Knastbrüder von Ray-chan (Harte Jungs) ================================================================================ Tag 1 ----- Es war ein heißer Sommertag, als der Transporter mit dem neuen Häftling am Gefängnis ankam. Er trug Handschellen und die Kette seiner Fußfesseln schleifte über den asphaltierten Boden. Zwei Wärter begleiteten ihn und hielten ihn fest, während sie zum Eingang des Gebäudes gingen. Schleifend glitt das schwere Eisengitter aus der Halterung. Der Schwarzhaarige drehte den Kopf, um einen letzten Blick auf die Sonnenstrahlen außerhalb des Gebäudes zu werfen. In Zukunft würden Maschen- und Stacheldrahtzäune, weitere Eisengitter, nackter Beton und Backsteingebäude diese Aussicht schmücken. "Weiter!", sagte einer der Wärter und der Chinese richtete seinen Blick wieder geradeaus, lief den letzten Schritt in Freiheit hinüber auf die andere Seite. Die Seite, die in Zukunft seine neue Heimat werden würde. Die uniformierten Personen rechts und links neben Ray verstärkten ihren Griff um die Oberarme des Schwarzhaarigen. Anscheinend vermuteten sie, dass er in letzter Minute umdrehen und weg rennen würde - was allerdings durch die Fußfessel ziemlich erfolglos wäre. Dennoch war der Drang zu wenden und zu rennen in Ray groß, denn er gehörte hier nicht her. Er wurde verurteilt, lebenslänglich. Für ein Verbrechen, welches er nicht begangen hatte. Ein Verbrechen, welches ihm angehängt wurde und dessen Beweislast so genial geplant worden war, dass eine Freisprechung ins Unmögliche rückte. Selbst sein Verteidiger zweifelte an seinen Worten. Und wie soll man das Gericht überzeugen, wenn nicht mal die Person, die einem helfen soll, von den Aussagen des Angeklagten überzeugt ist? Das laute Krachen des Eisengitters, welches zurück in die Halterung gezogen wurde, holte Ray aus seinen Gedanken zurück. Hier war er nun. Ohne Aussicht darauf, jemals in sein altes Leben zurückzukehren. Der Schwarzhaarige seufzte resignierend und setzte langsam einen Fuß vor den anderen. Die drei passierten nach ein paar Metern die gläserne Tür des Gebäudes und betraten einen kleinen Raum am Eingang. "Jetzt werden schicke Bilder gemacht", grinste einer der Wärter und wies Ray an, sich vor die Wand zu stellen. Ray folgte der Anweisung und bekam ein Schild mit seiner Sträflingsnummer in die Hand gedrückt. Weggetreten nahm er das Schild entgegen und hielt es hoch. Ein helles Blitzlicht signalisierte dem Schwarzhaarigen, dass der erste Schritt seiner Aufnahme getan war. Nachdem die Fotos gemacht wurden verließen sie wieder den Raum und setzten ihren Weg fort. Bald darauf erreichten Ray und seine "Bodyguards" einen Schalter. Der Mann dahinter warf ihm einen müden Blick zu, stand von seinem unbequemen Stuhl auf und trat näher an das wahrscheinlich schusssichere Glas mit Gegensprechanlage. "Ich hätte gern alles, was du noch bei dir trägst, Kumpel", sagte er und kaute gelangweilt auf seinem Kaugummi herum. "Das ist nicht viel", antwortete der Chinese. Er lächelte traurig und legte seine Geldbörse, seinen Ausweis und ein paar einsame Münzen in die Schublade. Der Aufseher, auf der anderen Seite der Glaswand, zog den Schieber zu sich, packte die Habseligkeiten in eine Box und beschriftete diese. Danach schob er einen Bogen, auf welchem seine ganzen Daten notiert waren und ein Stempelkissen zu Ray. "Deine Fingerabdrücke müssen da drauf", sagte der Wärter und hielt eine Kopie in die Luft, wo er auf das untere Drittel deutete. "Größe?", fragte er beiläufig, stand auf und nahm ein Kleiderbündel aus dem Schrank heraus, ohne auf die Antwort zu warten. "Wird schon passen! Ansonsten kommst du noch mal wieder." Er zwinkerte Ray zu und schob das Bündel dem Schwarzhaarigen auf die andere Seite zu. "Ich hab’ gleich Pause..." Die anderen beiden Wärter fingen an zu gackern und auch der Mann hinter der Glasscheibe fing an dreckig zu lachen. Ray starrte den Wärter angewidert und verwirrt an und entnahm dem Schieber das Bündel. Seine Augen waren darauf gerichtet. Das würde also sein neuer Name sein ‘A-690‘. Ein Räuspern riss den Chinesen aus seinen Gedanken und er blickte zu dem Wärter hinter der Glasscheibe, der ungeduldig auf die Rückgabe des Steckbriefes wartete. Die zwei anderen Wärter machten derweil noch ein paar eindeutige Gesten, die Ray versuchte zu ignorieren. Er legte den Bogen mit den Fingerabdrücken zurück in das Schubfach. "Schluss mit dem Unfug!" Eine fremde Stimme ertönte auf einmal neben dem Chinesen, welcher sich erschrocken umdrehte. Die Wärter verstummten sofort und räusperten sich verlegen. Vor Ray stand ein gutaussehender Mann, welcher einen Kopf kleiner war als er. Seine Miene wirkte genervt aber überzeugend. Er hatte eine Frisur, wie sie Ray sonst nur von Bildern kannte. Das Unterhaar war abrasiert, das Oberhaar lang gelassen so dass es aussah, als hätte er einen Deckel auf dem Kopf. Der Chinese musste sich ein Schmunzeln verkneifen und machte sich den Ernst der Lage klar. Die grauen Augen sahen die Wärter kalt an und dem Chinesen lief ein Schauer über den Rücken. Sein Gegenüber schien ein ziemlich ranghohes Tier zu sein. Jedenfalls vermutete Ray das anhand der drei Sterne am Halskragen sowie des vollen Schlüsselbundes an der rechten Hüfte des Kleineren. "Gentleman? Ab jetzt übernehme ich!" Der Fremde hatte eine monotone und gelangweilte Stimmlage, wirkte aber dennoch bestimmend. "Würdest Du mir bitte folgen?" Ohne Ray eines Blickes zu würdigen drehte sich der Fremde um und wies dem Gefangenen mit einer Handgeste, ihm zu folgen. Die beiden anfänglichen Begleiter blieben zurück. Sie waren bereits ein paar Schritte gelaufen, bis der Mann die Stille durchbrach. "Mein Name ist Levi. Ich bin Chefaufseher dieses Gefängnisses und habe leider das Vergnügen, jeden unserer Neuankömmlinge persönlich begrüßen zu müssen", ratterte er unmotiviert herunter. Wahrscheinlich zum hundertsten Mal. "Würdest Du vielleicht einen Schritt zulegen? Ich hab auch noch anderes zu tun!", sagte Levi genervt. Ray nickte stumm und versuchte, etwas schneller zu laufen, hielt sein Kleiderbündel fest im Arm. Der Weg durch den langen Korridor schien kein Ende zu nehmen. Immer wieder bogen die beiden in neue Gänge ab. Das ganze ähnelte einem ewigen Labyrinth. Jeder Schritt hallte unnatürlich laut in Rays Ohren wieder und das Klappern des dicken Schlüsselbundes am Gürtel des ebenfalls Schwarzhaarigen machten den Chinesen fast verrückt. Er schwitzte, aber ihm war eiskalt. Sie liefen immer noch, aber wenigstens zierten jetzt gleichaussehende, metallene Türen die Wände rechts und links neben ihnen. Ray nahm nicht wirklich davon Kenntnis, sondern stierte verzweifelt geradeaus in den mit Kunstlicht erhellten Gang. Dann stoppte Levi plötzlich und riss den Chinesen aus seiner mentalen Abwesenheit. Die Lampe über ihnen flackerte, surrte in einem nervigen Ton und verlieh der Szene eine düstere Atmosphäre. Ohne in das komplizierte Schlüsselgewirr zu blicken, fischte der Aufseher auf Anhieb den richtigen Schlüssel hervor und befreite sein Gegenüber von den Fuß- und Handfesseln. Dann schloss er die Tür auf, welche die Aufschrift ‘A-690‘ hatte und trat zur Seite. Ray starrte gedankenverloren in den Raum vor sich, ehe sein Blick Levi traf. "Was bedeutet das ‘A‘ vor der Ziffer?", fragte der Chinese, als er endlich den Mut wiederfand. "‘A‘ ist der Trakt, in den Mörder und andere abscheuliche Arschlöcher wie Dich gehören!", gab der Kleinere zähneknirschend zurück. Ray schluckte und wollte noch zum Sprechen ansetzen, überlegte es sich aber anders. Widerwillig betrat er sein neues ‚Reich‘, welches von demselben kalten Licht wie auf den Gängen erhellt wurde. Sogleich wurde hinter ihm die schwere Metalltür zugeknallt und die Klappe, die die Kommunikation mit Personen im Gang ermöglichte, wurde geöffnet. Ray erblickte seinen charismatischen Begleiter, welcher ihm einen kalten Blick zuwarf. Er runzelte die Stirn. Durch das kleine Gitter, welches vorher von der Klappe bedeckt war, konnte er direkt in die erbarmungslosen Augen Levis sehen. Er wunderte sich, da der Andere einen Kopf kleiner war als er und Ray selber gerade so durch das Gitter sehen konnte. "Bekomme ich noch eine Einweisu-", begann der Chinese, wurde aber sofort unterbrochen. "Klappe halten, umziehen, brav sein!", schmetterte ihm Angesprochener ohne Pardon entgegen. Dann machte dieser auf dem Absatz kehrt und ging. Ray schritt zur Tür und blickte durch das kleine Fenster in den Gang. Und tatsächlich, bei der Tür schräg gegenüber beobachtete er, wie Mr.Obercool sich auf die Zehenspitzen stellte und durch das Gitter in die andere Zelle spähte. Da war er nun also. Mutterseelenallein in einem Gefängnis. Eingesperrt als einer der schlimmsten Verbrechern des Landes - und das alles, obwohl er absolut nichts verbrochen hatte. Er hatte sich zwar die ganze Zeit über nichts anmerken lassen, zerbrach aber in diesem Moment seine Fassade und einsame Tränen kullerten seine Wangen herunter. Der Schwarzhaarige legte sein Kleiderbündel auf einen Stuhl und ließ sich aufs Bett fallen. Er kauerte sich zusammen und befreite leise schluchzend seine Füße von den Schuhen. Dabei bewegte er sich nicht groß. Eine ganze Weile lag er so da, er musste wohl eingeschlafen sein. Ray drehte sich um und betrachtete das Kleiderbündel, welches er auf den Stuhl gelegt hatte. Mit Entsetzen bemerkte er erst jetzt, welche abartigen Farben seine Kleidung hatte. Zögernd setzte er sich auf und entpackte das Bündel, um es auf dem Bett auszubreiten. Das T-Shirt, mit seiner Zellennummer drauf, war in einem leuchtenden Giftgrün gehalten, was aber das kleinere Übel war. Die Hose, die in einem ähnlichen Grünton hatte, besaß zudem grelle pinke Streifen. Weitere Tränen stiegen ihm beim Anblick in die Augen und er schlug die Hände vor das Gesicht. Der Chinese versuchte sich zusammenzureißen, würde es doch alles nichts bringen. Da musste er nun wohl oder übel durch. Auch, wenn er zu Unrecht hier war, musste er sich an die hier geltenden Regeln halten, um nicht noch mehr Ärger zu bekommen. Und so, wie Levi auf ihn wirkte, war er nicht für Späße zu haben. Widerwillig begann er sich auszuziehen und hoffte, dass die fremde Kleidung ihm passen würde. Den Kerl am Schalter wollte er so schnell nicht wieder sehen. Außer dann, wenn ein Wunder geschehen und er freigelassen würde. Nach und nach zog er die Gefängniskleidung an und musste leider feststellen, dass sie ihm etwas zu groß war. Er rollte mit den Augen, hatte es sich schon fast gedacht. Dennoch wollte er die Sachen wegen dem Wärter nicht umtauschen gehen. Nachdem er sich umgezogen hatte, sah er sich etwas genauer in der Zelle um. Sie war nicht sehr groß, aber viel Platz würde er eh nicht benötigen. Es befand sich dort neben dem Bett ein kleiner Tisch und ein Stuhl, ein Schrank und außerdem ein Bücherregal. Desweiteren eine eigene Toilette und ein Waschbecken. Durch das kleine, vergitterte Fenster kamen die letzten warmen Sonnenstrahlen und ließen den Raum durch das rötliche Licht freundlicher wirken. Für einen kurzen Moment verlor sich Ray in dem Licht, bevor er wieder von der Realität eingeholt wurde und sich resignierend auf dem Stuhl fallen ließ. Er stützte seinen Kopf in seine Hände und musste weitere Tränen unterdrücken. In diesem Moment empfand er Wut und Trauer in einem. Gerade, als er eine Hand zur Faust ballte, meldete sich jemand vor der Tür. "Mr. Ray Kon?", tönte es gerade noch hörbar in den Raum. Der Angesprochene erschrak und wandte seinen Kopf zur Tür. Durch das kleine Fenster spähten zwei grüne, neugierige Augen und fixierten Ray. Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn. "Ja?", gab er zögerlich von sich und ging zur Tür. "Ich habe hier etwas für Sie." Der braunhaarige Wärter hielt eine durchsichtige Plastiktüte in die Luft, in der ein kleines Buch war. "Wir mussten Ihre Sendung leider öffnen, weil wir den Inhalt überprüfen mussten", gab der Wärter von sich und sah betreten zur Seite. Ihn ließ der Anblick von Ray rot werden und er konnte ihm nicht in die Augen schauen. "Danke, aber das ist nicht so schlimm", murmelte der Chinese und betrachtete die Tüte. "Wo ist der Stift?" Erstaunt hob der Braunhaarige den Kopf. "Sie wissen, dass ein Stift in der Sendung war?" "Ja, denn ich habe mir das Päckchen hierher geschickt", antwortete der Gefangene und lächelte den Kleineren an. Der Wärter runzelte die Stirn. "Äh… ach so." Ihm fehlten die Worte. "Sowas hat noch keiner gemacht…" "Wo ist der Stift?", fragte Ray ein weiteres Mal und ging nicht weiter auf das Gestammel ein. Der Chinese blickte dem Wärter direkt in die Augen und sah ihn fordernd an. Der Andere wirkte sehr nervös und wich seinem Blick aus. "Weil… äh… du weißt schon...mit dem Stift könntest du…", er brach ab und blickte ertappt in den Gang. Er erstarrte. "Was?" Der Schwarzhaarige blinzelte verwirrt. "Was kann ich mit dem Stift?" "EREN!", donnerte es durch den Gang. Angesprochener zuckte zusammen und sah hilfesuchend zu Ray. "Du kannst anscheinend noch nicht mal einfachste Anweisungen ausführen!" Levi schien näher zu kommen, denn seine Schritte waren deutlich zu hören. Eren senkte den Blick und wollte gerade zu einer Entschuldigung ansetzen, doch Levi unterbrach ihn sofort. "Habe ich dir nicht gesagt, dass du nur diese Kladde mit dem emotionalen Dünnschiss zu dieser Person bringen sollst?", begann er abfällig und monoton. "Und nun veranstaltet ihr hier einen Kaffeeklatsch! Soll ich euch vielleicht noch Kuchen vorbeibringen?" Der Chefaufseher blieb vor Eren stehen, verschränkte die Arme und zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. Weder Eren noch Ray trauten sich etwas zu sagen, beide sahen betroffen zu Boden. Levi seufze genervt und entriss Eren die Tüte, feuerte diese durch das Gitter direkt vor die Füße des Chinesen. Er warf Ray einen warnenden Blick zu, drehte sich um und entfernte sich von der Zelle. "Kommst du?", forderte er Eren genervt auf und ging weiter, ohne sich umzudrehen. Erens Blickt huschte wieder zu Ray. "Was ist nun mit meinem Stift?" "Ich kann Ihnen den Stift nicht überlassen, weil Sie sich selber oder andere damit verletzen könnten. Essen bringe ich Ihnen übrigens gleich vorbei." Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. "Aber ich möchte doch einfach nur Tagebuch schreiben, um mir diesen beschissenen Aufenthalt angenehmer zu gestalten!" Ray klang leicht verärgert und verzweifelt. Ohne ein weiteres Wort schloss Eren die Luke der Tür und verschwand. Eine halbe Stunde später - Ray lag gerade auf dem Bett und starrte in die Luft - wurde die Luke wieder geöffnet. "Hier kommt Ihr Fünf-Gänge-Menü", witzelte die Person vor der Tür und schob ein in Folie gewickeltes Sandwich und eine Flasche Wasser durch das Gitter. Der Chinese stand auf und nahm sein Essen mit einem kritischen Blick entgegen. "DAS hat jetzt so lange gedauert?", sagte Ray und deutete auf das trockene Etwas in der Folie. "Seien Sie froh, dass Sie das Essen auf die Zelle gebracht bekommen und nicht in den Speisesaal müssen - am ersten Tag." "Oh welch Luxus", sagte der Schwarzhaarige mit einem ironischen Unterton und grinste Eren an. "Das Lachen wird Ihnen noch vergehen", nuschelte der Braunhaarige kaum hörbar und schloss die Luke. Ray setzte sich an den Tisch und begann, dass Sandwich auszuwickeln. Da es schon äußerlich nicht sehr appetitlich aussah, biss er einfach hinein. Den warnenden Gedanken, dass Sandwich genauer zu untersuchen, ignorierte er. Nachdem er den ersten Bissen heruntergewürgt hatte, biss er auf etwas hartes und undefinierbares. Der Schwarzhaarige kniff angewidert die Augen zusammen und ließ das pappige Sandwich entsetzt fallen. Vorsichtig hob er mit zwei Fingern die obere Brotscheibe an. Ein angespitzter Bleistift thronte auf dem schlappen Salatblatt. Ein kleiner Zahnabdruck befand sich darauf. Erstaunt nahm er ihn in die Hand und wischte ihn mit der Serviette sauber. Sein Sandwich achtlos liegen lassend griff er zu seinem Buch und setzte sich aufs Fensterbrett. Sein Blickfeld beschränkte sich auf die Hauswand gegenüber und ein Stückchen vom beleuchteten Innenhof. Dort erkannte er Bänke und einen angerosteten Basketballkorb. Über das Gebäude auf der anderen Seite ragte ein Wachturm, dessen Flutlicht weite Teile des Gefängnisses erhellte. Ray widmete sich wieder seinem Buch und schlug es auf. Die ersten Seiten waren bereits beschrieben. Nachdem er bei einer leeren Seite angekommen war, begann er zu schreiben. »Liebes Tagebuch« Der Chinese musste schmunzeln und begann alles niederzuschreiben, was er an diesem Tag erlebt hatte. Nachdem er die Hälfte aufgeschrieben hatte, meldete sich sein Magen durch ein lautes Knurren. Ray stand auf und holte sich sein angebissenes Sandwich, setzte sich danach wieder auf die Fensterbank. Während er aß forderte ein plötzlich aufkommendes und dumpfes Geräusch an der Wand seine Aufmerksamkeit. Ohne weiter drüber nachzudenken, versuchte er das Geräusch zu ignorieren und griff wieder zu seinem Bleistift. Allerdings hielt sein Schreibfluss nicht lange an, denn ein stumpfer Schrei aus der Nachbarzelle unterbrach ihn dieses mal. Der Schwarzhaarige rollte mit den Augen und legte Tagebuch und Stift beiseite. Da nun neben den Schreien auch wieder die vorangegangenen Geräusche zu hören waren, konnte er sich nicht mehr konzentrieren und setzte sich genervt aufs Bett. Sein Blick fixierte die Wand gegenüber in der Hoffnung, dass sein Zellennachbar bald mit dem Terror aufhören würde. "Verflucht noch mal! Was ist das für ein scheiß Lärm?", dachte der Chinese. "Geht das nun die ganze Zeit so weiter? Das ist ja nicht auszuhalten!" Ray dachte, dass es nicht schlimmer werden könnte, als zusätzlich zu dem Krach noch ein Quietschen hinzu kam. Entsetzt riss er seine Augen auf und seine Gedanken überschlugen sich. Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf und versuchte seine Hirngespinste zu ignorieren. Er wollte lieber nicht wissen, was sein Zellennachbar dort trieb. Als die Geräusche nach einer gefühlten Ewigkeit immer noch nicht aufhörten, rollte er sich entnervt auf seinem Bett zusammen und versuchte sich die Ohren zuzuhalten. Er schloss die Augen und war erstaunt, als kurze Zeit später das Licht ausging. In der Hoffnung, dass nun Schlafenszeit war und so die Geräusche aufhören würden, zog er seine Hose und Hemd aus und deckte sich zu. Für kurze Zeit verstummten die Geräusche tatsächlich und Ray atmete tief durch und versuchte sich zu entspannen. Leider hielt diese Ruhe nicht lange an und sein irrer Nachbar begann abermals seine Nerven mit dem vorherigen Lärm zu strapazieren. Der Schwarzhaarige blickte verzweifelt in die Dunkelheit und fragte sich, wie er die Nächte so überstehen sollte, bis auf einmal Licht in den Raum fiel. "Hey Barbie, sitzt die Frisur noch? ", ertönte es gehässig von der Tür. Ray setzte sich auf und musste sich kurz an das Licht gewöhnen, das durch die geöffnete Klappe seiner Gefängnistür hereinfiel. Zwei kalte, graue Augen stierten angestrengt in die Dunkelheit der Zelle. Der Chinese griff schnell zum Hemd und zog es sich über, bevor er aufstand und zur Tür ging. "Anstatt mich mit dummen Sprüchen zu beleidigen, sollten Sie sich lieber den Bekloppten in der Zelle neben mir vorknöpfen", sagte der Schwarzhaarige aufgebracht und deutete mit dem Finger in die Richtung. Levis Augenbrauen zogen sich amüsiert nach oben. "Der Schreihals wird gleich ans Bett gefesselt und bekommt sein Maul gestopft." "Gut zu wissen", entgegnete Ray trocken. "Wenn so was ähnliches nicht schon längst passiert ist…", murmelte er leise. Er beschloss in Zukunft lieber nicht aufzufallen. Der Kleinere wandte sich ab und setzte seinen Rundgang fort. Zufrieden ging Ray wieder ins Bett und die Geräusche verstummten abrupt. Nachdem er sich ein weiteres Mal das Hemd ausgezogen hatte, klopfte er sich sein durchgelegene Kissen zurecht und deckte sich zu. Erst jetzt bemerkte er, dass die Luke immer noch offen stand und das Licht der flackernden Lampe vom Flur weiterhin in seine Zelle fiel. Es war, als ob die ganze Zeit jemand das Licht in seinem Zimmer an- und ausknipste. Mit einem jammernden Laut drehte er sich zur Wand und drückte sein Kissen auf das Gesicht. Doch es half alles nichts, das Licht störte ihn zu sehr. Gereizt verließ er sein Bett und griff zu seinem Hemd, wollte es irgendwie am Gitter befestigen. Vielleicht würde es das Licht etwas abschirmen. Er begann nach einer Möglichkeit zu suchen, sein Hemd anzubringen. Auf einmal vernahm er leises Gelächter und Murmeln, welches aus der Nachbarzelle zu hören war. "Ich schließe eben die Zelle ab", hörte Ray die eine Person sagen und erkannte die Stimme. Es war Mr. Deckelfrisur. Gebannt starrte der Chinese in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Er vernahm das Klirren des Schlüsselbundes, während die Tür abgeschlossen wurde. "Okay. Komm mit", sagte die bekannte Person in üblicher monotoner Stimmlage und setzte sich in Bewegung - der Fremde knapp hinter ihm laufend. Ray runzelte die Stirn, bis sich ihm auf einmal zwei eiskalte, rubinrote Augen näherten und ihn mit seinem Blick fesselten. Er stand dort wie erstarrt, als sich ihre Augen trafen. Erbarmungslos und hämisch sahen sie den Schwarzhaarigen an. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, aber es dauerte alles nur wenige Sekunden, bis sich ihre Blicke wieder trennten. "Er wird der nächste sein!", gab die Person beiläufig und völlig kühl von sich. Ray riss geschockt seine Augen auf und einen Augenblick später hörte er beide Personen trocken lachen. Tag 2 - Teil 1 -------------- Langsam tappste der Schwarzhaarige zurück in Richtung Bett und sackte darauf zusammen. Das, was eben passiert war, wollte er nicht wahrhaben. Sie konnten doch nicht wirklich >ihn< meinen? Langsam ließ sich der Gefangene auf die Seite fallen, bettete seinen Kopf auf das unbequeme Kissen und starrte ins Leere. Das Flackern des Lichtes aus dem Flur holte Ray wieder aus seinen Gedanken und erinnerte ihn daran, weshalb er eigentlich aufgestanden und zur Tür gegangen war. Wütend griff der Chinese sein Kissen, polterte zur Tür und stopfte es zwischen die Gitterstäbe der Luke. Die völlige Dunkelheit kam dem Schwarzhaarigen wie ein Segen vor und er ging zurück zum Bett und legte sich hinein. Die Tatsache, dass nun sein Kissen fehlte, störte ihn nur gering. Er schloss die Augen und hoffte, wenigstens in Ruhe schlafen zu können. Die Nacht war für Ray die reinste Qual. Ständig wachte er auf, drehte sich von einer Seite auf die andere. Kaum war er wieder eingeschlafen, wurde er von Bildern heimgesucht, die ihn direkt wieder hochschrecken ließen. Und dann waren da immer noch diese eiskalten, roten Augen, die ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen wollten. Gerade, als der Schwarzhaarige wieder erschöpft in den Schlaf dämmerte, hörte er ein Klacken und die Lampe seiner Zelle flackerte ein paar Mal, ehe sie ihr übliches, grelles Licht verströmte. Ein panisches Stöhnen entwich dem Chinesen und er richtete sich schlagartig auf. Er konnte noch keinen klaren Gedanken fassen, als plötzlich eine Durchsage mit monströser Lautstärke durch das Gefängnis hallte. "Guten Morgeeeeeeeeen!", krähte eine motivierte Frauenstimme. "Es ist 6 Uhr morgens und somit Zeit zum Aufstehen ihr Lieben!" Ray schluckte trocken. Die Tatsache, dass die Ansage freundlich geträllert durch die Lautsprecher hallte, belebte den Chinesen keineswegs. Wie steifgefroren saß er im Bett. Er hatte Angst. Angst vor dem, was heute auf ihn zukommen würde. "...also zack zack. Ab in eure süßen Klamotten und dann in die Kantineeee!", säuselte es und die Ansage endete abrupt mit einem quietschenden Ton. Ray verzog das Gesicht und kniff die Augen zusammen. Obwohl er kaum geschlafen hatte war er jetzt hellwach und sein Herz raste. Ein weiteres Geräusch, diesmal von der Zellentür ausgehend, ließ ihn aufblicken. Sein Kissen, das er zuvor in die Luke gestopft hatte, wurde hereingedrückt und landete mit einem dumpfen Ton auf dem Zellenboden. Dann blickte der braunhaarige Wärter vom Vortag vorsichtig durch die Luke. "Guten Morgen", kam es schüchtern von ihm und er grinste dem Chinesen zaghaft zu. Der Schwarzhaarige erwiderte den Gruß mit einem Nicken. "Die Türen werden gleich automatisch geöffnet. Zum Essenssaal geht es dann links den Gang hinunter. Folge einfach der Menge”, lächelte Eren und verschwand. Gemächlich schwang Ray seine Beine aus dem Bett und fischte mit den Füßen nach seiner grauenvollen Gefängnisbekleidung. Widerwillig zog er zuerst die Hose und dann das Oberteil an. Seine Haare knotete er irgendwie zusammen, da er weder Bürste noch Haarband besaß. Das Surren und das darauffolgende Klacken an der Tür ließ Ray abermals aufblicken. Seine Zellentür stand nun einen kleinen Spalt breit offen. Zögernd trat der Chinese an die Tür und beobachtete insgeheim, wie Mitgefangene an seiner Zellentür den Gang hinunter liefen. Anscheinend hatten sie es eilig. Ray wartet eine Weile, bis der Hauptstrom an Menschen versiegte. Er atmete tief durch und betrat dann den Flur. Sogleich hatte er die Blicke derer, die dort schon entlangliefen, auf sich gezogen. Der Schwarzhaarige senkte prompt den Blick und wünschte sich unsichtbar zu sein. Hier und da nahm er ein Tuscheln und Kichern wahr. Rays Herz begann zu rasen und kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er verstand nicht wieso. Hatte er etwas im Gesicht? Stand eine Haarsträhne komisch? Der Chinese war so aufgeregt und gedankenverloren, dass er nicht mitbekam, wie er vor einer großen Flügeltür stehen blieb. Ohne zu zögern liefen die letzten Mitgefangenen aus dem Flur an ihm vorbei und durch die Tür in den dahinterliegenden Raum. Nervös wischte sich Ray über die Stirn, atmete ein weiteres Mal tief durch, bevor er die Klinke in die Hand nahm und die Tür öffnete. Die abnorme Lautstärke, welche von der quatschenden Masse an Gefangenen verursacht wurde, erschreckte den Schwarzhaarigen. Genauso der Gestank. Eine Mischung aus Kantinenessen und Männerschweiß vermischten sich zu einem Geruch und Ray musste unweigerlich das Gesicht verziehen. Sein Blickt huschte nervös über die Menschenmassen. Im hintersten Teil des Speisesaals entdeckte er die Essensausgabe und die lange Schlange, die sich davor bildete. Der Schwarzhaarige gab sich gedanklich selbst einen Tritt und lief, so unauffällig wie möglich, zum Ende der Warteschlange. Vor lauter Aufregung bekam Ray am ganzen Körper eine Gänsehaut und abermals bemerkte er, dass Blicke an ihm hafteten. Es dauerte nicht lange, bis der Chinese vorn am Schalter war. Zwei grau-grüne Augen blickten ihn erwartend an. "Also?", fragte der Unbekannte. "Also was?", erwiderte Ray und runzelte die Stirn. "Na Essen A oder B?", gab der Grauhaarige genervt von sich, zeigte auf die zwei Töpfe vor sich und blickte dann den Chinesen wieder an. Rays Blick wanderte über den Inhalt der beiden Töpfe. Das erste war eine undefinierbare Grütze. Eine Augenbraue Rays wanderte nach oben und sein Blick glitt hinüber zum zweiten Topf. Rührei mit Speck. Ziemlich offensichtlich. Jedoch triefte das Ganze nur so vor Fett, sodass sein Magen ihn jetzt schon vor Sodbrennen warnte. "Ich nehm’ dann das da", antwortete der Schwarzhaarige zerknirscht und zeigte auf den Topf mit der undefinierbaren Masse. Insgeheim hoffte er die richtige Wahl getroffen zu haben, denn der Topf war noch so gut wie voll im Vergleich zum Rührei. Der Grauhaarige begann zu lachen, nahm einen tiefen Teller und schaufelte dann großzügig die Kleistermasse darauf. "Hier, ich geb’ dir noch 'n bisschen was dazu", sagte der Wärter und stellte noch einen Apfel, einen Jogurt und einen Becher Tee mit aufs Tablett, ehe er es an Ray weiterreichte. "Du bist noch neu hier, ne?" wollte der Grauhaarige wissen und lächelte Ray mitleidig entgegen. "J-ja" stotterte der Chinese. "Woher wissen Sie das? Sie sehen doch täglich so viele Gesichter hier." "Stimmt schon...aber mittlerweile kenn’ ich alle auswendig. Deins ist noch neu. Und hätt' ich dich nicht daran erkannt, dann spätestens an deinen Klamotten!", grinste ihm der Grauhaarige entgegen. "Meine...", begann Ray und erstarrte. Das hatte er natürlich vergessen. Geschockt drehte er sich um und blickte in das Gemenge an Gefangenen. Alle trugen graue Shirts und eine schwarz-weiß gestreifte Hose. Kein Wunder also, dass er sämtliche Blicke auf sich zog. Er war der exotische Paradiesvogel in grün und pink zwischen all den mausgrauen Gefangenen. Panisch drehte sich der Schwarzhaarige wieder Richtung Schalter. Das fiese Grinsen des grauhaarigen Wärters ließ Ray vermuten, dass dieser wohl seine Gedanken erfasste. "Guten Appetit", lächelte er unschuldig, beendete somit ihr Gespräch und schickte Ray mit einer Handgeste zur Seite. Widerwillig nahm der Schwarzhaarige sein Tablett und ließ flüchtig seinen Blick über die schmatzende Menge gleiten. Der Saal war vollgestopft mit langen Tischen und den dazugehörigen langen Bänken. Ray konnte keinen freien Sitzplatz ausmachen. Verbittert setzte er einen Fuß vor den anderen und zwängte sich durch die engen und vollgestopften Sitzreihen, balancierte dabei sein Tablett auf einer Hand über seinem Kopf, um nicht andere Gefangene anzurempeln. Wieder spürte der Chinese die Blicke der anderen auf sich und begann leicht zu zittern. Während er sich durch die Massen schob, versuchte er durch die Köpfe der anderen hinweg einen Sitzplatz zu erspähen. Dabei entdeckte er jemanden, der genauso aus der Menge hervorstach. Auch diese Person hatte dasselbe leuchtend grüne Shirt an. Ohne weiter darüber nachzudenken steuerte der Schwarzhaarige schneller auf die Person zu und nahm sein Tablett näher an sich, um nichts zu verschütten. Zudem erblickte er freie Sitzplätze neben dieser Person, da sich anscheinend niemand mit einem Neuling sehen lassen wollte. Zwei Personen, die die beiden grün gekleideten voneinander trennten, lächelten Ray hämisch an. In seiner Euphorie schenkte er den beiden keine weitere Beachtung, was allerdings ein Fehler war. Im nächsten Augenblick flog das Tablett im hohen Bogen durch den Raum und der Chinese konnte nur noch zusehen, wie sein Frühstück mit einem lauten Scheppern auf dem Boden aufkam. Von einem Moment zum nächsten war es totenstill im Saal und alle Blicke ruhten auf dem am Boden liegenden Ray. Während er versuchte zu verstehen, was da gerade passiert war, bemerkte er das Schweigen im Saal. Das einzige Geräusch, welches er vernahm, war sein Pochen des Herzens und das Rauschen des Blutes in seinen Ohren. Von weiter hinten ertönte eine amüsierte Stimme: "Hey Püppi, soll ich dir zeigen wie man trainiert, damit du in Zukunft beim Tragen des Tabletts keinen Schwächeanfall bekommst?" Auf einmal war ein Gelächter zu hören, welches sich rasch durch den Saal ausbreitete. Der Chinese errötete prompt und wollte nur noch im Boden versinken. Panisch kniete sich der Schwarzhaarige hin und wollte gerade nach dem Tablett greifen, als sich eine weitere Person in das Geschehen einmischte. Ohne Hemmungen trat der Andere gegen das Tablett und beförderte es irgendwo unter die Tische. Erschrocken hob Ray seinen Blick und ein kalter Schauer lief seinen Rücken herunter. Dieselben rubinroten, kalten Augen, die er schon den Abend zuvor erblickte, starrten ihn wütend an. Der Saal verstummte ein weiteres Mal und eine eigenartige Spannung erfüllte den Raum. "Was fällt dir eigentlich ein du mickriger Wurm? Sieh dir an, was du angerichtet hast!”, sprach der erzürnte Blaugrauhaarige und blickte herablassend auf Ray hinunter. "Dein scheiß Haferschleim hat meine Schuhe versaut!” Im nächsten Moment spürte Ray, wie sich der Schuh seines Gegenübers in seine Magengegend bohrte. Mit einem schmerzhaften Stöhnen krampfte er sich instinktiv zusammen, während der Schuh an seinem Hemd abgewischt wurde. "Ey Kai, ich würd’ mich an deiner Stelle zurückhalten”, mischte sich ein Außenstehender ein. "Hier sind doch überall Wachen, man.” Angesprochener entgegnete mit einem Schnauben, während Ray die Chance ergriff und versuchte der Situation zu entkommen. Dabei wurde er grob am Arm gepackt und zurückgehalten. "Das wirst du noch bereuen”, knirschte sein Angreifer ihm ins Ohr. Danach ließ Kai ihn los und der Chinese verließ so schnell es ging den Saal. Kaum war Ray aus der Tür gestürzt erblickte er Eren, welcher auf ihm zukam. "Ah das trifft sich ja gut, ich wollte Sie gerade suchen. Sie haben gleich einen Termin bei unserer Psychologin.” Ohne auf eine Antwort zu warten bat er Ray, ihm zu folgen. Dieser folgte dem Braunhaarigen durch den Gang, bis sie an einer Tür ankamen, vor der mehrere Bänke standen. Der Chinese betrachtete das Schild, auf dem ‘Psychologin Hanji Zoe’ zu lesen war. "Hier sind wir. Sie sind etwas früh dran, warten Sie noch einen Moment. Sie werden dann herein gebeten.” Ray setzte sich auf eine der Bänke, während Eren neben ihm stehen blieb und stumm die Wand anstarrte. Langsam beruhigte sich der Puls des Schwarzhaarigen und seine Atmung normalisierte sich, dennoch tat ihm nach wie vor der Bauch weh. Nach ein paar Minuten wurde die Tür geöffnet und eine braunhaarige Frau lugte neugierig heraus. "Ray Kon?", fragte sie, als sie den Chinesen entdeckte. "Ich habe Dich schon freudig erwartet. Komm doch herein." Angesprochener folgte den Worten und gab der Frau die Hand, welche ihm hingehalten wurde. Die Frau trug eine Brille und hatte ihre Haare zu einem Zopf zusammengebunden. "Ich bin übrigens Hanji Zoe!" Sie lächelte Ray an und wies ihn sich zu setzen. Sie selbst nahm hinter ihrem Schreibtisch platz. Der Schwarzhaarige sah sich im Raum um, ehe er sich hinsetzte. Neben dem großen Schreibtisch befanden sich dort mehrere hohe Schränke, in denen vermutlich Akten gelagert wurden. Ein paar Regale mit Fachliteratur zierten die restlichen freien Flächen der Wände. Abgesehen von Hanji waren dort noch zwei weitere Angestellte im Raum, die auch jeweils an einem Schreibtisch saßen. Sie tippten auf ihren Tastaturen herum und warfen zwischendurch eindringliche Blicke zu Ray. Durch zwei Fenster fielen Sonnenstrahlen in den Raum, der dadurch freundlicher wirkte. In einer Ecke standen eine Trennwand und eine Liege. "So, dann wollen wir mal!" Hanji zückte einen Stift und einen Block. "Ich würde gerne das Gespräch aufzeichnen." Ihre Augen funkelten voller Vorfreude. "Meinetwegen", gab Ray von sich und sah sie irritiert an. "Um dir schon mal einen groben Überblick des Verlaufs zu geben: ich soll Dich einstufen, was die Gefährlichkeit betrifft und wo Du heute arbeiten wirst. Dazu werde ich Dir ein paar Fragen stellen, die Du bitte wahrheitsgemäß beantworten wirst. Zum Schluss folgt eine körperliche Untersuchung." Sie rückte mit einem Finger ihre Brille zurecht und kicherte vergnügt. "Also, Ray", begann sie, nachdem sie das Tonband gestartet hatte und sah den Schwarzhaarigen erwartungsvoll an. "Ich habe Deine Akte schon gelesen, aber warum bist Du hier? Ich möchte es noch einmal von Dir hören. Mach es Dir bewusst." "Nun ja, dass wüsste ich auch gerne", antwortete der Chinese. "Nein nein nein." Hanji fuchtelte wild mit ihren Händen herum. "So geht das nicht. Du sollst es dir bewusst machen. Also atme noch einmal tief durch, überlege in aller Ruhe und gebe mir dann eine Antwort." Sie betrachtete ihn gespannt, während sie ihren Stift zückte, um sich Notizen zu machen. Ray schwieg für ein paar Sekunden und wusste nicht so recht, was er nun sagen sollte. Es war leider die Wahrheit, dass er nicht wusste, weswegen er hier war. Sollte er also lügen, um schnell wieder von dieser Frau loszukommen? "Ich weiß es leider wirklich nicht…", gab er zögernd von sich. Hanji rückte ein weiteres Mal ihre Brille zurecht, legte den Stift beiseite und faltete ihre Hände auf dem Tisch zusammen. "Also, Ray. Es bringt nichts, wenn ich Dir hier alles in den Mund lege. Du musst es selber aussprechen und es Dir bewusst machen. Nur so kann ich Dir helfen und nur so wird es Dir selber besser gehen." "Ich habe aber niemanden umgebracht, wenn Sie das von mir hören möchten." Der Chinese runzelte die Stirn und hoffte, dass er das nun nicht jeden Tag durchmachen muss. Die Braunhaarige nahm ihren Stift in die Hand. "Klarer Fall von Verdrängung", murmelte sie und machte sich Notizen, sah ihrem Gegenüber danach direkt in die Augen. "Es kommt nicht selten vor, dass sich jemand nicht mehr an seine Verbrechen erinnert. Das ist der Schutz vor einem selbst. Aber keine Sorge, ich bin hier, um Dir zu helfen. Ich werde Dir beistehen, damit Du Deine Tat verarbeiten kannst." Sie machte sich ein paar weitere Notizen und Ray rollte mit den Augen. "Erzähl mir etwas aus Deiner Vergangenheit, Ray. Wurdest Du als Kind geschlagen? Hast Du Geschwister? Leben Deine Eltern getrennt? Spielst Du gewalttätige Videospiele?" Etwas durcheinander sah der Schwarzhaarige die Frau an während er überlegte, was sie mit diesen Fragen bezwecken wollte. "Ich hatte eine normale Kindheit, wenn Sie das wissen wollen", antwortete er mit gerunzelter Stirn. "Ich wurde weder geschlagen noch sonst wie verletzt, bin Einzelkind, meine Eltern sind immer noch glücklich zusammen und ich besitze keine Videospiele." "Sehr interessant", gab Hanji von sich und kritzelte auf ihrem Papier herum. "Gab es einen Punkt in Deinem Leben, den Du als besonders interessant oder wichtig bezeichnen würdest?" "Es gibt eigentlich nur einen Tag, der mein ganzes Leben verändert hat." "Berichte mir davon!" Gespannt sah sie den Chinesen an. "Es war der Tag, wo auf einmal die Polizei vor meiner Haustür stand und ich als Verbrecher dargestellt wurde." Hanji schrieb fleißig mit. "Möglicherweise war es ein zu großer Schock für Dich, dass sie Dich ausfindig gemacht haben. Vielleicht sogar schon vorher, als diese arme Menschenseele das zeitliche segnen musste. So hast Du Dir Deine eigene Geschichte zusammengesponnen, um Dich vor Dir selbst zu schützen." "Ich habe aber niemanden umgebracht", kam es nun leicht verärgert von Ray. "Warum wollen Sie mir das unbedingt einreden?" Die Braunhaarige legte ihren Stift beiseite und faltete wieder ihre Hände zusammen. "Ray, niemand will Dir etwas einreden. Das einzige was ich möchte ist, dass Du Dir Deiner Sache bewusst wirst, damit wir mit dem Verarbeitungsprozess beginnen können. Ich muss wissen, was in Dir schlummert, um Dich der Arbeit einteilen zu können." Der Chinese fuhr mit einer Hand über seine Stirn und schloss für einen kurzen Moment die Augen. "Ich muss nichts verarbeiten, okay? Höchstens Ihre bescheuerten Fragen, nachdem ich hier raus bin!" "Kein Grund um beleidigend zu werden." Die Braunhaarige notierte sich wieder etwas und sah ihren Gegenüber durchdringend an. "Du scheinst im Moment noch nicht bereit zu sein, darüber zu reden. Das ist in Ordnung. Ich werde anordnen, dass Du in eine Therapiegruppe kommst, in der über die Taten der Vergangenheit gesprochen wird." Langsam aber sicher platzte Ray der Kragen. "Ich brauche so eine scheiß Gruppe nicht!" Er schlug mit der Hand auf den Tisch, sodass Hanji etwas zurück zuckte und direkt ihren Stift über das Papier sausen ließ. "Leichte Form der Aggressivität erkennbar", sagte sie leise vor sich hin. Erst jetzt wurde Ray bewusst, dass er wohl nur noch alles schlimmer gemacht hatte. "Okay, Ray." Die Braunhaarige sah ihn an und musterte ihn. "Wir kommen an dieser Stelle nicht weiter. Vielleicht wirst Du Dich ja in der Gruppe mehr öffnen. Dieser Ausbruch eben von Dir zeigt mir, dass in Dir noch einiges an Wut und Aggressivität steckt. Deine Ausbrüche scheinen nicht vorhersehbar, also werde ich Dich als 'mittelmäßig aggressiv' einstufen." Sie rückte ihre Brille zurecht. "Für heute werde ich Dich in der Wäscherei einteilen. Da kannst Du wenigstens nichts kaputt machen, falls ein Gefühlsausbruch über Dich kommt. Und mit dem dreckigen T-Shirt passt Du dort sowieso gut hin." Der Chinese schüttelte ungläubig den Kopf und fasste sich an selbigen. Wo war er da nur hinein geraten? "So, und nun zum schönen Teil!", trällerte Hanji fröhlich und erhob sich, nachdem sie das Tonband gestoppt hatte. "Folgst Du mir bitte?" Ihre Augen funkelten voller Vorfreude. Widerwillig stand Ray auf und folgte der Frau hinter die Trennwand. "Dann wollen wir doch mal schauen, was es alles zu gucken gibt", kicherte sie und zog mit einem Finger Rays Hose nach vorne, um genau auf sein bestes Stück sehen zu können. "Was soll das?!", gab der Chinese verwirrt von sich und schlug ihre Hand beiseite. Er merkte, wie sich seine Wangen rot färbten. "Mach Dich bitte frei", gluckste sie vergnügt und drehte sich um, um sich Gummihandschuhe überzuziehen. "Warum?", fragte Ray vorsichtig und runzelte ängstlich die Stirn. Hanji drehte sich wieder zu ihm hin, während sie ihre Handschuhe zurecht zupfte. "Na ich muss Dich untersuchen und feststellen, ob du verbotene Gegenstände mit Dir führst." Sie wirkte in diesem Moment total verrückt auf Ray, welcher vorsichtig einen Schritt zurückging. "Nun mach schon, ich habe nicht ewig Zeit. Oder soll ich Dir behilflich sein?" Irritiert begann sich Ray zu entkleiden. Angefangen bei den Schuhen über das Hemd, danach die Hose. "Alles?", fragte er leise, als er nur noch seine Shorts trug und wurde erneut rot. Die Braunhaarige nickte bestimmend und stemmte ihre Hände in die Hüfte. Langsam ließ Ray seine Shorts nach unten gleiten und bedeckte instinktiv mit einer Hand seinen Penis. Peinlich berührt senkte er seinen Blick. "Du hast einen sehr schönen Körper", kicherte die Braunhaarige und begutachtete ihn. "Ich werde Dich nun erstmal abtasten. Du wirst mir sagen, wenn Du irgendwo Schmerzen hast. Blaue Flecke kann ich so erst mal keine erkennen." Der Schwarzhaarige nickte stumm, während Hanji anfing, ihn zu betasten. Behutsam, beinah spielerisch, glitten ihre Hände über den Oberkörper des Chinesen. "Strecke bitte Deine Arme zur Seite. Ich habe in meinem Leben schon genug Schwänze gesehen, also gibt es keinen Grund für Dich, dass Du Dich schämen bräuchtest." "Warum?", fragte Ray zögernd. "Damit ich an Deine Achseln kann." Nur ungern ließ Angesprochener die Sicht auf sein Glied frei und streckte die Arme zur Seite. Hanji fing ein weiteres Mal an zu kichern, als sie seinen Penis sah. "Es gibt nichts, weswegen Du Dich schämen bräuchtest", wiederholte sie. Ray war sich dessen eigentlich bewusst, so wusste er ganz genau, was er für Vorzüge zu bieten hatte. Er schloss die Augen und ließ es über sich ergehen. Die Braunhaarige tastete ihn nun unter den Armen ab und beäugte seine Haut kritisch nach irgendwelchen Flecken. Nachdem sie den kompletten Oberkörper und die Arme untersucht hatte, widmete sie sich dem Unterleib des Chinesen. "Ich werde nun Deine Hoden abtasten", sprach sie mit großer Freude und funkelnden Augen. Dem Schwarzhaarigen überkam erneut die Schamesröte. "M-muss das sein?" "So eine Untersuchung sollte regelmäßig gemacht werden, mein Lieber. Schon alleine der Vorsorge halber." Sie begann mit dem Abtasten und gluckste zwischendurch immer wieder leise vergnügt. Anschließend richtete sie sich kurz auf, um ihm in die Augen zu sehen. "Tat Dir bisher eigentlich irgendwo etwas weh?" "Nein", log Ray. Er befürchtete, dass sie es negativ auffassen würde, wenn er ihr die Geschehnisse aus dem Essenssaal erzählt. Nun widmete sich Hanji seinen Beinen. Nachdem sie auch hier fertig war bat sie Ray, sich umzudrehen. "Ich möchte nun unter anderem Deinen Rücken genauer betrachten." Während sie sprach hatte sie wieder dieses gewisse Glitzern in den Augen. "Beug' Dich nun nach vorne und öffne Deine Beine etwas", forderte sie Ray auf, nachdem sie seinen Rücken untersucht hatte. "Du kannst Dich an der Liege abstützen." Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn und Hanji gab ihm einen kleinen Klapps auf den Po, kicherte dabei. Dann griff sie in ein kleines Regalfach und holte etwas heraus, was Ray aber nicht sehen konnte. "So ist gut", flüsterte sie und machte heimlich Fotos, wo sie Rays Hintern besonders fokussierte. "Heb’ Deinen Kopf ein wenig an." Sie schmunzelte, während sie weitere Bilder machte. "Okay, leg Dich nun seitlich auf die Liege, mit dem Rücken zu mir. Das wird jetzt spaßig!", sagte sie und lachte irre. Sie verstaute die Kamera wieder im Regalfach und holte eine Tube heraus, mit dessen Inhalt sie einen ihrer Handschuhe einrieb. Der Chinese fragte nicht weiter nach und legte sich hin. Irgendwie ahnte er schon, was nun auf ihn zukommen würde. "Entspann Dich, das könnte nun etwas kühl werden." Ohne Ray weiter drauf vorzubereiten, drückte sie seinen Po auseinander und ließ ihren Mittelfinger hineingleiten. Der Chinese verzog keine Miene, er ließ es einfach über sich ergehen. "Gut, das war's", sagte die Braunhaarige schließlich und beförderte ihre Handschuhe in den Mülleimer. "Du kannst Dich nun wieder anziehen. Ich werde in der Zwischenzeit Deine Arbeitsempfehlung ausdrucken, welche Du bitte mit zur Wäscherei nimmst." Sie ließ Ray zurück und setzte sich an ihren Schreibtisch, um die Unterlagen auszudrucken. Der Chinese fragte sich ernsthaft, wo er hier gelandet und wozu das alles nötig gewesen war. Er atmete tief durch und schlüpfte wieder in seine Anziehsachen und ging danach zu Hanji, die ihm die Unterlagen in die Hand drückte. "Einen angenehmen ersten Arbeitstag wünsche ich." Sie reichte ihm die Hand und verabschiedete sich. "Informationen über die Therapiegruppe werde ich Dir noch zukommen lassen.” Wortlos drehte sich Ray um und verließ das Büro, ließ eine kichernde Hanji zurück. "Wo müssen Sie heute arbeiten?”, fragte Eren, welcher an der Wand gegenüber stand und gewartet hatte. Der Chinese hielt ihm wortlos die Unterlagen unter die Nase und warf ihm einen bösen Blick zu. "Ist alles in Ordnung mit Ihnen?”, erkundigte sich der Braunhaarige und blickte Ray besorgt an. "Ich will nicht darüber reden”, kam die schnippische Antwort. "Okaaaay….ähm, dann bringe ich Sie jetzt zu Ihrem Arbeitsplatz. Bitte folgen Sie mir.” Während die beiden auf dem Weg zur Wäscherei waren, begegnete ihnen keine Menschenseele. Wahrscheinlich waren die anderen wieder zurück in den Zellen oder bereits bei der Arbeit. Am Ziel angekommen blieb Eren stehen und drehte sich zum Chinesen um. "Suchen Sie nach Max. Er wird Ihnen direkt auffallen, denn er ist im Moment der einzige Blonde in der Wäscherei. Dieser wird Sie einweisen. Ihre Unterlagen geben Sie dem Wärter, der dort gerade Aufsicht hat.” Die beiden verabschiedeten sich voneinander und Ray öffnete die Tür zur Wäscherei. Er betrat den Raum und ihm kam direkt ein schwüler und stickiger Dunst entgegen, der ihm fast den Atem nahm. Ray schloss die Tür und erstarrte, als er sich umdrehte. Abermals lasteten die gehässigen, rubinroten Augen auf ihm. Tag 2 - Teil 2 -------------- Stocksteif stand er dort, sah Kai entsetzt an. Der Chinese hatte gehofft, dass er dieser Person so schnell nicht wieder über den Weg laufen würde. Mit einem hämischen Grinsen kam der Blaugrauhaarige auf ihn zu. "Für einen Neuling erlaubst du dir sehr viel, am ersten Tag", sprach er in einem herabwürdigenden Ton. Kai musterte ihn für einige Augenblicke, aber Angesprochener rührte sich kein Stück. Der Halbrusse hob eine Augenbraue. "Du hast wohl keine Ahnung, wer ich bin, oder?" Ray sah ihn verzweifelt an und wünschte sich in diesem Moment nichts anderes, als einfach nur in seiner Zelle zu sein. Weg von hier, weg von dieser Person. Kai grinste eingebildet. "Keine Sorge, dass wirst du schon noch erfahren." Er lachte und wollte gerade weiterreden, als er von dem Wärter, der dort Aufsicht hatte, unterbrochen wurde. "Zeig mir deine Unterlagen", sprach er zu Ray, der in diesem Moment aufatmete. Er stellte fest, dass es derselbe Wärter war, wie bei der Essensausgabe heute Morgen. Der Chinese gab ihm das Verlangte. "Ah, Ray Kon. Willkommen. Ich bin übrigens Bryan Kuznetsov." "Ray… gut zu wissen", murmelte Kai. "Ich kann mich nicht entsinnen, dass du heute hier eingeteilt bist, Kai", sprach der Wärter, während er durch die Unterlagen blätterte. "Hmpf", schnaubte dieser. "Deine neue Aushilfe hat mich vorhin vollgesaut. Ich laufe garantiert nicht den ganzen Tag mit dieser ekelhaften Grütze an der Hose rum." "Wie auch immer. Geh’ dann bitte dorthin, wo du eingeteilt bist." Der Halbrusse wandte sich ein letztes Mal dem Schwarzhaarigen zu. "Du wirst schon noch sehen, wo dein Platz ist!" Lachend verließ er den Raum. "Hach, dieser Kai", lächelte Bryan vergnügt. "Wenn du einen Rat von mir hören willst, nimm dich vor ihm besser in Acht." "Ja, das habe ich schon gemerkt…", gab Ray zögerlich von sich. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Wärter in der Kantine nicht eingeschritten waren, als er am Boden lag. Anscheinend kümmerte sich auch Bryan nicht darum, wie Kai sich gegenüber seinen Mitgefangenen verhielt. "Da hinten ist übrigens Max." Der Wärter zeigte in eine Richtung. "Während er dich einweist, werde ich deine Chipkarte ausstellen." "Meine was?", fragte Ray und runzelte die Stirn. "Ach so, klar. Das weißt du ja noch gar nicht. Die Karte dient der Zeiterfassung für die Arbeit und du kannst damit im hauseigenen Supermarkt einkaufen gehen. Du verdienst ja Geld bei jeder Arbeit, die du hier verübst. Falls du noch Fragen hast wende dich an Max." Bryan drehte sich um. "Max?", rief er. "Komm doch mal bitte her." Angesprochener folgte den Worten und stellte sich vor. "Hiiiiii", quietschte er vergnügt. "Ich bin Max." Ray gab ihm die Hand und war etwas perplex. Mit so viel Fröhlichkeit hatte er hier im Gefängnis nicht gerechnet. Dem Chinesen kam es so vor, als sei er die Lebensfreude in Person. Zögerlich stellte sich auch Ray vor, ehe Max ihn am Arm griff und hinter sich herzog. "Komm, ich zeig dir alles", gluckste er. Nachdem dem Chinesen alles gezeigt und erklärt worden war, machte er sich an die heute zugewiesene Arbeit. Für den Anfang sollte er Wäsche zusammenfalten. Nachdem Ray schon zwei Stapel zusammengefaltet hatte erblickte er auf einmal den Typen, auf welchen er schon zuvor beim Frühstück zugehen wollte. Dieser stellte sich schweigend neben Ray und verübte die gleiche Tätigkeit, starrte dabei stur auf die Wäsche vor ihm. Neugierig warf Ray dem Unbekannten immer wieder Blicke zu in der Hoffnung, dass der Andere auf ihn aufmerksam wurde, um ein Gespräch zu beginnen. Dieser ignorierte ihn aber gekonnt und wirkte etwas blass und kränklich auf den Chinesen. "Ist alles okay bei dir?", fragte Ray zögerlich. Der Blauhaarige warf ihm einen kurzen Blick zu und lächelte gequält. "Passt schon", antwortete er und rieb sich am Handgelenk. Ray folgte unbewusst der Bewegung des Kleineren und entdeckte seltsame Male am Unterarm. Er runzelte die Stirn und sein Blick wanderte nach oben und er entdeckte auf dem neongrünen T-Shirt die Zellennummer des Anderen. "Hey, du bist ja mein Zellennachbar", bemerkte Ray freudig und hoffte einen Verbündeten zu gewinnen. "Hm. Toll", wurde energielos erwidert. "Darf ich deinen Namen erfahren? Ich heiße Ray." "Tyson." Der Schwarzhaarige war etwas enttäuscht über seinen Gesprächspartner. Er hatte gehofft etwas mehr von seinem Nachbarn zu erfahren, aber anscheinend hatte er mit seiner Vermutung Recht, dass es ihm nicht so gut ging. Womöglich war dieser auch deshalb so wortkarg. Sie arbeiteten still weiter, bis Ray einfiel, dass der Blauhaarige gestern Abend anscheinend nicht alleine in seiner Zelle war. Er überlegte, wie er ihn darauf ansprechen konnte. "Was war denn da gestern Abend los? Das war so laut bei dir", versuchte Ray ein weiteres Mal eine Konversation zu beginnen. Angesprochener sah ihn geschockt mit großen Augen an und wandte sich ohne ein weiteres Wort ab und ging. Perplex blickte Ray ihm hinterher, während er überlegte, etwas Falsches gesagt zu haben. Womöglich fühlte Tyson sich ertappt, dass er das verbotene Techtelmechtel mitbekommen hatte. Er grinste breit und verstand nun, warum der Blauhaarige heute so ausgelaugt wirkte. Ray beschloss bei der nächsten Gelegenheit sich noch Mal mit ihm zu unterhalten und Freundschaft mit ihm zu schließen. Er hoffte durch eine gute Freundschaft zu Tyson, vor dessen Liebhaber Kai sicher zu sein. Nachdem er den gefühlten 1000. Stapel Wäsche zusammengefaltet hatte, ertönte eine Glocke. "Mittaaagspaaauseee", brüllte Max vergnügt durch die Wäscherei. Die ersten stürmten bereits zur Tür hinaus, als Ray auf selbige zuging. Die schlechten Erinnerungen vom Frühstück ließen ihn erschaudern, aber dennoch hatte er Hunger. Schließlich hatte er morgens keinen Bissen zu sich nehmen können. Der Essenssaal war wie schon am Morgen recht voll. Er kämpfte sich zur Essensausgabe und deutete auf ein Gericht, welches halbwegs appetitlich aussah. Zu seinem Glück fand er recht schnell einen freien Platz und setzte sich ohne weitere Zwischenfälle. Während des Essens blickte er immer wieder über die Menschenmasse, konnte aber Tyson nicht ausfindig machen. Ray beendete seine Mahlzeit ohne weitere Zwischenfälle und ging mit dem Glockenton, welcher das Ende der Pause bekannt gab, zurück zur Wäscherei. Bryan kam sofort auf den Schwarzhaarigen zu und drückte ihm seine Chipkarte in die Hand. "Hier, bitteschön.Immer, wenn du anfängst und aufhörst zu arbeiten, musst du die Karte durch das Lesegerät am Eingang ziehen. Somit wird deine Arbeitszeit überwacht. Schummeln ist aber nicht drin", grinste er, "denn zur zusätzlichen Überprüfung sitzen natürlich überall Wärter an den Ausgängen und Türen, um sich alles noch einmal zu notieren. Und sie werden, solange du arbeitest, deine Karte entgegennehmen. Du bekommst sie also erst zurück,, wenn du den Arbeitsraum verlässt. Desweiteren fungiert die Karte als Schlüssel. Wenn du dich gut führst, wird sie zum Beispiel für den Sportraum freigeschaltet. Eine weitere wichtige Funktion ist, dass du mit der Karte einkaufen kannst. Da, wie erwähnt, deine Daten drauf gespeichert sind, erfasst die Karte auch gleich, wieviel 'Geld' du beim Arbeiten verdient hast. Dieses 'Geld' kannst du dann hier im hauseingenen Supermarkt ausgeben. Warst du schon einmal dort?", beendete der Grauhaarige seinen Monolog. "Nein", antwortete Ray. "Ich hatte bisher keine Zeit, noch weiß ich wo sich der Supermarkt befindet." "Verstehe. Naja, das wirst du noch früh genug herausfinden. Du kannst dort jedenfalls Dinge kaufen, die dir das Leben hier… nun… ein bisschen schmackhafter machen", sagte der Wärter. "Alles zu seinem Preis natürlich", fügte er hinzu und lächelte gezwungen. "Wann ist eigentlich Feierabend? Mir hat noch keiner etwas dazu gesagt", fragte Ray und wechselte das Thema. Bryan grinste ihn an. "Wie? Hast du jetzt schon kein Bock mehr?" "Äh nein, so war das nicht gemeint. Ich wollte eher etwas zum Ablauf des Alltags hier erfahren." "Ach so, sag’ das doch gleich. Geh’ am besten schon mal wieder an die Arbeit, ich komme gleich zu dir." Der Grauhaarige drehte sich um und verschwand hinter einer weiteren Tür. Er erschien hinter einer großen Glasscheibe, von wo aus er das Geschehen in der Wäscherei verfolgen konnte. Der Grauhaarige schien etwas zu suchen. Ein paar Minuten später kehrte er zum Arbeitsplatz des Chinesen zurück und reichte ihm einen Zettel. "Hier." Ray nahm den Zettel entgegen und warf sogleich einen Blick darauf, als Bryan wieder verschwand. Tagesablauf - 6:00 Uhr geht Licht an/wecken - 7:00 Uhr Frühstück - 8-12 Uhr Arbeiten (Werkstatt, Wäscherei, Schneiderei, ...) - 1h Mittagspause - 13-17 Uhr Arbeiten - 17-19 Uhr Freigang (Hof, Sport, Gruppengespräche) - 19 Uhr Abendessen - 20 Uhr Einschluss; oder 1h Zeit zum Duschen alle vier Tage (vom Trakt abhängig) - 22 Uhr geht Licht aus Nachdem die Arbeitszeit vorbei war ließ sich Ray zurück in seine Zelle bringen. Obwohl es keine körperlich anstrengende Tätigkeit gewesen war, fühlte er sich dennoch müde und schlapp. Den ganzen Tag über zu stehen konnte auch ganz schön anstrengend sein. Also beschloss er, sich erstmal etwas hinzulegen, um sich auszuruhen. Ihm war es in diesem Moment egal, dass sie mehr oder weniger Freizeit hatten. Ray befreite sich von den Schuhen und unnötigen Kleidungsstücken und ließ sich lang auf sein Bett fallen. Der Chinese döste eine Weile vor sich hin, konnte aber nicht wirklich schlafen. Er richtete sich auf und holte sein Tagebuch hervor, welches Ray unter dem Kopfkissen liegen hatte. Den Stift fischte er aus der Füllung des selbigen. Der Schwarzhaarige schlug die nächste freie Seite auf und überlegte kurz. Er sollte sparsam mit dem Buch umgehen und sich auf die wichtigsten Punkte am Tag beschränken, um die verbliebenen Seiten für wichtige Informationen über Mitgefangene freizuhalten. Es könnte ihm noch von Vorteil sein, wenn Ray sich die Stärken und Schwächen der anderen Gefangenen aufschreibt. Der Schwarzhaarige tippte sich nachdenklich mit dem Bleistift an die Nase und grinste. Sogleich notierte er sich die ersten Informationen, die er bereits gesammelt hatte: - vor psycho Hanji in Acht nehmen!!! ᕦ (o_O) ᕤ - Kai hat anscheinend einen besonderen Status unter den Gefangenen - markiert den Chef - Tyson = Nachbar; hochinteressant, da anscheinend Liebschaft mit Kai - Freundschaft mit Tyson schließen und ihn mir Kai vom Hals halten lassen ♪(๑ᴖ◡ᴖ๑)♪ - Levi scheint ein hohes Tier zu sein - Eren ist nett (≧◡≦) - Max = nervig und immer gut gelaunt - Bryan…? Scheint (Kai)parteiisch zu sein (╯°□°)╯︵ ┻━┻ Zufrieden klappte Ray das Buch zu und versteckte die Sachen wieder im und unter dem Kissen. Danach setzte er sich auf die Fensterbank und beobachtete das Geschehen im Innenhof. Ein paar der Gefangenen spielten Basketball, andere wiederum machten Fitnessübungen oder unterhielten sich in kleinen Gruppen. Der Chinese verfolgte so lange das Treiben, bis die Glocke, die das Abendbrot ankündigte, erklang. Widerwillig erhob sich der Schwarzhaarige und seufzte. Seine Gliedmaßen waren vom langen Sitzen eingeschlafen und er brauchte einen Moment, ehe er wieder alles normal bewegen konnte. Er schlurfte zur Zellentür und ging hinaus. Um ein Haar wäre Ray von einem breitschultrigen Kerl umgerannt worden. Er hatte es anscheinend recht eilig in den Essenssaal zu gelangen. Weitere Gefangene flitzten an dem Chinesen vorbei und drängten sich durch den Gang. Ray verdrehte genervt die Augen. Mussten sich denn hier alle wie im Kindergarten benehmen? Der Essenssaal war bereits gut gefüllt, als der Schwarzhaarige eintrat. Wie schon am Morgen roch es hier unangenehm nach unappetitlichem Essen und Männerschweiß. Ray reihte sich am Ende der Warteschlange ein und rümpfte die Nase. Erst später am Abend hatten die Gefangenen die Möglickeit duschen zu gehen. Unbewusst schüttelte der Chinese den Kopf über die fehlgeratene Planung des Alltags, hier im Gefängnis. Er hätte es als viel angenehmer empfunden mit "sauberen" Inhaftierten zu essen. Einen Augenblick später stand Ray an der Essensausgabe und wiedereinmal blickten ihn die grau-grünen Augen direkt an. "Jo", begrüßte ihn Bryan. "Alles klar?" "Geht schon", antwortete der Chinese und lächelte müde. "Ich-" "Schau mal, was es heute Abend tolles gibt", unterbrach ihn der Grauhaarige, hob die Zange in seiner rechten Hand und wedelte damit herum. Ein trauriges, aufgedunsenes Würstchen klemmte dazwischen und bog sich bei der Bewegung hin und her. "Oh ja", kam es entgeistert von Ray und er blickte den Wärter skeptisch an. "Man, ich liebe Würstchen", schwärmte Bryan und ließ das schlappe Etwas auf einen Teller fallen. "Habe ich denn keinerlei Auswahl?", fragte der Schwarzhaarige vorsichtig. "Neeee. Abends essen doch alle das Gleiche", grinste ihn sein Gegenüber an und schaufelte zum Würstchen noch eine große Kelle zermatschtes Kartoffelirgendwas mit dazu. "Hm...", machte Ray und riss entsetzt die Augen auf, als der Grauhaarige ihm noch eine dicke Ladung Ketchup auf den Teller spritzte. Das Finale bestand aus einem winzigen Petersilienblättchen, welches Bryan mit äußerster Vorsicht auf dem Kartoffelberg drappierte. "Hier, das ist echt das Beste, was du hier bekommen kannst", strahlte der Wärter und hielt dem Chinesen den Teller hin. "Etwas zu trinken bekommst du hier gleich ein paar Schritte weiter." "D-danke" stotterte Ray und wandte sich schnell ab. An der Getränkeausgabe holte sich der Chinese eine große Tasse heißen Tee und lief vorsichtig mit seinem beladenen Tablett durch die Sitzreihen. Recht schnell entdeckter er den auffällig gekleideten Tyson, neben ihm saß Max. Der Blonde redete ununterbrochen auf den Anderen ein, während Tyson lustlos sein Essen in sich hineinstopfte. Ab und an huschte jedoch ein kleines Lächeln über sein Gesicht. Ray beschloss, sich zu den beiden zu setzen. Immerhin waren es die einzigen Gefangenen, die er bisher kennengelernt hatte und die ihm recht sympathisch erschienen. Vielleicht war auch der Blauhaarige jetzt besserer Laune und zu einem Gespräch mit dem Chinesen bereit. Ray erreichte seine Kollegen aus der Wäscherei und blickte beide abwechselnd an. Max bemerkte den Schwarzhaarigen als erster und bot ihm an, sich zu setzen. Erleichtert bedankte sich der Chinese und ließ sich auf den freien Platz gegenüber der beiden nieder. Ray begann in seinem Essen herumzustochern und schnappte hier und da ein paar Gesprächsfetzen auf. Anscheinend unterhielten sie sich über Essen, denn Max erzählte irgendwas von Spagetti und Mayonnaise. Genau konnte der aber Schwarzhaarige nicht folgen. Er war zu träge, um Max’ schnelle Worten nachvollziehen zu können. Der Schwarzhaarige schob sich ab und an einen Bissen in den Mund und lauschte abwesend der Plapperei seiner Sitzgefährten. Er fand nicht einmal die Möglichkeit etwas zu sagen, denn der Blonde redete ohne Punkt und Komma. Tyson war der erste, der sich vom Tisch erhob, sein Tablett aufnahm und sich von Ray verabschiedete. Max folgte ihm kurzerhand und ließ den Chinesen mit seinem Essen allein. Etwas enttäuscht darüber, nicht mit den beiden geredet zu haben, zwang sich Ray noch ein bisschen zu essen. Fast die Hälfte seine Mahlzeit blieb übrig, als der Schwarzhaarige sein Geschirr und Tablett wegbrachte und zum Ausgang trottete. Nach dem Abendbrot wurden die Gefangenen wieder in ihre Zellen begleitet. Die Türen wurden hinter ihnen verschlossen außer bei denjenigen, die direkt duschen gehen wollten. Alle anderen hatten eine ¾ Stunde Zeit sich zu entscheiden. Ray wollte unbedingt duschen, doch er empfand die Vorstellung als unangenehm, mit den ganzen Anderen dort zu sein. Nackt. Also beschloss er, noch etwas in seiner Zelle zu bleiben und zu warten, bis die meisten fertig waren. Immerhin hatten sie eine Stunde, in der sie sich säubern konnten. Während der Duschzeit waren mehr Wachen als sonst in dem Trakt. Ray hockte sich auf seine Fensterbank und starrte nach draußen, um etwas Zeit verstreichen zu lassen. Allerdings hatte er keine Uhr, sodass er ständig aufstand, um einen Wärter zu fragen. Zu seinem Unmut verging die Zeit nur sehr langsam. As er das dritte Mal nachfragte und gerade mal eine halbe Stunde vergangen war, platzte Eren der Geduldspfaden. "Entweder Sie gehen jetzt duschen oder Sie warten vier Tage!", knirschte er verärgert. Der Chinese sah ihn etwas hilflos an, eigentlich wollte er noch mindestens 15 Minuten warten. Aber wie es aussah hatte er wohl keine andere Wahl, wenn er heute noch das warme Nass erleben wollte. "Okay…", gab er kleinlaut von sich und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. "Bitte führen Sie Ihre Hände hierdurch", sagte Eren und öffnete einen kleinen Schieber, "damit ich Ihnen Handschellen anlegen kann.” Ray runzelte die Stirn. "Vorschrift." Damit beantwortete der Wärter eine noch ungestellte Frage und legte dem Gefangenen die Handschellen an. Der Braunhaarige schloss die Tür auf und Ray trat heraus. "Folgen Sie mir bitte." Die beiden liefen bis zum Anfang des Ganges, wo sie an eine Treppe gelangten. "Die Duschräume sind unten", sagte der Braunhaarige und grüßte den Wärter, der dort stand. Sie gingen die Treppe herunter und wieder ein Stück des Ganges entlang, bis Eren vor einer Tür stehen blieb. Auch hier stand ein Wärter. "Da wären wir." Er drehte sich zum Chinesen um. "Dort drinnen ist ein Vorraum, wo Sie sich umziehen können. Zudem befindet sich dort ein Aufseher in einem separaten Raum, der Ihre Kleidung entgegennimmt. Zum Austausch bekommen Sie dafür ein Handtuch. Sie dürfen nur mit dem Handtuch den Duschraum betreten, ansonsten wird Ihnen der Wärter die Tür nicht öffnen. In dem Duschraum selber ist eine Kamera installiert und Sie kommen jeder Zeit wieder von alleine heraus, da von der Seite eine Klinke vorhanden ist. Noch Fragen?" Ray schüttelte den Kopf und Eren öffnete die Tür. "Ich werde Ihnen die Handschellen abnehmen, wenn Sie drinnen sind." Der Chinese rollte mit den Augen, sagte aber nichts. Die Tür wurde hinter ihm geschlossen und er streckte wie schon zuvor seine Hände durch eine kleine Luke, wo ihm die Handschellen entfernt wurden. Ohne ein weiteres Wort drehte sich Eren um und ging wieder nach oben. Ray atmete tief durch, ehe er sich eine Bank suchte, um sich zu entkleiden. Er hörte das Plätschern des Wassers aber hoffte, dass nicht mehr viele Gefangene hier waren und er so größtenteils ungestört sein konnte. Der Chinese zog sich aus, faltete seine Sachen sorgsam zusammen und reichte sie dem Aufseher hinter der Glasscheibe durch eine kleine Öffnung. "Name?", fragte der Wärter unmotiviert und machte eine Blase mit seinem Kaugummi. "Kon, Ray Kon", antwortete der Chinese. Der Wärter notierte den Namen und legte den Zettel zusammen mit seinen Sachen in ein Regalfach. Danach reichte er Ray ein Handtuch, welches er sich um die Hüften wickelte. Langsam ging er zur nächsten Tür, hinter der wohl der Duschraum lag. Der Mann hinter der Glasscheibe drückte auf einen Knopf und ein Ton erklang welcher aufzeigte, dass die Tür nun geöffnet werden konnte. Der Schwarzhaarige zog langsam die Tür auf und hatte absolut keine Vorstellung darüber, was ihn erwarten würde. Er hörte ein paar Stimmen und leises Gelächter. "Ich darf mir meine Unsicherheit nicht anmerken lassen", dachte Ray, während er die Tür komplett öffnete und den Raum betrat. Ihm kam warme und feuchte Luft entgegen. In dem Raum befanden sich mehrere Duschköpfe an der Decke und an den Wänden ein paar Halterungen für die Handtücher. Zusätzlich schmückten ein paar festinstallierte Shampoo- und Duschgelspender die Wände, ansonsten war der geflieste Raum komplett leer. "Ach ne. Sieh mal einer an, wen wir hier haben", hörte Ray eine hämische, altbekannte Stimme. Reflexartig drehte er den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam und verharrte in seiner Bewegung. "Scheiße", dachte der Schwarzhaarige. "Warum muss ausgerechnet er hier sein?" Nervös ging er zu einer Dusche, die am weitesten entfernt von den anderen Leuten dort war. Er drehte ihnen den Rücken zu, hang sein Handtuch auf und machte die Dusche an. Er band seine Haare auseinander, welche bis zur Waden fielen und ließ das Wasser über sich prasseln. Ray wollte so schnell es ging fertig werden, damit er von hier verschwinden konnte. "Du bist ganz schön unhöflich", sprach plötzlich jemand direkt neben ihm und er zuckte zusammen. "Nicht mal ein kleines 'hallo' hast du zustande gebracht." "Hallo", kam es gequält von Ray, während er überlegte, einfach wieder zu gehen. "Na also, war doch gar nicht so schwer." Der Andere stand lässig neben ihm mit einem Arm an die Wand gelehnt und grinste ihn herabschauend an. Sein Handtuch hatte er locker um die Hüfte geschwungen. Ray spürte seinen durchdringenden Blick, sah ihn aber nicht an. "Ich glaube, ich bin fertig", murmelte der Chinese, wischte sich seinen Pony aus dem Gesicht und stellte die Dusche ab. Gerade, als er nach seinem Handtuch greifen wollte, packte ihn der Andere am Arm und hielt ihn zurück. "Wo willst du denn so schnell hin? Du bist doch gerade erst zu uns gestoßen." "Lass mich bitte los, Kai", gab der Schwarzhaarige kleinlaut von sich, erntete ein heiseres Lachen dafür. "Kai, lass den Jungen los", mischte sich eine weitere Person ein und nickte zur Kamera. "Die haben hier doch überall Augen." Der Halbrusse schnaubte und ließ Ray los. "Wir wollten eh gerade gehen. Na los!", befahl er seinen Leuten und marschierte aus dem Raum, die Männer hinter ihm her. Verdattert blieb Ray zurück und konnte sein Glück kaum fassen. Er atmete tief durch und stellte die Dusche wieder an. Draußen vor der Tür verlangten Kai & Co. nach ihren Anziehsachen. "Mensch Kai", sagte einer seiner Leute, "manchmal habe ich echt das Gefühl das du denkst, dass du dir alles erlauben kannst." Angesprochener antwortete mit einem Schnauben und einem herabfälligen Grinsen, während er sich abtrocknete. Der Wärter hinter der Glaswand beobachtete das Geschehen, sah danach auf den Monitor und auf die Uhr. Im Duschraum waren nur noch zwei Personen und in 7 Minuten würde seine Schicht zu Ende sein. Da er aber dringend auf die Toilette musste verließ er still und heimlich seinen Platz und verschwand hinter einer weiteren Tür. "Hey, Kai, sieh mal", sagte ein anderer, dem das Geschehen auffiel und nickte in die Richtung, wo der Wärter eigentlich sein sollte. Angesprochener zog sich gerade seine Shorts an, als er aufblickte. "Gut beobachtet", sagte er in einem hinterhältigen Ton. "Jetzt müssen wir nur noch…" Auf einmal öffnete sich die Tür des Duschraums und ein bisher Unbeteiligter trat heraus. "Tür aufhalten!", rief Kai und einer seiner Leute reagierte sofort. Der Mann, der gerade den Raum betrat, sah Kai erschrocken an und ahnte nichts Gutes. "Dann werde ich dem kleinen Ladyboy mal eine Lektion erteilen." Kai grinste böswillig. "Nehmt eure Hemden mit rein." Er ging zur Tür, die einen kleinen Spalt aufgehalten wurde. "Du bleibst hier und warnst uns, falls der Wärter wieder kommt. Hast du verstanden?", wandte er sich an den, der die Tür aufhielt. Dieser nickte stumm. Ray war gerade fertig mit Haare waschen und abseifen, als die Tür komplett geöffnet wurde. Er hatte die Augen geschlossen und stand mit dem Rücken zur Wand. Er fuhr mit seinen Händen über sein Gesicht und genoss noch für einen weiteren Moment das warme Nass, als dieses plötzlich abgedreht wurde. Erschrocken riss er seine Augen auf und erstarrte augenblicklich. "Na? Hast du mich schon vergessen?", grinste Kai ihn kühl an und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Der Chinese bekam ein ungutes Gefühl in der Magengegend und griff mit seiner zitternden Hand zum Handtuch. "Einen Moment!" Kai griff ihn erneut am Arm und seine Männer versperrten den Weg nach draußen. "Los… lassen…", presste Ray heiser hervor und versuchte sich aus dem Griff zu befreien. "Wie du wünschst", flüsterte der Blaugrauhaarige fast und ließ ihn los. "Ihr übernehmt", sprach er in einem herrischen Ton und seine drei Männer drückten Ray mit dem Gesicht an die Wand. "W-was soll das?", stotterte dieser perplex und wusste nicht, wie ihm geschah. Vor seinem inneren Auge liefen diverse Bilder ab, die ihm so gar nicht gefallen wollten. Er versuchte sich zu wehren, doch die Männer waren zu stark. Seine Arme wurden nach oben gedrückt und seine Beine fixiert. "L-lasst mich los, bitte", winselte Ray. Sein Herzschlag wurde schneller und er bekam Panik. "HILFE", schrie er verzweifelt. "Schrei so viel du willst", spottete Kai. "Es wird niemand kommen." Er betrachtete den willenlosen Körper vor sich. "Ich muss zugeben, dass du einen sehr hübschen Arsch hast." "Na los Kai, wir haben nicht ewig Zeit", drängte einer der Männer. "Fesselt seine Arme mit den Hemden und bindet ihn an der Halterung fest", befahl der Blaugrauhaarige. "Lasst mich in Ruhe verdammt", schrie der Chinese aufgebracht und geschockt. Er versuchte zu treten und sich irgendwie aus den Griffen zu befreien, doch er war wehrlos. Sein Herzschlag wurde hörbar lauter und das Entsetzen war ihm wie ins Gesicht geschrieben. "Sehr schön", grinste Kai, als Ray mit seinen Händen fixiert war und sich absolut nicht mehr bewegen konnte. Er fuhr mit der Hand über den Po des Chinesen und gab ihm einen ordentlichen Klapps, welcher daraufhin stark Luft einzog. Kais Erregung war nun deutlich zu sehen. Am liebsten hätte er sich in diesem Moment auslassend an ihm vergnügt, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Er wusste allerdings nicht warum und was es war, aber er konnte nicht seine übliche Prozedur durchführen. "Umdrehen!", forderte er. Seine Männer sahen sich irritiert an. "Willst du denn gar nicht…?" "Immer dasselbe wird auf Dauer langweilig", redete sich Kai heraus. "Also los!" Die Männer zuckten mit den Schultern und drehten Ray um, so dass Kai ihm direkt in die angsterfüllten Augen sehen konnte. Der Schwarzhaarige gab einen Schmerzenslaut von sich, seine Handgelenke taten durch die Fesselung weh. Kai hob eine Augenbraue und sah Ray herrisch an. "Dann wollen wir doch mal sehen, zu welchem Ufer du gehörst." Während dieser Worte wanderte sein Blick zusammen mit seiner Hand in Richtung Rays Unterleib und fasste mit einem festen Griff um dessen Glied. "Lass das", winselte Ray während Kai anfing, sein Glied zu massieren. Der Halbrusse musste sich stark zusammenreißen, denn es erregte ihn sehr, Ray so vor sich zu sehen. Zudem hatte dieser einiges vorzuweisen, was nicht unerkannt blieb. "Aufhören", bat Ray ein weiteres Mal und musste leider feststellen, dass ihm die Berührungen Kais gefielen. Er kniff die Augen zusammen und verzerrte das Gesicht. Der Blaugrauhaarige festigte seinen Griff und wurde in seiner Bewegung etwas schneller, als sich Ray nicht mehr zusammenreißen konnte und ihn die Gefühle überrannten. Sein Glied wurde hart, was Kai mit einem hämischen Grinsen entgegnete. "Nicht…", presste der Chinese hervor, konnte aber seine Erregung nun auch nicht mehr in seiner Stimme verbergen. Kai lachte gehässig und führte sein Spiel noch für einige Augenblicke weiter, beobachtete Rays Reaktionen. "Oh, dir scheint es ja sehr zu gefallen”, sprach er dominant. "Du bist wohl gerne wehrlos.” Der Angesprochene spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg und gab keine Antwort. Kai ließ von dem Schwarzhaarigen ab, nachdem er dessen Glied noch für ein paar Augenblicke in seiner Hand spüren wollte. Ray öffnete vorsichtig seine Augen und sah direkt in die rubinroten von des Halbrussen. "Man sieht sich", hauchte dieser kühl, sodass dem Chinesen ein Schauer über den Rücken lief. "Verschwinden wir." Ohne ein weiteres Wort gingen Kai & Co. und ließen einen verwirrten und erregten Ray zurück. "H-Hey… macht mich los", rief er verzweifelt hinterher, doch die Tür war schon zugefallen. "Kai, warum hast du ihn denn nicht ge-" "Lass die dummen Fragen, Idiot", zischte Kai bedrohlich und zog sich weiter an. Der Wärter war noch immer nicht zurück. Nachdem sie angezogen waren – zwei von ihnen obenrum nur mit einem Unterhemd bekleidet – klopfte Kai an die Tür. "Hey, Meister. Wir wollen raus." Der Wärter vor der Tür setzte seine Kollegen per Funk in Kenntnis, dass augenscheinlich die letzten aus der Dusche kamen. Er sah auf seine Uhr, es war genau 21 Uhr. "Na los, ihr wisst, was ihr machen müsst", forderte der Wärter und legte einem nach dem anderen Handschellen an. Danach öffnete er die Tür. "Seid ihr die letzten?" Kai grinste böse. "Ja." "Mitkommen." In der Zwischenzeit versuchte Ray sich krampfhaft zu befreien, was ihm aber nicht gelang. Er hatte nach wie vor eine sichtliche Erregung, welche auch nicht abklingen wollte. "Hilfe", schrie er verzweifelt und malte sich aus, was die Leute denken würden, wenn er hier so vorgefunden wird. Seine Gedanken überschlugen sich, so hatte er auch immer wieder Kai vor Augen. Er konnte nur hoffen, dass er bald entdeckt wird. "Eigentlich hätte mich der Wärter doch schon längst sehen müssen…", kam es ihm in den Sinn. "Ich verstehe das alles nicht…" Doch wieder verschwammen seine Gedanken und er sah Kai vor sich. Seine Erregung war nach wie vor nicht zurückgegangen. Er presste die Augen zusammen und versuchte an etwas anderes, unerotisches zu denken, was er aber nicht lange schaffte. Wieder wurde er abgelenkt, denn plötzlich öffnete sich die Tür des Duschraumes. Für einen kurzen Augenblick war Stille, doch dann meldete sich die Person höhnisch zu Wort. "Eren, sieh dir das an!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)