Was einmal verloren ist.... von Zeichenfeder (ChihiroxKohaku) ================================================================================ Kapitel 2: Wenn wir uns wiedersehen... -------------------------------------- Chihiro hatte lange das Gefühl zu schweben. Sie fühlte sich so wohlig, dass sie sich nicht mal traute die Augen zu öffnen. Deshalb dauerte es auch so lange bis sie bemerkte, dass sie auf warmem Wasser lag. Weit davon entfernt unter zu gehen oder sich unsicher zu fühlen. Auch wenn sie neugierig war wo sie war, öffnete sie die Augen nicht. Dabei zerrten verschiedene Dinge an ihrer Neugier. In der Ferne hörte sie das Pfeifen eines Zuges, aber nicht so ein Zug wie die Regionalbahn mit der sie immer zur Schule fuhr. Eher eine richtig alte Dampflock, die auf ächzenden Gleisen in der Ferne ihre Kreise fuhr. Jedes Mal, wenn sie die Lock hörte, schwabbte eine Welle auf. Ein leichtes Lächeln zog sich über ihr Gesicht, wenn die Welle sie ein Stückchen weiter trieb. Nicht nur Chihiro trieb im Wasser. Überall auf der Wasseroberfläche tanzten ein paar Blütenblätter. Keine Kirschblüten, wie man sie im japanischen Frühjahr überall sah, sondern Blütenblätter von Blumen in verschiedenen Farben. Rosa, Gelb, Blau, sogar ein helles Grün. In der Luft lag der Duft von köstlichem Essen und ab und an dachte sie, den Geruch von Eukalyptus wahr zunehmen. Es war so schön und es hätte so schön bleiben können, doch da halten diese Worte durch ihr Ohr: „Mein Geschäftspartner hat einen Sohn in deinem Alter.“ Sofort riss Chihiro die Augen auf und mit einem Mal kam ihr das Wasser so kalt vor, als würde es gleich zu Eis erstarren. Sie richtete sich auf, als würde sie sich im Bett aufsetzen, wodurch sie natürlich erst mal kurz unterging, bis sie sich mit den Oberarmen über Wasser halten konnte. „Papa?“, rief sie der Stimme hinterher und sah sich um. Noch vor kurzem hatte sie sich einen blauen Himmel vorgestellt und eine Sonne, die ihr warme strahlen schickte. Doch der eben noch so klare Himmel wurde nun von grauen Wolken verdeckte, die immer dunkler zu werden schienen. Auch das Geräusch eines freundlichen Zuges in der Ferne war weg. Oder Schlimmer noch! Es wurde ersetzt. Ersetzt durch ein lautes, schrilles Quieken wie es Schweine auf dem Weg zum Schlachter von sich geben. Chihiro presste ihre Hände auf ihre Ohren, aber sie hörte das Schweinequieken immer noch, als wäre es in ihrem Kopf. „Was soll das?“, murmelte sie, gefolgt von einem leisen flehenden: „Aufhören, aufhören, aufhören.“ Ihre Finger vergruben sich in ihren Haaren, die auf einmal wieder trocken waren. Sie hätte alles dafür gegeben, dass das Quieken verschwindet... aber dann... Verschwand es... Weil Chihiro unter Wasser gezogen wurde. Sie konnte nicht erkennen wer oder was sie zog. Sie konnte sich auch nicht los reißen oder nach oben schwimmen. Das einzige, das aufstieg war die Panik in ihr, weil sie spürte wie ihr die Luft in den Lungen knapp wurde. Verzweifelt zappelte sie und kämpfte gegen das Gefühl des Ertrinkens an. Sie öffnete die Augen, doch es war zu Dunkel um zu erkennen, was sie hinunter zog. Nur Richtung der Wasseroberfläche schien etwas Licht zu ihr zu kommen. Chihiro sah panisch nach oben, um zu erkennen wie weit hinunter sie schon gezogen wurde, doch da sah sie etwas auf sich zu kommen. Etwas das ihr nach tauchte. Sie konnte nicht erkennen was es war. Sicher kein Mensch. Eigentlich konnte sie nicht sagen, ob es ihr zu Hilfe eilte oder sie fressen wollte, aber trotzdem streckte sie ihre Hand danach aus, als wolle sie sich daran fest halten. Gleich war es da. Nur noch ein paar Zentimeter. Gleich war... Chihiros Wecker klingelte und holte sie rüde aus dem Schlaf. Ihre Bettdecke hatte sie sich bis zur Nase gezogen, so dass es ihr beim Aufwachen schwer fiel ihre eigene Tür zu erkennen. Obwohl sie nur eine Sommerdecke hatte, kam ihr die heute monströs dick vor. Umso anstrengender war es auch sich nach diesem Traum zu ihrem Wecker vor zu kämpfen. 08:30 Uhr zeigte das dumme Ding, in seinen rot beleuchteten Buchstaben, an. Für sie selbst war es mindestens eine Stunde zu früh, um diesen Sonntag zu beginnen. Sie drehte sich auf die andere Seite, um die Uhrzeit auszublenden, schloss die Augen und sah wieder das dunkle Wasser vor sich. Genau wie die bedrohlichen Gewitterwolken, vor denen sie sich auch bei Tag fürchtete. Schnell schlug sie die Augen wieder auf, erinnerte sich an die Uhrzeit, rollte sich demonstrativ auf den Bauch, aber auch in dieser Position wanderten ihre Gedanken wieder zu ihrem Alptraum. Genervt drehte sich das Mädchen wieder auf den Rücken und starrte die Decke an. Jetzt traute sie sich schon nicht die Augen nochmal zu schließen. Da konnte sie sich eben sogut aufsetzen und nach ihrem blinkenden Handy greifen, das ihr schon, ohne das sie es bemerkt hatte, seit einer Stunde versucht hatte zu signalisieren, dass sie eine neue Nachricht hatte. Nur die Nachricht gefiel ihr gar nicht: Guten Morgen Chihiro! :D Dein Vater hat meinem Vater deine Nummer gegeben und der mir 0:-) Tut mir Leid wie wir gestern auseinander gegangen sind. ;_; Ich würde das gerne wieder gut machen. Am Dienstag ist doch ein Feiertag. Ich würde dich gerne auf ein Eis einladen. Bitte sag ja! Gruß, Takashi ;) Zunächst wunderte sich Chihiro nur, dass Takashi wie ein Mädchen Emojis setzte. Diese Art des Textens hatte sie ihm, nach dem Abend gestern, nun wirklich nicht zu getraut. Ihm und auch keinem anderen Jungen. Aber das war es nicht was Chihiro verstimmte. Obwohl sie eben noch so müde war, sprang sie nun mit einem Satz aus dem Bett. Vorbei an Draches Vogelkäfig, der noch immer zugedeckt war, und raus aus ihrem Zimmer. „Du hast einfach meine Nummer weiter gegeben?“, rief Chihiro ihren Vater in einem etwas zu schrillen Ton am Morgen, als sie das Wohnzimmer betrat in dem ihre Eltern gerade frühstückten. Chihiros Platz war schon gedeckt. Ihre Mutter deckte immer für sie mit, egal ob sie länger in den Federn blieb oder nicht. Chihiros Mutter war auch diejenige die ihrem Mann einen zweiten vorwurfsvollen Blick zuwarf. Herr Ogino wurde von den Blicken der Frauen in seinem Haushalt durchbohrt. Etwas überfordert sah er zwischen seiner Tochter und seiner Frau hin und her, während der Fisch und die Eier und der Tee langsam kalt wurden. „Mein Geschäftspartner hat mich danach gefragt...“, sagte er kleinlaut und war sich keiner Schuld bewusst. „Dann kann ich ja auch deine Nummer weiter geben, wenn mich ein obdachloser Junkie danach fragt, ja?“, brauste die 17-jährige auf. „Du redest mit Junkies?“, fragte ihre Mutter entsetzt, die erst später verstand, dass Chihiro nur ein wenig übertrieben hatte. Chihiro ignorierte einfach, dass ihre Mutter nicht hinterher kam. „Hättest du mich gefragt, wäre ich dagegen gewesen!“ „Dann ist ja gut, dass ich nicht gefragt hab“, witzelte ihr Vater und begriff langsam was diesen Ausbruch verursacht hat. „Das heißt Takashi hat dir schon geschrieben oder? Uhhhhhh... Was sagt er denn? Hat es ihm gestern gefallen?“ „Ob es IHM gefallen hat? Warum fragst du nicht erstmal ob es MIR gefallen hat???“ „Wie hat es dir denn gefallen?“, fragte ihre Mutter und versuchte mit ihrem Tonfall ein paar positive Schwingungen ins Gespräch zu bringen. „Nicht genug, um mich nochmal mit ihm zu treffen!“ „Jetzt hör mal, ich bin sicher du wirst ihn schon noch...“ Noch bevor Chihiros Vater einen kolossalen Fehler machen konnte, wurde er zu seinem großen Glück von der Türklingel unterbrochen. „Ich geh schon!“, fauchte Chihiro und war gerade einfach nur froh einen Grund zu haben, um hinaus stürmen zu können. „Darüber sprechen wir noch“, flüsterte Frau Ogino ihrem Mann vorwurfsvoll zu. Etwas über motiviert riss Chihiro die Vordertür auf, um kurz darauf in Mayus fröhliches Gesicht zu sehen. „Morgen, Dornröschen“, kommentierte Mayu so die Tatsache, dass Chihiro immer noch ihren Pyjama an hatte. Die beiden Nachbarinnen hatten es sich angewöhnt jeden Sonntag Morgen joggen zu gehen. Chihiro war zwar gerne draußen, aber sie neigte zum Couchpotato. Mayu war, auch wenn sie gerne etwas anderes behauptete nicht besser und um guten Willen zu zeigen entschlossen sie sich einmal den Wanderweg durch den Wald entlang zu joggen. Was als 3,5 km Übung begonnen hatte, war mittlerweile zu einer 7 Kilometer Distanz geworden. „Ja, ja, morgen“, grüßte Chihiro etwas liebloser als sonst und ließ ihre Freundin eintreten. „Alles in Ordnung bei dir? Dir scheint irgendetwas die Petersilie verhagelt zu haben. Hast du schlecht geschlafen?“ „Das auch, aber der kleine Alptraum war mir immer noch lieber, als die Realität.“ Was die 17-jährige nicht wusste war, wie ihre beiden Eltern dem Grummeln ihrer Tochter lauschten. „Was ist denn los? Als dich Takashi gestern zum Bahnhof gebracht hat, war die Welt doch noch in Ordnung.“ „Er hat dich nach Hause gebracht?“, rief das grinsende Gesicht ihres Vaters, der den Kopf aus dem Wohnzimmer streckte. Seufzend hielt sich Chihiro am Treppen Geländer fest, welches hoch zu ihrem Zimmer führte, und entschied, dass es vorerst besser war ihren Vater zu ignorieren. „Warte hier“, sagte sie zu Mayu, „ich zieh mich schnell an.“ Chihiro und Mayu passierten beim Joggen mindestens zwei steinerne Götzen, die alle ca. einen Kilometer auseinander standen, bis sie den gestrigen Tag in ihren Worten erklärt hatte. Das umfasste die Begegnung an der Brücke, Takashis seltsame Erwartungen, das Motorrad und wie sie nach dem Unfall nach Hause gebracht wurde, bis zu der SMS von heute Morgen. „Es ist unfassbar was für spannende Dinge dir immer passieren“, kommentierte Mayu außer Atem, als sie über eine Wurzel sprang die sich über den Waldweg breit machte. Bei Chihiros Haus war der Weg noch betoniert, kurz darauf wurde dieser zu Kies und kurz hinter der Grenze des Waldes war der Natur die Gestaltung des Weges überlassen. „Immer?“, fragte Chihiro sicherheitshalber noch einmal nach, die ihr Leben als beständig, normal, wenn nicht sogar als langweilig beschrieben hätte. „Du erzählst immer die wildesten Geschichten, wenn du Samstag feiern warst und jetzt unterstellst du mir sowas?“ Ein Kichern konnten sich die Mädchen dabei nicht verkneifen. „Verzeihung“, korrigierte sich Mayu scherzhaft, „ich meinte skurril.“ „Viel besser. Noch immer nicht gut, aber besser“, nickte Chihiro und verstellte ihre Stimme damit diese wie eine pedantische Lehrerin an ihrer Schule klang. „Aber jetzt mal ehrlich“, sagte Chihiro und änderte ihr Verhalten wieder in die Ernsthaftigkeit, „Was soll ich davon … Mayu? Alles Ok?“ Sie hatte sich selbst unterbrochen, als ihr Blick auf ihre Freundin fiel. Obwohl die beiden gerade nur noch bergab unterwegs waren, japste die 16-jährige stark nach Luft und ihr Gesicht war ganz rot geworden. „Ja... al...phuuuu... alles ok. Langsam werden mir nur die Waden schwer.“ Rein aus Reflex hätte Chihiro das am liebsten fragend wiederholt, aber das erschien ihr fehl am Platz. „Lass uns da vorne mal eine kleine Pause machen. Ich bekomme auch langsam Seitenstechen.“ Am Ende des Hügels traf der Waldweg wieder auf eine Straße oder besser gesagt, auf eine ehemalige Straße. Dieser Punkt erschien den beiden Mädchen bereits beim ersten Mal Joggen wie der ideale Platz für eine Pause. Die Straße war schon seit Jahren zu gewuchert, da sich kein Auto mehr hier her verirrte. Lediglich ein paar Spaziergänger, Jogger oder Hundebesitzer kamen mit Pfiffi hier entlang. Die Sonne schien nur ganz schwach durch das dichte Grün der Blätter. Der Boden war mit Moos bewachsen. Das Ende des Weges wurde von einer kleinen Steinstatue markiert, die Ähnlichkeit mit einer Kröte hatte. Diese war so sehr mit Moos und flechten bewachsen, dass man die Farbe des Steines darunter nicht mehr genau bestimmen konnte. Jedoch verlieh das Grün der grinsenden Kröte einen gewissen Charme. Hinter dem großen Stein lag ein langer dunkler Tunnel, der nach einer Weile in einer verlassenen Bahnhofshalle endete. Die Anwohner hielten es für ein Bauprojekt, dass noch vor dem 2. Weltkrieg angefangen wurde, aber dann verlassen wurde und nun verwahrloste. Jetzt war der Tunnel sowie, die Bahnhofshalle als der Lieblingsplatz von Junkies und trinkenden Teenagern verschrien. Eltern warnten ihre Kinder bloß nicht durch diesen Tunnel zu gehen. Weder Chihiro, noch Mayu hatten hier jemals verdächtige Gestalten herum lungern sehen. Ihre Neugierde hielt sich trotzdem im Zaum. Ihre Mutter hatte ihr einmal erzählt, dass sie alle drei durch den Tunnel gegangen waren, als sie hier her gezogen waren. Damals hatten auch keine Junkies den Charme des alten Gemäuers verschandelt. Bestimmt nur ein Ammenmärchen. Mayu lehnte mit beiden Unterarmen gebeugt auf dem moosigen Stein. Chihiro warf ihr ein paar Blicke voller Mitleid zu, als ihre Freundin ihre Stirn auf ihre Unterarme legte und nach Luft schnappte. Chihiro war nicht unbedingt der Typ Mädchen, den man als Sportlerin bezeichnen würde, aber dennoch hatte sie sich eine recht gute Ausdauer antrainiert. Ab und zu ging sie auch alleine joggen, wenn ihr danach war. Wenn Mayu mal wieder die sonntägliche Jogginrunde schwänzte ging sie ohne sie laufen. Irgendwie hatte sich ihr Körper ans Laufen gewöhnt. Mayu dagegen nicht. Das letzte Mal war sie vor drei Wochen einmal mitgekommen. „Geht's wieder?“, fragte Chihiro geduldig und hielt ihr eine Wasserflasche an. „Klar!“, verkündete Mayu genervt und machte ihren Rücken wieder gerade, um sich schnell das Wasser zu schnappen. „Ich bin ein Ausbund an Gesundheit. Mein Körper ist ein Tempel!“ Mayu gehörte nicht zu den Menschen die dezenten Sarkasmus verteilten wie Chihiro. Bei ihr fühlten sich die Kommentare immer wie ein Schlag mit einem Zaunpfahl an. Ihre beiden Freundinnen ließen sich davon gerne verschrecken und trauten sich nicht weiter auf dem Thema herum zu reiten. Chihiro selbst nutzte den Moment, den Mayu für sich brauchte und setzte sich auf den Boden. Die große Krötenstein im Rücken, das Gesicht zum Tunnel. Der leichte Wind war Chihiro vorhin schon aufgefallen. Vorhin hatte das laue Lüftchen angenehm die Hitze im Zaum gehalten, doch hier vor dem Tunnel verschaffte ihr der Wind ein unbehagliches Gefühl. Sie zog ihre Beine an die Brust und klammerte sich an ihre Knie. „Als würde er einatmen...“, murmelte Chihiro, was von ihrer Freundin mit einem lauten: „Hä!?“, unterstrichen wurde, da diese gedanklich nicht ganz da war. „Der Tunnel...“, wiederholte Chihiro, „... wenn der Wind dort so durch weht, fühlt es sich an, als würde er einatmen...“ Sie sagte das so leise und geheimnisvoll, dass Mayu eine Gänsehaut bekam, was die 16-jährige aber nie zugeben würde. „Kein Wunder, dass du solche Dinge träumst, wenn dir deine Fantasie sowas einredet, wenn du wach bist.“ Mit einem Grummeln wich Chihiro vor diesem Kommentar zurück. Brütete sie so viele Hirngespinste aus? Sie drehte sich mit halben Oberkörper zu ihrer Freundin. „Irgendwie sind wir vom Thema abgekommen. Was soll ich denn jetzt Takashi machen?“ Mit einem Strecken ließ Mayu ihre Gelenke knacken, was Chihiro eine unangenehme Gänsehaut verursachte. Es gab gewisse Geräusche, die sie sich nicht anhören konnte. Knackende Gelenke gehörte eindeutig dazu. „Du machst dir ganz umsonst Sorgen. Mach doch einfach nichts. Was soll dein Vater schon machen? Dich vor den Altar ziehen?“ Eine Augenbraue wanderte sie nach oben. Eigentlich hatte sie Recht. Das würde ihr Vater nun auch wieder nicht machen, aber bevor seine Kuppelversuche aufhörten, würde er ihr noch lange auf die Nerven gehen. „Außerdem ist Takashi doch nicht so übel!“ Ein genervtes Stöhnen zeigte Mayu, dass Chihiro nicht mit diesem Satz einverstanden war. Einige Sekunde lieferten sich die beiden Mädchen ein bitterliches Blickduell, welches Chihiro eindeutig gewann, weil Mayu dieses finstere Glänzen in ihren Augen nicht mehr stand halten konnte. „Schon gut, schon gut... ich will nichts gesagt haben...“, seufzte Mayu und gab Chihiro die Wasserflasche zurück. Takashis Worte und seine Art und die Smily belastete SMS lagen Chihiro noch in den Knochen. War sie die Einzige, die das seltsam fand? War es falsch sich darüber aufzuregen? Aber alleine die Erinnerung daran entfachte eine Wut tief in ihr, so dass sie am liebsten gegen etwas getreten hätte. „Dann lass uns mal weiter laufen!“, sagte sie und ignorierte Mayus Bitte-nicht-Blick. //Keine Pause für dich!// Mit einem Hops stand Chihiro auf den Beinen, als wäre sie nur knapp 100 Meter gelaufen. Diese Agilität bewunderte Mayu genauso wie sie, sie fürchtete. Ein weiterer Windhauch fuhr durch den Tunnel. Nur stärker. Und irgendwo am Ende der alten Anlage verursachte der Windzug ein dumpfes, leises Grollen. Mayu, die schon genervt weiter joggte, schien dies gar nicht zu bemerken, aber Chihiro hörte es. Es hielt sie davon ab einen Fuß nach vorne zu setzen und ließ sie kurz inne halten. So gruselig war dieses Geräusch. Dabei konnte die 16-jährige fast spüren wie sich ihre Nackenhaare aufstellten und sie eine Gänsehaut bekam. Doch trotz diesem Anflug von Grusel, der ihr ein flaues Gefühl in der Magengegend bescherte, drehte sie sich noch einmal langsam zum Tunnel um. Ein Teil von ihr hätte erwartet, dass ihr irgendetwas unnatürliches entgegen sprang, aber das geschah natürlich nicht. Nichts war da. Doch zur Vorsicht tasteten ihre Augen den Tunnel erneut ab und dann sah sie doch etwas.... aber das war nicht gruselig oder grausig. Auf dem Boden, fast schon auf der ersten Steinplatte des Tunnels, der sich übrigens nicht verändert hatte, seit dem sie vor wenigen Augenblicken hinein gestarrt hatte, lag Papier. Chihiro war nicht der Typ, der ein besonderes Interesse an Müll hatte wie einige Kleinkinder, die alles aufheben oder untersuchen mussten. Sogar als Kleinkind hatte sie eher Angst fremdes anzufassen. Aber das war so wunderlich, dass sie sich bückte und es aufhob. //Was ist denn das?// Es war etwas schwer zu beschreiben. In ihrer Hand lag nun so etwas wie ein ausgeschnittenes, rudimentäres Männchen, dass beide Arme gerade zur Seite streckte und ein 't' bildete. Mit viel Fantasie hätte es auch ein Vogel im Flug sein können. Zwar hatte es keinen Schnabel aber nach unten lief es spitz zu, wie die Schwanzfedern eines Vogels. „Mhhhh“ Nachdenklich betrachtend drehte sie es ein paar Mal um. Die kleine Papierbastelei hatte sehr viel Ähnlichkeit mit etwas, dass ein Kind im Kindergarten gebastelt hatte. Nur war der nächste Kindergarten am anderen Ende des Dorfes. Wie sich die kleine Bastelei wohl hier her verirrte? „CHIHIRO! Wenn du nicht endlich kommst, lasse ich dich stehen und hole mir ein Eis!“, schrie Mayu ihr zu die schon am Ende des Weges war und nur noch so groß wie ein Stuhl war. Trotzdem erreichte sie das Organ der Frau. Stimme hatte ihre Freundin ja, wenn auch keine die fürs Singen geeignet war, wie das Karaoke gestern bewiesen hatte. Ohne es richtig zu realisieren verstaute sie das Papierchen in der Tasche ihrer Sporthose und sprintete Mayu hinter her. Mit einem 'WUSCH' wehte der Wind rasch ein weiteres Mal durch den Tunnel und kam bei drei Gestalten an, die gestern Abend das letzte Mal auf einem Dach in der Stadt zusammen gestanden hatten. Kohaku stand vor dem Gewölbe, dass zum Tunnel wurde und sah Chihiro Gedanken verloren nach. „Das hat dann auch nicht geklappt...“, murmelte er etwas enttäuscht und mit seinen Augen konnte er tatsächlich bis hin zu Chihiro sehen, die sich kein weiteres Mal zum Tunnel umdrehte. „Ja, solche Dinge brauchen Zeit...“, erwiderte die Hexe Zeniba und lächelte trotzdem. Unzufrieden sah sie nun wirklich nicht aus. Sie saß auf einer der staubigen Bänke in der Abfahrthalle neben ein paar trockenen Blättern, auf einen antiken Gehstock gestützt. Ihre knochigen Finger trommelten fast schon vergnügt auf dem Kopf des Stockes herum. „Jetzt guck doch nicht so finster, Junge“, sagte sie fast amüsiert. „Immerhin hat sie mein kleines Vögelchen doch mitgenommen. Ein Teil von ihr hat sich bereits daran erinnert.“ Kohaku drehte sich zu der Hexe um. „Aber nur ein kleiner Teil“, sein Blick senkte sich erneut, „... ich hatte nur gehofft, sie würde....“ „Sie würde durch den Tunnel rennen und dir mit Freudentränen in den Augen in die Arme fallen!!! Hört sich das einer an! Es gibt wirklich nichts schlimmeres als verliebte Götter!“, unterbrach ihn Jubaba genervt die immer noch seit gestern meckerte, dass sie in ihre eigene Welt zurück kehren wolle. Es war offensichtlich, dass ihr Hakus Verlangen, Chihiro wieder zu sehen völlig egal war. Sie hatte ihm schon gesagt, dass sie vermutlich eines Tages von alleine wieder durch den Tunnel gehen würde, wenn ihre Träume und ihre Dejavus zu viel wurden. Dann könnte sie natürlich alt und grau sein und kurz vor dem eigenen, natürlichen Tod stehen. Bis dahin wollte der junge Drache aber nicht warten. Jubaba saß in ihrer 'Rabengestalt' auf einem der Deckenträger und flatterte aufgeregt mit den Flügeln, als könne sie es nicht warten davon zu fliegen. Bis vor kurzem hatte ihre Schwester noch mit ihr über dieses Thema gestritten und sie ermahnt sich mit ihren bissigen Kommentaren und ihrer schlechten Laune zurück zu halten, doch nun war sie dazu über gegangen ihre Schwester so gut sie konnte zu ignorieren. „Hör nicht auf sie. Wenn es etwas Schönes gibt, dann das Gefühl verliebt zu sein. Das süßeste Leiden der Welt. Die Alte hat nur vergessen wie sich das anfühlt.“ „Was sagst du da?“, wollte Jubaba von ihrem Träger aus wissen, doch keiner antwortete. Ein wenig angestrengt stand Zeniba von ihrer Bank auf. Auch wenn ein Hexenkörper sich etwas länger hielt, so kam sie ,wie Menschen im Hohen Alter, langsam an ihre Grenzen. Kohaku versuchte aufrichtig Jubaba zu ignorieren, wie es ihre Zwillingsschwester es ihm immer riet, aber ein Teil von ihm fragte sich, ob sie nicht doch Recht hatte. Kämpfte er einen aussichtslosen Kampf? Selbst wenn Chihiro sich eines Tages an ihn erinnerte, würde sie sich dann überhaupt freuen ihn zu sehen? Das süßeste Leiden der Welt könnte ihn noch Jahre lang quälen und trotzdem in einem gebrochenen Herzen enden. „Hör mal“, fing Zeniba noch einen Versuch an, Kohaku zu motivieren, „als sie damals den Drachen zum ersten Mal gesehen hat, hat sie sich da an den Fluss erinnert?“ Hakus Blick sah immer noch nicht vom Boden auf. Woher sollte er das denn wissen? Doch Zeniba übernahm das Antworten für ihn: „Vermutlich nicht. Doch irgendwo zwischen eurer ersten Begegnung vor dem Badehaus und dem Moment als sie auf dem Stuhl in meinem Haus saß.... ich weiß noch ganz genau wie die kleine mit schwerem Herzen in der Ecke hing... irgendwo dazwischen... hat sie sich an den Flußgott erinnert, der ihr das Leben gerettet hat.“ Nun huschte doch ein Lächeln auf Hakus Lippen. „Sowas braucht Zeit...“, wiederholte sie, „...und viele kleine Stöße auf den Hinterkopf!“ Mit diesen Worten erhob sie ihren Gehstock und verpasste Kohaku wirklich ein Stöße auf den Hinterkopf. Nicht sehr fest, aber stark genug um ein Pochen unter seiner Kopfhaut zu verursachen. „Au! Schon gut, schon gut!“ Haku wich ihren Schlägen aus und presste eine Hand auf die misshandelte Stelle. Erst jetzt blickte er in Zenibas strenges, wenn auch aufmunterndes Gesicht. Sie verdrehte den Hals etwas und deutete mit einem Zucken auf das Ende des Tunnels. Ohne Worte sagte sie Kohaku, er solle Chihiro noch eine Gedächtnishilfe geben. Mit einem Nicken signalisierte er, dass er es verstanden an und tatsächlich lief er, nach einer kurzen Verbeugung, durch den Tunnel. Er würde Chihiro nicht aufgeben. Selbst wenn es noch 50 Jahre dauern würde, bis sie sich wieder an ihn erinnerte. Er konnte sie nicht aufgeben. Immerhin hatte sie seine Seele gerettet. Seine Gefühle für sie würden nie verblassen, genau wie ihre Tat damals nie Gewicht verlieren würde. Zufrieden blickte Zeniba dem Jungen hinter her. In der Tat war sie gespannt, was als nächstes passierte. Nichts beflügelte so wie junge Liebe, auch wenn es nicht die eigene war. „Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute“, meldete sich Jubaba erneut zu Wort und drückte mit ihrer Stimme aus, dass es ihr immer noch egal war. „Können wir jetzt gegen???“ „Noch nicht...“, sagte Zeniba leise. „Die Geschichte ist noch lange nicht vorbei.“ Chihiro und Mayu hatten mittlerweile den schlimmsten Abschnitt ihrer Joggingstrecke erreicht. Vorbei an Wiesen und Feldern ging es nun nur noch bergauf bis man ihr Dorf erreichte. Mayu rang förmlich nach Luft und kämpfte gegen ihr Seitenstechen. Chihiro lief ein paar Schritte voraus, aber selbst sie spürte, dass ihre Waden schwer wurden. Aber wenn man nichts spüren würde, hätte man es nicht richtig gemacht. Zumindest betonte ihr Vater das immer, wenn er vom Golfen kam und sich danach seine Schulter rieb. Es schien für Mayu fast wie ein Wunder, als Chihiro auf einem kleineren Hügel stehen „Danke, fürs Warten“, sagte sie und versuchte nicht noch unsportlicher zu Wirken, als sie es ohnehin schon tat. Auch wenn Chihiro noch nie schlecht über sie gesprochen hatte, versuchte sie zu verbergen, wie heftig ihr das Laufen nach drei Wochen Pause zusetzte. Sie stützte ihre Hände auf ihre schmerzenden Oberschenkel. Morgen um diese Zeit würde sie einen Muskelkater haben, der sie hämisch daran erinnern würde, wie sehr ihr Körper nicht hier für gemacht war. Doch als Mayu bemerkte, dass Chihiro auch nach längerer Pause nicht antwortete, blicke sie zu ihr auf und ihr eigener körperlicher Zustand wurde zweitrangig. „Chihiro? Was siehst du dir da an?“ Sie folgte dem Blick ihrer Freundin, die den Hügel hinunter auf die Wiesen vor sich sah. Etwas weiter unten, eigentlich nur wenige Meter weit weg, stand jemand. Ein Mann mit langen, blau-grünen Haaren und einem weißen Kimono mit ähnlich farbigen Akzenten. Für Mayu war der Anblick von so traditioneller Kleidung selbst in dieser Gegend eher befremdlich, aber für Chihiro war dieser Kimono sehr vertraut. „Das ist er ...“, murmelte Chihiro und sah wie hypnotisiert zu dem Mann herunter, der in die Ferne zu schauen schien. „Wer? Was?“ Auf einmal wurde Mayu extrem neugierig. Der Ton in Chihiros Stimme baute eine enorme Spannung auf. „Das ist der Mann, der mich gestern auf der Brücke aufgefangen hat und der mich vor dem Motorrad Raser gerettet hat und der mich nach Hause getragen hat.“ Jetzt besah sich Mayu den Mann ein weiteres Mal und bedauerte, nur seine Rückseite zu sehen und nicht sein Gesicht. Zu gern hätte sie gewusst wie der Kerl aussieht, der sich auf so geheimnisvolle Art in das Leben ihrer besten Freundin geschlichen hat. „Was glaubst du warum er einen Kimono trägt? Arbeitet er im Tempel?“ „Kann schon sein“, murmelte Chihiro und sah immer noch gebannt zu ihm hinunter. Mayu schien ihr bereits sehr weit weg zu sein, obwohl sie direkt neben ihr stand. „Ich sollte zu ihm gehen und mich noch einmal richtig bedanken.“ Erst wollte Mayu nicken, doch je länger sie über die Situation nachdachte, desto mehr verzog sich ihr Gesicht in die Skepsis. „Oder wir gehen einfach weiter...“ Jetzt sah Chihiro sie doch an und ihr Blick war überrascht und empört zu gleich. „Aber schulde ich ihm das nicht wenigstens? Immerhin hat er mir gestern in der Stadt so sehr geholfen!“ „Jahaa!“ Mayu hielt Chihiro mahnend ihren Zeigefinger vors Gesicht und sah sie streng an. „In der Stadt! Und jetzt steht der Typ auf einmal hier! Kommt dir das nicht seltsam vor?“ „Vielleicht wohnt er hier?“, meinte Chihiro zögerlich und hob eine Augenbraue an. „So ein Quatsch! Hier kennt jeder jeden! Du könntest doch alle Einwohner innerhalb von 5 Minuten auswendig aufzählen. Und wenn er neu hier her gezogen wäre, würde bereits das ganze Dorf über den neuen in den seltsamen Klamotten tratschen!“ „Pschhht! Er kann dich sicher hören!“, versuchte Chihiro Mayu dazu zubringen ihre Stimme zu senken. Das funktionierte aber eher schlecht, als recht. „Was wenn der Typ ein Stalker ist, der dich schon wochenlang beobachtet und nur darauf wartet seine perversen Gelüste ein einer hübschen, schüchternen Brünetten auszulassen???“ Dabei packte Mayu Chihiro an beiden Armen und starrte sie durch dringend an. In dieser Vermutung lag tatsächlich aufrichtige Sorge, aber trotzdem konnte Chihiro sie nicht vollständig ernst nehmen. „Dann hätte er seine Gelüste, doch wohl gestern an der bewusstlosen Brünetten ausgelassen“, flüsterte Chihiro gedrückt und etwas mahnend. Aber von der Seite hatte Chihiro ihren Retter noch nicht gesehen. Sie regte sich über Takashi... den normalen Schüler, Bekannter der Familie, auf, aber diese seltsame Begegnung nahm sie einfach so hin? Sonst war doch Chihiro nicht so leicht einzulullen. Wieso fiel ihr es so leicht an diesen Fremden zu denken ohne einen negativen Gedanken zu folgen? Die 17-jährige sah zwischen Mayu und den Mann hin und her und überlegte an wen sie sich jetzt wenden sollte. Aber genau wie ihr Blick bei dem Unbekannten hängen blieb, so klebten auch wieder ihre Gedanken bei ihm. „Ich werde kurz zu ihm gehen. Du kannst ja hier warten oder vorgehen.“ „Bist du irre? Soll ich nach Hause gehen, während dich dein Stalker verschleppt?“ „ Er ist nicht mein Stalker“, erwiderte Chihiro nüchtern, „Ich hätte nur gerne etwas Privatsphäre.“ Da verließ sie auch schon den Weg und ging mit festen Schritten den Hügel hinunter, während Mayu fast schon beleidigt die Arme vor der Brust verschränkte. „Oh... Privatsphäre...“, murmelte sie beleidigt und erstaunt, aber sie blieb mit ihren Füßen an Ort und Stelle stehen, wo sie den vermeintlich Perversen immer im Blick hatte. „Ehm... Entschuldigung?“, erklang eine zarte, schüchterne und zugleich schöne Stimme hinter Kohaku und er drehte sich um. Hinter ihm stand Chihrio, die gerade den Hügel hinunter kam. Mayu die weiter oben am Weg stand bemerkte er gar nicht, so froh war er, dass sie auf ihn zukam. „Ich wollte Sie nicht stören... Ich wollte mich nur bedanken, dass sie mir gestern geholfen haben.“ Der Mann, der ihr immer noch fremd war, sah sie mit zwei gütigen Augen einfach nur an ohne etwas zu erwidern. Sie hatte ihn gerade etwas zu sehr überrascht. Doch als keine Antwort kam, wurde ihr etwas unbehaglich. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Fast schon mit einem kleinen Zucken fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte sich bei der Entschuldigung leicht zu verneigen und holte das sofort, wenn auch etwas verspätet nach. Doch nun schmunzelte Kohaku über so viel Förmlichkeit. Es gab wohl Dinge die sich nie änderten, selbst wenn man erwachsen wurde. „Du brauchst dich nicht dafür zu bedanken. Das hätte wirklich jeder getan.“ Nun da sie hörte, dass er nicht verärgert war, sah sie wieder auf und war gleich viel entspannter. „Ich finde schon, dass ich mich bedanken sollte. Immerhin wäre ich ohne ihre Hilfe gestern im Krankenhaus gelandet.... und das zwei Mal!“ Außerdem hatte sich nicht jeder verrenkt, um sie zu fangen oder sie aus dem Weg zu stoßen. Nur er hatte das. „Geht es dir denn heute besser? Du bist gestern ganz schön unsanft auf den Beton geknallt“, versuchte er mit einem freundlichen Lächeln das Thema von der Bedankerei zu wechseln. Chihiro ertastete mit den ihren zarten Fingern, die Seite ihres Kopfes. Die Beule war immer noch da. Sie war immer noch warm und sie tat immer noch weh. Jedoch, zumindest hatte sie aufgehört zu pochen. „Es geht mir gut. Ich bin robuster als ich aussehe.“ Nun lächelte sie ihn ebenfalls, wenn auch um ihre Unsicherheit zu verbergen. Die meisten Leute würden sie nie für robust halten, egal wie sehr sie dies beteuerte. Dafür sah sie viel zu sensibel und zerbrechlich aus. Doch Haku wusste, was sie und wem sie stand halten konnte. „Ich würde mich gerne erkenntlich zeigen, dass sie mich nach Hause gebracht haben!“, fing Chihiro wieder an sich zu bedanken. Sie konnte es nicht lassen. „Meine Freundin und ich wollen gleich noch ein Eis essen gehen. Wollen Sie vielleicht mitkommen? Ich würde sie gerne einladen.“ Im nach hinein wirkte es sehr infantil auf Chihiro ihren Retter zu einem Eis einzuladen, aber in dem Moment fiel ihr nichts besseres ein. Sie schob diesen einfach, auf den Schlag auf den Kopf, den sie gestern beim Fallen erhalten hatte. Haku sah zu Mayu hinauf. Das Mädchen stand immer noch mit verschränkten Armen da und warf ihm einen Blick zu, den er sich nicht erklären konnte. „Das ist ein liebes Angebot“, sagte er und sein Blick wanderte zurück zu Chihiro, „... aber ich fürchte, dass ich noch etwas zu tun habe.“ In Wahrheit hätte er gerne Zeit mit Chihiro verbracht, aber er brauchte eine Chance sie daran zu erinnern, was geschehen war, nach dem sie vor sieben Jahren den Tunnel durchquert hatte und mit der düster blickenden Freundin, wäre das wohl nicht möglich gewesen. „Oh... verstehe... Sie müssen zur Arbeit oder?“ Leicht verwirrt blickte Kohaku in Chihiros enttäuschtes Gesicht und versuchte einen Moment nachzuvollziehen wie sie auf diese Idee kam. Er wusste ja nicht, dass sie glaubte, er arbeitete wegen seiner Kleidung in einem Tempel. Doch um kein noch verwirrenderes Gespräch zu führen nickte er einfach. „Aber... ich würde gerne...“ Der Wind erhob sich etwas. Chihiros Pony und ihr Pferdeschwanz wurden etwas durcheinander geweht, genau wie seine Haare, aber zusätzlich erklang ein flatterndes Geräusch, das bei zunehmenden Wind immer aufdringlicher wurde und Kohaku dazu brachte sich selbst zu unterbrechen. Nach einem kurzen Austausch irritierter Blicke, sahen beide auf Chihiros Hosentasche, wo noch ein Stück von Zenibas Papiervogel heraus schaute und hastig im Wind hin und her geworfen wurde. „Oh, Verzeihung...“, murmelte Chihiro und nahm das Papierchen aus ihrer Hosentasche, um zu zeigen, was das Geräusch verursacht hatte. Kohaku sah die bekannte Bastelei an und ein Lächeln zeigte, dass er ihm die Papierschnitte nicht mehr übel nahm, die er vor Jahren kassiert hatte. „Sieht aus als wolle er davon fliegen...“, sagte er und Chihiro sah ihn fasziniert an. Eigentlich hatte sie erwartet, er würde so nüchtern wie Mayu regieren, als sie ihr gesagt hatte, der Tunnel würde einatmen. Ein Kichern entkam ihr. „Ja sieht fast so aus, oder?“ Kurz... oder lang? Chihiro wusste nicht wie lange sie sich in die Augen gesehen haben. Aber sie wusste, dass ihr heftiger, aber langsamer Herzschlag ihr fast schon schmerzt. Was überkam sie da nur? Und warum konnte man sich so schnell in seinem Blick verlieren? Sie hatte fast schon das Gefühl, diesem Blick schon einmal ausgesetzt gewesen zu sein, aber nicht gestern. „Vielleicht solltest du es fliegen lassen?“, meinte Haku ruhig und Chihiro sah auf die Bastelei. Irgendetwas hinderte sie daran den Papierschnitt einfach los zu lassen. Der Gedanke an Umweltverschmutzung kam ihr hier nicht in den Sinn, aber erklären konnte sie es nicht. Warum hatte sie dieses... Ding überhaupt aufgehoben und in ihre Tasche gesteckt? Warum? Sie konnte es sich nicht erklären, aber es gab einen Grund. Man konnte es mit einem Buch vergleichen, dass ganz weit entfernt stand. Man konnte den Titel nicht lesen. Dafür war es zu weit weg, aber man konnte auch nicht aufstehen. Das ging aus irgendwelchen Gründen nicht. Aber man musste wissen was auf dem Buch stand. Den Titel. Der Titel, der dir bereits erklärte warum, man sich so verhielt. Der Grund, warum man nicht aufstehen konnte. Chihiros Finger verkrampften sich. Sie wollte nicht los lassen. Selbst ihre Lippen pressten sich aufeinander und der Strich, den sie gebildet hatte, zitterte fast. Doch all diese Anspannung... all dieser Druck den sie spürte, weil sie nicht aufstehen konnte, um den metaphorischen Titel zu lesen, fiel von ihr ab, als sie seine Hand an ihrer spürte. Ihre Augen weiteten sich langsam, sie zog rasch Luft ein, weil sie fast schon Angst hatte zu ersticken, aber sie sagte kein Wort. Weder sie noch er. Seine Hand legte sich um ihre und er konnte ganz genau die Verkrampfung spüren. Ihre Finger, die pressten sich in das Papier und zerknitterten es. Ein zitterndes Geräusch wurde mit dem Wind zu Chihiro getragen. Als würde der Papiervogel unter ihrem Griff leiden. Doch seine Wärme, seine Berührung brachte Chihiro sich dazu sich zu entspannen. Es brauchte keine Worte um das zu erklären. Langsam lösten sich ihre Finger... dabei schmiegten sie sich fast an seine. Nie hätte sie geglaubt, dass es leicht sein würde, los zulassen. Aber es tat so gut ihre Hand an diese Wärme zu schmiegen. Es war die selbe Wärme, wie gestern, als er sie nach Hause getragen hatte und sie auf seinem Rücken aufgewacht war. Es war seine Wärme, die sie entspannte und sie fast schon magisch anzog. Der nachlassende Druck, ließ die Bastelei wieder aufgeregt im Wind flattern. Fast so als würde sie sich befreien wollen. Und als sich Chihiros Hand vollständig an Hakus geschmiegt hatte, gelang ihr die Flucht. Mit einem schnellen Satz wurde der Papiervogel vom Wind mitgerissen und davon getragen. Chihiro und Haku standen voreinander und sahen nach oben... dem Papier hinterher. Fasziniert sah Chihiro wie die Bastelei wie ein richtiger Vogel Loopings im Wind drehte. Fast wie ein echter Vogel... Chihiro lag auf ihrem Bett. Immer noch in ihren Jogging Klamotten lag sie auf dem Rücken und starrte an die Decke. Ihr Wellensittich, Drache, flog ähnlich wie die Bastelei, in ihrem Zimmer seine Runden und gebannt und gedankenverloren sah sie ihm zu. Die Wärme seiner Hand war schon längst verflogen, aber sie dachte immer noch dran. Ihr ging diese Begegnung nicht aus dem Kopf. Mayu hatte auf dem Rückweg und beim Eisessen noch ewig darüber referiert wie seltsam sie ihn fand. Chihiro hatte sich immer wieder gefragt, warum sie keine Skepsis an den Tag legte. „Er rennt dir sicher hinter her“, hatte sie gesagt. Das könnte man annehmen. Schon das sie sich in der Stadt zwei Mal begegnet waren, war ungewöhnlich bei so vielen Menschen, die sich Tag für Tag aneinander vorbei drängten. “Du solltest dich nicht mit ihm treffen“, hatte sie gesagt. Mayu malte sich echte Horror Storys aus. Solche wo Chihiro verschwand, Suchtrupps Wälder nach ihr durch kämmten und ihre Leiche dann irgendwo an der Straße gefunden würde. Eigentlich war Chihiro sehr wohl der Typ, der solche Warnungen ernst nahm. Sie gehörte ja auch zu den Menschen, die sich alles gleich bildlich ausmalen mussten. Aber hier schien sie unvorsichtig. Irgendwas sagte ihr, dass es keinen Grund zur Sorge gab. Wenn sie doch nur wüsste, was dieses 'Irgendetwas' war... Drache holte sie aus ihren Gedanken, als er auf ihrem Knie landete. Der Vogel zirpte ein wenig vor sich hin, als würde er ihr etwas erzählen und Chihiro, sah ihn an, als würde sie ihm aufmerksam zu hören. Dabei schweiften ihre Gedanken kreuz und quer über Dinge, Personen und Träume, die sie nicht verstand. „Ach“, seufzte sie nach einer Weile und fiel dem Wellensittich 'ins Wort', „... ich wünschte du könntest mir sagen, was ich jetzt machen soll. Mayu konnte mir auch nicht weiter helfen. Sie würde sich einfach mit Takashi treffen. Und Papa geht mir schon den ganzen Tag auf die Nerven... Er findet die Idee mich zu verkuppeln immer noch toll, ganz egal wie sehr oder wie laut ich mich beschwere...“ Mit einem Finger kraulte sie sein weißes Gefieder und sie nahm zufrieden zur Kenntnis wie sich der Vogel an ihre Hand drückte, damit sie ja nicht aufhörte ihn zu kraulen. „Vielleicht heirate ich einfach dich? Ist doch eine gute Idee.“ Der Wellensittich machte ein paar heitere Vogelgeräusche und schien damit Chihiros amüsiertem Schmunzeln zu zustimmen. Von seiner Warte aus, hätte ihn seine Besitzerin ewig so streicheln können, aber nur wenige Momente später hörte sie einfach auf. Wie konnte sie nur??? Chihiro beschäftigte sich wieder mit ihrem Handy. Wieder und wieder las sie Takashis SMS... Guten Morgen Chihiro! :D Dein Vater hat meinem Vater deine Nummer gegeben und der mir 0:-) Tut mir Leid wie wir gestern auseinander gegangen sind. ;_; Ich würde das gerne wieder gut machen. Am Dienstag ist doch ein Feiertag. Ich würde dich gerne auf ein Eis einladen. Bitte sag ja! Gruß, Takashi ;) Und wieder und wieder gingen ihr die Sticheleien ihres Vaters durch den Kopf. An sich war es doch vollkommen egal, was sie tat. Er würde sie noch eine ganze Weile nerven, egal ob sie sich mit ihm traf oder nicht. Der Unterschied wäre nur, dass er wesentlich schnippischer wäre, wenn sie sich weigern würde ihn wieder zu sehen. Immer noch unschlüssig, was sie tun sollte, hielt sie Drache ihr Handy hin, als solle er den Text lesen. „Was sollte ich ihm darauf denn schon antworten?“, fragte sie, als würde sie mit einem Menschen reden. Mittlerweile machte sie sich gar keine Gedanken mehr, ob dieses Verhalten normal war oder nicht. Es machte ihr einfach Spaß sich mit dem Vogel zu unterhalten. Manchmal passten die 'Antworten', die er gab auch wie die Faust aufs Auge. Genauso wie jetzt. Kurz nach dem er das Handy vor den Schnabel gesetzt bekam, hinterließ er einen kleinen Wellensittich Kackhaufen auf Chihiros Knie und flog wieder zu seiner Sitzstange. Chihiro besah sich den Haufen, der wie bei allen Wellensittichen weder stank und in kurzer Zeit so trocken wurde, dass man ihn einfach entsorgen konnte. „Vielleicht sollte ich ihm das zurück schicken? Den kleinen Kacke Emoji... Sie las die Nachricht erneut und machte sich schon bereit den Emoji zu verschicken, doch dann entschied sie sich doch um. Sie sah zu Drache, der seine Federn putzte. „Schon lustig... Dein Federkleid, sieht fast so aus wie sein Kimono...“, stellte Chihiro amüsiert fest und wieder war sie gedanklich bei ihrem Retter. Sie würde davon auch nicht mehr wegkommen. Seine Worte von heute Vormittag hallten immer noch in ihren Ohren wieder. Nach einer Weile war die Bastelei nicht mehr zu sehen und Chihiros Blick senkte sich wieder, genau wie seiner. Fast gleichzeitig sahen sie wieder in die Augen und Chihiro kam ein freundliches Lächeln entgegen. „Jetzt ist er weg“, kommentierte Chihiro nur, weil sie nicht wusste was sie sagen sollte und es ihr zu peinlich war nichts zu sagen. „Vielleicht kommt er ja wieder.“ Sein Lächeln hielt immer noch an. Machte er sich lustig über sie? Oder hatte dieses Lächeln etwas anderes zu bedeuten? „So wie du?“, fragte sie und war von der Situation so benommen, dass sie das förmliche Sie weg ließ. „Vielleicht genauso.“ Wie schaffte er es nur so etwas Undurchschaubares zu sagen und trotzdem so unbeirrt zu gucken? „Wie meinst du...“ „Vielleicht sehen wir uns ja erst wieder, wenn der Papiervogel zu dir zurück fliegt.“ Chihiro war so verdattert, dass sie ihn nicht fragte was das sollte. So verblüfft, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. So irritiert, dass sie einfach nur leicht nickte. So eingenommen von diesen Worten und seiner Stimme, dass sie wieder vergaß ihn nach seinem Namen zu fragen, bevor er ging.... Zwei Tage später konnte sie es selber nicht fassen. Sie konnte sich nicht fassen. Ihre Finger umkrallten eine Haltestange im Zug, der gerade in den Bahnhof einfuhr. Nach langem Hin und Her, hatte sie Takashi doch zurück geschrieben, dass sie sich noch einmal mit ihm treffen würde. Als ihr Vater ihr vorhin helfen wollte, ihr Outfit für heute raus zu suchen, bereute sie diese Entscheidung um so mehr. Aus ihrem Zimmer hatte sie ihn geschmissen und sich dann alleine für ein Outfit entschieden. Nichts zu süßes und nichts, das sie zu attraktiv wirken lassen könnte. Ein Rock, der genauso lang war, wie der Rock an ihrer Schuluniform und eine rote Bluse ohne Ärmel, aber mit einer abstrakten Stickerei auf den Schultern. Wie beim Treffen zum Karaoke war sie spät dran, aber im Gegensatz dazu, spürte sie nicht den Drang sich zu beeilen. Als sie aus dem Zug stieg und die Bahnhofstreppe hinunter ging, ließ sie sich extra Zeit. Ihre Schritte waren auch viel langsamer als ihr normaler Gang. Es hatte nichts damit zu tun, dass sie Takashi extra warten lassen wollte oder hoffte ihn mit Unhöflichkeit zu vergraulen... Viel mehr lag es einfach daran, dass ihr jegliche Motivation für dieses Date fehlte. Es war ihr einfach egal. Und nichts hätte ihr einen Anreiz geben können, mit Freude bei der Sache zu sein. Dieses Mal hatten sie sich nicht in der Fußgängerzone verabredet, sondern auf dem Bahnhofsplatz vor dem großen Brunnen. Ein beliebter Treffpunkt vor allem für Paare. Als sie den großen Platz betrat, konnte sie Takashis Umrisse schon von Weitem erkennen. Er war bereits dort, saß auf dem steinernen Rand des Brunnens und hörte mit übergroßen Kopfhörern Musik. Er war so vertieft, dass er Chihiro gar nicht kommen sah, aber das war ihr nur Recht... Sie blieb auch kurz stehen und sah zu ihm herüber. Ein Teil von ihr dachte, dass das die letzte Gelegenheit war, alles abzublasen und einfach zu gehen. Einfach umdrehen und nach Hause fahren. Einfach ihrem Vater sagen, dass sie keine Lust hatte dieses dumme Spiel mitzuspieln. Einfach ihre Zimmertür abschließen und erst wieder heraus kommen, wenn er sich beruhigt hatte. Doch dann sagte sie sich nur auf, wie unhöflich dieses Verhalten wäre. Und gerade als sie weiter gehen wollte, um ihr Date zu begrüßen, flogen ihr ein paar Tauben vor die Füße, die sie zum stehen brachten. Der Wind hatte ein paar essbare Krümel über den Boden geweht, auf die sich die Vögel stürzten. Als andere Tauben spitz bekamen, dass es auf diesen Steinplatten noch etwas zu holen gab, sammelten sich dort noch mehr unter lautem Gurren. Und normalerweise wäre Chihiro jetzt einfach weiter gegangen. Vielleicht gerade aus, vielleicht um die Tauben herum, damit sie weiter ihre Nahrung aufpicken konnten. Aber jetzt blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie starrte auf die Tauben und auf das, was mit der letzten Windböe zwischen ihnen gelandet an. … Da war sie... … ...die Bastelei... Chihiros geweitete Augen wagten es nicht ihren Blick woanders hinzuleiten. So etwas hatte sie noch nie erlebt... Natürlich kam ihr in den Sinn, dass das kein Zufall sein konnte. Warme Aufregung machte sich in ihrer Magengegend breit und ihr sie hörte erneut seine Stimme, die sie nicht aus dem Gedächtnis bekam. „Vielleicht sehen wir uns ja erst wieder, wenn der Papiervogel zu dir zurück fliegt.“ Für das Folgende hätte Mayu und jeder andere normal denkende Mensch sicher für verrückt erklärt. Allerdings wollte sie gerade nichts mit Vernunft zu tun haben. Sie folgte einfach ihrem ersten Impuls und tat was ihr Bauchgefühl für richtig hielt. Mit einem Satz hechtete sie nach vorne, schnappte sich unter Stolpern die Bastelei und scheuchte dabei ein paar Vögel auf. Dabei schaffte sie noch ein: „Entschuldigung“, zu haspeln, das an die Tauben gerichtet war und dann rannte sie los. Natürlich nicht gerade über den Platz, damit sie an Takashi vorbei rannte, sondern zur Seite weg, um eine peinliche Begegnung mit ihm zu vermeiden. Nie hätte sie erklären können, was sie da gerade tat. Sie verstand sich ja selbst nicht, aber irgendwas in ihr, sagte sie müsste jetzt los rennen. Es ging um den metaphorischen Buchtitel. Sie hatte es tatsächlich geschafft auf ihn zu zugehen. Sie wollte jetzt unbedingt 'lesen' was auf diesem dummen Buch stand. Sie wollte wissen warum sie sich so verhielt, wie sie es jetzt gerade tat. Aber dafür musste sie jetzt rennen... mit der Bastelei in der Hand... Vorbei an den Geschäften, an denen sie vor zwei Tagen schon vorbei gerannt war. Über die selben Zebrastreifen und um die selben Ecken... Bis sie an der selben Fußgängerbrücke ankam, die vor zwei Tagen so rutschige Stufen gehabt hatte. Sie rannte wieder die Treppe hoch und über die rüber. Doch vor der nächsten Treppe, die auf die andere Straßenseite führte, blieb sie mit einer Vollbremsung stehen. Aber nicht nur sie. Auch Chihiros Herz machte eine Vollbremsung. Zumindest für ein bis zwei Schläge schien es auszusetzen. Ihre Mutter hatte einmal die Theorie aufgestellt, dass das Leben nur in ganz wenigen Momenten wirklich magisch sein konnte... und Chihiro war sich sicher. Das war so ein magischer Moment. Sie ignorierte, dass es die selbe Uhrzeit wie am Samstag war und das es kein Zufall war, sondern vielleicht nur Gewohnheit... aber da war er. Kohaku kam auf die Fußgängerbrücke zu. Den Blick nach vorne gerichtet, aber wohl in Gedanken. Chihiro hätte beinahe angefangen, zu hyperventilieren, so unfassbar war die Tatsache, dass er hier war. Als er die Treppe hochgehen wollte, sah er auf, aber stockte sofort wieder, als er sie da oben stehen sah. Obwohl viele Stufen zwischen ihnen waren, konnte er sehen wie sehr sie außer Atem war. Genau wie sie, starrte er, leicht fassungslos, zu ihr nach oben. Erst als sie den Papiervogel in ihrer Hand bemerkte, zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. Und auch wenn sie noch viel zu überwältigt von diesem 'Zufall' war, erwiderte sie das Lächeln. Da waren sie nun. Jeder an seinem Ende der Treppe. Kohaku wusste, dass Chihiros Lächeln nicht bedeutete, dass sie sich an ihn erinnerte, aber trotzdem war er glücklich. Das hier fühlte sich wie ein echtes Wiedersehen an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)