☾ Mikadzuki von Mimiteh ================================================================================ Kapitel 47: Hilfsangebote ------------------------- Scheinbar völlig ungerührt stand Sesshômaru derweil auf einem Hügel nicht weit von seinem Schloss. Aber er gedachte noch nicht, zurückzukehren. Hier draußen konnte er besser nachdenken. Da fiel ihm auf einmal eine Witterung auf, die sich näherte, langsam, ruhig. Er brauchte nur einen Atemzug um Arata zu erkennen, jenen Inu, der ihm seinerzeit das Kämpfen gelehrt hatte und noch einiges mehr. Und er wusste, wenn er Arata wittern konnte, dann konnte der auch ihn wittern. Der Alte war selbst ein wahrer Daiyôkai, ein erfahrener Krieger, der durchaus auch Spionagequalitäten besaß. Für Vater wäre er durchs Feuer gegangen…, schoss es Sesshômaru durch den Kopf, dann setzte er sich langsam in Bewegung. Vielleicht sollte er es nutzen, dass er den Alten hier draußen antraf. Im Zweifelsfall war sein alter Lehrer der einzige, dem er vertrauen konnte, wirklich vertrauen konnte. Und die letzten Monate hatten gezeigt, dass er allein zu keiner Lösung kam. Schließlich war es jetzt noch dringender: fünf Monate Galgenfrist, ein Wimpernschlag für jeden Dämon. Als er den alten Inuyôkai an einem kleinen Waldtümpel fand, wirkte der keineswegs überrascht. „Ihr sucht Rat, Sesshômaru-sama, habe ich Recht?“, empfing er ihn mit ruhiger Stimme, neigte sich im Umdrehen etwas vor. Sesshômaru nickte jetzt ohne zu Zögern. „Der Krieg zwischen den Neko und den Inu, wie ist er entstanden?“, wollte er kühl wissen. Arata sah ihn an. „Ursprünglich meint Ihr? Nun, leiden konnten die beiden Clans sich noch nie, dafür ist ihre Lebensweise zu unterschiedlich. Aber wirklich Krieg… lasst mich überlegen, die erste Schlacht war vor gut 6000 Jahren, da war selbst ich noch lange nicht auf der Welt. Damals herrschten noch die… Saru-Yôkai über den Osten. Gleichzeitig kam zum ersten Mal ein LöwenYôkai bei den Neko an die Macht, Ihr wisst, die einzige Nekoart, die sehr viel von Gemeinschaft versteht. Jedenfalls gelang es jenem Fürsten, die Nekovölker zu einen. Als er starb, übernahm sein Sohn die Macht – und führte die geeinten Neko gegen die Inu, wollte den Westen erobern. Dass er nicht die Kitsune oder die Ookami angriff, ist vermutlich reiner Zufall, liegt an den üblichen Reibereien, oder daran, dass die Inu die jüngste Dämonenart sind, keine Ahnung. Jedenfalls verlohren die Neko nach fast zwanzigjährigem Krieg nur knapp. Dennoch drifteten die einzelnen Stämme auseinander, wollten wieder eigenständig sein und nur ein schneller, gemeinsamer Sieg konnte sie beisammen halten, das wusste der damalige Fürst. Also wandten sie sich gegen den Osten, gewannen und setzten sich dort fest. Die Saru waren seitdem verstreut und sind heute fast ausgestorben. Fast tausend Jahre war Ruhe, der Fürst hatte seine Geltungssucht vorerst gestillt und durch das neue Gebiet waren auch die meisten Stimmen ruhiggestellt, die mehr wollten. Aber vergessen hatte man die Niederlagen auf westlichem Gebiet natürlich nie. Und schließlich kamen wieder kleine Grenzgefechte auf, Flächenbrände entwickelten sich und seit dem liegen die Neko und die Inu endgültig im Klinsch, es kommt bloß auf die jeweiligen Fürsten beider Seiten an, ob der Funke ein Feuer entfacht oder nur unter der Erde vor sich hin lodert. Ohne das Durchgreifen Eures Vaters hätte es vor fünfhundert Jahren wieder eine jahrzehntelange Schlacht gegeben, da bin ich sicher. Damals war alles sehr knapp, zumal die Neko in den letzten paar Jahrhunderten ja immer wieder meinten, sich auf den kleinen Festen hier im Westen wieder einrichten zu müssen – zeitweise wenigstens“ Sesshômaru hatte reglos zugehört. Der Auslöser war also rein imperialistisch und ist einfach nie beigelegt worden…, resümierte er für sich und schüttelte innerlich den Kopf. Der Grund war zu einfach, um ihn auszuräumen. Weiterhelfen tat ihm das aber auch nicht, auch wenn die Neko im Moment wieder einigermaßen friedlich auf ihr Gebiet zurückgekehrt waren. „Das wolltet Ihr gar nicht wirklich wissen, oder? Worauf wollt Ihr hinaus, Sesshômaru-sama? Warum interessieren Euch die Neko plötzlich so?“, mischte Arata sich in seine Gedanken ein, die dunkelgrünen Augen des Alten leuchteten im matten Sonnenlicht heller als gewöhnlich. „Die Raion“, korrigierte Sesshômaru emotionslos. Er hatte allerdings übersehen, dass Arata ihn schon seit seiner Kindheit kannte. „Die Raion, die Euch auf Eurer Reise begleitete?“, formulierte der ältere Hundedämon spitzfindig um, sodass die Äußerung eine völlig andere Bedeutung bekam. Sesshômaru unterdrückte ein Knurren und nickte stattdessen. Arata hatte ihn durchschaut. „Was ist mit ihr?“, schob Arata hinterher. Sesshômaru beschloss, reinen Wein einzuschenken. „Ihr Sohn ist meinen Blutes“, gab er zu Protokoll. Damit hatte Arata nun doch nicht gerechnet, denn seine Augen bekamen kurz einen ungläubigen Ausdruck, dann schüttelte er den Kopf. Oh, Sesshômaru… „Ihr könntet sie nachträglich zeichnen. Es gibt ein Ritual dafür“, sagte er, als er seine Sprache wiedergefunden hatte. Sesshômaru konnte zwischen den Zeilen lesen, dass Arata die Problematik bereits erfasst hatte. „Tôran“, knurrte er deswegen nur. „Eine Heirat zwischen zwei Dämonenclans ist Außenpolitik, da hat Fürstin Tôran nichts zu melden. Dennoch wird sie intrigieren, zumal sich diese Löwenprinzessin am Neko-Hof befinden, nicht wahr?“ Sesshômaru nickte knapp. Genau das war die Schwierigkeit. „Ihr braucht Unterstützung. Jemanden, der große Stärke besitzt, der sich aber keine Hoffnungen auf einen höheren Posten macht, wenn er bevorzugt wird. Pläne, die die hohe Politik unterlaufen sollen, kann man nicht alleine schmieden.“ Sesshômaru wusste, dass Arata auf Chiyo, seine Mutter, anspielte, aber er dachte nicht daran, die um Rat zu fragen. Aber hatte er Alternativen? Er verschränkte die Arme – und plötzlich erinnerte er sich an den Brief seines Vaters, an das, was dabeigelegen hatte. Wenn einer keinen Wert auf einen hohen Posten legt, dann der. Aber ob ich ihm vertrauen kann?, fragte Sesshômaru sich unwillkürlich. Ihm war durchaus bewusst, dass er noch bis vor kurzer Zeit nicht einmal in Erwägung gezogen hätte, InuYasha irgendwie ins Vertrauen zu ziehen. Aber vielleicht war das wirklich die einzige Möglichkeit, die er hatte. „Ihr habt eine Idee?“, deutete Arata Sesshômarus ausnahmsweise mal nicht gänzlich gleichgültigen Blick richtig. Der jüngere Inuyôkai antwortete jedoch nicht. Arata schüttelte erneut den Kopf. „Wenn Ihr erneut meinen Rat wünscht… Ihr wisst, wo ich zu finden bin. Ich muss mich jetzt wieder um meinen Schüler kümmern. – Übrigens, dankt Eurer Ziehtochter. Wenn sie nicht immer mit Eurem Reitdrachen reden würde, als könnte er ihr konstruktive Antworten geben, dann hätte ich mir nicht schon längst Gedanken über Eure Situation gemacht...“ Der alte Inuyôkai erlaubte sich ein Zwinkern, ehe er an Sesshômaru vorbei zurück richtung Schloss ging. Er ließ einen selten paralysierten Sesshômaru zurück. ~*~ „Weißt du, was ich mich frage?“ Kohaku sah auf, als Koume ihn fragend anblickte. „Woher sollte ich?“, gab er zurück und musterte sie von der Seite. „Du bist so dankbar, dass ich dir ein paar Aufträge verschaffe, dabei hat einst dein ganzes Volk von diesen Aufträgen gelebt. Wie kann das sein?“ Kohaku legte den Kopf in den Nacken, während er zurückdachte. „Wir hatten überall unsere Kontaktmänner und eine Meldekette aus Jagdfalken. Oft genug waren es aber einfach Boten, die uns riefen. Damals war es bekannt, das es uns gab und was wir konnten“ „Und seit der Zerstörung eures Dorfes ist das anders?“ „Die Taijiya gelten als ausgestorben“, antwortete er bitter und sah sie wieder an. Seine Augen blickten unergründlich. Koumes Hand glitt geistesabwesend durch Katashis Fell, während sie sichtlich überlegte. „Sie gelten als ausgestorben – aber ihr seid es doch nicht!“, stieß sie dann hervor, so heftig, dass der kleine Kater mit gesträubtem Nackenfell aufblickte. Kohaku stieß sarkastisch die Luft aus. „Meine Schwester und ich – nennst du das ein Volk?“ „Nein. Aber ein Nichts ist es auch nicht“, konterte Koume und sah ihn durchdringend an. Kohaku spürte Unbehagen in sich aufsteigen. Er sprang auf und wandte sich brüsk ab, den Blick starr auf das Wasser im Bachbett gerichtet, das im Sonnenlicht hell glänzte. „Du verstehst das nicht, Koume. Du bist nicht in dieser Situation!“, gab er bitter zurück. Sie hatte zielsicher seinen wunden Punkt getroffen und es rief mehr als wiedersprüchliche Gefühle in ihm wach, dass sie ihn inzwischen so gut kannte. „Und wie gut ich das verstehe, Kohaku. Ich merke doch, was dich plagt. Meine Güte, ich kann langsam nicht mehr mitansehen, wie du dich quälst!“ Kohaku verspannte sich. „Was willst du mit deiner Ansprache erreichen, hm? Warum tust du so, als gäbe es noch eine Chance, die Tradition der Taijiya wiederzuerwecken?“ „Weil es sie noch gibt. Gami, solange du und deine Schwester noch wissen, das es bedeutet, ein Dämonenjäger zu sein, was spricht dagegen, dieses Wissen zu pflegen?“ Vom Boden her war ein zustimmendes Piepsen zu hören, Kohaku wusste auch ohne hinzusehen, dass Kirara dort stand. „Was treibt dich? Warum wendest du so viel Kraft auf, mich anzufeuern?“, fragte Kohaku matt. Da plötzlich spürte er Koumes Hand auf der rechten Schulter. „Das habe ich schonmal gesagt. Ich kann nicht mitansehen, wie du leidest.“ Er wandte etwas den Kopf, musterte aus dem Augenwinkel ihre zierlichen Finger. Aus einem plötzlichen Impuls heraus hob er die linke Hand und legte sie auf Koumes. „Das ist lieb, Koume. Aber das ist etwas, was ich mit mir selbst ausmachen muss...“ Koume trat um ihn herum. „Mag sein. Aber… wenn du mich brauchst, sei sicher, das ich da sein werde! – Komm, Katashi!“ Sie sah ihm noch einmal fest in die Augen, dann wandte sie sich ab und ging, dicht gefolgt von dem dämonischen Kater, zurück richtung Dorf. Kohaku blickte ihr nach. Vielleicht hast du Recht, Koume… vielleicht sollte ich mich endlich wieder darauf besinnen, warum ich eigentlich kämpfe… ~*~ Als es Abend wurde, bei Musashi, trafen sich die Freunde auf dem kleinen Wiesenstück vor Sangos und Mirokus Zuhause. Kagome hatte auch Shiori überredet, mitzukommen und inzwischen war die junge Halbdämonin froh darum. Ein bisschen Zerstreuung konnte sie sicherlich gebrauchen. Doch plötzlich hob InuYasha den Kopf. „Was macht der denn hier?“, wollte er leise wissen und blickte über Kagomes Schulter zum Waldrand hinüber. Die anderen folgten seinem Blick. Dort schwebte, ein Stück über dem Boden, wie ein Geist, eine helle Gestalt zwischen den Bäumen. Die Arme in die Haoriärmel gesteckt, das Gesicht ausdruckslos, völlig unbemerkt war Sesshômaru aufgetaucht. „Wie schön, dass du mich diesmal bemerkst, kleiner Bruder“ Das klang ungefähr so ironisch, wie an dem Abend, als Kagome Sesshômaru kennenlernte. Unwillkürlich verspannte der Hanyô sich. Diese Stimmung seines Halbbruders behagte ihm ganz und gar nicht. „Was willst du?“ „Mit dir reden… ein kleines Gespräch unter Brüdern“, kam es zynisch zurück. InuYasha sprang auf. „Was. Willst. Du?“, knurrte er. Sesshômaru blieb eine ganze Weile still. Seine Augen leuchteten unergründlich in der hereinbrechenden Dunkelheit. „Ich habe dir etwas zu geben. Von Vater“, sagte er dann ernst. Darauf wusste InuYasha so rasch nichts zu erwidern. Er starrte seinen älteren Halbbruder nur an, unfähig zu reagieren. Schließlich war es Kagome, die ihn wachrüttelte. „Wenn er dir etwas geben will, dann geh‘ mit ihm. Er scheint es dir nicht in unserer Gegenwart geben zu wollen“, forderte sie ihn auf und erhob sich. Doch zu ihrer Überraschung kam Sesshômaru nun näher. „Schick‘ deine Leute weg… deine Gefährtin darf bleiben!“, befahl er kühl. Kagome blinzelte überrascht. Seit wann sprach Sesshômaru sie denn so an? Sie konnte nicht ahnen, dass Sesshômaru witterte, dass InuYasha und sie inzwischen das Lager teilten. InuYasha runzelte derweil die Stirn, seine Hundeohren zuckten verständnislos, aber die anderen hatten bereits verstanden. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, machten Sango, Miroku und Shiori sich davon. Zurück blieben nur drei Gestalten, auf dem kleinen Wiesenstück. Einen Moment lang beäugten sie sich nur, dann trat Sesshômaru noch ein Stück näher. „Damals, kurz vor seinem Tod gab Vater dir einen Namen, erkannte dich damit als seinen Sohn an, das weißt du“, konstatierte er scheinbar gelassen. Nichts zeigte, wie sehr es ihn anstrengte, dieses Gespräch zu führen, welche Überwindung ihn sein Tun kostete. „Und was soll mir das sagen?“, fragte InuYasha wenig begeistert zurück. Als ob sein Halbbruder hier angetanzt war, um ihm etwas mitzuteilen, was selbst er längst wusste. „Er hat dich genauso als seinen Sohn gesehen, wie mich, und hätte er überlebt, wäre er dir sicher mehr Vater gewesen, als mir“, fuhr Sesshômaru fort, als habe es den Kommentar des Hanyô nie gegeben. „Keh! Er hat es aber nicht überlebt. Ist es das, was du mir wieder auf die Nase binden willst? Dass er meinetwegen gestorben wäre?“ „Nein. Er wäre auch so in dieser Nacht gestorben. Der Geruch des Todes haftete bereits an ihm, als ich ihn das letzte Mal sah, an jenem Abend. Ich habe jedoch erst vor kurzem erfahren, dass sein Erbe an dich aus mehr bestand, als aus Tessaiga.“ Jetzt war InuYasha doch perplex. „Hä?“ Auch Kagome schaute ungläubig drein. Noch bis vor wenigen Jahren hatten die beiden Halbbrüder sich um Tessaigas Willen aufs Blut bekriegt und jetzt gestand Sesshômaru InuYasha noch mehr des Erbes zu? Sie erwartete nicht ohne Grund eine Einschränkung und Sesshômaru lieferte auch direkt eine: „Allerdings liegt es an mir, ob ich es dir aushändige. Ich stelle eine Bedingung.“ Wieder zuckten die Hundeohren auf InuYashas Kopf. „Und was soll das schon wieder sein?“ Es war deutlich, dass er glaubte, Sesshômaru wolle im Gegenzug nun doch Tessaiga fordern. Kagome hatte allerdings ein Stück weitergedacht. „Hör ihn doch wenigstens an. Ich glaube nicht, dass das, was er hier gerade tut, ihm sonderlich leicht fällt.“ „Mir doch egal“, brummte InuYasha, aber wie um seiner eigenen Worte Lüge zu strafen, blickte er fast neugierig zu Sesshômaru. Der verengte etwas die Augen. „Ich verlange, dass du mir Loyalität schwörst. Ich verlange, das du einen Eid ablegst, von nun an auf Seiten der Inu zu kämpfen – und somit auf meiner Seite!“ Selbst InuYasha hörte aus diesen Worten die vertiefte Ernsthaftigkeit heraus und verkniff sich eine leichtfertige Antwort. Musternd glitten seine Augen über den Daiyôkai, ehe er an jenen Iriden hängen blieb, die seinen so ähnlich waren. InuYasha schloss die Augen. „Was kriege ich dafür?“, wollte er dann wissen. Kagome verzog das Gesicht, als hätte sie sich am Liebsten vor die Stirn geschlagen, unterließ es aber gerade noch. Manchmal besaß InuYasha wirklich das Einfühlungsvermögen einer Planierraupe. Sesshômaru verzog allerdings keine Miene, stattdessen nahm er die Arme aus den Haoriärmeln, eine Hand hatte er fest um etwas geschlossen, das so nicht zu erkennen war. „Was ich hier in der Hand halte ist die größtmögliche Anerkennung, die unser verehrter Herr und Vater einem wie dir hätte verschaffen können“ Es blieb unklar, ob InuYasha die darin versteckte Beleidigung nicht herausgehört oder einfach überhört hatte, jedenfalls wirkte der weißhaarige Hanyô nicht mehr halb so angesäuert, wie zuvor. Kagome lächelte bei dieser Beobachtung, sah dann zwischen den Halbbrüdern hin und her. Keiner rührte sich mehr. Schließlich wurde es dem Inuyôkai ganz offensichtlich zu dumm. „Auf die Knie“, forderte er. InuYasha holte schon wieder Luft um zu protestieren, da legte Kagome ihm eine Hand auf den Arm. „Zum Schwur. Er will, dass du den Eid vernünftig leistest“, flüsterte sie, im Wissen, dass Sesshômaru sie dennoch hörte. Zögernd ließ InuYasha sich auf ein Knie nieder. „Und jetzt eine Hand auf den Boden und die andere aufs Herz. Und den Blick senken“, instruierte Kagome weiter, die zum ersten Mal seit langem wirklich froh darüber war, dass sie seinerzeit wenigstens ab und an in der Schule gewesen war. Die Gelöbnis-Haltung eines Getreuen vor seinem Herrn war schließlich Teil des Geschichtsunterrichtes gewesen. InuYasha tat, wie von ihm verlangt, wenn auch sichtlich unzufrieden mit seiner Rolle in diesem Possenspiel. Selbst er hatte längst durchschaut, dass Sesshômaru nicht allein wegen dieses Schwurs hier war und dass er, InuYasha, so lange nur eine Spielfigur war, bis sein Halbbruder mit dem eigentlichen Grund seines Kommens herausrückte. Mühsam kratzte er die wenigen Erinnerungen an Beobachtungen während seiner Kinderzeit zusammen. „Ich, InuYasha… äh, Hanyô von Geburt, schwöre Sesshômaru-“ „Fürst“, unterbrach besagter Yôkai ihn und seine Augen funkelten in der Dämmerung. „… schwöre Fürst Sesshômaru, dem Inu no Taishô, die Treue“, vollendete InuYasha etwas schwerfällig. „Steh auf und dreh‘ dich um“, sagte Sesshômaru nur, während er die bisher zur Faust geschlossene Hand etwas öffnete. Geschliffene, schwarze Edelsteine blitzten zwischen seinen Fingern. InuYasha folgte der Aufforderung ungewohnt gehorsam. Er spürte, das Sesshômaru nah hinter ihn trat und über ihn hinweg griff, dann lag plötzlich etwas Kühles an seinem Hals. Schmale Finger berührten seinen Nacken, als Sesshômaru die Kettenglieder mit etwas Yôki verband. Unwillkürlich griff InuYasha zu dem Amulett an seiner Brust, fühlte feinen Kristall. „Was ist das?“, wollte er ehrlich neugierig wissen. „Vaters Familienzeichen, die lichtrote Triskele. Diese Kette ist ein Vaterlinie-Amulett. Mit dieser Gabe erkennt Vater dich nicht nur als Sohn, sondern als wahres Mitglied der Familie an, ohne dass meine Mutter dem zustimmen müsste. Und in seinem Namen, tue ich es auch – InuYasha“, erklärte Sesshômaru und zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, meinte Kagome aus seiner Stimme einen Hauch Freundlichkeit heraus zu hören. Sie war mehr als gespannt, was Sesshômaru offensichtlich so wichtig war, dass es ihn zu solch einem Verhalten trieb. InuYasha hatte sich derweil wieder umgedreht und blickte zu seinem Halbbruder auf. In seinen Augen glänzte eine neue Freude, die Kagome noch nie bei ihm gesehen hatte. Ihr wurde bewusst, wie viel InuYasha dieses Geschehen bedeutete, wie sehr er sich insgeheim nach dieser – wenn auch offensichtlich zur Hälfte erzwungenen – Anerkennung gesehnt hatte. Damals, auf der Jagd nach dem Shikon no tama, da wollte er ein voller Dämon werden, erst um einfach stark zu sein, dann um uns zu beschützen – aber ich glaube, er wollte es auch, um von dem bisschen Familie, was er hat, anerkannt zu werden… schon immer wollte er das… Sie lächelte etwas. „Ich freue mich für dich, InuYasha. Er hat dir einen großen Wunsch erfüllt, oder?“, fragte sie leise. InuYasha drehte den Kopf. „Ja, das hat er“, gab er offen zu, so offen, wie er früher nie geredet hätte. Dann zog er Kagome ohne ein weiteres Wort in seine Arme, barg das Gesicht in ihren Haaren. Die junge Miko schmiegte sich an ihn. Jeder andere hätte vor lauter Glück geweint, dies hier war für InuYashas Verhältnisse ein ebenso großer Gefühlsausbruch. Ihre Augen wanderten zu Sesshômaru. „Arigatou, Sesshômaru“, formte sie mit den Lippen und erkannte überrascht, dass er ihr zunickte, sie nicht ignorierte. Plötzlich aber fuhr InuYasha auf, legte eine Hand an Tessaiga. Das Schwert pulsierte leicht. Ein unwillkürlicher Blick zu Sesshômaru, gleiches galt für Tenseiga. InuYasha grinste etwas. Er hatte die Botschaft seines Schwertes verstanden. Die Zwillingsklingen freuten sich. Ihre Träger waren nicht länger nur Herren verwandter Waffen, nein, sie waren nun wirklich zu Brüdern geworden… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)