Icecube von RedSky (Fortsetzung zu "Sugarcube") ================================================================================ Kapitel 16: Firetales --------------------- „Warum hast du das getan?“ Taiji tupfte mit einem weichem Tuch behutsam und vorsichtig das Blut von der Wunde, während die Finger seiner anderen Hand die hellblondierten Haare Hiroki´s zur Seite hielten um die Arbeit nicht zu behindern. Der Gefragte jedoch reagierte nicht darauf, blieb stumm. Zeigte nicht einmal irgendwelche Regungen als das Tuch im direkten Kontakt mit seiner Kopfverletzung kam. Taiji seufzte verärgert auf als er keine Antwort bekam. Die Wunde behandelte er jedoch weiter und war nun gerade dabei sie zu desinfizieren. Das entlockte seinem Patienten nun allerdings doch ein ersticktes Keuchen, denn der Alkohol brannte doch ganz schön an der offenen Kopfhaut. „Selbst Schuld....“ „Es war es wert....“, entgegnete Hiroki nun doch und seine Lippen zeigten wieder sein typisches, leicht abwesend wirkendes Lächeln. Taiji hielt in seiner Arbeit kurz inne, blickte den Jüngeren an der seinen Blick nicht erwiderte. „Wie meinst du das?“ Hiroki schloß für einen kurzen Moment die Augen, sein Gesichtsausdruck signalisierte Zufriedenheit. Dann wand er seinen Kopf ein kleines Stückchen und blinzelte den Älteren an. „Du hast es auch genossen....es war überdeutlich zu spüren.....“ „Ich habe dich durchgefickt weil ich wütend auf dich war!“ Der Lockenkopf spürte abermals Zorn in sich aufkommen als er Hiroki´s Selbstgefälligkeit erkannte. Der Blonde lachte kurz und knapp auf. „Das müssten dann ja herrliche Bilder gewesen sein, wie du meinen Bruder jedes Mal durchgerammelt hast wenn ihr euch wieder um irgendwelche Songs gestritten habt und euch wegen der musikalischen Organisation in den Haaren lagt...“ „Ich hab dich gefickt weil ich wütend war dass du deine miesen Tricks nicht lassen kannst! Ich war wütend!“, schrie Taiji ihn nun mit wildfunkelnden Augen an. Woher dieser über die stetigen Streitigkeiten in der Band zwischen ihm selbst und dem Boss Bescheid wusste, fragte sich der Bassist in diesen Momenten gar nicht. Doch Hiroki schien man nicht mit persönlicher Lautstärke beeindrucken zu können. Er blickte den aufbrausenden Rebellen nur ruhig an. „Man bekommt nicht aus purer Wut ´nen Ständer. Dein Körper war geil, das kannst du vor mir nicht leugnen. Und er ist es auch immer noch....“ Beim aussprechen des letzten Satzes streckte er seine Hand ein Stückchen aus und strich mit den Fingerspitzen liebevollst und zärtlich über den nackten Oberarm Taiji´s. „Die Wirkung hält noch einige Zeit an....“, grinselte er wissend. Taiji durchrieselte ein Schauer, als er diese Berührung spürte. Seine Haut war noch immer so überempfindlich...... Der Lockenkopf sprang vom Sofa, auf Welchem er bis eben noch saß und Hiroki´s aufgeschlagene Kopfwunde verarztete, auf und schleuderte die blutbefleckten Wattebäusche und das Tuch wutschnaubend auf das Sitzpolster. „Du bist einfach nur ein hinterhältiges Aas, Hiroki!“ Er kochte, er kochte und brodelte und war ganz knapp davor überzulaufen. „Ich will nur endlich eines wissen: Warum bist du so? Warum macht es dir solch einen Heidenspaß andere Menschen unglücklich zu machen?“ Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen geformt und fixierten seinen Gesprächspartner. „Warum hast du Freude daran, andere zu quälen?“ Hiroki hob seinen Kopf, legte Selbigen etwas schief und hielt den feurigen Blicken des Älteren mühelos Stand. „Womit habe ich dich denn gequält?“, entgegnete er seelenruhig. „Willst du mir ernsthaft deine Naivität vorwerfen?“ Taiji ballte die Hände zu Fäusten, sein Blick verfinsterte sich zunehmendst. Er hasste Hiroki für das was er gesagt hatte – und wusste gleichzeitig, dass er Recht hatte. Er war an seiner jetzigen Situation zum Teil selbst Schuld. „Und...bist du wirklich der Annahme, ich verhalte mich jedem einzelnem Menschen gegenüber gleich?“, fügte der Jüngere nach kurzem Zögern hinzu. Vor dem geistigem Auge des Lockenkopfes rauschten sämtliche Situationen mit Hiroki aus der vergangenen Zeit im Schnelldurchlauf vorbei. Und allmählich dämmerte ihm ein Zusammenhang. „Willst du Yoshiki oder mir schaden?“ Seine Stimme war düster aber ruhig. „Sah es für dich bisher so aus, als wolle ich dir ernsthaften Schaden zufügen?“, lautete nur die Gegenfrage. Sofort hatte Taiji wieder die Bilder seiner Entführung im Kopf. „Du hast mich betäubt, verschleppt und mir wieder einen deiner Zaubertränke verabreicht! Hälst du das für ´nen Kavaliersdelikt?“ Die Ruhe, die sich eben gerade noch in seiner Stimme eingefunden hatte, war wieder verpufft. „Hätte ich dich einfach nur gefragt, wärst du mir bestimmt nicht für die kleinen 'Dreharbeiten' behilflich gewesen“, vermutete Hiroki. Schnaubend wand sich der Cowboy ab. Wer war hier verrückt? Hielt der kleine Blondschopf sein Handeln allen ernstes für gerechtfertigt? Ihm war danach die Wohnung mit großen Schritten zu verlassen, die Tür hinter sich zuzuschlagen und diese kleine Mistratte für immer zu vergessen. Doch auf der anderen Seite hatte er irgendwie das Gefühl, dem Geheimnis um Hiroki jetzt so nahe wie nie zuvor zu sein... Er atmete einige Male tief ein und aus, dann wand er sich wieder dem Jüngerem zu. Mit festem Blick fixierte er die Augen des Anderen. „Warum?“ Taiji wusste schon gar nicht mehr, wie oft er Hiroki in den letzten vierundzwanzig Stunden diese Frage gestellt hatte. „Warum was?“, entgegnete der Jüngere nur im Unschuldston, als wäre dieses Wort das Erste, Welches Taiji an ihn gerichtet hätte. Ihm platzte der Kragen. Der lockige Bassist packte Hiroki am Selbigen und zog ihn weit an sich ran, sodass sich ihre beider Nasen nur noch wenige Millimeter voneinander trennten. „Hör zu, es gibt genügend Gründe dich anzuzeigen“, zischte er im gefährlichem Ton. „So wie ich dich wegen Körperverletzung anzeigen könnte?“ Der Blondschopf war mit dieser Drohung einfach nicht zu beeindrucken. Taiji blickte ihm noch einige Momente stumm in die Augen, bis er wieder von ihm los ließ. Er mochte es nicht wahr haben, dass dieser Typ im Notfall tatsächlich die Situation zu seinem eigenem Nutzen auslegen konnte. Diese Tatsache ließ ihn selber hilflos erscheinen und er hasste das Gefühl. „Ist das dein Ziel? Leute zu erpressen? Sie erst in Sicherheit zu wiegen und sie dann auszunehmen?“ Lächelnd wand Hiroki seinen Blick von ihm ab. „Ich habe keinen Grund dich erpressen zu wollen.“ Es war schon irgendwie bewundernswert, dass der Blonde selbst in solchen gespannten und gereizten Situationen ohne äusserlich erkennbare Veränderung völlig ruhig bleiben konnte. „Da hätten Andere es viel mehr verdient...“ Nun wurde Taiji hellhörig. Er blickte ihn für einen Moment stumm an, dann kam er ihm wieder näher. „Meinst du mit 'Anderen' Yoshiki?“ Hiroki zögerte. Zögerte bis er seinen Kopf wieder dem Älteren zuwand. Ihm in die Augen schaute und nichts sagte. Plötzlich schlug Taiji´s Puls einen Takt schneller. Er hatte gerade das Gefühl ganz knapp vor der Enthüllung des Geheimnisses um Hiroki zu sein. „Du willst deinem Bruder Schaden zufügen.“ „Wer Schaden verursacht bekommt irgendwann auch die Rechnung“, entgegnete er nur knapp. Doch seine Stimme war jetzt nicht mehr so selbstsicher und fest wie die ganze Zeit zuvor. Taiji war kurz davor ihn darauf hinzuweisen, dass er sich mit seiner Äusserung ebensogut selbst in die Pfanne hauen konnte, doch hielt er sich noch rechtzeitig zurück da er merkte, dass ihn diese Bemerkung nur wieder einen Schritt von seinem eigentlichem Ziel entfernen würde. Er hockte sich dicht vor den Jüngeren hin und legte ihm eine Hand auf´s Knie. „Welchen Schaden hat er angerichtet?“ Der Angesprochene blinzelte, wand seinen Blick dann doch wieder ein Stückchen von ihm ab um gedankenverloren ins Nichts zu starren. Eine ganze Weile schwieg er. Dann öffneten sich seine Lippen schließlich doch noch. Aber die Stimme die nun aus ihnen trat hatte nicht mehr viel mit der gemeinsam, die er zuvor noch so selbstsicher an den Tag gelegt hatte. „Ich war drei Jahre alt.....“, begann er.... Es war das ungewöhnliche Geräusch, das ihn wach werden ließ. Das fremde Knistern, welches immer lauter wurde. Hiroki blinzelte verschlafen, schob die Bettdecke beiseite um ein freieres Blickfeld zu bekommen. Dann sah er sie auch schon, die Flammen. Er begriff in den ersten Momenten noch gar nicht, wie groß die Gefahr war, in der er sich befand. Doch er spürte instinktiv dass hier etwas absolut nicht richtig war. „Yoshikiii....!“, fiepste er zur gegenüberliegenden Zimmerwand, wo parallel zu seinem eigenem Bett das seines großen Bruders stand. Der kleine Junge setzte sich in seinem Bett auf und die kleinen Hände hielten sich krampfhaft am Saum der weißen Bettdecke fest. „Yoshikiii!“ Von der hellen, zittrigen Stimme des Jüngeren wurde nun auch Yoshiki wach. Er lag mit dem Rücken zu ihm und wand sich nun in dessen Richtung. Als seine müden Augen ihn suchten, sah er nur Flammen. Sofort war er hellwach und sprang aus seinem Bett. „Hiro!“ „Yoshiiii~...!“ Langsam begann Hiroki zu wimmern. Angst kroch durch seinen zierlichen Körper und er war wie erstarrt, blieb wie angewurzelt in seinem Bett sitzen. Yoshiki war sich der Gefahr, in Welcher sie sich befanden, bewusster und alles andere als starr vor Schreck. Rasch huschte er die paar Meter zu seinem Bruder und zog ihn mit sanfter Gewalt aus seinem Bett. „Wir müssen Mami und Papa Bescheid sagen!“, rief Yoshiki, um das laute Flammenknistern zu übertönen. Schnell lief er zur Kinderzimmertür, Welche auch schon in Flammen stand. Der Türknauf war fast nicht mehr zu erkennen, verschwand im züngelndem, heißem Feuer. Er kniff die Augen zusammen; die Hitze brannte ihm in Selbigen. Er besah sich die Tür, durch Welche sie irgendwie hindurch mussten. Aber wie, wenn man den Türknauf nicht benutzen konnte? Er erinnerte sich wie er mal im Fernsehen einen Film gesehen hatte, wo sich ein Mann gegen eine Tür geworfen hatte, die auch brannte. Immer wieder hatte er seinen Körper gegen die Tür gestoßen – und irgendwann war sie aufgegangen. Vielleicht funktionierte das hier auch? Yoshiki zögerte nicht lange und warf sich verzweifelt gegen die Kinderzimmertür, an einer Stelle wo das Feuer noch nicht hingelangt war. Er kniff die Augen zusammen, versuchte die angreifende Hitze des Feuers und den beissenden Qualm zu ignorieren, konzentrierte sich ganz auf die Tür, die er aufbekommen musste. Zwei Mal. Drei Mal. Vier Mal. Nochmal und nochmal stieß er gegen das Holz der Tür. - Bis Selbige geschwächt plötzlich nachgab und aufsprang. Yoshiki stolperte dabei zu Boden, rappelte sich aber sofort wieder auf. Mit Entsetzen musste er nun jedoch feststellen, dass das Feuer auch schon den Flur eingenommen hatte. Er blickte geradeaus. Seinem und Hiroki´s Zimmer gegenüber lag das Schlafzimmer ihrer Eltern. „Mama! Papaaa!“ „Yoshiki...! Warte....!“, erklang plötzlich die angsterfüllte und zittrige Stimme Hiroki´s. Er wollte seinem großen Bruder nachlaufen, wollte nicht alleine gelassen werden. Seine kleinen Füße setzten sich endlich in Bewegung, liefen dem Älteren hinterher – doch schon nach wenigen Schritten stolperten sie völlig unvorhergesehen über etwas, was ihnen im Weg rumlag. Ein Malblock. Hiroki fiel der Länge nach hin. Ein kleiner Aufschrei, ein verzweifeltes Keuchen. Er blinzelte, sah nur die Flammen um sich herum. Wo war Yoshiki, wo war sein großer Bruder? Warum half er ihm nicht? Warum sah er nichts als Feuer? „Yoshiiii!!“ Seinem verzweifeltem Schrei folgte ersticktes Husten. Yoshiki vernahm die hilflose Stimme seines Bruders und wand sich wieder zum Kinderzimmer um. Er befand sich im Flur gerade genau auf halbem Weg zwischen ihrem Zimmer und dem der Eltern. „Hiro...!“ Sein Herz raste; er sah Hiroki inmitten des Zimmers auf dem Boden liegen, mittlerweile fast gänzlich vom Feuer eingeschlossen. Sie brauchten Hilfe, jemand der das Feuer stoppte. „Mamaaa!!“ Er stürmte das Zimmer der Eltern. In dem Moment als Yoshiki zu den Eltern rannte, löste sich der vom Feuer angefressene obere Balken des Türramens und fiel lodernd zu Boden. Somit versperrte er Hiroki auch noch den letzten Fluchtweg, der ihm geblieben wäre. Die verängstigten Augen des Jüngeren sahen gerade noch wie sich sein Bruder ihm abwand und zum anderen Zimmer lief, dann versperrten ihm auch schon die hungrigen Flammen jede weitere Sicht. Schluchzen entrann seiner kleinen Kehle, heiße Tränen kullerten über seine Wangen. Wohin er auch sah – überall nur Feuer. Lautes, knisterndes, unerträglich heisses Feuer Welches ihm immer näher kam. „...nein.......Yoshi........hilfe....!“ Hiroki´s Stimme wurde immer dünner, seine Ausrufe wurden immer häufiger von Husten unterbrochen. Der Qualm drang unerbittlich in seine Lunge um Diese zu beissen und zu quälen. Der kleine Junge krümmte sich am Boden, rang nach Luft und erhielt doch nur Qualm... Alles um ihn herum war heiß und laut.....keiner war da der ihm hier raus half..... „...Yoshiiii~......!“ ...alles drehte sich...die Farben verschwammen ineinander.....allein und so viel Fremdes....... „....ich hatte eine mittelschwere Rauchvergiftung. Als ich im Krankenhaus aufgewacht bin, saßen unsere Eltern an meiner Seite. Von Yoshiki jedoch keine Spur.“ Hiroki hatte seinen Kopf gesenkt, seine blonden Haare versperrten Taiji die Sicht auf dessen Gesicht. Taiji selbst saß stumm neben ihm, hatte schweigend der ganzen Geschichte zugehört. Was er nun fühlte, darüber war er sich selbst nicht so ganz im Klaren. Trauer, Hilflosigkeit, Mitleid oder vielleicht einfach nur Überwältigung, dass ausgerechnet Hiroki ihm diese Sache anvertraute. Dieser hielt seinen Kopf unentwegt weiterhin gesenkt. „Er hat mich im Stich gelassen...obwohl er wusste, dass ich seine Hilfe brauchte.....“ Er senkte seinen Kopf noch ein Stückchen weiter. „Unser Vater hat sich selbst in Gefahr gebracht um mich zu retten. Yoshiki war nicht dazu bereit gewesen.“ Seine Stimme wurde immer heiserer. „Er hat es verdient auch zu spüren wie es ist, im Stich gelassen zu werden....“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)