Eternal's Serenade von Flordelis (Seinarukana) ================================================================================ Kapitel 40: Zerbrochen ---------------------- Zwei Tage später lief Leana genau wie Zetsu wieder quicklebendig durch die Monobe-Akademie. Die Zeit, die sie in der anderen Welt verbracht hatten, kam beiden inzwischen wie ein Albtraum vor, den man vergessen musste. Lediglich die Erinnerung an den Eternal Oath behielten beide in ihrem Herzen, wenngleich Zetsu immer einen verdrossenen Gesichtsausdruck zeigte, wenn er daran dachte, dass Leana nach der ganzen Sache wieder in ihre Welt zurückkehren wollte. Aber was hatte er auch erwartet? Bereits einmal hatte sie ihn verlassen, wie war er nur auf die Idee gekommen, dass es diesmal nicht so ablaufen würde? Bislang hatte er sich an die irrige Hoffnung geklammert, dass sie bei ihm bleiben würde, aber inzwischen hatte sie ihm bestätigt, dass sie das nicht tun würde. Wollte sie nicht oder konnte sie nicht? Vielleicht lag es ja an ihm. „Mache ich irgendwas falsch?“, fragte er seufzend. Nozomu, der genau wie die beiden Shinjuu mit ihm auf dem Dach saß, zuckte mit den Schultern. „Das solltest du sie schon selber fragen. Oder vielleicht lieber nicht. Die Tatsache, dass du so etwas fragst, könnte sie abschrecken. Das bist so gar nicht du. Früher warst du ganz anders.“ „Ich weiß, ich weiß.“ Seufzend sah Zetsu in die Entfernung. Nozomu machte es ihm nach. Ein Adler flog am Horizont und stieß dabei einen lauten Schrei aus. „Aber wenn du schon Leana nicht fragen kannst, frag doch Isolde“, schlug Nozomu vor. „Die steht dir doch sonst immer mit Rat und Tat zur Seite.“ „Gute Idee“, meinte Zetsu. „Uh-uh, schlechte Idee“, warf Rehme ein. Die beiden Eternal sahen sie fragend an, aber es war Nanashi, die weitersprach: „Wir haben Isolde seit dem Labyrinth der Zeit nicht mehr gesehen.“ „Was bedeutet das?“, fragte Zetsu. Rehme hob die Schultern. „Vielleicht ist 'Shoubi' beschädigt. Das kann dazu führen, dass das Shinjuu sich nicht mehr materialisieren kann.“ Beschädigt? Das könnte passiert sein, als sie eines der Wesen abgewehrt hat... „Das werde ich herausfinden.“ Der Silberhaarige stand auf, worauf Nozomu sich auf die frei gewordene Bank legte und die Augen schloss. „Erzähl mir dann, wie es gelaufen ist.“ Zetsu schmunzelte. „Geht klar.“ Er fuhr herum und ging davon. Nanashi und Rehme, die zurückblieben, setzten sich auf Nozomus Brust, was dieser mit einem leisen Grummeln zur Kenntnis nahm, sonst aber nichts weiter dagegen sagte. Zetsu betrat das Zimmer, in dem Leana sich aufhielt. Sie blickte hoch und sah ihn an. „Oh... Zetsu.“ Er war ihr in den letzten Tagen aus dem Weg gegangen, um herauszufinden, weswegen sie ihn wieder verlassen wollte. Allerdings war er allein nicht wirklich weitergekommen. Er blieb an der Tür stehen, weswegen sie ihn fragend ansah. „Was ist los?“ „Leana... wo ist Isolde?“, kam er ohne Umschweife auf den Punkt. Bedrückt sah sie wieder auf den Tisch hinunter. „Ich weiß es nicht...“ Langsam kam er näher. „Kann ich dein Shinken mal sehen?“ Wortlos reichte sie ihm das Schwert. Es kam ihm um einiges schwerer vor als sein eigenes Shinken. Sein prüfender Blick fuhr die Waffe hinauf und hinunter, bis er schließlich an einem haarfeinen und kaum sichtbaren Riss hängenblieb. Diese Monster haben es geschafft, das Shinken zu beschädigen... wie haben sie das nur gemacht? „Es ist kaputt, nicht?“, fragte Leana leise. Zetsu nickte. „Ja.“ Entmutigt sank sie auf dem Stuhl tiefer. Tränen traten wieder in ihre Augen. „Das kann doch nicht... das kann doch nicht sein...“ Er hob den Blick von dem Shinken und sah sie an. Fahrig fuhr sie sich mit der Hand über die Augen. „Jetzt bin ich nutzlos!“ Zetsu trat zu ihr und schloss sie fürsorglich in seine Arme. „Das ist doch nicht wahr. Red dir das nicht ein.“ „Aber was soll ich tun?“, fragte sie leise schluchzend. „Ich habe kein Shinken mehr. Ich kann euch nicht mehr helfen.“ Ihr ganzer Körper bebte, beruhigend strich Zetsu über ihren Rücken. „Wir können mit Salles reden. Vielleicht fällt ihm etwas ein.“ „Meinst du?“ „Ganz sicher.“ Er war sich selbst nicht sicher, aber fragen konnte nie schaden, oder? Mit sanfter Gewalt löste sie sich aus seiner Umarmung. Sie fuhr sich noch einmal über die Augen und nickte. „Fragen wir ihn.“ Zusammen suchten sie Salles in seinem Büro auf. Der Brigadeführer lauschte der Erklärung der beiden interessiert, aber mit vor Besorgnis gerunzelter Stirn. „Was waren das für Monster, die ein Shinken zerstören können?“ Zetsu seufzte genervt. „Ich habe sie nicht gefragt. Aber wenn du willst, bringen dich die Corps Leader vielleicht auch hin.“ Salles schmunzelte. „Schon gut. Also, was genau erwartet ihr jetzt von mir?“ „Dass dir etwas einfällt, was Leana nun tun kann.“ „Wie wärs mit nach Hause gehen?“, schlug Salles vor, was zu einem genervten Brummen von Zetsu und einem leisen Seufzen von Leana führte. Der Brigadeführer schob seine Brille zurück. „Das klingt nicht begeistert. Aber ich bin mir nicht sicher, ob dir der nächste Vorschlag besser gefällt, Leana.“ „Egal, ich will ihn trotzdem hören“, bestand sie. „Die Alternative wäre, dass du ein Eternal wirst.“ Er ließ die Worte auf die beiden wirken, wenngleich es zwei völlig verschiedene Reaktionen gab. Sie verzog ihr Gesicht, während Zetsu leicht schmunzelte. Ihm gefiel die Alternative sicherlich, würde das doch bedeuten, dass sie bei ihm bleiben würde. „Wie soll das funktionieren?“, fragte sie schließlich. „Du musst in das Labyrinth der Zeit zurückkehren und dort ein Shinken finden, das deinem Anspruch genügt und das dich auch unter Vertrag nehmen will.“ Sie seufzte noch einmal und sah auf den Boden. „Du musst die Entscheidung nicht sofort treffen“, warf Salles ein. „Überleg es dir am besten bis Morgen, das ist nichts, was man überstürzt entscheiden sollte.“ Leana nickte und verließ das Büro hastig wieder. Zetsu sah ihr hinterher, bis er bemerkte, dass Salles ihn musterte. Zetsu sah den Gelehrten an. „Was ist los?“ „Ich denke, die Entscheidung wird von dir abhängen. Du musst wohl für sie entscheiden.“ „Das ist mir nicht wirklich recht“, erwiderte er. Salles neigte den Kopf. „Das kann ich verstehen. Aber keine Sorge. Sie wird sich schon richtig entscheiden.“ Zetsu nickte und verließ das Büro ebenfalls. Die Neuigkeit, dass Leanas Shinken nicht mehr funktionsfähig war, verbreitete sich wie ein Lauffeuer an der Monobe-Akademie. Bereits wenige Stunden später wussten nicht nur die anderen Shinken-Träger sondern auch die normalen Schüler davon – und alle überlegten, wie es nun weitergehen sollte. Seufzend saßen Satsuki, Nozomi und Naya zusammen im Raum des Schülerbeirats. Der von Cheiron gekochte Kaffee dampfte in den Tassen, während sie über die Sachlage nachdachten. „Also, mir würde Leana nicht fehlen“, bemerkte Naya. „Sie hat eh nie mit uns gesprochen.“ „Aber Zetsu-kun würde sie vermissen“, erwiderte Nozomi. „Er mag sie sehr.“ „Er liebt sie“, korrigierte Satsuki. „Bestimmt würde er wieder depressiv werden, so wie vorher.“ Nayas Ohren zuckten. „Hmm~ das war wirklich nicht schön, ~jiyaaaa.“ Die Schulsprecherin nickte. „Ganz genau. Salles-sama hat gesagt, dass Leanas Entscheidung von Zetsu-kun abhängen wird.“ Nozomi seufzte. „Er wird bestimmt nicht mit ihr vorher reden. Er ist manchmal so kompliziert.“ Die anderen beiden nickten zustimmend. Satsuki legte eine Hand an ihr Kinn. „Hmmm, vielleicht könnten wir Zetsu-kun ja überreden, mit ihr zu sprechen?“ Nozomi hob eine Augenbraue. „Ist das wirklich eine gute Idee?“ In einem Zug trank Satsuki ihre Tasse leer, bevor sie aufstand. „Natürlich ist es das! Wir werden Zetsu und Leana zu ewigem Glück verhelfen!“ Die beiden anderen Mädchen wichen aufgrund dieses Enthusiasmus unwillkürlich zurück. Satsuki huschte als erstes hinaus, Nozomi und Naya sahen ihr ratlos hinterher. „Warum ist sie so erpicht darauf, die beiden für immer zusammenzubringen?“, fragte das Katzenmädchen. „Na ja, sie verkuppelt gerne, glaube ich... Und sie mag Zetsu-kun wohl.“ „Folgen wir ihr lieber.“ Sie standen auf und folgten Satsuki, die bereits draußen auf sie wartete. „Wo bleibt ihr denn? Kommt endlich. Wir haben nicht ewig Zeit.“ „Wir sind ja schon unterwegs.“ Zu dritt suchten sie Zetsu in seinem Zimmer auf, in dem er seit ein paar Stunden saß und an die Wand starrte. Er verdrehte die Augen, als er die kleine Gruppe sah. „Was wollt ihr denn?“ „Mit dir reden“, erklärte Satsuki fröhlich. „Muss das sein?“, erwiderte er unbegeistert. Die Schulsprecherin nickte und setzte sich auf einen Stuhl. Nozomi und Naya blieben stehen und sahen sie an, genau wie Zetsu. „Also?“ Wenn es schon sein musste, konnte er es auch hinter sich bringen. „Hast du vor, mit Leana zu reden?“ „Worüber?“ Satsuki beugte sich vor und verpasste ihm eine Kopfnuss. „Idiot. Willst du sie einfach wieder in ihre Heimatwelt zurückkehren lassen? Dir ist bewusst, dass du sie dann nie wiedersehen wirst?“ Er nickte schweigend. „Wenn du sie liebst, solltest du ihr sagen, was du darüber denkst. Du musst ihr die Entscheidung nicht abnehmen, aber du solltest ihr sagen, wie du dich fühlst. Das schuldest du ihr.“ „Glaubst du?“ Sie verpasste ihm noch eine Kopfnuss. „Natürlich, sonst würde ich das doch nicht sagen.“ „Hör endlich auf damit. Nagamine, was sagst du dazu?“ Er sah Nozomi an, die verlegen lächelte. „Na ja, ich bin derselben Meinung wie Senpai. Sonst wirst du ihr am Ende ewig nachtrauern.“ Nachdenklich senkte Zetsu seinen Blick. Naya schnaubte. Mich fragt er nicht? Schließlich stand er auf. „Okay, ich werde mit ihr reden.“ Die Mädchen lächelten zufrieden. „Sehr gut~“ Er tätschelte noch Nayas Kopf, bevor er den Raum verließ. „Idiot, ~jiyaaa.“ Zetsu legte den Weg zu Leanas Zimmer zurück. Dabei dachte er an die Zeit in dieser seltsamen Welt zurück. Möglicherweise wollte sie auch kein Eternal werden, aus Furcht, dass sie wieder einmal in einer solchen Umgebung landen und es ihr dann genau wie ihm gehen könnte. Aber ohne funktionierendes Shinken würde sie es auch in ihrer Heimat schwer haben. Er erinnerte sich daran, dass sie oft Kraft aus dem Schwert geschöpft hatte, um alles erledigen zu können. Was würde sie ohne Shinken machen? Er wusste es nicht und sie höchstwahrscheinlich auch nicht. Vor ihrer Tür blieb er stehen und nach einem kurzen Klopfen hinein. Sie lächelte nicht, als sie ihn ansah. „Was ist los?“ „Ich wollte nur kurz mit dir reden.“ Sie bot ihm einen Stuhl an, er setzte sich. „Leana... ich will dir deine Entscheidung nicht abnehmen. Niemand kann dir deine Entscheidung abnehmen.“ Sie nickte nur, er fuhr fort: „Ich will dir nur sagen, dass ich jede deiner Entscheidungen akzeptieren werde. Ich kann es verstehen, wenn du kein Eternal werden willst. Die Verantwortung und der Druck, der auf einem lastet, kann ziemlich hart sein. Noch dazu ist man gezwungen, in unregelmäßigen Abständen eine liebgewonnene Welt zu verlassen, weil man diese sonst zerstören könnte. Und all deine Freunde und die, die du kanntest, kennen dich nicht mehr.“ Ein melancholisches Gefühl überkam ihn. Schweigend sah sie ihn an. Ihr Gesicht verriet nicht, was sie dachte oder fühlte. „Ich... wäre traurig, wenn du wieder nach Hause gehen würdest. Ich weiß, dass ich dich in deinem jetzigen Leben nicht mehr sehen würde und ich würde dich wirklich vermissen. Aber wenn du dich entscheidest, wieder nach Hause zu gehen, könnte ich das verstehen und ich würde es akzeptieren. Solange du glücklich bist, bin ich zufrieden. Mir bliebe nur noch, mich bei dir zu entschuldigen, weil dein Shinken nur durch mich zerstört werden konnte.“ Leana seufzte leise. „Das war alles, was ich dir sagen wollte.“ Sie nickte ihm zu, schwieg aber nach wie vor. Er fuhr herum und verließ das Zimmer wieder. In seinem Inneren fühlte er sich nicht wirklich besser. Die Ungewissheit über Leanas Entscheidung nagte immer noch an ihm. Könnte er wirklich zufrieden sein, wenn sie wieder nach Hause ging? Seufzend lehnte Leana sich zurück. Hmmm... das vereinfacht mir das Ganze. „Das ist schon deine dritte Portion Ramen heute“, warf Jatzieta ein. „Wie viele willst du noch?“ Ciar leerte die Schlüssel und bat inständig um noch eine. „Ich habe mehr als vier Monate nichts richtiges zu essen gehabt, ich bin hungrig.“ Subaru lachte, als er Ciar eine weitere volle Schüssel hinstellte. „Jatzieta-san meint es nicht so.“ Da sie kein Cup Ramen mehr hatten, hatte Subaru sich bereit erklärt, Ramen selbst zu machen, wenn das jemand wollte. „Wo ist eigentlich Baila?“, fragte die Ärztin, um von sich selbst abzulenken. „Sie schläft. Seit sie weiß, was das ist, macht sie das gerne.“ „Kann ich verstehen“, meinte Ciar zwischen zwei Bissen. Salles, der das Quartett vervollständigte, schmunzelte. „Es ist auf jeden Fall ein angenehmer Zeitvertreib.“ Die Unterhaltung der Vier wurde unterbrochen, als Leana in den Speisesaal kam. Die Aufmerksamkeit aller wandte sich ihr zu. „Leana, was ist los?“, fragte der Brigadeführer neugierig. „Du solltest doch bis morgen überlegen.“ Sie nickte. „Aber das ist nicht mehr nötig. Ich habe meine Entscheidung getroffen. Subaru, könntest du vielleicht Zetsu holen?“ Der Bogenschütze nickte. „Selbstverständlich.“ Hastig ging er los, um nach dem Silberhaarigen zu suchen. „Wie sieht deine Entscheidung aus?“, fragte Salles. „Ich möchte warten, bis Zetsu da ist, wenn das okay ist.“ Er nickte verstehend. Nach wenigen Minuten kam Subaru mit einem fragend dreinblickenden Zetsu in den Speisesaal. Salles sah Leana auffordernd an. Sie holte tief Luft. „Ich habe mich entschieden. Ich werde ein Eternal.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)