MSTing: "Hilfe, jetzt habe ich einen Hund im Haus!" von Daemion (...oder was alles passieren kann, wenn man harmlos ins Kino geht...) ================================================================================ Kapitel 1: Was bei einem Kinobesuch alles schiefgehen kann... ------------------------------------------------------------- Ich sitze in einem dunklen Raum, einem Raum von enormem Ausmaße! Mich umgeben unzählige mit rotem Samtstoff überzogene Sitze, vor mir liegt die in Vorhänge gehüllte Bühne, hinter der sich ein straff gespanntes, weiß gebleichtes Tuch befindet. Die Atmosphäre an diesem Ort ist leicht angespannt, die Temperatur angenehm- weder zu warm, noch zu kalt. Auf meinem Schoß befindet sich wohl duftendes, noch warmes Popkorn in der Geschmacksrichtung ‚süß’, neben meinem rechten Bein, in einer Halterung steht ein gekühltes ein Liter Limonadengetränk in einem runden Pappkleid. Irgendwo links von mir hustet jemand belegt, leise vernimmt der aufmerksame Zuhörer ein sachtes Rascheln von Kleidung und ein gedämpftes Knistern von Papiertüten und sie alle, welche sich an eben jenem Ort zur selben Zeit wie ich befinden, wissen: Gleich beginnt die Vorstellung, die Vorhänge werden beiseite geschoben! „Hilfe, jetzt hab ich einen Hund im Haus!“, prangt der Titel des ereignisreichen Streifen in menschengroßen Lettern auf der Leinwand vor mir. Der Filmvorführer hinter dem Filmprojektor dieses Movies, oben, in seinem stillen Kämmerlein, hat anfangs noch Probleme mit der Scharfstellung des Bildes. Unter dem Namen des Filmes steht etwas kleiner als die Hauptüberschrift, „Kapitel 1: ‚Zugelaufen!’“- nun weiß ich unmissverständlich, wo ich mich befinde und die Schärfe ist mittlerweile ebenfalls zufriedenstellend! Es bahnt sich an, die Aufregung, ein leichtes, warmes Kribbeln in meiner Magengegend, wachsend und sich in meinem ganzen Körper ausbreitend. Mein Herz schlägt wild gegen meinen Brustkorb. Um mich zu beruhigen nehme ich einen kleinen Schluck meines eisgekühlten Getränkes- die Flüssigkeit alleine beruhigt Gaumen und Nerven, das Zucker ist an diesen Umständen nicht ganz unschuldig, zugegeben. Rasch huschen meine blauen Augen auf den Mittelpunkt des Saals vor mir. Die ersten Bilder flackern über die Kinoleinwand! Es war ein Tag wie jeder andere. Zumindest dachte das Seto Kaiba, als er sich mit seiner Limousine, an diesem Freitagnachmittag, auf den Weg nach Hause machte. Der Besitzer der Kaiba Corporation war, für sein Alter von 17 Jahren, schon recht groß. Er war schlank, betrieb aber regelmäßig Sport, worunter auch diverse Kampfsportarten zählten, wodurch er stärker war, als er aussah. Die braunen Haare hatte er kurz geschnitten und seine saphirblauen Augen blickten mürrisch unter dem Pony hervor. Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover und eine recht enge, schwarze Hose, darüber einen weißen Mantel [: also fast wie immer, aber ein bissl weniger eigenwillig, da er ja auf der Arbeit war...]. Es goss wie aus Kübeln, obwohl es, jetzt wo es Dezember war und es auf Weihnachten zuging, auch mal hätte schneien können. ~17:00 Uhr...~, dachte der Brünette bei sich, als er auf die Uhr sah und darüber nachdachte, was sein kleiner Bruder den ganzen Tag gemacht hatte. Heute war er besonders früh von der Arbeit weg, wollte dem Kleinen eine Freude bereiten. Während der KC-Firmenbesitzer sinnierend aus dem Fenster sah, fuhr sein fahrbarer Untersatz mit hohem Tempo durch die Straßen. Dass er dabei die Passanten auf den Gehwegen total nass spritzte, interessierte ihn herzlich wenig. ~Pff, die sind doch eh schon alle bis auf die Knochen durchnässt.~ [: freundlich wie eh und je...] Stumm blicke ich zu den flackernden Szenen hinauf, denke bei mir, während eine Hand voll schmackhaftem Popkorn in meinen Mund wandert, dass der arme junge Mann sehr depressiv zu sein scheint, wenn ihm tatsächlich alles so ‚am Arsch’ vorbei geht, wie er es an dieser Stelle behauptet. Mir tun nur die armen Passanten leid, die zwangsläufig zu einer unfreiwilligen Dusche gekommen sind, weil solche ignoranten ‚Anusnacktmulle’* wie er dermaßen unaufmerksam und desinteressiert sind. Packe sie allesamt in einen Leinensack und prügle darauf ein, dann erwischt du keinen Falschen!, denke ich so bei mir, wenn dieser Typ jemals im Leben sensibel gewesen sein sollte, so hatte er seinen persönlichen Kampf gegen die Gesellschaft verloren. Aber wer ist heut zu Tage schon noch sensibel und am Leben? Gerade waren sie in seinem Nobelviertel angekommen und in seine Straße eingebogen… Überrascht hebe ich meine Augenbrauen. Toll, wenn diesem Herrn eine ganze Straße gehört. Ich würde auch gern eine Straße nach mir benennen! Und dann darin wohnen! Da gucken die Leute bestimmt blöd, wenn sie mich nach meinem Namen und meiner Adresse befragen. …als der Fahrer [: bei mir muss der arme Roland hinhalten ^-^] das Lenkrad herumriss und Seto im Inneren des Autos herumgeschleudert wurde. Boah! Vor Schreck bin ich während dieser Szene zusammen gezuckt! Ich hasse solche Schreckensmomente! Da wird der Sound auch immer so aufgedreht! Unbemerkt wandern meine Augen zu den lärmenden Boxen des Kinosaals hoch. „…“ Etwas in Gedanken versunken, wende ich meinen Blick wieder auf die Kinoleinwand mit den flackernden Bilden. Bis ich bemerke, dass ich bei der Schocksequenz eben einen Teil meines Getränkes verschüttet habe- sogar etwas Popcorn! Fluchend suche ich nach einem Taschentuch. Feuchtigkeit im Schritt kommt nicht so gut- aber noch hat mein Genitalbereich ein paar Stunden Zeit, um zu trocknen, bis die Vorstellung zu Ende ist. Später, wenn ich wieder daheim sitze und den gesamten Tag Revue passieren lasse, würde ich mir Gedanken machen, dass solche Fahrer doch gefeuert werden sollten. In der Stadt darf man sich schließlich auch an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten, nicht wahr? Aufpassen muss man dort sowieso, als geübter Fahrer- und ich denke, ein wenig Erfahrung hat so ein Chauffeur schon, wenn er bereits so lange für eine hohe Persönlichkeit arbeitet. Ob die Bremsen nicht intakt waren? Wie gut, dass ihm kein anderer Autofahrer hinten in die Limousine hereingefahren ist, sonst hätte der Chauffeur nämlich die Arschkarte gehabt. Dann gab es einen dumpfen Schlag und die Frontscheibe war leicht angesplittert. Erschrocken und mit offenem Mund, sowie mit weit aufgerissenen Augen, starre ich die Leinwand an, dabei lasse ich etwas Popcorn fallen. Scheiß was auf’s Popcorn- hätte ich gedacht, wenn ich hätte denken können in diesem Augenblick. Später würde ich mich noch freuen, wenn ich die Hose waschen wollen würde- so an der Hose klebendes Popcorn hat schon etwas Modisches, sehr zur Belustigung der Kinobesucher, aber dazu später! Viel Später würde ich mir denken, dass so eine Frontscheibe ganz schön hart ist. Wenn die mal etwas zum Splittern bringt, ist das schon böse- nicht nur für denjenigen, der getroffen worden ist, sondern auch für den Fahrer und gegebenenfalls den anwesenden Beifahrer. Aber dafür ist es ja ein Film, nicht wahr? "Verdammt, was ist passiert!?", brüllte der Blauäugige vom Boden aus den Grünhaarigen an, der angeschnallt gewesen war. “…!“ Autsch!, denke ich so bei mir. Das ist aber nicht sonderlich vorbildlich vom brünetten Hauptcharakter, gerade nicht für die jüngeren Zuschauer und für die leicht beeinflussbaren Jugendlichen. Ich will aber auch wissen, was passiert ist, also schaue ich weiter zu, mit offenem Mund und an mich herangezogener Popcorntüte. "I... ich wollte ausweichen....", antwortete der etwas benommen, "Aber durch die nasse Straße sind wir ins Schleudern gekommen und der junge Mann, dem ich ausweichen wollte, ist uns auf die Front geknallt!" Schwer schluckend sehe ich die Szenen erneut vor meinem geistigen Auge. Ganz schön erschreckend, wenn einem das im Real Life passieren würde! Gott sei Dank, ist das nur ein Film! Meine Muskeln wieder entspannend, sinke ich in meinen weich gepolsterten Sitz zurück. Langsam werde ich etwas benommen- der Adrenalinstoß eben hat mich ziemlich durcheinander gebracht. In meinem Kopf fühlt sich alles ein wenig schwammig an. Gerade will ich aufstehen und auf die Toilette verschwinden, um mein Gesicht dort in kaltes Wasser zu tauchen, als eine blonde Frau mit einem üppig bemalten, fülligen Schmollmund, hellblau geschminkten, grünen Augen, umrahmt von fließenden, langen, schwarzen Wimpern mein Handgelenk umfasst. Irritiert blinzle ich sie an, im undeutlichen Licht des Kinosaals kann ich ihr Gesicht nicht ganz erkennen. Ihre gesamte Haut, auch am Hals und an den Armen, wirkt in der uns umgebenden Dunkelheit leichenblass und das Gesicht ist umschmeichelt von feinem, vollem, lau gewelltem Haar, welches gerade grau wirkt. Licht blitzt hinter mir auf, Lichter von weiteren Film-Sequenzen, die stellenweise den Raum noch dunkler werden lassen. Allmählich beginnt mein Puls zu rasen. Die Frau lässt ja auch nicht los! Ich runzle meine Stirn und meine Augenbrauen heben sich verständnislos, während meine Seelenspiegel versuchen, in die ihren zu blicken. Ist das ein Schmunzeln auf ihren Lippen? Ein strahlendes Licht taucht hinter mir den gesamten Saal in Helligkeit und kurz bevor ich meine Lider verschließe, um meine sensible Sicht zu schützen, sieht es für einen kurzen Moment so aus, als säße ein dunkelhäutiges, grinsendes Monster mit der Silhouette einer Frau mit blutrotem, welligem Haar und langen, schwarzen Klauen vor mir. Erschrocken halte ich die Luft an, dann wird es gleißend hell. Kapitel 2: Angekommen in einer fremden Welt... ---------------------------------------------- Sekunden verstreichen… Ein beständiges, gleich klingendes, gedämpftes Brummen dringt an meine Ohren. Ganz allmählich habe ich das Gefühl, meine Augen wieder öffnen zu können. Es dauert eine Zeit, bis ich mein Augenlicht zurück gewonnen habe. Irritiert blinzle ich. Ich sitze in einem Auto- mein Gesäß ist gebettet auf teurem, roten, weichem Leder. Jetzt kann ich es auch riechen! Neben mir sitzt eine Gestalt… Meine Augen weiten sich verstört. Dass meine Hose nass ist, bemerke ich zu diesem Zeitpunkt nicht einmal. Gerade biegen wir in eine Straße ein- hier sieht alles piekfein und wie geleckt aus. Mein Herz hämmert gegen meine Brust. Wo bin ich? Plötzlich höre ich etwas Metallernes schrill aufkreischen, im nächsten Augenblick fliege ich auch schon gegen die Autotür neben mir, lose Popcornteile fliegen an mir vorbei und prallen mehrfach von den Wänden ab. Ächzend nehme ich zur Kenntnis, dass sich alles um mich herum dreht und ich von den erbarmungslosen, physischen Naturgewalten gegen die Wand gedrückt werde. Irgendetwas rumpelt laut, scheppert, ich höre Glas splittern, Reifen quietschen und dann… ist alles still. Meinen schmerzenden, unangenehm pulsierenden Kopf haltend, öffne ich vorsichtig meine Augen, welche ich zwischendurch wohl geschlossen zu haben scheine. Ich höre ein krächzendes Husten… Oh, das bin ja ich… Noch immer bin ich ein wenig benommen… Behutsam richte ich mich auf und sehe mich um. OMG…! Mein Mitfahrer ist fort und in der Windschutzscheibe prangt ein großes, gähnendes Loch, außerdem sitzt auf dem Lenkrad ein großer, massig wirkender Ballon. Ist der brünette Herr hinaus geschleudert worden? Schockiert starre ich auf die Frontscheibe der Limousine, unfähig, mich bewegen zu können. Noch immer höre ich den Motor mild und regelmäßig summen, das Auto steht quer auf der leeren Straße, es ist wohl mehrfach um die eigene Achse geschlittert. Gott sei Dank ist der grünhaarige Chauffeur schneller im Reagieren als ich! „Herr Kaiba!“, ruft er aus und stürzt zu der Person… fern meines optischen Aufnahmefeldes, links von mir, direkt hinter die mir gegenüber liegenden Beifahrertür, wo er hastig unter taucht. Ächzend rapple auch ich mich auf und öffne die linke Autotür. Zu meinen Füßen regt sich etwas. Und die Autotür bekommt jemand gegen den Kopf. Ein gedämpfter Aufprall, dann ein Plumpsen und ein schmerzverzerrtes Stöhnen. Die Mundwinkel nach unten verziehend blicke ich über die Tür hinweg. Der Fahrer ist offensichtlich sehr sportlich, denn er hievt sich bereits wieder auf seine penibel geputzten, schwarzen Lackledertreterchen. Ihn habe ich eben augenscheinlich versehentlich umgehauen. "Verdammt, was ist passiert!?", brüllt gerade der brünette Herr, in schwarzer Kleidung, in einen schlichten, weißen Mantel gekleidet zwischen meinen Füßen zu mir hoch. "I... ich wollte ausweichen....", erwidert der Fahrer hektisch und schockiert zugleich mit zitternder Stimme. Schneller als ich mich versehen kann, ist er auch schon wieder wie ein Bummerrang bei seinem Chef und hilft ihm auf. Ich starre beide Personen mit offenem Mund schweigend an. “…“ Was zum Teufel ist hier los? Das kommt mir doch alles sehr bekannt vor! … Zumindest in etwa. "Aber durch die nasse Straße sind wir ins Schleudern gekommen und der junge Mann, dem ich ausweichen wollte, ist uns auf die Front geknallt!", fährt der besorgte Bedienstete weiter fort. Oh. Stimmt ja, da ist noch etwas gewesen…! Mein Blick wandert synchron mit dem des Bediensteten zur Straße. Der Herr im weißen Mantel richtet sich erschrocken auf. ~Oh nein! Warum ausgerechnet hier?~ Nach Huch~! Was ist denn das? Irritiert sehe ich mich um. Ich habe doch etwas gehört! ~Konnte das nicht irgendwo in einem der Randviertel passieren? Das wird ein gefundenes Fressen für die Presse! Ich seh's schon: ‚Seto Kaiba überfährt rücksichtslos leicht angetrunkenen Mitbürger!’ Verdammt!~ Langsam etwas panischer werdend, schaue ich mich weiter in meiner unmittelbaren Umgebung um- nein, niemand der hier Anwesenden bewegt gerade die Lippen! Ein eisiger Schauer jagt mir über den Rücken. Schockiert starre ich zu Boden. Werde ich verrückt? -Keine anderen Sorgen?- Diesmal kommt eine feminine Stimme von oben! Suchend blicke ich zum Himmel und gehe ein paar Schritte… “…?“ Neben mir setzt sich der Chef ganz langsam in Bewegung. Ich beachte ihn nicht sofort, sondern starre weiter den Himmel über mir an, nebenbei bemerkend, dass es aufgehört hat, zu regnen, als mich etwas weißes, Glitschiges im Gesicht trifft. Die Taubenexkremente aus meinen Augen wischend, wende ich meine Aufmerksamkeit nun wieder dem Geschehen zu. Glücklicher Weise habe ich heute mein unchices T-Shirt an, damit kann ich mir das ike-Zeug besser aus den Augenwinkeln wischen. Himmel, das brennt und meine Augen tränen etwas- hoffentlich werde ich nicht blind! Zunächst sehe ich nur die Konturen, die dann nach und nach schärfer werden. Ein zerzauster, blonder Junge liegt auf dem Asphalt und der Chef im weißen Mantel und sein Diener stehen daneben. Alle scheinen ein wenig schockiert zu sein- die Atmosphäre ist so dick, dass man sie mit einem spitzen Gegenstand zerschneiden kann, wenn man denn einen hat. Ob sie den Jugendlichen, den sie über den Haufen gefahren haben, persönlich und privat kennen? Oh… Auch ich entschließe mich, näher heran zu treten. Die Augen des blonden Jungen scheinen halb geöffnet zu sein, auch, wenn sie ein wenig matt aussehen, wie ich mit schief gelegtem Kopf erkenne. An dieser Stelle mustere ich den armen Kerl, der so hinterrücks überfahren worden ist. Ja, ja, jetzt ist das große Geheule da, aber erst fahren wie eine besengte Sau…! Die Seelenspiegel des Jungens waren braun, dunkler, als die gesunde Bräune seiner Haut. Er trägt eine weiße Bluse, die seltsamer Weise vom Aufprall der Motorhaube halb und unglaublich sexy geöffnet worden ist. Die Jeans des Unglücksraben ist fürchterlich durchlöchert, ebenso seine Schuhe, Socken trägt er ebenfalls nicht- aus all dem schließe ich, dass er tragisch, theatralisch und Mitleid erregend arm sein muss, weil er sich keine ganze, vollständige Hose leisten kann. Dieser Kerl scheint zu seinen Lebzeiten viel draußen gewesen zu sein, das glaube ich an der Hautfarbe zu erkennen. Zumindest stirbt er jetzt auch draußen, denke ich so bei mir, man muss schließlich alles optimistisch sehen. Mit einem Male ziehe ich meine Brauen zusammen, verenge meine Lider zu Schlitzen. Ist das…? Tatsächlich, das ist…! Ein theatralischer Rinnsaal Blut fließt über die Wange des Jungen. Ich finde das geil und gehe noch näher heran- so etwas habe ich noch nie gesehen! In den Nachrichten habe ich oft von Unfällen gehört, auch ist es schon vorgekommen, dass ich in der Straßenbahn oder als Beifahrer an einer Unfallstelle vorbei gefahren bin. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich zufällig an einer Unglückstelle vorbei gegangen bin, aber da stand entweder schon eine riesige, mich überragende Traube aus Menschen unvorteilhaft vor und um das Unfallopfer herum oder ein Krankenwagen hat mir die Sicht versperrt, so dass ich auch nie etwas Genaueres sehen konnte. Fasziniert betrachte ich das Blut, wie es sachte am Gesicht des Jungen hinab rinnt, wie sein hellblondes Haar sich damit voll saugt und es nach und nach hellrot färbt, wie das viele Blut ganz zufällig einen Fluss bildet, dem ich gerade zu einem Abfluss am Straßenrand folge. Dort bleibe ich stehen und lege den Kopf schief. “…“ Es fließt noch immer… "Verdammt, Jounouchi, was machst du hier?", höre ich hinter mir den Brünetten erbost vor sich hinreden. Dass der Blonde dies zum jetzigen Zeitpunkt hören kann, bezweifle ich. Zumindest scheint es dem Chef Leid zu tun, das höre ich an seiner Stimme, obwohl er sie versucht, ruhig zu halten- und an dem bestürzten Verhalten, das er an den Tag legt… Und das alles aus den Augenwinkeln! Ha! Soll mir das erst einmal wer nachmachen! Ich starre nämlich noch immer diesem schönen, roten Fluss nach… Wie viel Blut hat ein Mensch noch mal…? Gewaltsam reiße ich mich selbst von diesem faszinierenden, hypnotischen Bild los und wende mich den drei Männern zu. Über uns gewittert es leise und neue, gewaltige, graue Regenwolken türmen sich am Himmel auf. Die ersten Regentropfen nieseln von den grauen Wolken auf uns hernieder, dann regnet es. Noch immer liegt die blonde Person regungslos am Boden. Die Luft um uns herum kühlt merklich ab… Niemand sagt ein Wort, alle schweigen ehrfürchtig, sicher mit einem dicken Klos im Hals, der es ihnen unmöglich macht, zu reden. Der schlanke, brünette Mann im weißen Mantel mit den eisblauen Augen atmet tief durch. "Roland, holen Sie sofort meinen Hausarzt her! Sie finden mich dann im Haus." Entsetzt starre ich den Mann im weißen Mantel an, der diese Anweisungen gegeben hat. Äh… hallo?! K-R-A-N-K-E-N-W-A-G-E-N?! Der grünhaarige Chauffeur setzt sich doch tatsächlich ohne Widerworte augenblicklich mit gezücktem, silbernem Handy ab, um der Aufforderung seines Chefs nachzugehen! Hallo?! Wo bin ich hier gelandet?! Sicher nicht in Emergency Room! Da käme nämlich ein Krankenwagen! ENDLICH lässt sich jemand dazu herab, um bei dem überfahrenen Jungen den Puls zu… “…“ Ausdruckslos verfolge ich, wie der Brünette sich bückt und den Jungen sachte berührt und diesem zart über die Haut streicht. “…“ Dann hebt er ihn vorsichtig hoch. “…“ Wenn ich noch in einem Film bin, hoffe ich, dass keine kleinen Kinder oder Personen mit labiler Persönlichkeit** zusehen. Im Erste-Hilfe-Unterricht habe ich gelernt, wie man mit verletzten Leuten umgehen soll. Die Stelle mit dem Leichenstreicheln und kuschlig-wegtragen scheine ich verpasst zu haben. Nichts sagend schaue ich ihnen nach, wie sie da so im immer dichter werdenden Regen, der mittlerweile wie Bindfäden vom Himmel fällt, im beständig trüberen Grau kleiner und farbloser werden und schließlich ganz verschwinden. Stumm sehe ich mich um, erst jetzt merke ich, wie durchnässt ich mittlerweile bin. Völlig allein gelassen, betrachte ich die Umstände, in denen ich mich derzeit befinde, eingehender. Ich stehe ja gar nicht auf einer Straße, wie ich soeben feststelle, sondern auf einer Auffahrt. Keine fünfzig Meter von mir entfernt prangt ein meterhoher Zaun, neben mir steht die schwarze Limousine mit offener Tür und zerstörter Frontscheibe, die Scheinwerfer werfen ein gespenstisches Licht auf den gepflegten Rasen des Grundstückes. Ich drehe mich um, in die Richtung, in die der Brünette mit der Leiche verschwunden ist und erblicke eine gigantische, weiße, reich verzierte Villa in ihrer ganzen Pracht…! “…“ Ich blicke zum Zaun. “…“ Ich blicke zur Villa. “…“ Das hat man nun davon, wenn man mit dem Auto zum Briefkasten fährt! Langsamen Schrittes gehe auch ich zur Villa, tropfe alles nass, wo ich gehe und stehe und friere drinnen stärker als draußen. Im Inneren ist es sehr groß, geräumig und protzig. Etwas ehrfurchtsvoll schaue ich mich um, einzig gedämmt durch eine bleierne Müdigkeit, welche mich allmählich zu übermannen droht. Die Aufregung ist zu viel für mich gewesen… Oben auf der gigantischen, mit rotem Teppich ausgelegten Treppe, mit dem kunstvoll gewundenem Geländer, welche mit ihrer gewaltigen Präsens fast den gesamten Raum ausfüllt, sehe ich den Mann im weißen Mantel, wie er zombiegleich sein blondes Prinzesschen nach oben trägt. Hastig renne ich die Treppe hinauf, schließlich will ich sie nicht verlieren! Wer weiß schon, wo und wie ich hier her gekommen bin? Kurz, bevor ich das Treppenende erreiche, stolpere ich, halte mich an einer Marmorfigur fest, welche dann zehn Meter in die Tiefe stürzt, um am Treppenanfang lautstark in tausend Stücke zu zerbersten. Emotionslos habe ich ihr in ihren letzten Lebenssekunden nachgeblickt. “…“ Oben angekommen werde ich schließlich langsamer… mein Puls pumpt mein Blut ziemlich energisch durch meine Adern, so dass es in meinen Ohren rauscht. Mir die Seite haltend, weil ich nämlich Seitenstiche habe, renne ich auf die hölzerne Tür zu, hinter der die zwei Männer verschwunden sind. Vorsichtig und bemüht leise öffne ich die Zimmertür und schließe sie sachte hinter mir. Vor mir sehe ich, wie der Braunhaarige den Blonden vorsichtig auf einem Himmelbett bettet… Wie im Märchen, denke ich so bei mir. Dann erschlägt der Braune den Blonden mit einer Decke, drückt diese unsanft an allen Seiten des Jungen fest und zuppelt hier und dort bis zur optimalen, höchstgradig verdeckenden Lage des Patienten herum. “…“ Schweigend starrt der Braunhaarige den Blonden an. Ich nehme mir einen hübsch modellierten Stuhl, weil ich nämlich nicht mehr stehen kann und lasse mich darauf nieder. Einen Mord für eine Decke! Wie beneide ich das blonde Dornröschen- mir legt niemand eine Decke um und ich friere auch wie’n Arsch- ganz im Gegensatz zum Brünetten, der läuft wohl häufiger nass durch die Kante, zumindest scheint es ihn nicht zu stören! “…“ Das Bett wird gerade bestimmt auch nass, jetzt, wo die durchwässerte, blutende Leiche drin liegt. Völlig in Gedanken versunken, mit einem Blick, den man locker als ‚liebevoll’ betiteln kann, betrachtet er den über den Haufen gefahrenen, armen Irren. ~Was hast du bloß hier getrieben...?~ „…?!“ Erschrocken und hastig schaue ich mich um! Da ist sie wieder, die Stimme von vorhin! Der Stuhl, auf dem ich eben noch gesessen habe, kippt zu Boden und ich sehe mich weiter verstört um. Mit den Händen fuchtle ich in der Luft herum und sehe mich ergebnislos nach Lautsprechern um. Was mich noch viel mehr verunsichert, ist, dass außer mir niemand diese Stimmen zu hören scheint. Uh! Es geht noch weiter! ~Bisher ist mir nie aufgefallen, dass Jounouchi Katsuya noch ein anderes Leben hat, als das in der Schule, wo ich den Kleineren regelmäßig trieze. Er ist auch der Einzige, der mir Paroli bietet, oder es zumindest versucht.~ Weiterhin verstört laufe ich mit abgehackten Bewegungen im Zimmer umher… stolpere hierhin und dorthin, ganz ziellos und noch immer bis auf die Haut durchnässt! Plötzlich öffnet sich die Zimmertür und ein älterer, schlanker, in einem weißen Kittel gehüllter Mann mit kurzen, schwarzen Haaren und vereinzelten, grauen Strähnen betritt ohne Klopfen das Zimmer und kommt hastigen Schrittes direkt auf das Bett zu, an dem der eine steht und auf dem der andere liegt. Fragend beobachte ich aus der Ferne, wie der Fremde sich über unser blondes Unfall-Dornröschen beugt. Langsam tappe jetzt auch ich zum Bettende und lausche der Unterhaltung. Erst gegenwärtig fällt mir auf, dass der Fremde eine Brille trägt. Ich weiß nicht wieso, aber ich weiß, dass der Typ da Arzt ist und ‚Dr. Daisuke’ heißt. -Keine Ahnung, ob er so heißt...- Doch, ich bin mir sicher, auch, wenn ich mein Herzrasen gerade und meine kalten, schweißnassen Hände ignoriere, ich höre definitiv eine Frauenstimme! "Ein Autounfall?", fragt er sofort ungehalten. "Ganz ruhig, niemand hat was gesehen...", erwiderte der Mann im weißen, nassen Mantel, den er noch immer am Körper trägt und noch immer nicht an der Garderobe aufgehangen hat. Entgeistert blickt Dr. Daisuke ihn an, "Wie können Sie nur? Ein Menschenleben steht auf dem Spiel!" “…“ Tja… dass der Arzt ebenfalls bloß keinen Krankenwagen mitgebracht hat, verbeiße ich mir an dieser Stelle lieber. "Pah, das ist Katsuya Jonouchi, Mitschüler von mir und ein Straßenköter. Der wird das schon überleben.", behauptet der Braunhaarige sofort souverän und seriös, wie aus der Pistole geschossen und besonders betont abfällig. Ich bemerke nicht, wie sich die Zimmertür ein weiteres Mal geöffnet und eine weitere Person den Raum betreten hat. Erst jetzt entdecke ich ihn, einen kleinen Jungen, um die zehn oder zwölf Jahre alt, mit strubbeligen, langen, schwarzen Haaren und dunklen Augen, in einen Pyjama mit Ballonmuster gekleidet, wie er sich einige Meter weiter im Schneidersitz nieder lässt und neugierig zu den Ereignissen hier hinüber sieht. “…“ "Sie kennen den Jungen?", fragt der Docktor, während er eben jenem mit einer kleinen Lampe in die geöffneten Augen leuchtet. "Ja, zu meinem Bedauern.", protzt der Mantelträger weiter ’rum, behält jedoch jede kleinste Bewegung des Arztes genaustens im Auge… Ich sage dazu jetzt nichts und denke mir meinen Teil. ~Er versteht was von seinem Handwerk~ Da! Da ist die männliche Stimme schon wieder! Ich gehe zum Fenster hinüber und sehe raus. Nichts. "Helfen Sie mir mal!", höre ich hinter mir die tiefe, reife Stimme des Doktors betont ruhig sagen. Unhöflich entgegnet der Braunhaarige "Was?" "Zuerst müssen wir ihm mal die nassen Sachen ausziehen.“ Das veranlasst mich dazu, doch wieder zuzusehen. Zumindest einer darf seine nasse Kleidung ausziehen. … Und das bin NICHT ich! Jetzt reicht es mir aber! Ich gehe zu einem der Schränke, öffne ihn dreist und hole ein fluffiges, wuscheliges, weiches weißes Handtuch heraus. Zum Glück habe ich eben dieses gleich beim ersten Versuch gefunden. Damit rubble ich mir jetzt die Haare trocken! “Soweit ich festgestellt habe, ist bis auf die Wunde am Kopf, einigen blauen Flecken und einer ziemlich großen Beule am Hinterkopf alles in Ordnung.“, erklärt Dr. Daisuke ohne eine Computertomographie, eine Magnetresonanztomographie, eine Ultraschall-, Röntgen- oder Blutuntersuchung machen zu müssen. Wow! Ich bin begeistert und starre den unglaublich fähigen Mediziner ungläubig an! “Eine Gehirnerschütterung können wir ausschließen.", fährt Dr. Daisuke weiter fort als er über den Bewusstlosen berichtet.*** “…“ . . . In diesem stillschweigenden Augenblick trifft es mich erneut wie ein Schlag, als eine weibliche Stimme vom Himmel aus mit mir spricht: -Keine Lust darauf hat, einen Krankenhausbesuch zu beschreiben, der Doc ist kompetent genug...- “. . .“ Fassungslos starre ich die Zimmerdecke über mir an. “. . .“ Irritiert die Augenbrauen zusammen gezogen, versuche ich diese angebliche Stimme, die ich in Wahrheit gar nicht wirklich gehört habe, zu ignorieren und verfolge stattdessen, mich arg zusammen nehmend, wie der Braunhaarige dem Doc gerade zögernd hilft, den Blonden nackig zu machen. Das scheint den Brünetten im Übrigen trotz der letzten schockierenden Erlebnisse tierisch anzuturnen, aber es wirkt so, als helfen ihm die vielen bunten Blutergüsse auf dem Körper der Leiche, um seinen heißer und stärker durchblutet werdenden Genitalbereich wieder in den Griff zu kriegen. Ich ziehe erneut ehrfürchtig meinen imaginären Hut vor diesem außerordentlich fähigen Arzt, der es geschafft hat, durch die Kleidung des Blonden hindurch zu sehen und alle Verletzungen des Angefahrenen erkennen und richtig behandeln zu können! Als sie bei den gestreiften Boxershorts des Ohnmächtigen angelangt sind, wendet sich der Mantelträger, etwas farbig um die Nasenspitze geworden, ab. Das finde ich arg faszinierend. Der Blonde kann genauso gut im Sterben liegen. Ob der Brünette wohl bei jeder blassen, gerade frisch überfahrenen Leiche rot im Gesicht wird, wenn man sie vor ihm nackt auszieht? Kann es sein, dass der reiche Typ gar nekrophil veranlagt ist? Gebannt sehe ich dabei zu, wie auch der letzte Stofffetzen des Verletzten hemmungslos fallen gelassen wird. “…“ Man hat der nen Kleinen… Zumindest bekommt er neue Klamotten, während ich hier weiter frieren darf… Nachdem der Arzt den blonden Jungen in eine frische Boxershorts des Hausherren- ich nehme an, das ist der Braunhaarige- gesteckt hat, dreht sich dieser auch wieder zu seinem angefahrenen Schulfreund um. Noch fällt mir nicht auf, dass niemand diese Shorts geholt hat, sondern, dass sie einfach plötzlich da gewesen ist, genauso, wie die Taubenkaka vorhin in meinem Gesicht, ohne dass eine Taube kurz nach einem strömenden Regenfall durch die Gegend fliegen würde. Dr. Daisuke deckt den Patienten soeben behutsam zu. "Ist das alles meine Schuld?", will der Hausherr doch tatsächlich plötzlich unvermittelt und völlig aus dem Zusammenhang gerissen wissen! Seine Frage wird in den Raum geworfen und schallt von den Wänden wider. Eine bedrückende Stille senkt sich über uns. Besonders ich schaue den Braunhaarigen an, als ob er nicht mehr allen Käse in Holland hat. Wer bitte soll sonst Schuld haben, wenn nicht er oder sein Fahrer? Die Stille wird peinlich. Endlich lässt sich der Doktor schwerfällig zu einer Antwort hinreißen, "Nein, zu meinem Bedauern nicht.“ Mit erstarrten Gesichtszügen sehe ich ihn an. WIE bitte…?! “Viele dieser Verletzungen sind mehrere Tage alt, andere erst einen oder zwei. Die Beule am Hinterkopf stammt wohl von heute morgen..." Also verstehe ich das richtig? Von diesen Verletzungen ist er ohnmächtig geworden, nicht etwa von dem harten Aufprall gegen die noch härtere Limousinenfront? Oder wurde gar die Windschutzscheibe der Limousine vorhin von purer Vorsicht beim Fahren zerschlagen? "Und das bedeutet...?", erkundigt sich der Braunhaarige weiter. Dafür, dass ihm alles egal ist, wie er am Anfang des Films selbst behauptet hat, klingt das aber ziemlich verunsichert und emotional. Pah! Möchtegern Bösewicht mit angeblichen Emo-Allüren! "Das bedeutet, dass der Junge wohl mehr als regelmäßig zusammengeschlagen wird." Welch SCHOCK! Bestürzte Stille senkt sich erneut über uns. Die Gesichtszüge des Brünetten entgleisen, als ihn ihm süße Erinnerungen wach werden. ~Wenn ich die Kerle erwische, die dir das angetan haben, zerreiß ich sie in der Luft... Öhm, was denk ich da? Vergiss das ganz schnell wieder, Seto!~ OMFG?! Erschüttert öffne ich den Mund, will eben fragen, ob noch jemand außer mir diese Stimme hört, als der Braune den Kopf schüttelt und mir dazwischen fährt, "Und jetzt?" "Ich verordne absolute Bettruhe!", verordnet Dr. Daisuke. "Soll das heißen, der Straßenköter soll diese Nacht hier bleiben?", sorgt sich der Braune… offenbar will er seinen Angefahrenen lieber für sich behalten, anstatt ihn zu teilen… Immerhin hat der Arzt mit keinem Wort erwähnt, dass dieser Junge in SEINEM Bett bleiben muss… Ich, an der Stelle des Arztes, würde ihn ja in ein Krankenhaus bringen. Dort hat er Ruhe und medizinische Versorgung. Falls doch mal etwas schreckliches, Unvorhergesehenes geschieht, sind die Ärzte sofort da. "Das wäre das Beste.“ Man kann ihn natürlich auch hier lassen, in seinem bewusstlosen, halbnackten Zustand, bei jemanden, der nicht einmal zur Familie gehört und der den Blonden zu allem Überfluss vor ein paar Minuten noch höchstpersönlich selbst angefahren hat. “Sie wollen ihn doch nicht in diesem Zustand nach Hause schicken?", protestiert der dunkelhaarige, ältere Mann. Ähm… in ein K-R-A-N-K-E-N-H-A-U-S…?! "Aber Seto!", mischt sich nun der dunkelhaarige Zwerg ein, der bis dato brav auf dem weichen Teppichboden gesessen hat. "Jounouchi ist doch immer so nett zu mir!" Den flehend blickenden, wirklich wahnsinnig riesigen, runden, wabbelnden Kulleraugen des Kindes kann niemand widerstehen. Der Arzt und ich wenden stöhnend und eine Hand schützend auf die zusammen gepressten Augenlider gelegt, den Blick ab, was der Brünette während der Zeit tut, weiß ich nicht, er ist ganz allein auf sich gestellt. "Na schön", stimmt der Braunhaarige letzten Endes doch noch zu. "Aber nur eine Nacht!" Wer’s glaubt… Der Arzt wirkt in Aufbruchstimmung. "Ich komme morgenfrüh noch mal vorbei.", meint er auf die Zimmertür zuhaltend. Na hoffentlich lebt der Blonde da noch, denke ich so bei mir, schließlich kann man so ganz ohne Untersuchung nicht wissen, ob er nicht vielleicht doch an inneren Verletzungen verblutet. Nicht mal der Puls und- oder der Blutdruck ist gemessen, beziehungsweise überprüft worden… Na, vielleicht ist das hier ja nicht üblich. Ich wundere mich, dass der Doc nichts wegen eines eventuellen Flüssigkeitsverlustes des Patienten sagt oder Ähnliches. Nicht mal einen Tropf mit Nährstofflösungen haben die hier… "Da Sie ihn und damit seine Freunde kennen, möchte ich Sie noch bitten jemandem Bescheid zu sagen, der es dann der Familie des Jungen ausrichtet." Warum sagt der Doc es denn nicht selbst der Familie? Ist er dazu nicht eigentlich~ verpflichtet? Ich meine, da kann ja sonst wer anrufen und enthusiastisch voller Freude in den Telefonhörer rufen ‚Hallo, ich habe Ihren Sohn über den Haufen gefahren! Aber keine Angst, mein Hausarzt, der alles kann und weiß, sagt, es sei alles in Ordnung und das ohne den Patienten anständig untersucht zu haben, ist das nicht toll?! Ach und machen Sie sich keine Gedanken! Ich bin zwar nekrophil veranlagt, aber ich passe gut auf Ihren bewusstlosen Sohn auf. Er darf hier übernachten, ist das nicht nett von mir…?’ "Tss, soll ich jetzt auch noch das Hausmädchen für diesen Köter mimen?", fragt der Hausherr mit vor der Brust verschränkten Armen grimmig, aber ich glaube, insgeheim freut er sich. "Herr Kaiba, alles was ich von Ihnen verlange, ist, dass Sie Ihr Temperament zügeln und dafür sorgen, dass der Junge wenigstens für diese eine Nacht ruhig und warm schlafen kann.", sorgt sich der Doktor sichtlich um das Wohl des Patienten. ~Nein, ich will gar nicht wissen, was er damit meint!~ WOAH! FUCK YOU LI’L BITCH! Da ist die verfluchte, maskuline Stimme schon wieder! Ich halte mir die Ohren zu und summe laut. Ich will nicht wahnsinnig werden! Gedämpft höre ich ein Klacken und kann mir denken, dass der Wunderarzt jetzt fort ist. Eine Weile noch bleibe ich skeptisch, dann nehme ich langsam und vorsichtig meine Hände wieder runter… nicht ohne weiterhin argwöhnisch auf die Zimmertür zu starren. Dann interessiere ich mich wiederkehrend für den braunhaarigen Nekrophilen und die blonde Leiche. Ich erstarrte. Die Leiche hat sich bewegt! Nun liegt sie ganz anders als vorher! Auf der Seite und zusammen gerollt! Oder hat der Braune sie irgendwie anders gedreht…? Einen Arm hat er schließlich noch in der Hand… ~Und da beschwerst du dich, wenn ich dich Hund nenne?~ “…“ Allmählich resigniere ich vor diesen ganzen körperlosen Stimmen… Es hat ja doch keinen Zweck, sie zu ignorieren. "Wie ein kleiner Welpe...", höre ich ein Flüstern. Nachdenklich mustere ich den Mann im weißen Mantel… Der große Braune zückt ein Handy, wo auch immer er es gerade her hat. "Mokuba, es tut mir leid, aber ich hab jetzt keine Zeit für dich.", meint der Große plötzlich unvermittelt an den Kleinen gewandt. Ausdruckslos starre ich ihn an. “…“ Das ist ganz schön gemein von ihm. Der Kleine, vermutlich sein jüngerer Bruder, tut mir echt leid. Doch der kleine, süße Junge nickt nur artig, lächelt aufmunternd, dass einem das Herz in der Brust vor Leid und Qual zerspringt, bei diesem ganzen Elend und geht aus dem Zimmer hinaus. Nachdem die Tür zurück ins Schloss fällt, beginnt der Große zu telefonieren. Ich bin drauf und dran, dem Kleinen zu folgen, halte jetzt jedoch inne, weil ich mir neue Informationen aus dem Telefongespräch resultierend erhoffe. Abwartend beobachte ich den Braunhaarigen. "Ja, hier Kaiba. Kann ich bitte mal Yugi sprechen?... Ja, ich warte...." Einige Sekunden verstreichen ereignislos. "Hör zu, Yugi.“, fährt der perverse Leichenschänder schließlich fort, „Dein Schoßhündchen Jounouchi, bleibt heute Nacht bei mir." Ein angeekeltes Schaudern, welches mir soeben über den Rücken läuft, kann ich nicht verhindern… "Denk jetzt nichts Falsches!", versucht sich der Braunhaarige etwas hastig, aber dennoch betont gelassen zu rechtfertigen. Offenbar ist der Widerwärtling schon als eben solcher bekannt… "Es gab einen kleinen Zwischenfall…“ Einen KLEINEN ZWISCHENFALL…! “…und er ist nicht in der Lage heute Nacht das Bett zu verlassen!“ Ja, und wer ist SCHULD daran?! “Du wirst seinen Vater anrufen…“ Wohl nicht genug Mumm, um es selber zu tun, heuh?! Ja SOLCHE LEUTE liebe ich! Ich verschränke meine Arme vor der Brust, sehe ihn geradeheraus abfällig mit zu Schlitzen verengten Augenlidern an und schiebe mein Kinn provokant ein wenig vor. “…morgenfrüh mit dem restlichen Kindergarten hier aufkreuzen und diesen verlausten Straßenköter abholen!" Als ob du ihn GEHEN LASSEN WIRST! Das kann er wem anderen erzählen, aber doch nicht mir~! Wenn man schon mal ne Leiche zu Hause hat und auf solche Perversitäten steht, warum soll man diese dann gehen lassen und sich eine neue suchen?! Ein Schweigen steht im Raum, scheinbar ist dieser Yugi am anderen Ende der Strippe genauso schockiert wie ich. "Hey, hast du mir zugehört?", faucht der Braunhaarige mit einem Mal. Erschrocken bin ich zusammen gefahren. So ein Grobian… Ob sein Gesprächspartner noch etwas zurückgegeben hat oder nicht, werde ich nicht mehr herausfinden, denn der Brünette hat das Gespräch mit einem Auflegen beendet. ~Mann, sind die denn alle begriffsstutzig?~ Schweigend mustere ich die Gestalt vor mir. So langsam dämmert mir da etwas… Nachdenklich wandert seine Aufmerksamkeit zum Blondling zurück. "Und was mach ich jetzt mit dir, Hündchen?" … ’Hündchen’…? ~Moment mal! Hündchen?~ Ja, das kam gerade von dir, nehme ich an. ~Bäh, das klingt ja schon niedlich....~ … Also ‚niedlich’ würde ich es nicht gerade nennen. Es gibt einen Fachbegriff dafür: Zoophilie. Du STEHST also auf Leute, die du im wahrsten Sinne anfährst und gibst ihnen anschließend Tiernamen? Oder ist es gar so, dass ihr euch bis zu diesem Zeitpunkt gehasst habt, wie die Pest, jedoch durch dieses tragische, melodramatische Erlebnis erst gemerkt habt, wie nahe ihr euch eigentlich wirklich die ganze Zeit über gestanden habt, wie sehr ihr doch Liebe und Hass verwechselt habt und dass ihr ohne einander GANZ PLÖTZLICH aus heiterem Himmel nicht mehr leben könnt?! Als ob sich ein kleines, naives Kind, das keine Ahnung von der Welt hat an den PC gesetzt und mal eben eine Nullachtfünfzehn Geschichte zu irgendeiner Lieblings-TV-Serie verfasst hat, die genau in dem Augenblick beginnt, in dem Seto Kaiba mit der Limousine im strömenden Regen unterwegs gewesen ist…?! Letztendlich ist es ohnehin egal. Jedenfalls geiferte der Braune den Blonden nun die ganze Zeit über an und ich warte nur darauf, dass er sich vorbeugt und den Bewusstlosen zu küssen versucht, der dann jedoch unvermittelt die Augen aufreißt und dass der Kleinere von beiden entweder gar nichts bemerkt hat, vor lauter, bodenloser Naivität oder aber eine furchtbar peinliche Szene entsteht, die dann damit endet, dass beide sich aus Verlegenheit streiten und mindestens einer das Zimmer verlässt. ~Mann, der ist aber auch zu niedlich...~ Wäre ich jetzt eine Zeichentrickfigur, würde ich ziemlich resigniert dreinschauen. Wie nennt man das noch? Ah ja: Strich Punkt Strich. So allmählich wird mir das alles hier zu doof für einen Tag. Dieser Braunhaarige wird ohnehin die gesamte Nacht bei seinem blonden Schützling hocken, da bin ich absolut sicher. Seufzend gehe ich zum Schrank zurück, aus dem ich vorhin schon mein weißes Handtuch heraus genommen habe und organisiere mir von dort noch drei weitere Handtücher. Bewaffnet mit frischer Unterwäsche, sowie trockener Kleidung, welche ich mir vom Hausherren persönlich aus seiner Garderobe ausgeliehen habe und eben mit besagten Handtüchern verlasse ich schweigend das Zimmer, um eine Dusche zu finden und anschließend ein Nachtlager zu suchen. Es wird langsam Zeit, dass ich aus diesen vollkommen durchtränkten, kalten, fürchterlich widerwärtig an der Haut klebenden Anziehklamotten heraus komme…! Gesagt getan. Oben in der ersten Etage werde ich mit allem fündig, was ich suche. Natürlich bekomme ich allmählich Hunger, aber das muss noch bis morgen früh warten. Nachdem alles getan ist und ich ENDLICH neue Kleidung anhabe, öffne ich ein Fenster und kuschle mich in ein bequemes, weiches Doppelbett in einem scheinbar unbewohnten Gästezimmer. Ich bin immer aufgeregt, wenn ich woanders als zu Hause übernachte! Unruhig wackle ich mit den Füßen und den Zehen, kaue auf der Unterlippe herum, die Bettdecke habe ich bis zu meinem Kinn hochgezogen und meine Augen starren unbehaglich in die schwarze Finsternis. Vermutlich werde ich sowieso die ganze Nacht kein Auge zutun können… Kapitel 3: Neuer Tag, neuer Wahnsinn... --------------------------------------- Als ich am nächsten Morgen aufwache, sind das erste, was ich höre, Stimmen. Ich husche rasch zum Fenster und sehe hinaus. Drei sich unterhaltende Gestalten nähern sich per Fuß dieser prunkvollen Villa, in wenigen Sekunden werden sie voraussichtlich die Haustür erreichen. Rasch zerre ich die Tür meines selbst zugeteilten Zimmers auf und renne zur Treppe hinüber, in der Eile stolpere ich ungeschickt und reiße eine weiße Marmorfigur in den Abgrund, an der ich mich, naiver Weise, habe festhalten wollen. Still sehe ich zu, wie sie fällt und fällt… und am Boden in hunderte von Scherben zerschellt. Meine Mundwinkel nach unten und meine Augenbrauen nach oben gezogen, gehe ich nun schuldbewusst mit gesenktem Blick und eingefallenen Schultern betont langsam die vielen Stufen hinab, dabei halte ich mich vorsichtig am Geländer fest- nicht, dass noch ein Unglück passiert! Auch, wenn neben meinem Krankenbett, ganz im Gegensatz zu den anderen Hauptfiguren, vermutlich niemand besorgt Wache halten wird… Die Haustür steht bereits weit offen und der Braunhaarige wartet ungeduldig im Türrahmen. "Ihr kommt verdammt spät!", höre ich ihn knurren. Das ist aber keine besonders nette Art, Besuch zu empfangen! In dem Augenblick erinnere ich mich an das Telefongespräch von gestern. Einer von diesen Leuten wird wohl dieser Yugi sein, mit dem der Brünette am Vorabend gesprochen hat. "W… wo ist Jounouchi?", fragt jemand unsicher. Ich will nichts verpassen und beginne deshalb zu laufen. Was genau vorne geschieht, weiß ich nicht, aber plötzlich lachen alle, ich rutsche an einer Treppenkante ab und falle die letzten Meter zu Boden. Unsanft komme ich mit dem Bauch voran auf dem roten Teppich auf. Ächzend stemme ich mich ganz vorsichtig hoch, putze mir den Staub von der Hose und bemerke links neben mir eine Bewegung. Genau in dem Moment, in dem ich hinsehe, fällt eine Keramikstatue zu Boden, die auf einem Sockel am Treppenanfang gestanden hat. Resigniert seufzend sammle ich die Scherben per Hand auf… "Verdammt, lass endlich los!", höre ich die Stimme des grummeligen Mantelträgers keifen. Besonders zu interessieren, was hier hinter ihnen los ist, scheint es sie ja nicht gerade... "Se-chaaaan!", höre ich jemanden sagen und linse zur Tür hinüber. Es scheint der Blonde von gestern zu sein, nur wach. "Wer sind diese Leute?", fragt er gerade seinen Schulfreund, bei dem er sich übrigens an den Arm geheftet hat. "Hört auf zu lachen!", blafft der Größere nun auch seine Freunde an. Ich nehme die Scherben und werfe sie in eine Vase, neben einem Kleiderständer an der Haustür. Schließlich gehe auch ich zu besagter Tür und luge an den beiden Männern vorbei nach draußen. "Ich hab dir doch gesagt, das sind deine Freunde und sie nehmen dich jetzt mit!", erklärt der Mantelträger schroff mit verschränkten Armen. Der ist aber schüchtern. Ich habe noch nicht viele Schwule getroffen, genau genommen gar keine, aber wenn jemand schwul ist, dann die da. Anklagend schaut der Blonde zum Brünetten hinauf, seine Augen füllen sich mit Tränen. "Du willst mich wegschicken?", piepst er. "Verdammt, ja!", faucht der Braune genervt. Die Leute draußen lachen weiter. Also ich weiß echt nicht, was so lustig daran sein soll. Haben die etwa Lachgas konsumiert? Haben sie Flöhe? Vielleicht ist das ja auch ein Insider, den ich nicht verstehe…? Draußen steht ein kleiner Junge mit einer schwarzen Stachelhaarfrisur, der wie ein Streber wirkt, ein braunhaariges Mädchen, das wie ein typisches nullachtfünfzehn Chicken aussieht und ein braunhaariger Junge, der vermutlich nicht nur ausschaut, wie ein Schläger. Aufdringlich umarmt der blonde Junge den Braunhaarigen. "Nein, Se-chan, bitte nicht! Ich will bei dir bleiben!" Bilde ich mir das ein oder wird es gerade kälter…? Konzentriert sehe ich mich um, mein Blick wandert zum Boden und ich erkenne etwas Erstaunliches! Der steinerne Grund unter dem Mantelträger beginnt zu gefrieren! Fasziniert hocke ich mich hin und berühre ungläubig die Stelle, picke mit den Fingern darauf herum… Wie macht er das…? Eine Art Flackern zu meiner rechten Sichtseite zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Fragend hebe ich den Blick, als plötzlich ein Riss in der Luft entsteht. Perplex weiten sich meine Augen, als ein Blitz lautlos durch die Luft zuckt, sich ein Loch in der Atmosphäre öffnet, nicht, ohne stürmischen Wind mit sich zu bringen, aus dem schließlich eine mir nur allzu bekannte Person mit glühend roten Augen tritt. "Herr Kaiba!“, erschrocken zucke ich zusammen und falle auf den Hosenboden. „Hatte ich Sie nicht gebeten, ihr Temperament im Zaum zu halten?" Kurz bevor alle Blicke auf ihn gerichtet werden, erlöschen die glühenden Augen. Erstarrt und unfähig, mich zu bewegen oder etwas zu sagen, sitze ich mit erhobenem Zeigefinger, auf den angeblichen Arzt gerichtet, auf dem gefrorenen Steinboden. Aus der Perspektive der anderen Anwesenden wirkt es, als käme der dunkelhaarige Wunderprofessor eben erst eilig um die Ecke gerannt! Das ist niemand anderes als Dr. Daisuke! Atemlos und ungläubig gaffe ich ihn an! In meiner Schrittgegend wird es warm… Hinter und um den Arzt herum erinnert nichts mehr daran, wie er soeben diese Villa betreten hat! Ja, hatte denn niemand außer mir etwas GESEHEN?! "Soll das heißen, dass Sie wussten, was für ein Theater dieser Köter abziehen würde?", schnaubte der Brünette, so gar nicht verwundert darüber, wo der Herr im weißen Kittel so unvermittelt überhaupt aufgetaucht ist! Argwohn erweckend unschuldig und harmlos wirkend, kratzt sich der Mediziner am Kopf. Das Lachen der Neuankömmlinge dauert übrigens noch immer an… "Zumindest so was Ähnliches habe ich erwartet. Die Beule am Hinterkopf, wissen Sie noch? Ich ahnte bereits, dass er an Gedächtnisverlust leiden könnte." Erschüttert starre ich den Mediziner an, der wenige Sekunden zuvor aus einer luftigen Muschi gekrochen gekommen ist. Verständnislos mustert der Chef den älteren Mann. "Ich bin Dr. Daisuke", der Arzt tritt an uns vorbei, zu den drei Leuten draußen vor und schüttelt ihnen freundlich die Hände- ich verfolge ihn von meinem Standort aus mit meinem rechten Zeigefinger und unverändert erstarrter Miene, "...und habe Jounouchi gestern Abend untersucht. Tja, soweit wir wissen, gab es da einen Zwischenfall über den wir noch nichts Genaueres wissen, dann einen Zusammenstoß mit der Kaiba-Limousine und jetzt kann er sich sicher nicht mal an seinem Namen erinnern, oder?" Die letzte Frage ist wohl an den Mantelträger gerichtet. "Keine Ahnung, ich hab ihn nicht gefragt.", erwidert dieser unwirsch. Forschend wendet sich der Dunkelhaarige an den Blonden, "Wie heißt du, Junge?" Dumm wie Brot grinst dieser über beide Pobacken den Mann, den er sicherlich noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hat, verstrahlend glücklich an. "Ich heiße Hündchen!" “…“ Jetzt bin ich nicht länger verängstigt. Nein, ich bin innerlich überwältigt von so viel Hohlness…! "Wer hat dir das gesagt?", will der schwarzhaarige Alien, skeptisch eine Augenbraue hebend, wissen. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: "Se-chan!" Das übertriebene Lachen der Außenstehenden verstummt schlagartig. Draußen ist es so still, nicht mal eine Fliege hört man furzen. Es dauert eine Weile, doch dann meldet sich der Schlägertyp in einem sehr vorsichtigen, bedachten Ton, "Ähh, Kaiba? Mal ne Frage: Dass du Jounouchi als Köter betitelst, kennen wir ja, aber...", er stockt und wirft den anderen einen unsicheren Blick zu, "Ähh... Hündchen??!" Zoophil also jetzt tatsächlich auch noch…! Die mehrmaligen Ausrutscher gestern Abend konnte ich bisher gerade so mit viel Großmütigkeit meinerseits ignorieren, aber das hier ist zu viel. Zu eindeutig. Ausdruckslos gucke ich die da draußen an. Sie könnten ja mich mal was fragen, ich bin schließlich auch noch da… Ist ja nicht so, dass ich unsichtbar bin oder so… "Das war mir so rausgerutscht!", rechtfertigt sich der Braune schwach, "Und außerdem, was geht euch das an?" Grinsend grinsten ihn alle grinsenden Grinser an. “…“ Man muss mich natürlich auch nicht fragen… Etwas ungelenk stemme ich mich auf meine Füße zurück, hocke also jetzt, das Eis unter meinen Schuhen ist am Schmelzen, mein Hosenboden wieder einmal nass. Pikiert dreht der Mantelträger seinen Freunden mit einem "Pff!"-Laut den Rücken zu, um ins Haus zurück zu gehen, seinen blonden Hund am Arm hängend im Schlepptau. Ich kann leider auf die Schnelle nicht mehr ausweichen und weil er mich nicht rechtzeitig bemerkt hat, stolpert er über mich und er und sein Hund stürzen zu Boden. Konsterniert blinzelnd sehe ich sie an, schlucke schwer. Ich sitze gerade in einer Wasserpfütze. Na herrlich… warum setze ich mich nicht gleich in einen Teich und bleibe da? Zumindest kann mir da nichts mehr passieren… Gereizt springt der Brünette auf die Beine zurück, zieht dabei seinen heimlichen Lover automatisch mit auf die Füße. Keiner von ihnen scheint sich etwas getan zu haben. Ich ausgenommen, aber das interessiert ja niemanden. "Gehen wir jetzt was frühstücken, Se-chan?" "Lass mich endlich los!" streiten die Beiden lautstark, wobei der Größere sich verzweifelt von der Enge dieser Beziehung zu befreien versucht- wortwörtlich. Als ob sie schon jahrzehntelang zusammen sind…! "Herr Kaiba! Es tut mir leid, aber diesen Jungen werden Sie so schnell nicht los.", diagnostiziert Dr. Daisuke gerade überaus medizinisch und seriös. "Wie bitte?", fordert der Mantelträger den älteren Herren zu einer expliziteren Erklärung auf. Doktor Daisuke seufzt schwer, was ich sehr gut verstehen kann- ein gruseliger Alien zu sein ist bestimmt nicht einfach. "Hören Sie...", er hält kurz inne und begutachtet den Blonden. Mit einem Male ist auch der dunkelhaarige, kleine Bruder zur allgemeinen Deppen-Versammlung dazu gestoßen. Na, so ein Zufall aber auch! Ansonsten hätte der Arzt ganz schön dumm dagestanden und die Szene wäre im Arsch gewesen… "Hey, Jou!" Der Kleine zupft am entsprechenden Ärmel, "Komm wir gehen spielen!" Und das lässt sich der blonde Junge im geistigen Alter von acht Jahren sichtlich nicht zweimal sagen! Das Lösen von seinem Geliebten fällt zwar ein wenig zögerlich aus, schließlich gewinnt jedoch der Toll- und Spieltrieb. Kaum haben sich die Kinderchen entfernt… OMG, der Brünette scheint auch noch pädophil zu sein, wie mir gerade bewusst wird… geht das Gespräch der ‚Erwachsenen’ natürlich weiter. Zumal ich mir nicht mal sicher bin, ob der schwarzhaarige Knirps nicht doch mehr weiß, als der ganze dämliche Haufen hier zusammen… "Also, Herr Kaiba! Es ist wirklich ernst. Wenn ich dieses Problem anders lösen könnte würde ich es ihnen ersparen, aber...", Emotionslos hebe ich eine Braue… Ein schweres, theatralisches Seufzen, ein anhängliches, penetrantes, lautes, abwartendes, berechnendes Schweigen. "Aber?!", fragt der Mantelträger gereizt, genau so, wie der Doc es gewollt hat. "Der Junge weiß nichts mehr von seinem früheren Leben und hält Sie für seinen einzigen... ähh... Freund.", weiß der durch Luftschlitze reisende Doktor. Misstrauisch mustere ich ihn und frage mich, ob er seine Qualifikationen beim Weitspucken gewonnen hat. Fällt denn außer mir niemanden auf, dass der Arzt das alles gar nicht wissen KANN? Er hat zuvor nie ein Wort mit dem blonden Köter gewechselt und dennoch WEISS er ALLES… … Ich werde blass… "Und ist das mein Problem?", stellt der Braunhaarige fragend fest, sofern dies in dem Sinne überhaupt möglich ist. "Stellen Sie sich doch bitte vor, Sie wachen eines morgens auf und wissen nicht wer und wo Sie sind.“ Da erzählt er mir nichts Neues… “Dann ist da ein Mensch, der sich die ganze Nacht über um sie gekümmert hat…" Ich sehe diesen ‚Seto’ an und will gerade sagen: ‚Siehst du, DA liegt der Fehler, den du begangen hast’!, als dieser jedoch bereits missgelaunt knurrt und der übernatürliche Arzt im gut geschneiderten Menschenkostüm weiter redet. "…der ist nun der Einzige, dem sie vertrauen.“ Für mich stellt sich hier die Frage ‚warum?’- aber anscheinend nur für mich… “Plötzlich schickt dieser Mensch Sie weg, will nichts mehr mit Ihnen zu tun haben." Ja, das erinnert mich an meinen Vater… Meine Augen werden trüb, als ich beginne, ziellos auf einen imaginären Fleck in die Luft zu meinen Füßen zu stieren… "Was soll das?“, regt sich die Stimme des Brünetten auf, „Ich hatte jahrelang niemanden, der sich um mich geschert hat!" Eine Braue hebend sehe ich hoch, aus meinen Gedanken gerissen, zurück in der Wirklichkeit. Wie peinlich ist das denn…?! Wer SAGT denn so etwas…? Davon einmal abgesehen bin ich froh, dass der Kleine gerade nicht da ist, also von dieser sehr verletzenden, egoistischen Behauptung verschont bleibt. "Und was ist mit Ihrem Bruder?" DA! Was sag ich?! Einmal bin ich einer Meinung mit dem Alien im weißen Kittel! "Außerdem ist das hier etwas anderes!“ Ach ja? Und was genau bitte? Ist einsam nicht gleich einsam? Wo bitte IST denn da jetzt der Unterschied…? “Wenn Sie den Jungen komplett von sich weisen, wird er einen tiefen Schock erleiden und niemals wieder er selbst sein können!" Schockiert starre ich den älteren Mann an. Hätte ich jetzt an etwas genuckelt, hätte ich mich bitterlich verschluckt! Was…? Was zum Teufel WAGT er da zu SAGEN?! Das kann er doch nicht machen! Das KANN er doch nicht MACHEN! Soll der Junge in die Klapse und fertig! Da gibt es wenigstens gelerntes Personal und ein Krankenhaus ist für den Fall der Fälle auch nicht weit! Warum zum Geier WILL der Arzt UNBEDINGT, dass der Blondling hier, bei diesem Brünetten bleibt? Meint er, in diesem Anwesen geht’s ihm besser? Ist das vielleicht sogar der VATER des armen Kerls, der seinen Sohn abschieben will und sich so vorm Unterhalt drückt? Ist das ein schlechter Verkupplungsversuch?! Der soll mal lieber mit seinen stümperhaften Märchen aufhören! Solche scheinheiligen, dermaßen ABWEGIGEN und an den Haaren herbei gezogenen Behauptungen kann ich ja vielleicht gern haben! Auch die vermeintlichen Freunde des Perversen holen tiiiiiiief~ Luft. "Kaiba, bitte!", fleht der Kleinste von ihnen herzerweichend. Der Schläger gibt seine Meinung ebenfalls zum Besten, "Komm schon, wir sind dir dann auch alle etwas schuldig!" … Sag mal, kann es sein, dass sie alle ihren ‚Freund’ unbedingt LOSWERDEN wollen…?! So wehemend, wie der arme Kerl von einem zum anderen weiter gereicht wird?! "Was könntet ihr mir schon geben!", erwidert der Brünette trocken. "Kaiba, denk doch einmal nicht nur an dich!", beschwert sich das einzige Mädchen der Gruppe und stampft mit dem eleganten Füßchen auf. Fast tut mir der Mantelträger ein wenig leid- er wird hier ganz schön in die Mangel genommen von allen... Ergeben seufzt er, sehr zur sichtlichen Verwunderung seiner Freunde, die ihn eben noch erbarmungslos an die Wand gedrängt haben. Der Blick seiner saphirblauen Augen wandert zu seinem spielenden Bruder hinüber, der den blonden Intelligenzbolzen beschäftigt. "Na schön. Aber nur ein paar Tage.", stimmt er schließlich zu. Hammer… sonst macht er immer so einen unnahbaren, einzelgängerischen, mutigen Eindruck, als ob er sich niemals etwas sagen lassen würde, geschweige denn etwas tut, was er eigentlich nicht möchte und jetzt ist er nicht weniger Duckmäuserisch als meine devote Großmutter mit ihrem Yorkshire Terrier ‚Hansi-Bubi’. "Danke Kaiba!", fallen alle, ausgenommen mir, soeben vor ihm auf die Knie. Schweigend beobachte ich das Szenario. "Mehr als ein paar Tage dürfte es auch nicht dauern, wenn Sie von ihm erfahren können, was ihm passiert ist.", behauptet der Doktor. Der Kleinste der hier anwesenden schaut ihn fragend an, "Aber wie soll er sich denn daran erinnern?", gibt er ganz treffend zu bedenken. "An das Erlebnis, das zur Amnesie führte und auch an einige Stunden davor können sich eigentlich alle Amnesie-Patienten erinnern.“, bekräftigt der Doc. Das haut dem Fass doch den Boden raus! “So ein HIRNVERBRANNTER Blödsinn!“, gehe ich nun endlich auch mal dazwischen, „So einen Schwachsinn habe ich ja noch NIE gehört! Haben Sie denn gar keine Ahnung von Medizin und Psychologie?! Wer glauben Sie eigentlich, wer Sie sind…?!“ Die Tatsache, dass er ein Alien ist, selbstverständlich ausgenommen. „Amnesien vergehen niemals nach nur wenigen Tagen! So etwas ist von Fall zu Fall unterschiedlich! Manche erinnern sich niemals wieder an die Zeit vor ihrem Gedächtnisverlust! Und was soll bitte der Unsinn, von wegen der Zeit vor und nach irgendeinem Unfall?! Amnesie ist Amnesie, verdammt noch mal, das bedeutet, man erinnert sich nicht, der Kopf ist vollkommen leer! Und was soll der Humbug von wegen Traumata auf Grund von Zurückweisung?! Das ist totaler Quatsch!“, berichtige ich als LAIE den Arzt! Doch niemand beachtet mich... …bis auf Dr. Daisuke. Seine dunklen Augen, starr auf mich gerichtet, ziehen meine Aufmerksamkeit unweigerlich auf sich. Kaum kommen meine Seelenspiegel auf seinem ausdruckslosen Gesicht zum Ruhen, läuft mir ein kalter Schauer nach dem anderen über den Rücken, was mich aber nicht davon abhält, ihn weiterhin anzusehen. Sein Blick ist scharf wie Damaszenerklingen und mahnend… kurz blitzen seine Augen rot auf. Erschrocken ziehe ich die Luft ein. HASP! SEINE AUGEN GLÜHEN GESPENSTISCH ROT! Schluckend verbeiße ich mir jedweden, weiteren Kommentar, so stimmig er auch sein mag, ziehe unterwürfig den Kopf ein. Genauso schnell wie es begonnen hat, ist es auch wieder vorbei. Dr. Daisuke wendet sich lächelnd an die anderen Anwesenden… Schauder… Das hat mir jetzt aber Respekt eingeflößt… Ich hab noch immer nen Erpelparker und mir fröstelt’s den Rücken rauf und runter… “Also muss Herr Kaiba es dem Jungen nur entlocken.", endet der Arzt zufrieden mit sich selbst. … (Ich verkneife mir an dieser Stelle auch jeden weiteren Gedanken…) Mein Körper bebt vor unterdrückter Wut- immer müssen solche Leute mit so was durchkommen! Meine kalt gewordenen Hände sind zu zitternden Fäusten geballt und mein Atem geht flach und tief. Zornig beiße ich die Kiefer aufeinander, um nicht gleich erneut laut ‚Hey, warum ignoriert ihr mich?!’, in einem anfahrenden Tonfall von mir zu geben. Da ertönt aus dem Nichts die weibliche, körperlose Stimme von vorhin, -Ich hab davon keine Ahnung, deshalb, wer Ahnung hat, nicht meckern, bitte. Sonst funktioniert die Story nich- Stumm blicke ich zum Himmel empor. In der Ferne donnert es leise. Eine kleine Wolke entleert sich über mir. "Können wir ihm nicht einfach einem Baseball-Schläger über den Schädel ziehen?" Diesen Vorschlag des Brünetten kann ich nur voll und ganz und in jeglicher Hinsicht unterstützen. Übrigens bin ich jetzt wieder nass…! "Herr Kaiba,", tadelt ihn der außerirdische Wunderheiler und Hellseher Doktor Ich-hab-dich-lieb-obwohl-ich-ein-böses-aus-einer-luftigen-Mumu-kriechendes-Alien-bin, "Das hier ist kein Cartoon, wo man dieses Problem so einfach lösen könnte!" “…“ -*drop*-, sagt die körperlose Frauenstimme. Ich schweige laut. Bekümmert schaut der Wunderarzt den Mantelträger an, "Ich komme nachher noch mal vorbei. Passen Sie auf den Kleinen auf!" Ohne ein weiteres Wort an seine Freunde zu verlieren, verschwindet der Chef in seiner Villa. Zusammen mit seinen Freunden bleibe ich zurück. Sie sehen ihm nach. Ich schaue sie an. “Schönes Wetter heute, hm?“, meine ich. Ohne mich zu beachten schaut einer nach dem anderen zu den beiden spielenden Kindern. “…“ Ja, ignoriert mich ruhig. "Hündchen, ja, jetzt passt das schon...", meint der Schläger tonlos. Der unheimliche Arzt verabschiedet sich von ihnen, außer von mir, und gibt ihnen noch einen Ratschlag mit auf den Weg: "Also in der Schule müsst ihr ihn dann ganz normal behandeln! Und wenn er nicht von allein zu euch kommt, lasst ihn in Ruhe, das ist das Beste. Auch wenn es euch schwer fallen sollte." Die zwei Jugendlichen und das Mädchen nicken trübsinnig, verlassen schließlich das Grundstück. Als ich mich umdrehe, um in die Villa zurück zu gehen, ist Doktor Daisuke verschwunden. Ich zucke gleichmütig mit den Schultern und gehe wieder rein, suche endlich die Küche, um zu frühstücken. Dieser Seto hat sich müde auf den nächstbesten Sessel sinken lassen. Vollkommen mit den Nerven runter stützt er sein Gesicht in seine Hand. ~Oh man, das heißt jetzt darf ich mich um zwei Kinder kümmern! Diese Großklappe scheint aber ganz anders zu sein als bisher. Nur die Augen, die sind genauso voller Leben und schön wie immer.... Upps, nicht schon wieder! Wieso denke ich in letzter Zeit so merkwürdige Sachen?~ Wenigstens weiß ich jetzt, dass ich nicht verrückt bin, sondern schlichtweg Stimmen höre. Eine Stimme habe ich lokalisieren können- sie ist die Gedanken von diesem pädophilen, zoophilen und nekrophilen Mantelträger hier. Während er vom Stubenfenster aus seinen Bruder und sein neues Haustier beobachtet, habe ich die Küche gefunden. Alles entsprechende hole ich mir dort aus den Schränken heraus, esse alleine, um schließlich das Geschirr fein säuberlich abzuräumen, zu waschen und wieder einzuräumen. Ich gehe zurück in das Zimmer, in dessen Sessel sich dieser Seto bis vorhin noch befunden hat. Dort treffe ich ihn noch immer an, doch ist er nicht mehr allein. Der Blonde hängt an ihm, wie eine Klette. "Was machen wir jetzt, Se-chan? Essen wär' mir am liebsten!" Scheinbar erfreut blicken ihn die saphirblauen Seelenspiegel des Größeren warm entgegen. ~Na, da haben wir ja schon wieder den alten Jounouchi!~ "Zuerst gehst du dich mal baden! Und dann bekommst du was Frisches zum Anziehen. Mokuba, geh du und hilf schon mal den Tisch decken!" Kapitulierend seufze ich. Eilig verschwindet der kleine Bruder in der Küche und die körperlose Frauenstimme findet, er tut das - ...merkwürdig widerspruchslos...-. Keine Ahnung, was das zu bedeuten hat. Unwirsch zerrt der Brünette den Blonden hinauf, vermutlich ins Badezimmer. Mir kommt der Gedanke auf, dass er ziemlichen Spaß daran zu haben scheint, der dominante Part dieser halben Beziehung zu sein. "Komm, Hündchen!" "Hmm, sag mal, Se-chan, warum haben mich diese Leute Jounouchi genannt?" Ergeben folge ich den beiden die Treppe hinauf, ganz vorsichtig, mich verkrampft am Treppengeländer festhaltend. "Weil du so heißt, du Dummerchen!", kontert der Chef. Etwas zittrig bin ich schon, immerhin ist mir nicht entgangen, dass diese Treppe mich ganz und gar nicht zu mögen scheint. Die letzten Stufen stolpere ich hinauf, falle auf meine Hände. "Und nur du nennst mich Hündchen? Das finde ich schön! Also bin ich wohl doch was Besonderes!" Ein wenig außer Atem brauche ich die eine oder andere Sekunde, um mich wieder fassen zu können und weiter zu gehen. ~Er freut sich wirklich darüber! Nein, das ist nicht mehr mein Jou...~ … Ich könnte augenblicklich diese Treppe hinunter stürzen, dabei jämmerlich mein Leben lassen und es würde niemanden jucken… Energisch beiße ich die Zähne zusammen und stemme mich auf, stoße dabei versehentlich eine Marmorfigur um. Ich bleibe nicht erst, bis sie in der unteren Etage zerschellt und habe die Verfolgung der beiden jungen Männer wieder aufgenommen. Ein paar Meter laufe ich etwas rascher, dann bin ich hinter ihnen. Es bringt nichts, sich einen Kopf zu machen. Ich ohnehin momentan nichts an meiner Situation ändern, also muss ich damit leben, dass es ist, wie es ist. Endlich erreichen wir das Badezimmer und der Blonde freut sich riesig über diese aufgedonnerte Geräumigkeit. Ich habe es gestern beim Duschen auch sehr angenehm gefunden. Elegant geht der Braunhaarige zur Badewanne hinüber, lässt warmes Wasser ein und streut wohl duftendes Badesalz hinein. "So, geh da rein und wasch dir ordentlich deine verdreckten Haare!" Und bitte hinter den Ohren nicht vergessen… Es nicht erwarten könnend, zieht sich das Hündchen, wie befohlen, augenblicklich aus. Holla~, solch eine Befehlsgewalt hätte ich auch gerne! Vergleichsweise schnell saust der Brünette mit mehr Farbe als üblich um die Nasenspitze herum an mir vorbei aus dem Bad. Anstandshalber gehe ich mit hinaus. Amüsiert gluckst die körperlose Frauenstimme -Schüchtern isser also auch noch-. Seto sucht diesem Jounouchi neue Kleidung zusammen. Eigentlich habe ich erwartet, dass der Braunhaarige draußen wartet, bis der Blonde mit dem Waschen fertig ist, aber ich habe mich getäuscht. Offenbar kann das Schicksal hier nicht auf eine niedliche Badeszene verzichten, die jedes Zuschauerherz, wenn es denn Zuschauer gibt, bei so viel Niedlichkeit höher schlagen lässt. Kaum habe ich ein leises Plätschern hinter mir vernehmen können, ist der Brünette zurück im Bad und gerade setze ich an, ihm nachzukommen, knallt er mir die Tür vor der Nase zu… Schweigend bleibe ich draußen stehen und frage mich einmal mehr, warum ich eigentlich hier bin, was das soll und wo ich mich hier überhaupt befinde. Bisher ist alles zu rasant gewesen, um sich genauer mit dieser Thematik zu befassen. Selbst hier draußen hinter der verschlossenen Badezimmertür kann ich die Jungs sehr gut hören. "Was wird das, wenn's fertig ist?", erkundigt sich der Brünette belustigt. "Eine Schaumparty!", antwortet die Stimme des Blonden. "Und wie lange soll Mokuba noch mit dem Frühstück warten?" Ich frage mich, ob der geistesarme Hund es wohl nicht schafft, sich alleine zu baden, aber ich lasse den beiden ihren Spaß… So einer bin ich ja nicht. Ein seltsames Geräusch lässt mich mein Ohr näher an die Badtür halten. Obwohl ich sonst nicht so handle, linse ich durch das Schlüsselloch hindurch. Der Blonde gibt einen schnarchigen Laut von sich, was wohl ein verunglücktes Schnurren darstellen soll. "Jetzt bilde dir bloß nichts darauf ein, Hündchen. Ich will bloß sicher sein das du ordentlich sauber wirst!" Etwas schnarcht lautstark weiter. Selbst die körperlose Frauenstimme scheint das nicht recht zu glauben, sie gibt ein ungläubiges -Klaaar...- von sich. Aber ich glaube, in Wahrheit freut sie sich. Zuvorkommend reicht der Brünette seinem Hündchen ein Duschgel und ein Handtuch, dreht sich dann zur Tür um und wartet geduldig auf seinen Schwarm. ~Ich muss ja noch dafür sorgen, dass Jounouchi auch zur Küche findet…~ Die körperlose Frauenstimme meint sarkastisch -Siiiicher…-, scheinbar glaubt sie diesem Seto auch nicht recht. Ganz schön verlogener Bursche, muss ich jetzt mal so offen sagen. Vorsichtig steigt der Kleinere von Beiden aus der Wanne und trocknet sich ab, dann zieht er sich die neue Kleidung an. Meine Hose trocknet gerade noch, durch das Tauwasser vorhin, das andere Wasser davor und dem Regenschauer danach ist sie ja zwischenzeitlich arg nass geworden. Just in dem Augenblick, in dem sich der Chef umdrehen will, umarmt ihn der Kleine von hinten. "Hmm, du riechst so gut, Se-chan!", erkennt der Flohbeutel, nicht ohne sich an seinen Geliebten zu klammern, wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring. Von hier aus kann ich GENAU erkennen, wie knallrot der Braunhaarige davon wird!!! "Lass das, Hündchen!", schnarrt er, macht sich von ihm los und verlässt eilig mit ihm im Schlepptau das Bad. Gerade so kann ich zur Seite springen, als die Tür aufgerissen wird, bekomme sie aber leider gegen den Kopf. Ohne mich weiter zu beachten gehen sie an mir vorbei, nach unten zurück, wo der Bruder von diesem Seto sicherlich bereits ungeduldig mit dem Frühstück auf sie wartet… Auf mich wartet übrigens keiner. ~1. Kapitel Ende~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)