei ist vorbei, und es ist mir sowieso wurscht. Als einsamer Wolf hat man genug andere Sorgen und als Digiritter gleich dreimal mehr. Ich flacke mich auf die Couch und glotze fern. Kommt nix Gescheites, wieder mal nur Schrott. Takeru will immer fernglotzen, wenn er hier ist, weil er hier alles anschauen darf und daheim nicht. Heut‘ war wieder so ein Scheißtag! Wir sind immer zu zweit los, Taichi und Koushirou, Sora und Mimi, Takeru und ich. Jou hat die Namenslisten aus unseren alten Klassen gekriegt, damit er alle Leute durchrufen kann. “Hallo, mein Name ist Kido Jou. Besitzt ihr Sohn/ihre Tochter vielleicht so ein kleines fiependes Ding? Nein kein Tamagotchi! Ein... äh... Digivice!“ Bin ja gespannt, wie viele er erwischt, bevor irgendwer die netten Onkels in den weißen Kitteln ruft. Gegen sieben wollte ich Takeru nach Hause bringen. Er soll daheim sein, bevor es dunkel wird, damit Mama sich keine Sorgen macht. Nur einsehen wollte mein Brüderchen das natürlich nicht, fing mitten in der U-Bahn an, rumzuquengeln. Daß er schon groß sei, daß er allein nach Hause fahren könne, daß ich aufhören solle, ihn zu bevormunden. Die ganze alte Leier. Ich nahm’s nicht weiter krumm, er war wirklich mit den Nerven völlig am Ende. Digiritter sein, ist kein leichter Job für einen Achtjährigen, und Takeru hat in seinem jungen Leben sowieso schon einiges mitmachen müssen. Manchmal frag‘ ich mich echt, wie er das alles verarbeiten kann. Wenn bei uns zu Hause rumgeschrieen wurde, hat er sich immer die Finger in die Ohren gesteckt, oder sich unter der Bettdecke verkrochen. Wir reden noch eine Weile über belangloses Zeug. Wir sehen uns nicht an dabei, sondern glotzen in unsere Spiegelbilder in der Fensterscheibe. Die unsichtbare Glaswand. Furchtbar symbolisch, nicht? Manchmal wird mir verdammt bewußt, wie sehr wir uns voneinander entfernt haben. “Onii-chan,“ sagte Takeru plötzlich in vollkommen veränderten Tonfall, “du mußt nicht den ganzen Weg mit mir nach Hause fahren. Es ist okay, wirklich. Ob wir uns jetzt verabschieden oder später, wo liegt denn der Unterschied?“ “Nein, ist schon in Ordnung. Ich weiß, daß du schon groß bist und den Weg allein fahren kannst. Aber du mußt auch an Mama denken, sie würde sich Sorgen machen, wenn du allein unterwegs bist.“ Wenn Takeru schlechte Laune hat, steckt er damit unweigerlich Patamon an. Der kleine Flatterhamster hatte nicht die geringste Lust auf seinem Schoß zu sitzen, sondern hockte oben auf der Gepäckablage. Zum Glück war unser Abteil leer, denn ein orangefarbener Riesenhamster mit Flügelohren hätte doch für etwas Aufruhr gesorgt. Neben ihm hockte Tsunomon und die beiden unterhielten sich im Flüsterton miteinander. Worüber, konnten wir nicht verstehen, es war allerdings sehr wahrscheinlich, daß sich das Gespräch um uns drehte. Plötzlich fragte Patamon: “Es muß dir wohl sehr schwer fallen, dich immer wieder von deinem Bruder trennen zu müssen.“ “Halt die Klappe!“ fauchte Takeru, “hör bloß auf, so einen Blödsinn zu reden!“ “Na, schön, ich sag‘ nichts mehr!“ Beleidigt drehte sich Patamon zur Wand. Shibuya Zentrum. Noch zwei Haltestellen bis zu Takeru’s Wohngegend. “Ich steig‘ jetzt aus!“ Kaum hatten sich die Türen geöffnet, flatterte das wütende Patamon auch schon hinaus. Sah so aus, als ob Takeru jetzt ein ernstes Problem hätte. “Takeru,“ sagte ich, “die Tür wird gleich zugehen!“ “Mir doch egal,“ schimpfte mein Brüderchen. Erst als ein quietschiges Fiepen ankündigte, daß sich die Türen wieder schließen würden, huschte er hinaus. Tsunomon und ich konnten ihm gerade noch folgen. Shibuya ist nicht so ganz der richtige Ort für Kinder, besonders nicht nach Anbruch der Dunkelheit. Nicht so heftig wie Shinjuku, das Rotlichtviertel, aber immerhin. Die Straßen sind eine Ansammlung von angeheiterten Geschäftsleuten mit dicken Geldbeuteln, kreischenden Frauen und grellbunten Neonröhren. Alle paar Meter wird man angequatscht, daß es in dieser Bar die beste Musik gibt und man in jenem Club die besten Chancen beim Glücksspiel hat. Uns quatschte zum Glück niemand an, wir sahen ja auch nicht so aus, als ob wir im richtigen Alter für so etwas wären. Von Patamon fehlte jede Spur. Null Peilung, wohin das beleidigte Didschi geflattert sein mochte. Mit ziemlicher Sicherheit hatte er sich verirrt, denn für Digimon ist Shibuya wohl auch nicht so ganz das Geeignete. Da sollte ich aber schnell eines Besseren belehrt werden! Ich hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als plötzlich zwei Gestalten um die Ecke gewetzt kamen und ums Haar mit uns zusammenstießen. Im ersten Moment konnte ich sie nicht richtig erkennen, da Tsunomon, der eine Gefahr witterte, zu Gabumon digitierte und mich mit dem Licht blendete. Nur eine Parfümwolke wehte uns entgegen. Die zwei starrten uns an und plärrten gleichzeitig los: “Krass, die Digiritta!“ “Ihr gehört zu Vamdemon‘s Armee!“ Gabumon ging sofort in Angriffsstellung. “Macht euch bereit zum Kampf!“ “Holisch meine zehn große Bruder, gibt’s Fotzen, Mon!“ plärrte das kleinere der beiden Digimon, denn daß es ein Digimon war, konnte man unschwer erkennen, trotz der reichlich ungewöhnlichen Aufmachung. Sein Kopf war so eine Art Halloween Kürbis, komplett mit glühenden Augen und Zackenmund. Vom restlichen Körper war nicht viel zu erkennen, denn es trug ein überdimensionales Fishbone Shirt, das wie ein Nachthemd am Boden schleifte. Nur wenn es die Beine bewegte, guckten unten ab und zu zwei Addidaslatschen raus. “Alles Easy, Mon!“ Sein Kumpel trug keine Schuhe, seine Füße bestanden wie auch der restliche Körper aus groben Felsbrocken und hätten in keinen Schuh gepaßt. Es hatte ein weißes T-Shirt an, auf das jemand mit klecksiger roter Farbe den Schriftzug ‘Thomy Hohlfinger‘ gepinselt hatte und war ständig damit beschäftigt, seine viel zu weite Baggy hochzuziehen, die ihm bei jedem Schritt über den Hintern rutschte. Wahrscheinlich stand es auch genau deshalb etwas sehr krumm da. “Gar nix easy, nomal oda wus? Erst kommt schwule Tussi, schlägt uns mit schwule Handtasche und jetzt krasse Digiritta!“ Das Kürbisdidschi kämpfte mit einem Käppi, das einfach nicht auf seinen fetten Kopf passen wollte. “Krasses Bunny ist schwula als die Boß!“ “Bist du scheiße in Kopf oda wus?“ trötete das Baggydidschi “Das is’ unsre Feinde, Mon, und du rädest von Braut!“ “Habisch jetzt kein Bock, Mon, Digiritta fotzen. Ganze Stadt ist foll mit mörderscharfe Bunnys, und du willst Digiritta fotzen! Ja, denkst, mörderscharfe Bunnys warten, bis du hast fertisch mit Digiritta fotzen?“ Das Fishbonedidschi hatte sich gewaltig in Fahrt geredet “Foll schwule Aktion, ey!“ “Alles easy, Mon, hast du Probläm? Alles halleluja in Shibuya!“ Offensichtlich wollten die Krassmondidschis uns nicht angreifen, also sollten wir jetzt wohl besser die Fliege machen und nach Patamon suchen. Aber auch da hatten die Typen was dagegen, sie schienen uns interessant zu finden und das, obwohl wir keine mörderscharfen Bunnys waren. Sie bauten sich vor uns auf, und fingen an herumzuhüpfen und rhythmisch mit den Armen zu wedeln. Beim Baggydidschi erwies sich das als etwas schwierig, da es seine Hose festhalten mußte. Bin isch krasses Gotsumon, yoh! – Panpumon! Bin isch fätt geil Sushi in Kopf! – Hey Mon, weiß isch schon! Voll krass! – Krass! – Wenn isch easy dursch den Strasse renn, Fätt Krass! – Krass! – hab isch Checkung, fahr isch hoch die Brain! Supakrass! – Krass! – Mags du Hip-Hop, sonst has du Probläm! Mägakrass! – Krass! – Mach isch fätte Party, nomal, oda was? - Krass! Mittlerweile hatte sich ein ziemlicher Menschenauflauf um die beiden Gängstadidschis gebildet. Die verlegten ihre Hüpferei vom Boden auf die Verkehrsampel der nächsten Kreuzung, wahrscheinlich weil Verkehrschaos mit quietschenden Reifen und schimpfenden Fahrer so gut zum Sound ihres Liedes paßte. Nicht daß sich die Tokyoer Autofahrer großartig an so lästige Kleinigkeiten wie beispielsweise Verkehrsampeln halten würden, aber zwei rappende Digimon sieht man selbst in dieser unserer Stadt nicht alle Tage. Bin isch krasses Gängstadidschi, yoh, Mon, hab isch krasse Baggy, auf die Kopf den Sonnebrille, Gäl in Chaar, mit krasse Käppi! Korrekt! Yoh, Mon! An Fuß das Buffalo, Mon! Mach isch krassen Breakdance, kann isch hüpfen wie Floh, Mon! Is alles Halleluja in Shibuya? Let’s go, schon! So eine Verkehrsampel ist eine etwas wackelige Angelegenheit, sogar für Leute, die keine Buffalos tragen. Yohmon hätt’s beinah‘ geschmissen, wenn er sich nicht rechtzeitig an Krassmon‘s Thomy Senfsoßen Shirt festgekrallt hätte. “Nomal oda was? Laß dein schwule Finger von mein krasse T-shirt, is krasse Markenklamotte!“ “Easy, Mon, tut mir gomen! Guck mal da in Schaufensta, krasse Addidas Chose!“ “Ihr könnt da jetzt nicht rein, das Geschäft hat zu!“ schrie ich den beiden hinterher, aber sie hüpften von der Verkehrsampel aufs Dach des Ladens, und kletterten hinunter ins Schaufenster. In Windeseile hatte Gotsumon krasse Baggy gegen krasse Addidas Hose ausgetauscht, während Pumpmon dem armen Gabumon sein Fishbone Shirt überstülpte. “Yoh, Mon, krasses Digirittadischi schaugt konkret müde aus.“ Das unglückliche Gabumon wußte überhaupt nicht, wie ihm geschah. “Ja, Mon, brauchsu Red Bull, wirsdu wieder wach!“ “Jetzt laßt ihn endlich in Ruhe!“ Verzweifelt versuchte ich an der Regenrinne hochzuklettern, um aufs Dach, ins Schaufenster und zum verschleppten Gabumon zu gelangen, damit ich es endlich aus seiner mißlichen Lage befreien konnte. “Ni-chan,“ quietschte es hinter mir, “kuck mal, ich bin cool!“ Ich glaub’s einfach nicht, jetzt fängt mein Brüderchen auch damit an. Eins der Gängstadidschis hatte ihn in einen weißen Trainingsanzug mit blauroten Streifen gesteckt und ihm das Käppi aufgesetzt, das vorhin nicht auf den runden Kürbiskopf gepaßt hatte. Mit dem Käppi sah Takeru echt lieb aus, es stand ihm viel besser als sein komischer quietschgrüner Hut. Nur der Trainingsanzug schlabberte an allen Ecken und Enden. “Du bis krassa Biker, du brauchs das da!“ Yohmon hängte mir eine Lederjacke über die Schultern, von der ich allerdings nicht viel sah, da mir Krassmon zugleich eine Sonnebrille überstülpte. Mit Sonnenbrille bei Nacht sieht sich’s nicht besonders gut, also schob ich das Ding in die Haare hoch, und betrachtete mein Spiegelbild im Schaufenster. Hey, so schlecht ist das gar nicht, das taugt mir. Die Lederjacke müßte ein bisserl enger sein und die Brille nicht unbedingt von Addidas, da gibt‘s Besseres, aber sonst? Hat jedenfalls viel mehr Style, als gewisse Leute, die sich Taucherbrillen um die Birne klemmen. Na ja, das ist nun wirklich keine Kunst. Selbst krassa Gängsta hat konkret besseres Klamottengeschmack als Tauchabrillebrain. Meine Güte, was denk‘ ich mir hier eigentlich? Ich geh‘ shoppen mit zwei Typen von Vamdemon’s Armee und das nachts in Shibuya. Bei allen Göttern, wo bin ich hier gelandet? Wenn das alles vorbei ist, kauf‘ ich mir ‘ne Lederjacke! Und ‘ne anständige Sonnenbrille! Das Baggydidschi, oder jetzt Addidashosendidschi hatte wohl schon wieder was Neues entdeckt, denn es packte seinen Kumpel am Arm und zog ihn weiter. “Hey, wir müssen die Klamotten hierlassen, die gehör’n uns nicht!“ Ich zog den Krempel wieder aus und half meinem Brüderchen sich aus dem Trainingsanzug zu befreien. Bis wir damit fertisch hatten, waren krasse Gängsta allerdings schon wieder aus unserem Blickfeld verschwunden. “Macht nix,“ sagte mein Brüderchen und machte das Käppi weiter, um es sich über seinen komischen quietschgrünen Hut zu stülpen. “Geh’n wir krassa Musik nach!“ Musik? Als Musik würd‘ ich das ja nicht bezeichnen! Bin isch krasses Gotsumon, yoh! – Panpumon! Bin isch fätt geil Sushi in Kopf! – Hey Mon, weiß isch schon! Voll krass! – Krass! – Wenn isch easy dursch den Strasse renn, Fätt Krass! – Krass! – hab isch Checkung, fahr isch hoch die Brain! Supakrass! – Krass! – Mags du Hip-Hop, sonst has du Probläm! Mägakrass! – Krass! – Mach isch fätte Party, nomal, oda was? - Krass! “Yoh, Mon, gib mir auch krasses Red Bull, nimm‘ noch paar mit, für krasse Digiritta, und krasses Digirittadidschi!“ “Korrekt, Mon, Kollege darfsu nisch fagessen, wär voll schwule Aktion, ey!“ Bin isch cooles Gotsumon, hai! – Panpumon! Hab isch krass mein Handy dabei! – Hey Mon, weiß isch schon! Voll krass! – Krass! – Wenn isch easy dursch den Strasse lauf, Fätt Krass! – Krass! – reiß isch mördascharfe Bunnys auf! Supakrass! – Krass! – Ess isch Döna jetzt mit Soya drauf! Mägakrass! – Krass! – Oda mit Süß-Sauer! – I-ta-da-ki-mas! – Krass! Yoh, yoh, yoh, yoh, yoh! Die Gängstadidschis kamen auf uns zugerappt, oder besser zugespackt und drückten uns Red Bull Dosen in die Hände, wo auch immer sie das Zeug jetzt schon wieder her hatten. Die Antwort darauf ergab sich einen Moment später, als ein wutschnaubender Straßenverkäufer mit knallroter Birne auf uns zugerast kam, und kreischte “Diebe, sie haben meine Getränke gestohlen!“ Ohne lange zu überlegen, wetzten wir los, bogen in die nächste Gasse ein, und dann ab durch die Büsche. Kann mir mal jemand verraten, warum wir auch weglaufen? Ist das etwa unsere Schuld, wenn diese kranken Typen uns mit geklautem Zeug beehren. Oh, Mon,.. äh... Mann, ich krieg‘ hier noch die Krise! Als wir schließlich erschöpft irgendwo anhielten, erschien der Gedanke an einen schönen kühlen Red Bull doch recht verlockend. Nein, das Zeug war geklaut, das gehört sich nicht! Auch mein Brüderchen wies die Dose stolz zurück. Nur das arme Gabumon konnte der Versuchung nicht widerstehen. Er sah schuldbewußt drein, nahm einen kräftigen Schluck und verschluckte sich heftig. Recht geschah’s ihm, das war das schlechte Gewissen! Er war immer noch am Husten, als die Luft um uns herum leise zu rauschen begann. Das Rauschen wurde lauter und lauter, jetzt hörte es sich an wie das Schwirren von Tausenden von Fledermäusen. Dann verklang es. “Gotsumon, Pumpmon,“ fragte eine schneidende Stimme. “Warum trinkt ihr Red Bull mit den Digirittern?“ Es war sicher nicht das erste Mal, daß wir Vamdemon begegneten, aber ganz bestimmt nicht aus dieser Nähe. Ich geb’s nicht gern zu, aber der Kerl kann einem ganz schön einen Schrecken einjagen, sieht wirklich aus, wie aus einem Draculafilm. Über zwei Meter groß, Plastikgebiß und ein Grinsen, das einen Vulkan zum Gefrieren bringt. Mit einer herrischen Geste warf er den Umhang zurück und blickte eiskalt auf die beiden Didschis hinunter, die sich am liebsten im nächsten Gully verkrochen hätten. “Machen wir gar nicht, Vamdemon-sama, tut uns gomen.“ “Wir werden sie gleich voll krass fotzen!“ Das warteten wir lieber nicht ab, da gingen wir stiften. Da ich nicht wußte, ob und welche Fernattacken die Typen haben mochten, paßte ich gut auf, daß Takeru immer vor mir blieb. So würde es im Zweifelsfall zuerst mich erwischen. Hätte Gabumon doch die ganzen Red Bull Dosen ausgetrunken! Dann könnte er jetzt digitieren! Warum bin ich nur so verdammt enttäuscht? Hätte mir doch echt denken können, daß die Typen sofort die Seiten wechseln, wenn’s ernst wird. Macht doch jeder so, wann kann man sich schon auf jemand verlassen? Ganz besonders nicht auf die – diese Möchtegerngangster! Endstation. Wir sind in eine Sackgasse gelaufen. Na toll! Das wird ja immer besser! Ob Patamon wohl ahnt, in welcher Gefahr sein Schützling schwebt? Selbst wenn er ihm helfen will, wie in aller Welt soll er den Weg hierher finden? Bedrohlich kommen Gotsumon und Pumpmon näher. Schöne Scheiße, jetzt sitzen wir aber verdammt in der Klemme. “Kuck mal, Mon, Digiritta zieht Fresse, als ob gleich macht vor Angst in Chose.“ Angst? So ein blödsinniger Quatsch! Der einsame Wolf sieht niemals ängstlich aus! Ich gehe jede Wette ein, daß ich eher verdammt sauer aussehe, aber niemals ängstlich. Die Typen müssen Takeru meinen, nicht mich! Nur zu schade, daß sie ihn gar nicht sehen können, er steht nämlich genau hinter mir. Na ja, vielleicht können sie ja durch mich hindurchsehen. Jetzt wird’s echt ernst. Die beiden gehen in Angriffsstellung. “Petit....“ Gabumon wollte gerade zu einer Attacke ansetzen, als Pumpmon plötzlich sein Kürbisgesicht verzog. “Autsch, hör’ auf mich zu sackeln, Mon, hast du krass gesagt, wir tun uns nicht sackeln, in Vamdemon’s Armee! Hast du gesagt, ey!“ “Chill out, Mon, schwule Boß is konkret weg, können jetzt wieder rappen und krasse Bunnys aufreißen.“ Allen dreien fiel uns die Klappe runter: “Ihr wollt uns überhaupt nicht angreifen!“ “Nomal, oda was? Sind doch krasse Kollegen, wollen euch bloß bißchen verscheißern!“ Gotsumon öffnete eine weitere Red Bull Dose und kippte sie in einem Zug runter. Mein Brüderchen und ich seufzten erleichtert. Na, das war ja grade nochmal gutgegangen! Oder doch nicht so ganz? Diesmal war es Gotsumon, der sich am Red Bull verschluckte. Er versuchte etwas zu sagen, doch das ging in seinem Hustenanfall unter. Pumpmon hämmerte ihm auf dem Rücken herum und blickte sich nervös nach alle Seiten um. “Ab in Büsche, Digiritta, schwule Boss in Anmarsch. Muss isch Boss konkret Story verzählen, wie ihr entkommen seid.“ Es wedelte in eine unbestimmte Richtung, packte seinen hustenden Gängstakollegen am Arm und die beiden wetzten um die Ecke in die nächste Straße. Weit kamen sie nicht, denn Vamdemon hatte sich bereits vor ihnen materialisiert. Von unserem Versteck aus konnten wir ihn nicht sehen, wohl aber seinen Schatten, der von Straßenlaternen und Leuchtreklamen seltsam verzerrt übers Pflaster glitt. “Nun?“ fragte die Stimme höhnisch. “Also...“ fing Pumpmon zu stottern an, wurde aber sofort von Gotsumon unterbrochen: “Wir war’n voll krass dicht dran, Boss-sama, hatten sie schon beinah‘ erwischt! Dann kam schwule Ecke und...“ “Yoh, Mon, schwule Ecke!“ pflichtete Pumpmon seinem Kollegen bei. “Ganz konkret schwule Ecke!“ “Und Digiritta sind rum um schwule Ecke und war’n krass verschwunden. Weg! Konkret aufgelöst in die Luft!“ “Alles deine Schuld, Mon, los komm, gehen wir auf die Stelle suchen!“ “Das wird nicht nötig sein.“ Vamdemon’s Stimme hatte einen schneidenden Tonfall angenommen. “Für Verräter ist kein Platz in meinen Reihen.“ Das Rauschen der Fledermausflügel. Und die Stimmen der beiden. “Vamdemon-sama, tut uns gomen, schwule Digiritta ham uns voll krass ausgetrickst. Aba wir finden sie noch!“ Verdammt, der wird doch nicht... Ein furchtbarer Verdacht stieg in mir hoch. “Bleib‘ hier!“ zischte ich Takeru zu. Mit Gabumon wetzte ich um die Ecke auf die Digimon zu. Hunderte von Fledermäusen schwirrten und flatterten in der engen Gasse herum. Aus der Entfernung sahen sie aus wie eine schwarze Wolke, noch schwärzer als schwarz. Einfach scheußlich. Und inmitten der unheimlichen Wolke standen Gotsumon und Pumpmon und klammerten sich ängstlich aneinander. “Wir sind hier, wenn du uns suchst, Vamdemon!“ schrie Takeru. Verdammt, warum ist er nicht im Versteck geblieben, wie ich es ihm gesagt hab‘! Dann wurde es still. Die Wolke war fort, die Fledermäuse waren fort, Gotsumon und Pumpmon waren fort. Einfach so. Als wären sie nie dagewesen. Nur Pumpmon’s Käppi lag noch auf dem Boden, wo es vorhin hingefallen war. Weil es mal wieder nicht auf seinen großen runden Kürbiskopf gepaßt hatte. “Warum?“ brüllte ich los, und ausnahmsweise kümmerte ich mich einen Dreck darum, daß mir die Tränen aus den Augen schossen und über die Wangen liefen. “Du hättest ihnen nichts tun müssen, sie waren doch überhaupt nicht wichtig für dich. Du hättest sie gehen lassen können! Du willst doch nur uns!“ “Keine Bange, ihr kommt auch noch dran!“ Vamdemon kümmerte sich nicht im geringsten um meinen Gefühlsausbruch. Mit einem Grinsen entblößte er sein Draculagebiß und fuhr sich mit der Zunge über die spitzen Eckzähne. Das ist einfach nicht fair! Die Gängstadischis sind unsere Freunde gewesen und wir haben nichts tun können, um ihnen zu helfen! Und ich hab‘ noch gedacht, sie wollten uns verraten. Und jetzt sind sie tot, weil sie es nicht getan haben. “Onii-chan,“ sagte Takeru, “du weinst ja!“ Er streckte die Hand aus und strich mit dem Finger über meine Wange. So, als wolle er sich davon überzeugen, daß das wirklich Tränen waren, weil er es einfach nicht glauben konnte. Es ist so verdammt lange her, daß er mich zum letzten Mal hat weinen seh’n. Wo immer die geheimnisvolle Kraft herkommt, die unsere Digimon digitieren läßt, ich glaube nicht länger, daß Digivices oder andere elektronische Spielzeuge die wahre Ursache dafür sind. Es muß etwas anderes sein. Etwas, das mit uns selbst zusammenhängt. Mit unseren Herzen, unseren Gefühlen. Ich kann es nicht erklären, aber eines Tages werd‘ ich es besser verstehen, dessen bin ich mir sicher. “Gabumon ... shinka … Garurumon!“ Glaub’ an deine Stärke, sie verbirgt sich in dir, Gib‘ nicht auf. Du darfst nie vergessen, daß die Welt auf dich zählt, Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Unser blauer Stern, er leuchtet hell, Wie sein Glanz erstrahlt, am dunklen Himmelszelt. Jetzt liegt’s an dir, daß er sein Licht behält! Garurumon’s Fuchsfeuer scheint Vamdemon tatsächlich zurückzutreiben. Und nicht nur das, auch mein Wappen hat wieder zu leuchten begonnen. Jetzt haben wir eine echte Chance, diesen Kampf zu gewinnen. “Garurumon ... choushinka ... WereGarurumon!“ Für den Traum – der in deinem Herzen lebt! Für ein Herz – das für deine Freunde schlägt! Für Menschen, die du liebst, wirst du alles riskier’n! Tief in dir – spürst du wie die Flamme brennt, Glaube mir – die Kraft, die noch niemand kennt, Kommt aus deinem Herzen Sie wird dich stärken, Sie macht deine Wünsche wahr! SHOW ME YOUR BRAVE HEART! Vamdemon hat den Kampf in die Luft verlagert, vermutlich glaubt er, dort im Vorteil zu sein. Weit gefehlt, denn WereGarurumon jagt wie der Blitz an den glatten Wänden der Wolkenkratzer rauf und runter. Mit seinen Sprungbeinen stößt er sich ab und landet Sekunden später auf dem nächsten Gebäude. Wenn die Sonne auch nicht jeden Tag für dich scheint, Gib nichts drauf. Wenn’s in Strömen regnet, wenn es stürmt oder schneit, Spann‘ den Regenschirm auf! Wie das Leben spielt, was ist dabei? Das verrät kein Plan und darum sind wir frei! Glaub‘ fest daran, daß du dein Ziel erreichst! Trotzdem, auf Dauer wird er das nicht durchhalten können. Langsam ermüden seine Kräfte. Es ist nur noch eine Frage der Zeit wie lange er den Attacken seines Gegners noch ausweichen kann. “Heaven’s Knuckle!“ Ein weißgoldenes Licht strahlt über den Himmel und wirft Vamdemon zurück, gerade als er WereGarurumon eine Ladung Fledermäuse verpassen will. Das Draculadidschi weiß überhaupt nicht, wie ihm geschieht. Angemon ist zwar nur auf dem Championlevel, aber gegen Digimon, die von der dunklen Macht beherrscht sind, schlagen seine Attacken ein, wie Kanonenkugeln. “Angemon!“ jubelte Takeru. “Ich hab‘ dich ja so vermißt!“ Wie der Wind – nur daß du noch schneller fliegst, Wie ein Pfeil – der hoch auf die Sonne zielt! Für Menschen, die du liebst, wirst du niemals verlier’n! Tief in dir – spürst du, wie dein Mut erwacht! Glaube mir – das ist deine wahre Kraft! Hörst du dein Herz schlagen? Es will dir sagen, Vertrau auf die Kraft in dir! SHOW ME YOUR BRAVE HEART! Es ist wirklich lange her, daß wir Angemon zum letzten Mal gesehen haben. Verdammt lange her. Damals beim Kampf mit Devimon. Der ist uns in sehr unangenehmer Erinnerung geblieben, denn Angemon hat sein Leben gegeben, um Takeru zu beschützen. Für den Traum – der uns in die Zukunft trägt Schlägt ein Herz – das dein wahres Ich verrät! Für Menschen, die du liebst, wirst du alles riskier’n! Vergiß – den Zweifel, glaub‘ an dich selbst! Zerbrich – die Mauer der Angst zerfällt! Der Schlag deines Herzens gibt dir die Kraft, die du brauchst! BELIEVE IN YOUR HEART Auch Takeru schien daran denken zu müssen, denn er wurde plötzlich ganz still und hatte diese Falte zwischen den Augenbrauen, die er immer hat, wenn er über etwas nachdenkt. “Der Kampf ist noch nicht zu Ende!“ brüllte das Draculadidschi, “ich habe jetzt nur keine Zeit, um mit euch zu spielen!“ Das heißt übersetzt soviel wie: Hab isch konkret Schiss, Mon, mach isch krasse Fliege! Feiges Mistviech! Nächstes Mal sollten wir Knoblauch und ein paar Eichenpflöcke mitnehmen. Oder gleich Silberkugeln! Als Angemon in einem goldenen Licht verschwand, blieb mir für einen Augenblick echt das Herz stehen. Doch er digitierte nur zu einem völlig erschöpften Patamon zurück, der benommen zu Boden taumelte. Bevor er diesen jedoch erreichen konnte, kam mein Brüderchen auch schon angewetzt, und fing ihn in seinen Armen auf. “Patamon,“ schniefte er, “es tut mir so leid, ich war ja so gemein zu dir!“ “Schon in Ordnung!“ Patamon schnappte nach Luft, und kuschelte sich noch enger an Takeru’s Brust. “Jetzt ist ja alles gut!“ “Nein, gar nichts ist gut!“ protestierte Takeru. “Wenn ich nicht so gemein gewesen wäre, dann wärst du nicht weggeflogen und dann wären wir nicht hierher gekommen und hätten auch nicht Gotsumon und Pumpmon kennengelernt. Und dann...“ er schluckte, “dann wären die beiden jetzt noch am Leben.“ “Es war ganz bestimmt nicht deine Schuld!“ sagten Gabumon und Patamon fast gleichzeitig. Doch Takeru hörte ihnen nicht zu. Er schien mit den Gedanken weit weg zu sein. Ich hob das Käppi vom Boden auf und gab es ihm. Als er sich von mir wegdrehen wollte, nahm ich seine Hand und schloß die kleinen Fingerchen ganz fest um den Stoff. “Gib‘ gut drauf acht,“ sagte ich zu ihm. “das ist von jemandem, dem seine Freunde wichtiger waren, als sein eigenes Leben. Laß es nicht umsonst gewesen sein.“ Behutsam hob er Patamon hoch und setzte ihn sich auf den Kopf, damit er die Arme frei hatte. Die legte er dann um meinen Hals und schluchzte in meinen Pulli. Ich kramte ewig in meinen Hosentaschen herum, bis ich endlich ein zerknittertes Taschentuch zutage förderte, mit dem ich ihm sein Rotznäschen abwischen konnte. Vielleicht war es nur Einbildung, aber das Geräusch, das ich hörte, klang wie das Splittern von Glas. Wie eine Glaswand, die in tausend Stücke zerbrach. Mein Brüderchen streckte die Hand aus und deutete in den Nachthimmel hinauf. Über uns zogen zwei Sternschnuppen ihre silbrigen Spuren. Als sie sich ihren Weg durch die Dunkelheit bahnten, erschien ein erstes kleines Lächeln zwischen all den Tränen auf seinem Gesicht. Sternschnuppen sind bei uns ein sicheres Zeichen, daß jemand seinen Weg nach Hause gefunden hat. Wir fuhren die zwei restlichen Stationen mit der U-Bahn. Wieder schwiegen wir, aber jetzt war es ein anderes Schweigen als noch vor einigen Stunden. “Du hattest recht mit dem, was du vorhin gesagt hast, Patamon,“ sagte Takeru leise, “Ich wollt’s nur nicht zugeben.“ “Ich hätt’s auch nicht zugegeben,“ sagte ich. “Es gibt so Dinge, über die reden wir nicht gerne.“ “Wen meinst du mit ‘wir‘?“ wollte mein Brüderchen wissen. “Uns beide?“ “Uns... Jungs.“ Er nickte zustimmend und hüpfte von seinem Sitz, als der Piepston ankündigte, daß die Türen sich gleich öffnen würden. Von der Haltestelle zu seinem Wohnblock war es nur noch ein Katzensprung, aber ich wollte ihn bis vor die Haustür bringen. Er hatte nichts dagegen, fragte mich sogar noch, ob ich kurz mit rauf kommen würde. Aber da schüttelte ich den Kopf. “Es ist schon spät, ich möchte jetzt wirklich nach Hause.“ “Willst du nicht noch was essen, oder wenigstens was Warmes trinken?“ fragte er mich ein zweites Mal. “Nein, danke, hab‘ selbst was daheim.“ Ich kann da jetzt nicht raufgeh‘n. Wenn ich es tue, komm’ ich nicht mehr runter. Wenn ich jetzt da raufgeh‘, werd‘ ich anfangen zu heulen. Ich hab‘ Mama seit fast vier Monaten nicht geseh’n. Ich werd‘ heulen und heulen und sie wird nicht versteh’n, was los ist und sich Sorgen machen. Schließlich war ich nach ihrer Zeitrechnung nur für einen Tag weg und hab‘ sie erst am letzten Wochenende geseh‘n. Ich will nicht, daß sie sich Sorgen macht. Ich will auch nicht, daß sie denkt, ich wär‘ ein Schwächling. Ich krieg‘ das alles wieder in den Griff. Ich brauch‘ nur ein bißchen Zeit. Das war alles ein bißchen viel heute. “Bis morgen, mein krasses Bruder!“ Bevor Takeru in den Aufzug steigt, winkt er mir nochmal mit dem Käppi. Das Ding hat er heut‘ noch. Tadaima! Ich bin wieder zu Hause. Ich flacke mich auf die Couch und glotze fern. Kommt nix Gescheites, wieder mal nur Schrott. Heut‘ war wieder so ein Scheißtag! Die Wohnung ist leer, ich glaub‘ nicht, daß mein Vater noch heimkommt. Gestern war er auch nicht da. Ich vermute er ist bei seiner neuen Freundin. Ich könnte ihn am Handy anrufen. “Hallo Papa, sie haben das Sommercamp abgebrochen, wegen des schlechten Wetters. Ich bin schon zu Hause.“ Nein, mach’ ich nicht, ist schon okay so. Ich muß ihm ja nicht unbedingt sein Date verderben. Er soll ruhig auch mal ein bißchen Spaß haben, schließlich arbeitet er verdammt hart. Zu essen hab‘ ich ja, war heut erst einkaufen. Ich schalte die Glotze aus und das Wohnzimmer ist dunkel. Ich denke an große braune Glubschaugen. Einfach so! Ich denke über den heutigen Tag nach und plötzlich merk‘ ich, daß ich darüber reden will. Nur ein bißchen. Nur eine menschliche Stimme hören. Seine Stimme. Nur ganz kurz. Ich hab‘ das Telephon in der Hand und stelle fest, daß ich ein blöder Idiot bin. “Hi, ich bin’s. Gibt’s irgendwas Neues bei dir? Habt ihr den achten Digiritter gefunden?“ “Nein, nichts. Und du?“ “Bei mir auch nicht. Hatten ‘ne kleine Auseinandersetzung mit Vamdemon.“ “Ehrlich? Erzähl!“ “War ‘ne verdammt miese Sache, der Kerl hat sogar seine eigenen Digimon erledigt.“ “Ehrlich? Das ist ja widerlich! So ein mieser Typ!“ “Gut, wir seh’n uns dann morgen.“ “Okay. Bis dann.“ Ich hab‘ doch gesagt, daß ich nur kurz seine Stimme hören will. Der einsame Wolf ist ein cooler Typ, immer locker, immer alles unter Kontrolle, niemals Probleme mit seinen Gefühlen. Irgendwelche Stachelköpfe, egal ob mit oder ohne Taucherbrille werden da nichts dran ändern können. Das wäre doch gelacht! Mir geht’s gut, wenn ich allein bin. Ich könnte sogar über die Schneide eines Messers laufen. Hör zu, fahr dein Brain hoch! Stürm‘ nicht so drauflos! Ich frag‘ mich, warum mußt du denn immer, mit deinem Kopf durch die Wand? Glaubst du, hey das paßt doch, wenn du niemals nachdenkst? Ein heißes Herz macht es nur noch schlimmer, benutz mal den Verstand! Bleib‘ einfach cool, immer locker So leicht reißt mich nichts vom Hocker, Jedem Spiel seine Zocker, In diesem hab‘ ich die Nase vorn! Immer in Kontrolle, Niemals aus der Rolle, Ganz lässig lauf‘ ich auf Messers Schneide, Alleine komm‘ ich klar! Mußt nicht dauernd motzen, Wenn dir was nicht paßt! Es kann nicht alles nach deinem Kopf geh‘n Die andern sind auch noch da! Glaub‘ nicht, ich will protzen, Immer allem trotzen Ich will ganz einfach zu meinem Wort steh’n Das ist doch sonnenklar! Bleib‘ einfach cool, uns’re Story, Werden wir zu Ende bringen! Vergiß die Rules, tut mir sorry, Aber die sind nur zum Brechen da! Kämpfe, Katastrophen, Nicht ins Ziel getroffen, Doch sind wir wirklich die Digiritter, Haut das für uns schon hin. Come on – All right! Steht auch mein Herz in Flammen, Easy reiß‘ ich mich zusammen Eines weiß ich ganz sicher, Auf keinen Fall bin ich so wie du! Immer in Kontrolle, Niemals aus der Rolle, Ganz lässig lauf‘ ich auf Messers Schneide, Alleine komm‘ ich klar! Ganz lässig lauf‘ ich auf Messers Schneide, Alleine komm‘ ich klar! Tsuzuku... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)