Das Gemälde des Sterbenden Knaben von Glasmond (Sequenz xx) ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 5 P16 -------------------------- Kapitel 5 „Ich versteh das alles nich“ nuschelte Ezio und stützte seinen Kopf in seine Hand. Mit der anderen schwänkte er einen Becher voll Wein. Rosa kümmerte sich derweil um seine verletzte Brust und verband sie. „Ich auch nicht.“ Bemerkte Antonio und wog den Halsschmuck, den Ezio einem der Kolosse abgenommen hatte, in seiner Hand. Es zeigte ein Kreuz, unterbrochen von einem Kreis. „Ich meine, ja. Ich hab von diesem Templerklan gehört, aber ich dachte bisher er wäre nur eine kleine, unbedeutende Abspaltung aus dem Osten.“ Ezio wischte sich über den Mund. „Ersähl mir mehr von dem Klan. Sind da alle blind?“ Antonio schüttelte den Kopf. „Ich weiß leider auch nicht mehr. Nur, dass sie nicht ganz die gleichen Ziele verfolgen wie die Templer und auch nicht die gleichen Methoden anwenden um an jene zu gelangen. Was sie hier wollen, welche Kräfte sie besitzen – keine Ahnung Ezio. Mi dispiace.“ „Ach“ machte Ezio und winkte verärgert ab. Antonio gab ihm den Halsschmuck wieder. „Das ist alles aber kein Grund sich so zulaufen zu lassen.“ „Salaj steckt dahinter, dieser maledetto stronzo. Er wusste darüber Bescheid dassich bei Teodora war und hat seine fetten Schergen nach mir geschickt. Porca puttana!“ Fluchte Ezio und nahm noch einen Schluck Wein. “Dieses Schwein! Dieser Bastardo! Er hat Leonardo vergiftet und ich kann nichts tun!“ „Jetzt beruhige dich erst einmal, mein Freund. Lass uns morgen darüber nachdenken. Solange du ihm nicht in die Quere kommst wird er Leonardo weiterhin das Gegengift geben und ihn nicht verletzen. Er braucht ja offensichtlich etwas von ihm, und bis dahin muss Messer Da Vinci am Leben bleiben. Bleib also ruhig und entspann dich. Uns wird schon etwas einfallen.“ „Ach, Entspannen! Wie soll ich mich entspannen, wenn Leonardo dem Teufel höchstpersönlich verfallen ist!“ lallte Ezio und schlug seinen Becher auf den Tisch so dass sich der Inhalt darin auf der Oberfläche verteilte. Rosa, immer frohen Gemüts und darauf erpicht, mit Worten Seitenhiebe zu verteilen, lachte und zog dabei den Verband fester. „Und ich dachte immer das Einzige was dich zum Trinken bringt ist die Eifersucht wegen einer Frau, nicht wegen einem Mann.“ Ezio sah sie entrückt an und war für einen Moment so fassungslos dass er nicht wusste was er darauf erwidern sollte. Rosa packte die Gelegenheit am Schopfe und träufelte auf die letzte unverbundene Stelle, die etwas tiefer verletzt war als der Rest, eine brennende desinfizierende Flüssigkeit. Ezio zuckte zusammen. „Das … ah … kann man nich vergleichen, Bella mia…“ Brachte er schließlich hervor. „Wie du meinst, Süßer.“ Sagte sie und verband den letzten Rest. „Aber Antonio hat recht. Entspann dich bitte ein bisschen. Geh doch heute Abend zum Karneval und amüsiere dich. In deinem jetzigen Zustand kannst du eh nicht klar denken.“ „Ach, das bisschen Wein…“ Entgegnete er und bemühte sich nicht zu Nuscheln. „Ich muss mir was einfallen lassen. Ich kann jetzt nicht einfach raus gehen und mich vergnügen. Außerdem könnten noch viel mehr von diesen blinden Bastardi da draußen unterwergs sein.“ Antonio klopfte ihm auf die heile Schulter. „Mit einem guten und starken Parfum bist du dort draußen unter Menschen mitunter sicherer als in meiner ungeschützten Unterkunft.“ Ezio hob wacker die Arme als Rosa ihm eine frische Bluse überzog und lies sich den Schmerz nicht anmerken. Dann strich er zärtlich über ihre Wange. „Hmpf. Kommt ihr mit, meine wunderschöne Rose?“ Rosa lachte. „Glaub mir, ich verpasse nur ungern deinen jetzigen Zustand, aber an Karneval ist Haupterntezeit, das weißt du doch.“ Als Ezio ein wenig betrübt dreinblickte (seine Fähigkeit, Gefühle für sich zu behalten, schien mit zunehmender Trunkenheit konträr zu sinken) streichelte Rosa ihm durchs Haar und beugte sich zu seinem Ohr. „Aber heute Nacht darfst du gerne mit mir das Bett teilen.“ flüsterte sie, entzückt von seiner jugendlichen Enttäuschung. Es schien ihm zwar nicht die beste Lösung zu sein, aber Antonio und Rosa bestanden darauf, und Ezio konnte nicht leugnen dass er im Moment ohnehin nichts ausrichten konnte. Also ging er zum Karneval und ließ er sich von der jubelnden Menge treiben. Der Mond stand hoch am Himmel, und so wahrscheinlich auch die Sterne, jene verblassten jedoch im Schein der Karnevalsbeleuchtung und der Feuerwerke. Es könnte eine wunderschöne Nacht werden, und Ezio beschloss dieser eine Chance zu geben und entspannte sich ein wenig. Er trug elegante Gewänder und eine lederne Colombina-Maske, geliehen von Antonio. Er schritt auf den Piazza San Marco, direkt in das Getümmel, und beobachtete das Treiben um sich herum. Es wurden jede Menge Delikatessen und exotisch anmutende Gegenstände angeboten, etliche fahrende Sänger und Darsteller hielten die Besucher bei Laune, von denen einige in prachtvollen Gewändern gekleidet waren. Hie und da hörte man bei besonders pompösen Feuerwerken laute Ohs und Ahs. Es war einfach nur berauschend und Ezio konnte für einen Moment die Wut über Salaj zumindest zum Teil aus seinem Kopf treiben. Er bummelte etwas durch die Stände und nahm ein paar der Weinkostproben von hübschen Marktverkäuferinnen an. Der Alkohol stieg ihm rasch noch stärker in den Kopf als zuvor und seine Wut und Hilflosigkeit wurde nun vollends durch ein warmes Gefühl im Bauch ersetzt. So bewegte er sich für eine geraume Zeit durch die Menge und entspannte sich ein wenig. So lange, bis er auf Leonardo traf. Er erkannte ihn nicht sofort. Seine Sinne waren etwas getrübt, und Leonardo war nicht gekleidet wie sonst. Aber er trug ähnliche Gewänder wie in Teodoras Bordell, und nicht zuletzt das Feingefühl, mit welchem er ein papiernes Weinetikett zu einem Schwan zusammenfaltete enttarnte ihn. Ezio blieb stehen und beobachtete ihn. Er saß an einem Tisch vor einer offenen Tarverne und unterhielt sich mit zwei Frauen. Einer von ihnen reichte er den Papiervogel, und diese lachte erfreut und steckte sich diesen zu den Schleifen und Blumen ins Haar. Ezio musterte die direkte Umgebung von Leonardo ausgiebig. Kein Salaj war zu sehen. Sollte er es wagen und sich ihm nähern? Leonardo lachte, nahm seine Maske ab und trank aus einem Becher. Seine Wangen waren gerötet, aller Wahrscheinlichkeit nach dem hochprozentigen Inhalt des Bechers wegen. Er unterhielt sich noch ein wenig mit den Damen, dann standen sie auf, küssten ihn auf die Wangen und verschwanden wieder im feiernden Gemenge. Ezio ergriff die Chance beim Schopfe und ging zu ihm hin. „Verzeiht mir“ sagte er mit einem reichlich übertriebenen französischen Akzent, „Ihr seid doch Leonardo da Vinci, nicht wahr? Darf ich mich zu euch setzen?“ Leonardo sah auf und lächelte als er Ezio erkannte. „Oh, man kennt mich? Natürlich, setzt euch.“ sagte er fröhlich und spielte sein kleines Rollenspiel mit. Ezio setzte sich ihm gegenüber. „Woher kennt Ihr mich denn, wenn ich fragen darf?“ Fragte Leonardo angeheitert und spielte mit dem Becher. „Ihr erfreuet euch wohl eines höheren Ansehens als ihr selbst vermutet, Messere da Vinci?“ erwiderte Ezio mit gespielt-verstellter Stimme und stellte abermals fest was für eine beruhigende und wohltuende Wirkung Leonardos fröhliche Anwesenheit auf ihn hatte. Er genoss den Moment. „Ihr schmeichelt mir. Und Ihr tragt dasselbe Parfum wie meine Mutter.“ stellte Leonardo ungeniert fest und lächelte ihn an. Ezio dachte an die Unmengen Frauenparfum mit welchem Rosa ihn eingedeckt hatte und lächelte zurück. „Dann hat Ihre werte Mutter einen guten Geschmack“ sagte er humorvoll. eonardo lachte und steckte Ezio damit an. Dann spürte er plötzlich eine Hand auf seinem Knie. Der Maestro beugte sich über den Tisch und redete etwas leiser. „Ich finde es steht euch. Bringt gut eure zarte Seite zum Vorschein.“ Ezio sah ihn an, versuchte zu entschlüsseln ob das ein Teil des Spiels oder Leonardo einfach sturzbetrunken war. „Wenn ihr wüsstet wie grob ich eigentlich bin…“ begann er. „Oh, das wüsste ich wirklich gerne.“ fügte Leonardo an und strich mit seiner Hand etwas höher. Ezio schwieg. Wog er sich vorher in Zweifel - jetzt war er sich sicher dass sein Freund tatsächlich Annäherungsversuche wagte. Nach einer kurzen Überlegung (die wohlmöglich von dem Alkohol in seinem Blut etwas beeinflusst wurde) entschied er sich bei dem Spiel mitzumachen. „Ihr würdet es nicht lange überleben, Maestro.“ behauptete er, grinste leger und stütze seine Schläfe auf die Knöchel seiner rechten Hand. „Dann würde ich eines glücklichen Todes sterben.“ sagte Leonardo und lachte betrunken und vergnügt. Ezios Herz erwärmte sich bei diesem Anblick. Ja, Leonardo machte gerade tatsächlich erwachsene, homosexuelle Annäherungsversuche, jedoch strahlte er dabei das beherzte Vergnügen eines unschuldigen Kindes aus, so dass er darüber keinen negativen Gedanken verschwenden konnte. Seinem besten Freund machte diese Situation Spaß, er hatte Freude daran, und das machte Ezio glücklich und trieb ihn an seine Rolle als exotischer Gönner weiter auszubauen. „Maestro!“ rief er aus, „Ich könnte eurem schönen Italien doch niemals den größten Künstler aller Zeiten stehlen!“ „Ihr habt mir doch schon bereits meinen Atem und mein Herz geraubt, viel mehr bleibt da so wie so nicht mehr übrig“ erwiderte Leonardo und gluckste heiter. Ezio, aus der Fassung gebracht, sah ihn mit offenem Mund an und begann dann zu lachen. „Das war mir etwas zu kitschig. Entschuldige.“ sagte und fiel so aus seiner Rolle. Leonardo stimmte in sein Lachen mit ein und wischte sich ein paar Tränen aus den Augen. Seine Wangen und seine Nase waren noch röter als zuvor. „Findest du wirklich?“ „Ja.“ erwiderte Ezio, „Aber wenn es dich so erheitert möchte ich das gerne weitermachen.“ Gerade wollte er unter dem Tisch nach Leonardos Hand greifen, da tauchte plötzlich eine Gestalt neben ihm auf und er zog die Hand sofort zurück. Er blickte auf und Zorn und Hass flammten erneut in ihm auf. „Meister, ich möchte euch etwas zeigen.“ sagte Salaj und würdigte Ezio keines Blickes. Dieser sah von Salaj zu Leonardo und musste feststellen dass dieser aufstand. „Was denn?“ fragte er heiter. „Nehmt eure Maske mit und setzt diese auf. Man soll euch nicht erkennen.“ befahl Salaj. Leonardo tat wie ihm geheißen. Er band sich die Maske um und sah zu Ezio. „Ich bin gleich wieder da, unbekannter Fremder.“ sagte er und lies sich von Salaj mitziehen. Hilflos sah Ezio zu wie Salaj Leonardo von ihm weg zerrte – direkt in eine dunkle Gasse hinein. Ein normaler Mensch hätte dort wohl nicht hineinblicken können, aber Ezio hatte überaus scharfe Augen und konnte die Beiden gut erkennen. Zuerst wechselten sie ein paar Worte, schienen zu diskutieren. Doch dann zog Salaj Leonardos Hände zu sich und legte sie auf seine eigenen Hüften. Die Welt wurde plötzlich still. Ezio hielt die Luft an. Die Menschen um ihn herum: bedeutungslos. Sie waren nicht mehr da. Er nahm sie nicht mehr wahr. Der blinde Hass brannte in ihm wie Feuer, verzerrte alles um ihn herum bis auf diesen Fleck, in welchem Salaj und Leonardo standen und sich berührten und seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten. Salaj zog Leonardos Hände enger, direkt auf sein Gesäß, und streckte seinen Hals noch mehr, damit Leonardo ihn besser mit Küssen bedecken konnte. Und dieser tat es. Küsste, liebkoste, begehrte. Salaj öffnete den Mund. Ezios hörte nichts mehr bis auf seinen eigenen Atem, aber er wusste dass es ein Stöhnen war. Langsam glitt sein Blick in Richtung Unterkörper. Die Zeit lief langsam, alles schien fast stehen zu bleiben. Dann sah er Salajs Hände. In Leonardos Hose. Salaj drehte den Kopf in seine Richtung und sah Ezio direkt in die Augen. Er grinste, lachte ihn aus. Die Welt kippte ein wenig. Nur mit Mühe blieb Ezio bei Bewusstsein. Als Leonardo zurückkam war Ezio nicht mehr da. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)