Wasser von Makoto17 (Winterwichteln 2013 für White_Angel) ================================================================================ Kapitel 1: Unterworfen ---------------------- Marinami schwamm in den tiefen Gewässern des Indischen Ozean entlang. Sie schwamm so tief, dass die Strömungen sie nicht mehr erfassten, daher musste sie aus eigener Kraft vorwärts kommen. Doch wie für alle Meerjungfrauen war dies kein Problem für sie. Der niedrige Grad der Wasserbewegungen erlaubten ihr, nach seltenen Perlen zu suchen. Doch fand sie nicht dass, was sie zu finden erhofft hatte. Stattdessen spürte sie, wie sie beobachtet wurde. Erschrocken bemerkte sie, dass sie sich zu nahe an der Insel der Meerhexe befand. Daher beschloss sie, schnell von hier zu verschwinden, bevor diese sie stellen konnte. Begegnet war sie ihr noch nie, aber den Erzählungen der anderen zufolge würde sie einen hohen Preis dafür bezahlen müssen, wenn diese ihren Weg kreuzte. Doch dann beruhigte sie sich wieder. Diejenigen, von denen die Geschichten der Meerhexe berichteten, wollten etwas von dieser. Und dies war bei ihr definitiv nicht der Fall. Mit ein Paar kräftigen Bewegungen ihres Schwanzes entfernte sie sich von dem Einflussbereich der Meerhexe. Doch die Meerhexe beobachtete sie weiter. Sie hatte eine Handlangerin gefunden, und wollte diese nicht entkommen lassen. Schon zu lange sparte sie mit ihren Kräften, sie wollte diese endlich auffrischen. Doch da sie selber den Kontakt zu Menschen scheute, brauchte sie jemand anderes, der einen Menschen zu ihr brachte. Und da kam diese Meerjungfrau gerade recht. Wieder machte sie sich auf die Suche nach neuen Perlen. Doch dieses Mal achtete sie darauf, sich nicht zu nah an der Insel zu begeben. Einen solchen Schrecken wie vorhin wollte sie sich so schnell nicht wieder aussetzen. Die Meerhexe bemerkte, dass diese kleine Meerjungfrau vorsichtiger geworden war. Immer wieder versteckte sie sich vor den Blicken der Wasserbewohnerin, nur, damit diese nicht doch noch fluchtartig die Gegend verließ. Doch dann wurde sie des Wartens leid. Sie beschloss, die Meerjungfrau anzusprechen. Daher zeigte sie sich ihr. „Ist es nicht unhöflich, kurz vorbeizukommen, und sich dann nicht einmal bei mir vorzustellen?‟ Erschrocken drehte Marinami sich zu der Stimme um. Sehen konnte sie niemanden, doch sie wusste auch so, wem die Stimme gehörte. „Aber... ich bin doch weit genug von der Insel entfernt.‟ Die Meerhexe kannte die Mythen, die die Geschöpfe der Meere sich über sie erzählten. Und sie wusste auch, dass diese nur teilweise der Wahrheit entsprachen. Doch fand sie es nicht schlecht, unterschätzt und gefürchtet zu werden. Niemand von den anderen wusste auch nur ansatzweise, wie weit ihre Macht wirklich reichte. „Du glaubst also, dass man nur weit genug von der Insel entfernt bleiben muss, damit ich von euch fernbleibe?‟, fragte sie die Meerjungfrau. „Wie heißt du denn?‟ Die Meerjungfrau ängstigte sich. Sie könnte genauso gut verletzt vor einem hungrigen Hai schwimmen, sie würde sich genauso ausgeliefert fühlen. Sie traute sich nicht, irgendetwas zu erwidern. Die Meerhexe verlor langsam die Geduld. Sie wollte nicht noch länger auf die Antworten fragen, also fragte sie etwas forscher. „Marina...Marinami‟, stotterte die Meerjungfrau mehr, als dass sie sprach. Hilfesuchend schaute sie sich um, doch weder eine andere Meerjungfrau, noch ein großer Fisch, der die Meerhexe ablenken konnte, war in Sichtweite. Inzwischen gab die Meerhexe es auf, auf die Antwort ihrer ersten Frage zu warten. Diese Marinami schien nicht sonderlich viel Mut zu besitzen, und ein drittes Mal wollte sie die Frage nicht wiederholen. Also verzichtete sie auf die Antwort und stellte die Situation, in der sich die Meerjungfrau nun befand, direkt klar. „Ich bin die Herrscherin dieser Meere. Ich bin nicht an diese Insel gebunden. Und auch, wenn ihr Meerjungfrauen zu dieser Insel kommen müsst, wenn ihr etwas von mir wollt, so kann ich euch doch im ganzen Meer aufsuchen. Es lohnt daher nicht, mir entkommen zu wollen, da auch du das Meer nicht verlassen kannst.‟ Marinami hörte den Ausführungen der Meerhexe zu. Sie suchte nach einer Lösung, wie sie ihr entkommen konnte, musste jedoch einsehen, dass diese Recht behalten würde. Sie konnte nicht an Land, da ihr die Fähigkeit fehlte, sich dort fortzubewegen. Sie war der Meerhexe wirklich ausgeliefert. Langsam überlegte sie sich, was die Meerhexe wohl von ihr wollte. Als wenn die Meerhexe ihre Gedankengänge kannte, fuhr sie fort: „Aber ihr Meerjungfrauen beherrscht die Kunst der Verführung, zumindest, was das Menschenvolk angeht. Und ich möchte, dass du mir einige junge Männer hierher bringst.‟ „Warum sollte ich das tun?‟ „Ach, findest du jetzt doch den Mut wieder, etwas zu erwidern.‟ Die Meerhexe erschien einige Zentimeter vor dem Gesicht Marinamis, und umklammerte mit ihrer Hand den Hals der Meerjungfrau. „Ganz einfach, weil ich es so will. Ansonsten wirst du nirgendwo mehr hin schwimmen. Ich werde mir ganz einfach deine Energien nehmen.‟ Musste sie nicht erst etwas von der Meerhexe erbitten, bevor diese sich etwas von ihr nehmen konnte? Oder gehörte dies auch ins Reich der Legenden wie die Geschichte, dass sie nur ein wenig Abstand von der Insel halten mussten, um der Meerhexe nicht zu begegnen? „Du wirst die Männer hierher bringen, und dafür sorgen, dass sie noch leben, wenn du sie mir übergibst. Aber sorge dafür, dass sie sich nicht mehr wehren können. Ich will nicht, dass sie dann doch noch in letzter Minute entkommen.‟ „Was hast du mit den Männern vor?‟ Die Meerhexe schwamm hinter Marinami, hielt sie aber weiterhin in ihrem Griff gefangen. „Was glaubst du wohl, wozu diese Männer mir von Nutzen sein könnten. Ich werde mich von ihnen ernähren, und dann kannst du mit ihnen machen, was du willst.‟ „Aber... warum willst du sie dafür? Die Menschen leben doch nicht im Meer, wie also sollte ich einen von ihnen hierher locken können?‟ „Bist du nun eine Meerjungfrau oder nicht? Du singst natürlich, und verzauberst so die Männer, die auf dem Meer unterwegs sind. Diese Männer sind empfänglich für euren Gesang.‟ Bei dem Gedanken, den Befehl der Meerhexe zu befolgen, bekam Marinami ein schlechtes Gefühl. Sie wusste nicht, woher dieses Gefühl kam, noch, wie sie es beschreiben konnte. Das Einzige, was sie wusste, war, dass dies nicht richtig war. Sie versuchte, ihre Frage zu formulieren. „Was gibt uns das Recht, sie zu uns herunter zu locken?‟ Doch die Meerhexe kannte diese Bedenken scheinbar nicht. Stattdessen wartete sie mit einer Erklärung auf, die keinerlei Mitleid erkennen ließ: „Die Menschen, die hier entlang fahren, überlegen auch nicht, ob sie die Fische fangen dürfen. Sie fangen sie einfach. Sie haben keine Skrupel, also warum sollten wir Skrupel haben, sie zu uns herunter zu ziehen?‟ Die Fragen der Meerjungfrau verhießen nichts Gutes. Diese erschien ihr neugierig und widerspenstig zu sein. Das konnte sie sich nicht gefallen lassen. Da sie befürchtete, dass die Meerjungfrau ihrem Befehl nicht folgte, sah sie sich gezwungen, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Wozu war sie denn eine Meerhexe, eine Beherrscherin des Seen? Die Meerhexe konzentrierte die Macht des Wassers, die in der Meerjungfrau innewohnten, und unterwarf diese mit ihrer eigenen Kraft. Die Meerjungfrau hatte keine Chance. Widerstrebend, aber dennoch folgsam, schwamm sie nach oben, auf der Suche nach ihrem ersten Opfer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)