Eternal's Serenade von Flordelis (Seinarukana) ================================================================================ Kapitel 44: Mit Überschall -------------------------- Seufzend stellte Nozomu den Karton an der angegebenen Stelle ab, Sorluska reichte ihm bereits einen neuen. „Kannst du noch?“ Aretas hatte ihnen wie versprochen neue Vorräte zukommen lassen, aber aufgrund der Hitze hatten sie bislang alles stehen lassen, um auf eine kühlere Temperatur zu warten. Viel kühler als im Moment würde es allerdings erst einmal nicht werden, weswegen Salles angeordnet hatte, die Vorräte nun zu verstauen. Er selbst hatte sich aber natürlich aus der Verantwortung gezogen und es Sorluska überlassen. Der Braunhaarige nickte, als er den neuen Karton woanders hinstellte. „Ich frage mich nur, warum wir mitten im Sommer die neuen Vorräte einladen müssen.“ „Willst du lieber bis Herbst warten?“ Sorluska grinste. Nozomu zuckte nur mit den Schultern. „Von mir aus auch bis Winter.“ Da die Kartons ohnehin in einem Seitengang gestanden hatten, waren sie niemandem im Weg gewesen, also hätte man in Nozomus Augen auch noch länger warten können. Schweigend arbeiteten sie wieder vor sich hin. Nach einer halben Ewigkeit räusperte Sorluska sich. „Sag mal, bist du sicher, dass du noch zum Pool gehen willst?“ Nozomu setzte den Karton ab und sah seinen Freund fragend an. „Warum fragst du?“ Das Gesicht seines Gesprächspartners nahm einen gequälten Ausdruck an. „Ich habe gehört, dass nach Einbruch der Dunkelheit seltsame Dinge am Pool geschehen.“ Der Braunhaarige schmunzelte. „Was denn für Dinge?“ Bereits in ihrer Heimatwelt hatte es Gerüchte über nächtliche Vorgänge am Pool gegeben, aber es gab weder Augenzeugen noch dokumentierte Berichte darüber, also blieben es für Nozomu Gerüchte. „Na ja, schreckliche Dinge“, kam die ausweichende Antwort. „Angeblich sollen Geister in der Nacht den Pool heimsuchen.“ „Angeblich ist das richtige Stichwort“, warf Nozomu ein, während er ein Lachen unterdrückte. „Das ist doch völliger Unsinn. Sowas wie Geister gibt es nicht.“ Wütend über diese Widerrede, runzelte Sorluska seine Stirn. „Ach ja? Sowas wie Lakaien dürfte es eigentlich auch nicht geben, schon mal daran gedacht? Oder die Kristallmädchen...“ Nozomu dachte wieder an die fünf Mädchen zurück, die sie hin und wieder im Kampf unterstützten. Schon lange hatte er sie nicht mehr gesehen. Was sie wohl machten, wenn sie ihnen nicht halfen? Eigentlich wusste er gar nichts über sie, außer dass ihre Welt zerstört worden war. Dennoch wollte er weder Shinken noch die Mädchen in eine Reihe mit Geistern gestellt sehen. „Das ist etwas anderes“, erwiderte Nozomu. „Shinken und sogar die Kristallmädchen kannst du physikalisch erklären, Geister aber nicht.“ Deutlich verärgert wandte Sorluska sich demonstrativ ab, um sich wieder an die Arbeit zu machen. „Jetzt ist er sauer.“ Ist das mein Problem? Wenn er mit solchen Sachen ankommt, muss er damit rechnen. „Er wollte dir doch nur helfen.“ Vielleicht. Aber er muss doch auch nicht gleich sauer werden, nur weil ich ihm widerspreche. „Mhm, stimmt auch wieder.“ Mit angespanntem Schweigen arbeiteten die beiden weiter, bis sämtliche Kartons im Lagerraum verstaut waren. Als sie fertig waren, schien der Ärger wieder von Sorluska abzufallen. Lächelnd wandte er sich an Nozomu. „Yo, danke. Soll ich dich vielleicht sicherheitshalber zum Pool begleiten?“ Der Braunhaarige schüttelte den Kopf. „Musst du nicht. Ich bin sicher, dass nichts passieren wird. Geh lieber zu Thalia, sie ist doch bestimmt ganz allein.“ Sorluska schmunzelte. „So ruhig wie immer. Na gut, wenn du das sagst. Wir sehen uns dann morgen.“ Nozomu nickte ihm zu und sah ihm hinterher, als er den Raum verließ. „Jetzt ist er gar nicht mehr sauer...“ Ja, das dauert bei ihm nie lange. Lustig, oder? „Wenn du das unter lustig verstehst...“ Gehen wir zu Satsuki. Mit lässigen Schritten ging er in Richtung Pool davon, auch wenn er am liebsten einfach ins Bett gegangen wäre. Aber Satsuki konnte er einfach keinen Wunsch abschlagen und außerdem hatte sie es verdient, dass er ihr mal wieder ein wenig mehr Aufmerksamkeit zukommen ließ. Seit sie in dieser Welt waren, hatten sie sich deutlich weniger Zeit füreinander genommen, auch wenn Nozomu nicht wusste, weswegen eigentlich. Er öffnete die Tür zur Poolanlage und trat hinaus. Überrascht stellte er fest, dass niemand da zu sein schien. Das Wasser schwappte gegen den Beckenrand, ansonsten herrschte Stille. Außer verwaisten Liegen war nichts zu sehen, nicht einmal Satsukis roter Haarschopf. „Satsuki!?“, rief er ins Ungewisse. Keine Antwort erklang, was das ungute Gefühl, das in seinem Inneren entstand, nährte. Langsam lief er auf den Pool zu. Unwillkürlich kamen ihm Horrorfilme in den Sinn, in denen der bald sterbende Charakter an einem Pool entlanglief, nur um in diesen hineingeschubst und dann umgebracht zu werden. Schmunzelnd schüttelte er den Gedanken ab, diese Gedanken waren doch lächerlich. Rehme schnappte heftig nach Luft und zeigte ins Wasser. „Nozomu, schau!“ Er folgte ihrem Blick – und spürte wie sein Herz einen Schlag auszusetzen schien. Satsukis Körper trieb knapp über dem Boden, sie rührte sich nicht. Ohne weiter zu zögern, zog Nozomu seine Schuhe aus und sprang kurzentschlossen mit einem Kopfsprung ins Wasser. „Nozomu!“ Rehme wollte ihm folgen, überlegte es sich dann aber doch anders. In dieser Gestalt konnte sie ihm immerhin auch nicht helfen, eher würde sie ihm im Weg stehen. Gespannt beobachtete sie, wie er immer tiefer tauchte und schließlich bei Satsuki ankam. Erschrocken quietschte Rehme auf. Ranken schossen aus dem Körper und umklammerten Nozomu, hielten ihn so am Grund des Pools gefangen. „Nozomu! Nozomu!“ Panisch flog Rehme um das Becken herum. Was sollte sie nur tun? Vielleicht hatten die Schüler ja recht und es gab wirklich Geister am Pool? Wie sonst sollte man dieses Wesen da unten erklären? Aber was half das nun? „Nozomu!“ Der schrille Schrei ließ sie wieder inne halten. Rehme hob den Blick. Oberhalb der Tür gab es ein kleines Vordach und auf diesem stand Luned, die Satsuki fest umklammert hielt. Die Rothaarige starrte panisch auf das Wasser. Nozomus Anstrengungen wurden langsam weniger, es schien, dass das Leben immer mehr aus seinem Körper wich. Satsuki versuchte, sich loszureißen, aber Luned hielt sie weiterhin fest. Die goldenen Augen ihrer Feindin leuchteten schwach im ausströmenden Licht des Pools. „Das war viel zu einfach...“ Ihre Stimme klang emotionslos und kühl wie eh und je. „Ich hatte erwartet, dass Murakumo no Nozomu auch seinem Ruf gerecht wird.“ Tränen liefen über Satsukis Gesicht, während der Junge im Pool aufhörte, sich zu bewegen. „Nozomu! Nein!“ Blaue Manafunken sammelten sich um sie herum an. Luned sah sie an. „Was ist jetzt los?“ Rehme blickte sie ebenfalls überrascht an. Ist das eine Divine Magic? Ein blauer Blitz schleuderte Luned von Satsuki weg. Schneller als Rehme sehen konnte, war die Rothaarige von dem Vordach herunter- und ins Wasser gesprungen. Im nächsten Moment durchbrach sie die Wasseroberfläche wieder und schwamm mit dem nach Luft schnappenden Nozomu an den Beckenrand. Gemeinsam kletterten sie hinaus. Wieder an Land umarmte Satsuki ihn stürmisch. „Oh Nozomu! Alles in Ordnung?“ Er hustete und spuckte Wasser aus. „S-Satsuki...“ Erleichtert drückte sie ihn an sich. Wie hat sie das gemacht?, fragte Rehme sich. Sie war so schnell... Seufzend stellte Luned sich ebenfalls an den Beckenrand. „Müsst ihr mir diese Extra-Arbeit machen? Ich habe eigentlich keine Lust auf so etwas.“ Satsuki ließ Nozomu los und stand auf. Ein leidenschaftliches Feuer schien in ihren Augen zu brennen. Ihr leuchtendes Shinken erschien in ihrer Hand, als sie in Kampfhaltung ging. „Ich werde Nozomu-kun beschützen! Keiner wird ihm etwas antun, solange ich hier bin!“ An Luneds Gesichtsausdruck änderte sich nichts. „Oh bitte...“ Statt ihrer eigenen Waffe erscheinen zu lassen, kletterte das Wesen, das Nozomu festgehalten hatte, aus dem Wasser. Inzwischen erinnerte es gar nicht mehr an Satsuki, es war nur noch ein unförmiges braunes Wesen, aus dem unzählige grüne Ranken sprossen. „Ich wünsche dir viel Spaß“, sagte Luned kühl und verschwand. Die Schülersprecherin lächelte grimmig. „Als ob du mich besiegen könntest.“ Das Wesen gab ein leises Kreischen von sich und schlug mit einer Ranke nach ihr. Sie hob den linken Arm, der Angriff prallte auf das grün strahlende Schild. Ein Hieb von Satsuki genügte, um die Ranke abzutrennen. Das Monster schrie gequält auf. Als sie noch einmal angreifen wollte, wurde sie von einem Schutzschild zurückgeworfen. Hastig richtete sie sich wieder auf. Noch einmal sammelten sich blaue Funken um sie und bevor einer der Anwesenden reagieren konnte, befand sie sich hinter dem Monster. Ein gezielter Schwertstreich von ihr und das Wesen gab einen letzten kläglichen Laut von sich, bevor es in sich zusammensackte und sich nicht mehr rührte. Die Ranken fielen lasch zu Boden, im nächsten Moment löste sich das gesamte Wesen in Manafunken auf, die in die Nacht entschwebten. Lachend warf Satsuki sich in Pose und warf ihr Haar zurück. „Na bitte, wer sagts denn?“ Sie ließ ihr Shinken wieder verschwinden und kniete sich neben Nozomu, den sie sofort in ihre Arme schloss. Er lächelte müde. „Das hast du gut gemacht, Satsuki.“ Sie kicherte und küsste ihn hastig, um ihre seltene Verlegenheit zu überspielen. „Danke~“ „Aber wie hat das funktioniert?“, fragte Rehme neugierig. Nozomu sah sie ebenfalls gespannt an. Er wusste, dass sich die Divine Magic bei jedem unterschiedlich manifestierte, aber besonders in diesem Fall interessierte ihn auch die Dynamik. Hatte Satsuki ihre eigene Zeit beschleunigt? Oder wie sonst hatte sie das geschafft? Die Schülersprecherin wurde wieder ernst und runzelte ihre Stirn. „Ich glaube... ich habe die Zeit um mich herum verlangsamt und war damit schneller als die anderen. Zumindest... habe ich das so in Erinnerung.“ „Erinnerung?“, fragten Nozomu und Rehme gleichzeitig. Sie lachte verlegen. „Oh, ich weiß auch nicht. Irgendjemand hat mir das einmal so erklärt. Aber ich weiß leider nicht mehr, wer das war.“ Nachdenklich legte sie den Kopf schräg. Ihr Freund und sein Shinjuu warfen sich ebenfalls einen fragenden Blick zu. Wer hatte mit Satsuki einmal über so etwas gesprochen? Und warum erinnerte sie sich nicht mehr daran? Je mehr Zeit sie alle miteinander verbrachten desto mysteriöser wurde alles und desto mehr Fragen warfen sich für Nozomu auf. Aber zumindest für diesen Abend wollte er darüber nicht mehr nachdenken. Erleichtert drückte er sie wieder an sich. „Ich dachte echt, ich sterbe da unten.“ Sie lachte noch einmal. „Ich würde dich doch nie sterben lassen.“ Bevor er noch etwas sagen konnte, entfuhr ihm ein heftiges Niesen. Satsuki keuchte erschrocken. „Du solltest aus deinen nassen Sachen raus! Komm, wir gehen auf unser Zimmer~“ Er nickte und stand auf. Sie stand ebenfalls auf, worauf sie von ihm geküsst wurde. „Also lass uns gehen.“ Hand in Hand gingen sie davon, um in ihr Zimmer zu kommen. „Damit fehlen nur noch vier aus der Gruppe, die keinerlei Divine Magic haben...“ Luned nickte. „Murakumo no Nozomu, Narukana, Salbar und Jatzieta.“ Sarosh runzelte seine Stirn. Nachdenklich rieb er sich über sein Kinn. „Wir dürfen ihnen keine Gelegenheit lassen, noch mehr davon zu lernen.“ Es sind ohnehin schon zu viele... Wenn sie ihre Techniken geballt gegen mich wenden... „Sind diese Techniken denn wirklich so gefährlich für uns?“, hakte Luned nach. „Ihr habt immerhin ein hochrangiges Shinken und außer Nozomu und Adina ist das bei dieser Gruppe nicht der Fall.“ Er sah sie belustigt an. „Du verkennst leider ein ganz wichtiges Kriterium.“ „Und das wäre?“ Sie erwiderte seinen Blick erwartungsvoll, er lächelte. „Die Gruppe um Nozomu ist bekannt für ihr Teamwork. Selbst in den unmöglichsten Situationen halten sie zusammen, sie sind absolut eingestimmt aufeinander. Und dann ist da noch diese Liebe...“ Er sprach das Wort mit so viel Verachtung aus wie ihm möglich war. Unbeeindruckt hob Luned eine Augenbraue. „Ihr seid sicher, dass dies Euch zum Verhängnis werden wird?“ „Wie sonst erklärst du dir, dass sie alles schaffen, was sie anpacken? Und warum all meine Pläne fehlschlagen, seit sie hier sind?“ Sie schwieg auf diese Frage, eine richtige Antwort gab es darauf immerhin auch nicht. Sarosh nickte schnaubend. „Wie ich mir dachte. Also wie gesagt: Kümmer dich darum, dass nicht noch mehr von ihnen ihre Divine Magic entdecken, sonst wird es bald unmöglich, zu gewinnen.“ Luned verneigte sich. „Sehr wohl, Meister Sarosh.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)