Eternal's Serenade von Flordelis (Seinarukana) ================================================================================ Kapitel 9: Nach dem Kampf ------------------------- Erneut hatte sich die Gruppe im Direktorat versammelt, um Adinas Erläuterungen und Erzählungen zu lauschen. Dabei war jeder von ihnen müde und erschöpft oder einfach nur hungrig. Salles zeigte dafür zwar Verständnis, hatte aber auch darauf hingewiesen, dass es wichtig war, sich alles so schnell wie möglich anzuhören, um eine entsprechende Strategie zu erarbeiten. Freizeit würde es nach Adinas Vortrag zur Genüge geben, versprach er. Der blonde Eternal saß auf dem Tisch und ließ die Beine baumeln, dabei musterte sie die Gruppe immer wieder eingehend. Karfunkel saß zu ihren Füßen, mit stolz erhobenem Haupt. Salles räusperte sich schließlich. „Wir sind vollzählig, Adina. Du kannst anfangen.“ Sie nickte. „Ich kam auf der Suche nach einem Freund von mir in diese Welt. Da waren die Anführerinnen der Lakaien bereits hier und haben die Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Zuerst hielt man mich für eine von denen, aber die Leute haben schnell gemerkt, dass ich nicht dazu gehöre.“ Sie erzählte der Gruppe von den Monaten, die sie allein in dieser fremden Welt verbracht hatte, immer kurz davor, von den Feinden entdeckt zu werden und ihrer Suche nach ihrem Freund. Nozomu fand ihre Geschichte zwar äußerst aufschlussreich – aber auch unsäglich langweilig. Sie verstand es eindeutig, eine eigentlich spannende Erzählung so trocken rüberzubringen, dass es ihm wie Unterricht erschien. Und dass er mit dieser Meinung nicht allein war, sah er an den abwesenden Gesichtern der anderen. Lediglich Salles lauschte äußerst interessiert, während sie ausschweifend erläuterte wie sie sich bei den Feinden eingeschleust hatte, um die Information mit dem Angriff auf Milvania zu ergattern. Um sich vom Einschlafen abzuhalten, begann Nozomu sich zu fragen, wie alt sie wohl war. Sie sah aus wie ein Teenager, das Band um ihren Kopf, auf dem eine große Schleife saß, verstärkte den kindlichen Eindruck noch. Aber da sie ein Eternal war, war sie möglicherweise schon viel älter als er. Eternal alterten immerhin nicht. Vielleicht sollte er sie einfach fragen? „... ich konnte den Zettel noch in der Spieluhr unterbringen und diese unter dem Bett verstecken, bevor die Vier mich aufgespürt hatten. Und den Rest kennt ihr ja.“ Ein unüberhörbares Aufatmen kam von den anderen, als sie die Erzählung endlich beendet hatte. „Den Rest kennen wir eben nicht“, erwiderte Salles. „Was haben sie getan, dass sie dachten, sie hätten dich getötet? Und wie konntest du überleben?“ Sorluska verdrehte bereits genervt die Augen. „Nichts Besonderes“, antwortete Adina. „Ich bin in eine Schlucht gestürzt. So richtig klischeehaft. Aber ich habe Glück gehabt.“ Leider, dachte Nozomu unwillkürlich und schlug sich innerlich selbst dafür. Satsuki runzelte nachdenklich ihre Stirn. „Mhm... und wie war das jetzt mit unseren Feinden?“ „Da war ich noch gar nicht“, antwortete Adina. Der Rest der Gruppe atmete aus. Also hatten sie noch nichts verpasst. „Nun, es gibt fünf Anführer: Shani, die Anführerin der Red Minion Corps; Yuina, die Anführerin der Green Minion Corps; Azzurre, die Anführerin der Blue Minion Corps und Sable, die Anführerin der Black Minion Corps. Es gibt auch eine Anführerin der White Minion Corps, aber ich habe sie bislang noch nicht gesehen. Sie ist auch nie im Hauptquartier aufgetaucht.“ Nozomu verlor sich wieder in seinen Gedanken. Warum machten ihre Feinde wohl so ein Geheimnis aus der Anführerin der weißen Lakaien? Und wer zog wohl die Fäden hinter den Fünf? So sehr ihn dieses Klischeedenken auch nervte, aber es schien immer jemanden zu geben, der im Hintergrund alles lenkte. Er dachte da nur an Et Ca Repha oder Sharivar. Wer war wohl diesmal ihr eigentlicher Feind? Salles stellte genau dieselbe Frage an Adina, aber sie konnte nur mit dem Kopf schütteln. „Ich habe keine Ahnung.“ Genau wie der Brigadeführer legte sie allerdings ein nachdenkliches Gesicht auf. Für Nozomu war dies das eindeutige Zeichen, dass zumindest Salles eine Theorie hatte und die noch immer hin und warf, auf der Suche nach Widersprüchen. Schließlich räusperte er sich. „Nun gut, wir haben erfahren, was Adina uns sagen wollte. Ihr könnt euch nun ausruhen gehen. Aber wenn ihr Monobe verlasst, seid wachsam.“ Die Gruppe nickte zustimmend und verließ das Direktorat überstürzt. Salles und Adina blieben allein zurück. „Oh, ich habe noch etwas, was dir gehört.“ Er öffnete eine Schublade, griff hinein und reichte Adina das Kästchen. Lächelnd nahm sie es an sich. „Meine Spieluhr!“ „Ich wusste nicht, dass es eine Spieluhr ist.“ Sie nickte betrübt. „Sie hat schon lange keinen Ton mehr gespielt, ich glaube, sie ist kaputt.“ Salles bemerkte ihren Blick. „Sie bedeutet dir viel, nicht?“ „Ja. Meine Eltern haben sie mir geschenkt.“ Unwillkürlich griff sie sich an ihren Hals. „Suchst du das hier?“ Er griff noch einmal in die Schublade und zog das Kreuz heraus, das Azzurre ihnen gegeben hatte. Als sie heftig nickte, gab er es ihr in die freie Hand. Sie lächelte erleichtert. „Gott sei Dank.“ „Dieses Kreuz“, begann er zögernd, „woher hast du es?“ Schweigen füllte den Raum, während sie die Spieluhr auf den Tisch stellte, um sich das Kreuz wieder um den Hals zu binden. Sie ließ sich Zeit mit der Antwort, wich ihr vielleicht sogar aus, da war sich Salles nicht so sicher. Aber sie ließ sich erstaunlich viel Zeit, in der sie ihn zappeln und warten ließ. Schließlich nahm sie die Spieluhr wieder an sich und wandte sich an den Brigadeführer. „Dieses Kreuz war ein Geschenk, von einem sehr guten Freund.“ Ihr Blick wurde sorgenvoll. „Ich bin auf der Suche nach ihm. Aber ich glaube...“ „Du glaubst, dass er der Drahtzieher ist, nicht?“ Ihre Augen weiteten sich erschrocken. „W-woher...!?“ Triumphierend lächelnd schob er seine Brille zurecht. „Das ist, was ich selbst glaube. Sable sprach von einem Plan für eine bessere Welt. Ciar hat mir oft von seinem Traum einer besseren Welt erzählt.“ „Mir auch“, sagte Adina leise. „Aber... ich hätte nie gedacht, dass er so etwas tun würde. Das passt einfach nicht zu ihm.“ Sie hatte recht. Salles erinnerte sich an Ciar als intelligenten, zu Träumereien neigenden Mann, der nie gezögert hatte, wenn es darum ging, das für ihn Richtige zu tun. Und genau da lag der Knackpunkt. Konnte es wirklich sein, dass Ciar irgendwann zu dem Schluss gekommen war, dass es besser war, wenn er alles in Mana verwandeln würde? Adina seufzte. „Ich frage mich schon lange, ob er es wirklich ist... und ich hoffe, dass ich mich irre. Aber innerlich habe ich mich schon damit abgefunden.“ Salles schloss die Augen. „Etwas anderes bleibt uns wohl nicht übrig.“ Sie drückte die Spieluhr an ihre Brust, eine Aura von Unsicherheit und Zerbrechlichkeit ging von ihr aus. Sie hätte Salles Leid getan – wenn sie nicht ein Eternal gewesen wäre und ihm kurz zuvor das Leben gerettet hätte. „Du solltest jetzt auch gehen. Wenn du willst, kannst du einen Raum und einen Futon hier in der Schule bekommen. Wende dich dafür einfach an Sanae, die einzige andere Erwachsene hier.“ Adina nickte nur. Automatisch verbeugte sie sich knapp und verließ das Direktorat schließlich wortlos, gemeinsam mit Karfunkel, der die ganze Zeit kein Wort gesagt hatte. Salles sah ihr nachdenklich hinterher. Könnte es wirklich sein, dass Ciar...? Würde der Ciar, den ich kannte, so etwas tun? Aber warum? Sobald wir ihn treffen, muss ich unbedingt sein Motiv erfahren. Obwohl er ein Gott war, fühlte er sich plötzlich alt und müde. Er setzte sich an den Schreibtisch und nahm seine Arbeit wieder auf. Kaum trat Adina aus der Tür heraus, hörte sie bereits eine Stimme: „He!“ Karfunkel wandte als erstes den Kopf. „Oh je, das ist Narukana. Ähm, Adina, du weißt Bescheid?“ „Ja.“ Narukana blieb vor Adina stehen und musterte sie abfällig. „Mhm, wenigstens bist du keine Konkurrenz.“ „Konkurrenz?“, hakte der blonde Eternal nach, doch Narukana ging nicht weiter darauf ein: „Dein Shinjuu hat gesagt, dass du weißt, wo Rogus ist. Stimmt das?“ Adina nickte zustimmend. „Korrekt.“ Ein Grinsen breitete sich auf Narukanas Gesicht aus. „Also, wo ist er?“ Die Antwort wandelte ihr Grinsen in eine enttäuschte Grimasse: „Ich werde es euch sagen, wenn das alles hier vorbei ist. Und um dir die Frage vorwegzunehmen: Ich muss mich doch darauf verlassen können, dass ihr nicht einfach abhaut. Solange ich seine Koordinaten für mich behalte, müsst ihr auch hier bleiben.“ „Du bist gar nicht so dumm wie du aussiehst“, bemerkte Narukana grinsend. „Okay, die Runde geht an dich, aber wehe du verschwindest, ohne mir die Koordinaten zu sagen.“ Sie fuhr herum und verschwand hinter einer Ecke. „Gut gemacht“, sagte Karfunkel. „Ich hatte nur Glück.“ Ihr Shinjuu lachte leise. Sie ging weiter, um sich in der Schule umzusehen und festzustellen, wie man hier wohl lebte, Karfunkel immer auf den Fersen. Satsuki ließ sich erleichtert seufzend auf einen Stuhl fallen. „Ich dachte schon, diese Erzählung endet nie. Dabei hat es kaum dreißig Minuten gedauert. Fast so wie Unterricht.“ Nozomu lachte. „Genau dasselbe habe ich vorhin auch gedacht.“ Sie streckte sich und lehnte sich wieder zurück. Rehme hüpfte auf dem Fensterbrett umher. In solchen Momenten konnte Nozomu selbst kaum glauben, dass sein Shinjuu normalerweise so erwachsen war oder zumindest so tat. Plötzlich hielt sie inne und starrte angestrengt aus dem Fenster. Selbst Satsuki bemerkte, wie ruhig sie war und sah zu ihr hinüber. „He, Rehme, was ist los?“ Der Shinjuu deutete hinaus. „Da ist Subaru.“ „Und?“, fragte Nozomu. „Lass ihn doch.“ Satsuki stand auf und trat ebenfalls ans Fenster. „Hmm, er ist ganz allein.“ „Und?“, wiederholte Nozomu genervt. „Und er hat es ziemlich eilig.“ Ein Grinsen breitete sich auf Satsukis Gesicht aus, Nozomu bereute bereits, gefragt zu haben. Offensichtlich heckte sie etwas aus. Sie wandte sich an den Shinjuu. „Rehme, du verfolgst Subaru und sagst uns, was er macht.“ „He! Sie ist mein Shinjuu!“ Doch die beiden ignorierten Nozomus Einwurf. Rehme salutierte vor Satsuki. „Geht klar!“ Sie öffnete das Fenster und huschte hinaus, um Subaru zu folgen. Nozomu seufzte. Satsuki sah ihn unschuldig lächelnd an. „Ist was?“ „Vergiss es.“ „Dann schau nicht so finster.“ „Ich sehe immer so aus.“ Satsuki lachte. „Wollen wir solange zusammen baden gehen?“ Er zuckte mit den Schultern. „Okay.“ Sie hakte sich bei ihm unter und zog ihn mit sich. „Ein bisschen mehr Begeisterung, bitte, Nozomu!“ „Okay!“, wiederholte er, aber diesmal mit mehr Enthusiasmus. „Schon viel besser“, sagte sie schmunzelnd. Rehme schwebte inzwischen hinter Subaru her. Kaum jemand nahm Notiz von ihr, was daran lag, dass niemand sich die Mühe machte, einmal den Kopf in den Nacken zu legen. Subaru begab sich unterdessen zu einer Aussichtsplattform, die einen großzügigen Blick über die nähere Umgebung erlaubte. Auf einer Bank saß eine junge Frau, eigentlich noch eher ein Mädchen, mit weißem Haar und roten Augen. Sie starrte monoton in die Entfernung und aß dabei Waffeln. Die Glöckchen an ihrer Mütze klingelten leicht, wenn sie ihren Kopf bewegte. Subaru blieb stehen, Rehme tat es ihm nach. Aufmerksam beobachtete sie den Bogenschützen, der anscheinend einen inneren Kampf ausfocht, ob er das Mädchen ansprechen sollte. Anscheinend sieht er sie heute nicht zum ersten Mal. Was er wohl machen wird? Schließlich überwand er sich und gab sich einen sichtlichen Ruck, bevor er auf die Bank zuging und sich neben das Mädchen setzte. Er lächelte. „Hallo.“ Sie schwieg, sah ihn nicht einmal an und aß weiterhin ihre Waffeln. Rehme runzelte besorgt ihre Stirn, doch anscheinend hatte Subaru mit einer ähnlichen Reaktion gerechnet, denn er gab nicht auf, sondern sprach weiter: „Die Waffeln sind lecker, nicht?“ Als sie immer noch nicht reagierte, schien er nervös zu werden. Komm schon, Subaru!, feuerte Rehme ihn innerlich an. Gib nicht auf! „Du kommst oft her, oder?“, fragte er weiter. Sie warf ihm einen kurzen Blick aus dem Augenwinkel zu. Schließlich nickte sie. Subaru und Rehme atmeten erleichtert aus. Also konnte das Mädchen ihn verstehen. Womöglich hatte sie ihre Gründe, warum sie nicht antwortete. „Ich habe dich schon einmal hier gesehen“, erzählte Subaru. „Das war vorgestern. Bist du immer allein hier?“ Sie nickte noch einmal, sah ihn aber nicht an. „Und du siehst immer-?“ Er unterbrach sich selbst, als sie ihm ihre Tüte mit dem Gebäck hinhielt und ihn eindringlich ansah. Er lachte verlegen. „Du willst, dass ich eine nehme, damit ich still bin?“ Ein erneutes Nicken folgte als Antwort. Er lächelte und nahm sich eine Waffel. „Ich bin übrigens Subaru“, stellte er sich vor, bevor er hineinbiss. Sie zog die Tüte zurück und nahm sich selbst eine neue Waffel. „Baila.“ Sie nahm ebenfalls einen Bissen. Einträchtig schweigend saßen die beiden nebeneinander, starrten in die Entfernung und aßen. Rehme lächelte. Scheint als hätte Subaru eine Freundin gefunden. Aber ich glaube nicht, dass ich das Satsuki erzählen sollte. Am besten ich sage es nur Nozomu – wenn er nett fragt. Zufrieden zog sie sich zurück und ließ die beiden ihr Schweigen auskosten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)