Das Gemälde des Sterbenden Knaben von Glasmond (Sequenz xx) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 1 (Teil 2) ----------------------------- Der nächste morgen kam rasch und Ezio bekam nicht so viel Schlaf wie er sich erhofft hatte. Er erwachte schon vor dem Morgengrauen. Da das erste Schiff nach Venedig jedoch erst zur ersten Morgenstunde nach Sonnenaufgang aufbrach und er zu wach war, um sich wieder zur Ruhe zu betten, betrachtete er Caterina. Schön wie ein gefallener Engel lag sie neben ihm, und in ihrem Gesicht zeichneten sich weniger Sorgenfalten als am Vorabend ab. Er wünschte es würde so bleiben, aber er wusste es leider besser. Ihre Sorgen waren zu tief, die Wunden durch den letzten Vorfall zu frisch, und mit ihrem Erwachen würde alles wiederkommen. Es stimmte ihn ungemein traurig und er nahm sich vor, ihre Kinder nach dem Aufenthalt bei Leonardo zu besuchen und nach ihnen zu sehen, denn sie selbst woltte den Kontakt zu ihnen meiden um dem Feind keinen Hinweis darauf zu geben wo sie waren. Caterina drehte schlaftrunken ihren Kopf in Ezios Richtung und die ersten Sonnenstrahlen fielen auf ihr Gesicht. Er würde bald aufbrechen. Um sie noch ein letztes Mal betrachten zu können strich er ihr das Haar aus dem Gesicht. Ihre Augenwinkel waren tränenverklebt, ein Schatten des Vorabends. Vor dem Einschlafen hatte Ezio sie im Arm gehalten und Caterina hatte, wie es für Frauen die sich zu viele Gedanken machen üblich war, über viele belanglose Dinge geredet. Nun wusste er zumindest darüber Bescheid wie Frauen sich den Schambereich trimmen (mit Wachs, du lieber Himmel! Ezio verspürte schon allein bei dem Gedanken große Schmerzen) und was die Lieblingsbücher, -tiere, -farben und -speisen ihrer Kinder waren. Er wollte sie nicht wecken und stand deshalb leise auf und zog sich an. Da es aber nicht seine Manier war, eine Frau ohne ein Wort des Abschieds zu verlassen öffnete er das Fenster, stieg auf den Sims und pflückte eine der hiesigen Kletterrosen, die an der Wand entlang wuchsen. Er legte sie neben ihr Kopfkissen. Dann verließ er das Zimmer. Das Schiff legte direkt in San Polo, dem Viertel in welchem Leonardo lebte, an. Es war ein schöner Tag. Die Sonne wärmte die Haut und der Duft von frisch gebackenen und gebratenen Delikatessen erfüllte so stark die Luft dass er sogar fast den typischen Modergeruch Venedigs übertünchten. Ezio betrachtete den strahlend blauen Himmel als er das Schiff verließ. „Wie spöttisch dieser Tag doch ist!“ rief ein betrunkener Obdachloser in Ezios Nähe und stürzte sich in einen Heuhaufen, nur um dort einzuschlafen. Ezio pflichtete ihm stumm bei. Nichts an diesem Tag lies auf das kommende Unheil schließen. Caterina meinte zwar, dass nicht unbedingt etwas gegen die Verbündeten der Auditore im Gange sein müsse – aber Ezio wusste, dass die Templer nicht einfach nur da saßen und abwarteten. Sie hatten sich zurück gezogen und leckten sich die Wunden, und auch wenn nicht heute oder morgen: eines Tages würden sie sicherlich noch einmal zuschlagen. Ehe er sich versah stand er schon vor Leonardos Atelier. Über die Jahre und die vielen Besuche hatte er den Weg verinnerlicht. Er nahm seine Kapuze ab und klopfte an. Bevor er nach der Klinke greifen konnte wurde ihm zu seiner Verwunderung die Tür schon geöffnet. Ein Jüngling, kaum 17 Jahre alt, stand vor ihm und sah ihn mit interessierten Augen an. „Was gibt es, Signore?“ fragte er. „Ich möchte mit Leonardo da Vinci sprechen.“ Erwiderte Ezio und betrachtete den Jungen. Eine Frau würde ihn wohl als ausgesprochen hübsch bezeichnen, ihn vielleicht sogar beneiden. Er musste ein Schüler oder Gehilfe Leonardos sein. „Der ist nich da.“ Antwortete der Jüngling. „Kommt heute Abend wieder. Aber wo er ist… Non ho idea. Keine Ahnung.“ So schnell das Interesse für den unbekannten Besucher gekommen war, so schnell ging es auch wieder, ganz in der Art der flatterhaften Jugend. „Sonst noch etwas?“ Fragte er. Ezio schüttelte den Kopf, und der Junge schloss die Tür. Ezio würde einfach am Abend wiederkommen und entschied sich bis dahin die Zeit im Handelszentrum der Stadt, dem Rialto, zu vertreiben. Dort angekommen setzte er sich auf eine Bank und beobachtete die Menschen, die ihm ihrerseits keinen Funken Beachtung schenkten. Er schien für sie nicht einmal zu existieren. Das alles hatte mit der Präsenz eines Menschen zu tun. Ezio vermochte seine durch jahrelange Erfahrung zu lenken. Eigentlich war es wirklich einfach. Wenn man nicht gesehen werden wollte, wurde man nicht gesehen. Marktschreier, Wachmänner und Bettler gingen an ihm in der Menge vorüber ohne ihn wahrzunehmen. Nur Menschen seinesgleichen würden ihn bemerken können. Und das tat einer von ihnen in diesem Moment. „Ihr habt doch sicherlich nichts dagegen wenn ein armes Weib sich neben euch setzt, nicht?“ Sagte eine weibliche Stimme im niedergeschlagenen Tonfall. Ezio fuhr zusammen und rutschte sofort zur Seite. „Nein, mi dispiace. Setzt euch“ erwiderte er entschuldigend und warf eine kurzen Blick auf die Frau, die ihn tatsächlich bemerkt hatte. Diese war von schwarzen Trauerkleidern umhüllt und ihre Kapuze war ihr tief ins Gesicht gezogen. Sie setzte sich schwerfällig und legte dabei eine Hand auf ihren Schoß, in welchem sie offensichtlich ein Ungeborenes trug. Wahrscheinlich hatte sie ihn nur bemerkt, weil sie müde von diesem heißen Tag und der Last ihres Kindes war und einfach nur einen Ort zum Sitzen gesucht hatte. „Kann ich Euch behilflich sein, Signora?“ Fragte Ezio vorsichtig, „Soll ich euch etwas zu trinken besorgen? Braucht ihr etwas?“ „Alles, was ich wollte, habt Ihr mir schon gegeben…“ erwiderte die Frau wehmütig und strich sich über den Bauch. Ezio erstarrte, den Blick auf ihren Leib gerichtet. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. „A-ah..?“ Sagte er und konnte nur schwer die Angst in seiner Stimme verbergen. „Ja“ begnügte sie sich zu sagen und wandte ihm den Blick zu, so dass er ihr ins Gesicht sehen konnte und die vertrauten Züge erkannte. Ihre brüchige Stimme veränderte sich augenblicklich in eine vertraute, starke. „Ich wollte wissen, ob ich den großen Ezio täuschen kann, und meine Antwort habe ich ja jetzt.“ Sagte seine alte Freundin Rosa und grinste ihn schelmisch an. „Rosa!“ rief Ezio verwundert aus, „Ich kann es nicht fassen. Ich habe dich gar nicht erkannt.“ Er erwiderte ihr Lächeln, konnte es jedoch nicht aufrecht halten. Sein Blick huschte immer wieder auf ihren Bauch und er zählte fieberhaft die Wochen seit ihrem letzten Beisammensein. Rosa bemerkte seine Besorgnis. „Ach, Idiota!“ sagte sie lachend und hob den oberen Teil ihrer Robe an. „Komm schon, leg sie drauf.“ „I-ich glaube nicht dass das nötig ist…“ stotterte Ezio. Rosa packte seine Hand und schob sie unter ihre Robe. Seine Finger trafen auf Holz, und sie führte sie an eine Öffnung nahe ihrer Taille. Dort fasste er in den Nachbau hinein und traf auf Unmengen kühles Metall, verarbeitet zu Schmuck, Besteck und Ähnlichem. Seine Augen weiteten sich vor Erstaunen über diesen einfachen aber überaus effektiven neuen Weg illegal entwendete Gegenstände an sich zu bringen. „Geniale, si? Gerade frisch geerntet.“ Sagte sie und klopfte sich zufrieden auf den Bauch. „Und ich lüge nicht einmal wenn ich den Leuten sage dass hier mein Schatz verborgen ist.“ „Si, Geniale.“ Sagte Ezio. „Und täuschend echt.“ Sie beugte sich zu seinem Gesicht. „Ich hätte allerdings nicht erwartet dass du derartig besorgt reagierst. Wäre es denn so schlimm, würde ich ein Kind von dir erwarten?“ Ezio schluckte. Aus dem Munde einer Frau gestellt bestand die große Gefahr dass sich diese einfache Frage als Fangfrage oder gar eine Art Ultimatum entpuppte. Die eine Antwort würde die Frau zur Weißglut bringen, die andere könnte wohlmöglich einen richtigen Kinderwunsch heraufbeschwören. Eine verzwickte Sachlage. Selbstverständlich würde er Rosa finanziell und seelisch unterstützen, aber ein guter Vater könnte er nicht sein, schon allein seiner Berufung wegen. Und obgleich er eifersüchtiger Natur war und nicht gern einen Nebenbuhler hatte, so wünschte er Rosa das Beste, was in diesem Falle ein guter Ehemann und Vater war. „Eh. Also“ brachte Ezio kaum hörbar hervor. „Ich mag dich wirklich sehr…“ Rosa lachte auf und klopfte ihm auf die Schulter. „Ruhig Blut, mein Hengst. Ich mach nur Spaß.“ Sagte sie und erlöste ihn damit von dieser peinlichen Situation, „Ein Kind von dir wäre das letzte was ich jetzt brauchen könnte.“ „Autsch“ sagte Ezio, lächelte sie dabei aber charmant an, „Du verstehst es wie immer vorzüglich mit Worten zuzustechen.“ „Tja, Ezio mio, was dir dein Glied, sind mir die Worte.“ Sagte Rosa und lachte. „Rosa!“ rief Ezio empört aus, „Was soll denn das bitte für ein Vergleich sein?“ Rosa stand auf und packte seinen Arm „Sei Still und komm mit mir. Antonio und die anderen werden sich freuen dich zu sehen.“. Sie legte eine Hand auf ihren Holzbauch und sprach mit ihrer geschauspielert niedergeschlagenen Stimme weiter, „Und ich armes Weib bräuchte so oder so eine Begleitung…“ Ezio ließ sich von ihr mitziehen und eskortierte sie nur zu gern. Obwohl Rosa ein sehr kantiger Mensch war schätzte er sie sehr und genoss ihre Gegenwart. Er ging mit ihr durch die belebten Straßen von Venedig und erlaubte sich den Augenblick zu genießen. Niemals würde er sich vollends fallen lassen können, aber Momente wie diese kamen schon sehr nah an unbeschwerte Zeiten heran und er musste feststellen dass ihn dieses kleine Rollenspiel durchaus ansprach. Irgendwo in Rialto sang eine Bardin wunderschöne Phrasen in einer ihm unbekannten Sprache, in der nächsten Straße wurde sie von einem marktschreierisch plärrenden Herold übertönt. Die Menschen unterhielten sich sorglos über Dinge wie das Wetter, die Steuern, die Nachbarn. Ein paar Handwerker hängten kunstvolle Dekoration für den kommenden Karneval über den Gassen auf. Aus dem offenen Fenster eines der Häuser roch es nach frisch gebackenen Kuchen. Rosa schlag ihre Arme enger um Ezios Oberarm und lehnte ihren Kopf an seine Schulter während sie gingen. Unter dem Deckmantel ihrer Rolle schien sie den Körperkontakt mit ihm zu genießen. Er meinte auch zu spüren wie sie seinen Oberarm abtastete und leise seuftze, vielleicht war es aber auch eine Einbildung, geboren aus Wunschdenken. Antonio empfing ihn herzlich und küsste ihn auf beide Wangen. „Ezio, Ezio Auditore, mein Sohn!“ sagte er euphorisch, „Sag, wie geht es dir?“ Ezio klopfte ihm auf die Oberarme. „Sehr gut, Antonio. Ich freue mich dich zu sehen. Ich soll dir Grüße von meinem Onkel ausrichten.“ „Aaah, Mario! Ja, ja, aber natürlich. Hab Dank. Ich weiß das zu schätzen. Aber setz dich erst einmal, ich hole uns eine Kleinigkeit zu Essen.“ Sprach er und verschwand in einem anderen Raum. Ezio setzte sich. „Ich sagte doch, er würde sich freuen“ merkte Rosa an und nahm ihre Trauergewänder ab. Er sah ihr zu. Unter den dunklen Kleidungsstücken war zu seiner Freude nur leicht bekleidet. Sie schnallte ihre Holzkonstruktion ab und legte sie auf den Tisch. Erst jetzt wurde Ezio bewusst wie viel dort hineinpasste: die Halbkugel war fast bis zum Rand mit teuer anmutendem Schmuck gefüllt. Er wollte gerade etwas sagen als Rosa auch noch ihre Taschen über dem Gefäß leerte und es damit zum überlaufen brachte. Ihre Ausbeute war außerordentlich. „Mach den Mund zu, Ezio, sonst fliegt dir was rein. Das ist eine ganz normale Ernte, nichts besonderes. Oder begaffst du meinen Körper?“ sagte sie herausfordernd. „Beides.“ Erwiderte er ehrlich, „Aber ich bin wirklich sehr fasziniert von dieser Idee. Eine Assassina könnte darin Waffen, Gift und allerlei Hilfsmittel verstecken.“ Rosa rümpfte die Nase. „Aber diese Assassina wäre dann nicht mehr sonderlich beweglich.“ Er überlegte einen Moment und nickte dann. „Ja, das stimmt wohl.“ Die Tür schwang auf und Antonio betrat den Raum. Er stellte ein Tablett mit ausländischen Süßspeisen auf den Tisch und reichte Ezio eine Tasse. „Nun sprich, mein Freund, was gibt es neues?“ fragte Antonio und nahm einen Schluck Caffè aus seinem eigenen Becher. Ezio nahm auch einen Schluck. Der Caffè war gesüßt und mit Milch verfeinert. Er lächelte über die kleine Geste der Wertschätzung. „Ich bin müde. Ich kann nicht mehr.“ Sprach Desmond. „Ach wirklich?“ Erwiderte Antonio und kratzte sich nachdenklich über seinen Bart. „Das klingt tatsächlich nicht besonders gut. Aber ich habe schon etwas in der Richtung geahnt.“ Ezio stand auf und sah gen Himmel. „Hey. Habt ihr mich nicht gehört?“ sagte er. „Halt noch ein wenig durch.“ erwiderte Shaun. Antonio spielte mit einer verzierten Gabel aus Rosas Diebesgut und dachte nach. Dann sah er Ezio an. „Mach dir um uns keine Sorgen. Wir leben so oder so gefährlich.“ Ezio ging um den Tisch herum und kippte seinen kochend heißen Caffè über Antonio aus. Sein Blickfeld zuckte und löste sich an einigen Stellen auf. „Ich sagte: ich kann nicht mehr.“ widerholte Ezio wütend. Antonio griff sich erst ins Gesicht, dann an die Ohren und dann baumelten seine Arme wie wild um ihn herum bis seine Bewegungen keinen Sinn mehr ergaben. Ezio stellte die Tasse ab und verschränkte die Arme. Die Zeit schien sich plötzlich zu verlangsamen. Warnung. Warnung. Desynchronisation setzt ein in drei, zwei, eins… Die Welt um Ezio zerschellte in tausend Stücke und löste sich in blendend grelles Licht auf. Desmond setzte sich auf und keuchte. „Was soll der Mist, Desmond?!“ rief Shaun und schritt zu ihm hin. „Du weißt, dass es uns scheiß viel Arbeit und Zeit kostet, eine Sequenz wieder aufzunehmen!“ „Ich sagte doch, dass ich nicht mehr kann.“ Erwiderte Desmond schlicht. „Du kleiner, mieser…“ setzte Shaun an, wurde dann aber von Lucy unterbrochen. „Tut uns leid Desmond. Das war heute wirklich lang. Leg dich ein bisschen hin und ruh dich aus.“ Sie drückte ihre Hand auf Shauns Mund. „aber lass mir beim nächsten Mal mehr Zeit Shaun zu überreden dich rauszuholen. Es besteht immer ein kleines Risiko bei einer Desynchronisation. Wenn wir nicht rechtzeitig das Programm runter fahren könnte das unerwartete Folgen für dich haben.“ „Danke, Lucy“ erwiderte Desmond. „Mi dispiace. Mein Kopf bringt mich um. Ich brauche wirklich dringend ein Bett.“ Er ging in sein Zimmer. Lucy nahm die Hand von Shauns Mund, leider etwas zu früh. „Dringender brauchst du ein Bad!“ Rief er. Aus dem Flur erklang ein lautes „Fottiti!“ Rebecca lachte leise. Shaun setzt sich auf einen Stuhl und griff sich an die Stirn. „Dieser Angeber meint wohl, er wäre der einzige mit Italienischkenntnissen.“ Lucy ging zu ihm und massierte ihm die Schultern. „Er war wirklich zu lang drinnen, Shaun. Bitte sei ihm nicht böse.“ Shaun brummte, entspannte sich dann aber allmählich unter ihren Händen. „Mich nervt es, wie er alles immer auf die leichte Schulter nimmt.“ „Und ich mag es.“ entgegnete sie, „Das macht es alles irgendwie… erträglicher.“ Er schwieg. Rebecca war derweil mit dem Programm beschäftigt. „Die Bugs sind halb so wild. In 10 Minuten oder so steht das System wieder.“ Lucy küsste Shaun kurz auf den Hinterkopf. „Du solltest dich auch etwas hinlegen.“ Er verschränke die Arme. „Ich werde mich jetzt sicherlich nicht mit zu ihm ins Bett legen.“ „Dann schlaf in unserem.“ Erwiderte sie, „…Wenn das für dich okay ist, Rebecca.“ „No Problemo.“ Sagte sie und tippte etwas auf der Tastatur. „Danke.“ Sagte Shaun und legte sich auf das Bett das sich im selben Raum befand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)