Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz von Yamato_ (Shinji x Kaworu) ================================================================================ Kapitel 2: 2. Unsere Weinberge haben Blüten bekommen ---------------------------------------------------- Anmerkung: SEELE sind zwar nicht der Tod, haben aber trotzdem meine offizielle Erlaubnis bekommen, in GROSSBUCHSTABEN zu sprechen. Die Passage am Anfang des ersten Kapitels ist ein Teil eines Gespräches zwischen Kaworu und SEELE, das nur in der DVD Fassung vorkommt. Auf dieses Gespräch werde ich in späteren Kapiteln aber noch genauer eingehen. Die Tatsache, dass Gendou's Hand mit Adam verschmolzen ist (Schlußszene des ersten Kapitels), ist ebenfalls nur in der DVD-Fassung zu sehen. * * * Kapitel 2: Unsere Weinberge haben Blüten bekommen Mein Freund steckte seine Hand durchs Riegelloch, und mein Innerstes wallte ihm entgegen. Da stand ich auf, daß ich meinem Freunde auftäte; meine Hände troffen von Myrrhe und meine Finger von fließender Myrrhe am Griff des Riegels. Aber als ich meinem Freund aufgetan hatte, war er weg und fortgegangen. Meine Seele war außer sich, daß er sich abgewandt hatte. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht; ich rief, aber er antwortete mir nicht. Hohelied 5.4. - 5.6. NERV, EIN SYSTEM VON UNS ERRICHTET! NERV, GEGRUENDET, UM UNSERE WUENSCHE AUSZUFUEHREN! NERV, ERSCHAFFEN, UM UNSER STUECK ZU SPIELEN! JETZT HAT EIN ANDERER DIE REGIE UEBERNOMMEN. AYE, WIR WERDEN SIE UNS ZURUECKHOLEN NOCH VOR DEM GELOBTEN TAG, UM NERV UND EVA ZU IHRER WAHREN BESTIMMUNG ZURUECKZUFUEHREN IKARI, DU WURDEST FUER SCHULDIG BEFUNDEN, UNS, SEELE, VERRATEN ZU HABEN * * * Ein langer, langweiliger Tag neigte sich seinem Ende zu. Früher hatte Shinji die Schule gehaßt, inzwischen sehnte er sich beinahe danach. Die Schule hatte einem wenigstens etwas zu tun gegeben. Jetzt hatte er, abgesehen von immer wieder und wieder denselben Tests, gar nichts mehr zu tun. "Hör auf, Trübsal zu blasen," ermahnte er sich selbst. "Du bist ein Eva-Pilot, und solltest dir dessen bewußt sein. Es ist deine Aufgabe, die Menschheit vor dem Untergang zu retten. Was kann es Wichtigeres geben?" Trotzdem hatte er keine Lust nach Hause zu gehen. Er lungerte vor den Testlabors herum, und hörte Musik über Kopfhörer. Nicht irgendeine Musik - es war dasselbe Lied, das er heute schon einmal gehört hatte. Gesummt von einer menschlichen Stimme. Nagisa Kaworu! Der Name selbst klang schon ein bißchen wie Musik. Nein, das war albern. Gut, daß Kaworu nicht wußte, daß ihm solcher Unsinn im Kopf herumspukte. Den ganzen Tag hatte er keinen einzigen klaren Gedanken fassen können, ohne daß Kaworu's Bild vor seinem inneren Auge auftauchte. Seine schlanke Gestalt, sein verschmitztes Lächeln, das rotgoldene Spiel der Morgensonne in seinem Haar. Er seufzte leise und schloß die Augen. Das Surren einer Tür riß ihn abrupt in die Wirklichkeit zurück. Zuerst dachte er, er müsse immer noch träumen, denn als er die Augen wieder öffnete, stand Kaworu immer noch vor ihm. "Hey, du hast doch nicht etwa auf mich gewartet?" Natürlich hatte Shinji das getan, allerdings würde er sich eher die Zunge abbeißen, als es zuzugeben. Er nahm die Kopfhörer aus den Ohren und suchte vergeblich nach einer plausiblen Erklärung für sein Hiersein. "Uhm... nein, nicht direkt, also eigentlich wollte ich....." Zum Glück wartete Kaworu nicht bis er ausgestammelt hatte, sondern trat einen Schritt näher: "Was machst du heute noch?" "Na ja, mit den üblichen Tests bin ich fertig. Ich wollte noch duschen gehen und dann nach Hause." Er dachte an Misato und fügte hinzu: "Aber eigentlich will ich gar nicht nach Hause!" "Aber zumindest hast du ein Zuhause, wo du hingehen kannst. Das ist etwas sehr Schönes und du kannst dich glücklich schätzen." "Meinst du wirklich?" Von dieser Seite her hatte er es noch nicht betrachtet. Kaworu schien wirklich mehr vom Leben zu verstehen, als er. Hoffentlich hielt er ihn nicht für kindisch oder beschränkt. 'Das könnte ich nicht ertragen' dachte Shinji. 'Aber was soll jemand wie er schon in mir sehen'? "Ich würde mich gern noch weiter mit dir unterhalten! Kann ich nicht mitkommen?" "Huh?" Im ersten Moment verstand Shinji nicht, was Kaworu meinte. Wollte er sich über ihn lustig machen? Kaworu verzog keine Miene. "Zum Duschen! Du wolltest doch duschen gehen." "Ja, aber..." stotterte Shinji, der vor Verlegenheit kein Wort mehr herausbrachte. Kaworu schien das nicht zu berühren. "Du meinst 'nein'?" fragte er ruhig. "Uh, ja, ich meinte 'ja' nicht 'nein'!" 'Reiß dich zusammen ermahnte er sich.' Es ist eine öffentliche Dusche und jeder hier kann sie benutzen. Es hat absolut nichts zu bedeuten. Außerdem sieht er auch nicht anders aus als ich. Na ja, jedenfalls nicht sehr. Er ist ja ein bißchen älter.' * * * Was mache ich eigentlich hier? Warum lebe ich noch? Sie sah sich um, in ihrem Zimmer, in diesem winzigen Container und ihr wurde bewußt, daß sie ihn noch nie wirklich wahrgenommen hatte. Alles daran war klein und eng und tot und sinnlos. Wie der Lilimkörper! Wie ihr ganzes Dasein! Für was lebe ich? Für wen lebe ich? Vater? Die Hand, die nicht ihr gehörte, hielt die Brille umklammert. Meine Hand? Vater's Brille? Was bedeuten diese Worte für mich? Was bedeute ich Vater? 5th Children sagte, er wäre wie ich. Warum? Konnte er ihr eine Antwort geben? Sie trat auf den Gang hinaus. Alles war dunkel, bis auf die Notbeleuchtung. Sie hörte das dumpfe Geräusch ihrer Schritte auf dem metallenen Boden, oder vielleicht war es nur ein in ihrem Geist widerhallender Klang. * * * Kaworu war wirklich etwas älter als er und dementsprechend weiter entwickelt. Shinji gab sich Mühe nicht auf den wohlgeformten Körper neben ihm zu starren, aber den einen oder anderen Blick riskierte er doch und hoffte, daß der andere Junge es nicht bemerken würde. Was gäbe er darum, wenigstens einen Tag lang so aussehen zu können! Kaworu schien sich überhaupt nicht bewußt zu sein, welchen Effekt er auf andere hatte. "Du versucht jeden direkten Kontakt mit anderen zu vermeiden. Hast du Angst davor, andere Menschen zu berühren?" Die Frage erschreckte ihn, sie war das letzte, womit er in diesem Moment gerechnet hatte. Wie konnte Kaworu so etwas wissen? War es ihm so deutlich anzumerken? Vielleicht schon, wenn man genauer hinsah. Vielleicht hatte sich bisher einfach nie jemand die Mühe gemacht, genauer hinzusehen. Wozu auch? Wen interessierte es denn, was er tat und wie er sich fühlte! "Wenn du die anderen ignorierst, kannst du nicht verraten werden und auch nicht verletzt. Aber du wirst das Gefühl der Trauer und Einsamkeit nicht los." Sicher, die Einsamkeit war schlimm. Aber was sollte er dagegen tun? War es weniger schlimm zu lieben und verraten zu werden? Sein Vater hatte ihn alleinegelassen. Seine Freunde mußten fortgehen! Egal was passierte, er war doch immer allein. Auch die Menschen, denen er vielleicht etwas bedeutet hatte, am Ende verschwanden sie doch immer aus seinem Leben. Nein, er wollte niemanden lieben! Und nicht geliebt werden. Er wollte nur in Ruhe gelassen werden, das war alles. "Jeder Mensch ist einsam!" Er dachte an Asuka, und spürte, wie sehr er sie vermißte. Nicht auszudenken, wie weh das jetzt tun würde, wenn er sich in sie verliebt hätte. Es tat ja schon weh genug. Er bewunderte alles an ihr, ihren Mut, ihre Entschlossenheit, ihr Selbstbewußtsein. Aber zum Glück hatte er seinem Herzen rechtzeitig einen Riegel vorgeschoben. Das mußte er jetzt auch tun! Er wollte sich nicht verlieben! Er wollte nicht wieder verletzt werden. "Aber alle Menschen haben die Fähigkeit, es zu vergessen, und darum können sie leben!" Shinji erschrak, als Kaworu nach seiner Hand griff, aber er brachte es nicht fertig, sie wegzuziehen. Er stand da wie gelähmt, flammende Röte überzog sein Gesicht und sein Herz hämmerte wie wild. Lange Zeit sprach keiner von beiden ein Wort; das einzige Geräusch, das Shinji hörte, war das gleichmäßige Rauschen des Wassers. Und seinen Herzschlag. Und den Schlag von Kaworu's Herzen, als dieser Shinji's Hand auf seine Brust legte. Die Berührung jagte winzige Schauer durch Shinji's Körper. Kaworu's Haut brannte wie Feuer unter seinen Fingerspitzen, glatt und kühl wie Seide, blühend pulsierte in ihr das Leben. Nie zuvor hatte er einen anderen Menschen auf diese Weise berührt, nie zuvor die Gefühle erlebt, die eine solche Berührung auslöste. Auch wenn er bereits wußte, daß es nicht mehr das Rauschen des Wassers, sondern das seines eigenen Blutes war, das in nie gekannter Geschwindigkeit durch seine Adern raste, war es anders als sonst. Ein reißender Strom, der alles mit sich fortspülte, sein Innerstes brachlegte, und jeden Widerstand entzweibrach. Denn er wollte lieben! Und wiedergeliebt werden! Und die Einsamkeit vergessen. Kaworu's warmer Atem streichelte ihn sanft, glitt an ihm entlang, ein zarter Hauch von Ewigkeit, der seinen Körper und seine Seele liebkoste. Er fühlte, wie die feuchte Wärme, die ihn umschloß, ihn einhüllte in eine nie gekannte Zärtlichkeit, sich steigerte zur flammenden Hitze. Wieder und wieder spürte er die kühle Glätte der Wand an seinen Hüften, bis von der Kühle selbst nichts mehr blieb. Feuer durchflutete ihn, ließ jede Pore seines Körpers erbeben. Wie von selbst griffen seine Hände in Kaworu's seidiges, weiches Haar, genauso mußte sich eine Wolke anfühlen, wenn man sie vom Himmel herunterholen könnte. Wärme wurde zu Hitze, Hitze zu Feuer, und Feuer zum Inferno, das sein Körper nicht mehr halten konnte. Als es aus seinem Innersten schoß, bittersüßer Nektar vom Stengel zur Blüte, explodierten Sterne in seinem Kopf, und verglühten tief in seinem Herzen. Die Wand bot keinen Halt, und seine Beine mochten ihn nicht mehr tragen. Seine Hände hielten immer noch Kaworu's Kopf fest, als er erschöpft neben ihm in die Knie brach. Stirn an Stirn rangen sie nach Atem, während das Wasser über sie hinweg rauschte. Shinji blickte in die rotglühenden Augen seines Freundes, als dieser den Kopf hob, und ihn ansah. "Wie ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, so ist mein Freund unter den Jünglingen," flüsterte Kaworu, und ein verschmitztes Lächeln überzog sein Gesicht. "Unter seinem Schatten zu sitzen, begehre ich und seine Frucht ist meinem Gaumen süß." Ihre Lippen waren kurz davor einander zu berühren, aber Shinji wagte nicht, den letzten Schritt zu tun. Er hatte noch nie jemanden geküßt, jedenfalls nicht so. Und geküßt werden, das war etwas anderes, deshalb wartete er ab, was Kaworu tun würde. Der Kuß blieb aus. Als Kaworu aufstand und sich abwandte, fürchtete Shinji, er habe etwas falsch gemacht. Hatte Kaworu darauf gewartet, daß er die Initiative ergriff? Oder wollte er ihn überhaupt nicht küssen? Er wagte nicht Kaworu anzusehen, als er ebenfalls aufstand. Fieberhaft grübelte er darüber nach, was er jetzt tun oder sagen sollte, als es plötzlich um sie herum dunkel wurde, und das Wasser aufhörte zu fließen. Unglaublich, daß es schon so spät war. "Es ist Zeit," sagte er, um wenigstens irgend etwas zu sagen, denn die plötzliche Stille war ihm unerträglich. "Schon fertig?" fragte Kaworu und in seiner Stimme schwang so etwas wie Bedauern. "Wir müssen jetzt ins Bett gehen." Erst einen Augenblick später wurde ihm klar, was er da gerade gesagt hatte. Mußte er auch in jedes Fettnäpfchen treten! Kaworu fand es offensichtlich sehr amüsant: "Wir beide zusammen?" "Uhm... nein, ich meine, du hast doch dein eigenes Zimmer bekommen, also uhm..." Entweder genoß Kaworu es, ihn absichtlich in Verlegenheit zu bringen, oder es war ihm einfach überhaupt nicht bewußt. Er stieg aus der Duschwanne, und drehte sich zu Shinji um, der verzweifelt versuchte, ihn nicht anzusehen. Shinji kämpfte gegen die Röte in seinem Gesicht an, hatte aber keinerlei Kontrolle über das Blut, das ihm zu Kopf stieg. Kaworu's Blick war immer noch auf ihn gerichtet. Shinji glaubte nicht, daß er sich über ihn lustig machen wollte, seine Augen waren zu ernst. "Das Herz eines Menschen schmerzt immer. Das Herz ist so verletzlich, darum ist Leben auch so schmerzhaft. Und gerade dein Herz ist so zerbrechlich wie Glas." Diese Worte verwirrten ihn, wenn auch nicht so sehr wie Kaworu's Anblick. "Mein Herz?" stammelte er. "Es ist wert, geliebt zu werden!" "Geliebt?" Zum allerersten Mal glaubte Shinji so etwas wie Unsicherheit in der Stimme seines Freundes zu hören, als dieser ihm antwortete: "Ich meine damit, ich liebe dich." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)