Ein zweites Leben von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 7: Versprechen ---------------------- Oscar erwachte aus ihrer Ohnmacht: Auf ihrem Zimmer, in ihrem Bett und als junge Frau im Alter von achtzehn Jahren. Andre kniete vor einer Seite ihres Bettes und in seinen grünen Augen sammelten sich Freudentränen. „Mache die Augen auf. Kannst du mich hören, Oscar?“ „Andre...“ Oscar sah noch ein wenig benommen aus. „Was für ein Glück, du bist gerettet!“, Andre stand auf und sein Gesicht erhellte sich. Von der anderen Seite des Bettes hörte Oscar ein Schniefen und drehte ihren Kopf. Ihre Kinderfrau, Andres Großmutter, tupfte sich unter der Brille mit dem Taschentuch. „Oh, Lady Oscar, ich bin ja so glücklich... ich werde Euren Vater holen...“ Noch etwas wackelig auf den Beinen, vom langem Knien und Beten, erhob sich Sophie und verließ ihr Zimmer. Oscar drehte ihren Kopf wieder zu ihrem Freund. Wie anders er doch aussah: Kein kurzes Haar, kein verdecktes Auge und kein leidendes Gesicht. Er war nur ein Jahr älter als sie und kaum mit seinem anderen Abbild zu vergleichen. Und doch war er ein und der selbe Mann. „Andre, ich habe von unserer Kindheit geträumt“, sagte sie noch etwas schwach und versuchte ihn anzulächeln. „Du hast mit sehr trauriger Stimme nach mir gerufen.“ „Ach, Oscar...“, zutiefst gerührt und glückselig sah er sie an. Oscar wollte ihm keineswegs über das erzählen, was sie noch in ihrer Ohnmacht gesehen hat. Sie versuchte sich hochzuziehen. Dies gelang ihr schwer, zumal ihr linker Oberarm noch schmerzte. „Hilfst du mir beim Aufsitzen, Andre?“ „Aber klar doch.“ Andre griff ihr vorsichtig unter dem Arm, half ihr hoch und richtete ihr das Kissen hinter dem Rücken. „Danke.“ Oscar lehnte sich zurück und Andre brachte wieder den geordneten Abstand zwischen sie. Im Vorzimmer ging die Tür auf, was Andre dazu bewog, sich gänzlich zurückzuziehen und sich an das Fußende des Bettes zu stellen. Drei Personen betraten eilig ihr Schlafzimmer. Bei Oscars Anblick strahlten sie Freude aus. Ihr Vater nahm sich gleich einen Stuhl, stellte ihn nahe des Bettes und setzte sich darauf. „Wie geht es dir, meine Tochter?“ „Gut, Vater.“ Das stimmte nicht so ganz, aber sie wollte niemanden damit bekümmern. „Wir alle sind so stolz auf dich! Du hast der Prinzessin das Leben gerettet“, fügte ihr Vater noch lobend hinzu. Oscar schaute suchend in die Runde. „Wo ist eigentlich meine Mutter?“ „Sie hat sich sofort um die Prinzessin gekümmert, als Ihr außer Gefahr ward“, meinte Sophie beruhigend. Sie stand hinter dem General am Stuhl. Oscar atmete auf. Ihr Blick wanderte weiter und entdeckte Graf von Fersen. Wie war das noch mal? Er hatte sich auch für Andre eingesetzt. Aus welchen Gründen, wusste Oscar nicht. Die Stimme in ihr hatte wieder einmal recht behalten. „Danke, dass Ihr gekommen seid, Graf von Fersen. Ich habe Euch erst jetzt richtig kennengelernt.“ „Mir geht es mit Euch ebenso, Lady Oscar“, erwiderte von Fersen höflich. Oscar sah von ihm und zu Andre hinüber, der still und schweigsam wie ein Schatten am Fuße des Bettes stand und mit einem Arm am Pfosten lehnte. Sofort kam ihr der andere Andre durch den Kopf, und ebenso die andere Oscar. Das waren sie selbst gewesen, oder würden es sein, wenn sie nichts änderte. Was sollte sie aber tun? Wie konnte sie den beiden helfen und ihr Leid mindern? Und wo war diese Stimme in ihr jetzt? Oscar hatte doch die Frau in sich gesehen! Sie war von den hohen Mauern der Bastille aus erschossen worden und dann hatte sie der Nebel verschlungen. Sie war nicht tot - sie konnte nicht tot sein! Denn sie war schon längst verstorben und erlebte immer wieder diese Qual: Wie ihr Andre, der schon zuvor von einer unsichtbaren Kugel getroffen wurde und sich im Nebel auflöste. Ob diese andere Oscar weiterhin in ihr wohnte, wusste sie nicht. Oscar unterhielt sich mit den Anwesenden noch eine kurze Weile, obwohl ihre Gedanken woanders waren. Dann verabschiedete sich einer nach dem anderen von ihr, um ihr Ruhe und Erholung zu gönnen. Andre verließ sie als Letzter. „Ich werde später noch mal nach dir schauen.“ „Würdest du mir bitte noch Tee und etwas Gebäck bringen?“, bat ihn Oscar mit ungewohnt sanfter Stimme. „Aber natürlich“, Andre schenkte ihr sein sonniges Lächeln und ging. Er schien überaus erfreut zu sein, dass sie ihn darum bat. So konnte er noch etwas mehr Zeit mit ihr verbringen ohne einen Grund erfinden zu müssen. Oscar konnte ihm das nicht verdenken. Er liebte sie, das hatte die andere Oscar in ihr gesagt. Aber sie ihn? Er bedeutet ihr viel, aber an Liebe dachte sie dabei nicht. Sobald Oscar alleine auf ihrem Zimmer war, schlug sie ihre Decke hoch und stieg aus dem Bett. Sie trug ihre helle, dünne Schlafhose und ein Hemd. Sie schwankte etwas auf ihren Beinen und spürte noch eine leichte Schwäche in ihren Gliedern, aber sie gab nicht auf. Langsam setzte sie einen Fuß vor dem anderen, behielt ihr Gleichgewicht und tapste barfuß bis zu ihrem Spiegeltisch. Trotz des leicht wackeligen und langsamen Ganges erreichte sie ihn schnell, denn ihr Bettzimmer war nicht sehr groß, im Gegensatz zu ihrem Salon, der mit diesen Raum durch eine Bogenöffnung verbunden war. Oscar blieb vor dem Spiegel stehen, stützte sich mit ihren Armen an der Tischplatte ab und musterte ihr eigenes Profil gegenüber. Dieselben himmelblauen, stechenden Augen! Dieselben feinen Gesichtszüge und das goldblonde, lockige Haar. Letzteres reichte ihr derzeit allerdings erst bis zu den Schultern. „Oscar...“, hauchte sie in die glatte Spiegeloberfläche und musste hart schlucken. Es kam ihr absurd und lächerlich vor, mit ihrem eigenen Spiegelbild zu reden. Selbstgespräche bezeichnete man als eine Krankheit und wurde den Menschen zugeschrieben, die dem eigenen Wahn verfielen. Oscar war weder krank, noch wahnsinnig! Sie hatte eben nur diese Stimme in sich, die allerdings seit ihrem Erwachen verstummt blieb. „Ich habe alles gesehen und gehört...“, murmelte Oscar tonlos weiter: „Es tut mir aufrichtig leid... für euch beide... und was euch widerfuhr...“ Sie bekam keine Antwort. Das war bestimmt ein dummer Versuch von ihr. Sie sollte froh sein, dass diese Stimme vielleicht fort war und sie nie mehr mit hellseherischen Träumen belästigen wird. Aber dem war nicht so. Sie wollte sie hören, sie verstehen und womöglich ihr gar helfen! Sich selbst helfen, damit es ihr nicht auch so ergehen wird! Und auch Andre vor seinen Schicksalsschlägen bewahren! Wenigstens ihn! Dann könnte sie sich getrost Marie Antoinette und dem Volk widmen! Ihr Brustkorb zog sich erdrückend zusammen, ihre Hände formten sich zu Fäusten und jede Sehne ihres Körpers spannte sich. Es fiel ihr schwer, eigene Gefühle preiszugeben und ihr Herz zu öffnen - sogar sich selbst, vor ihrem eigenen Spiegelbild. Zorn und Verzweiflung stiegen in ihr hinauf. „Wenn du noch in mir bist, dann rede mit mir! Ich bestehe darauf!“ Auch darauf erhielt sie keine Antwort. Krampfhaft versuchte sie gefasst zu bleiben und ihren nahenden Wutausbruch im Zaum zu halten. Sie unterdrückte alles, atmete tief durch und sprach kaum flüsternd, aber verständlich: „Antworte mir bitte, Oscar. Mein eigenes ich, meine Zukunft... ich brauche dich... bitte sage doch etwas...“ Zuerst geschah nichts, aber dann hörte sie ein verbittertes Aufstöhnen in ihrem Kopf: „Warum?“ Oscar war unendlich erleichtert, die altbekannte Stimme in ihr wieder zu hören, aber sie ließ es sich nicht anmerken. „Was meinst du damit?“ „Warum muss er immer wieder sterben? Das verstehe ich nicht!“ bekam sie zur Antwort: „Ich dachte, wir haben uns endlich wiedergefunden und können nun für immer zusammen sein, aber dem war nicht so...“ Oscar hörte ein heftiges Schluchzen in sich und spürte wie die Bitterkeit dieser Frau auch sie ergriff. Es schnürte ihr die Kehle zu und ihre Augen begannen zu brennen. „Hör damit auf, sonst muss ich weinen...“ „Weine ruhig, das erleichtert!“ Das Schluchzen der Stimme in ihr hörte auf, aber die Reue und Bitterkeit nicht. „Tränen erleichtern, aber bringen keinen Frieden... Zumindest mir nicht...“ „Als Kapitän der königlichen Garde darf ich mir keine Tränen erlauben.“ Oscar fuhr sich mit ihrem Ärmel über die Augen. „Ich wurde zu einem Mann erzogen und kann mir keine Schwäche, keine weichen Gefühle leisten. Ich muss immer Stärke zeigen, besser als die anderen sein und niemals aufgeben.“ „Ich weiß“, unterbrach sie die Stimme in ihr und zur Bitterkeit mischte sich auch Bedauern: „Ich war genauso wie du. Ich war du. Und nun begehst du die gleichen Fehler. Ich will das nicht! Ich möchte durch dich einiges ändern. Aber jemanden zu etwas zwingen, ist mir zuwider. Sei es auch mein wiedergeborenes Ich. Ich kann dir nur zeigen, was passieren könnte, aber entscheiden musst du selbst.“ „Ich habe mich bereits entschieden...“ Oscar entspannte ihr noch leicht aufgewühltes Gemüt und fuhr fort. Sie sah dabei sich selbst stets in die Augen und stellte sich damit die andere Oscar vor: „Ich möchte mich dir anschließen, mit deiner Weitsicht das Schlimmste verhindern und natürlich dir helfen, deinen Andre zu finden und auch euer beider Frieden.“ „Danke für deine Anteilnahme, aber wie willst du das anstellen?“ „Das weiß ich noch nicht so genau, aber mir wird schon etwas einfallen. Das verspreche ich dir!“ Oscar legte sich ihre rechte Hand aufs Herz um ihre Aufrichtigkeit zu bekunden. „Ich zweifle nicht, dass dir etwas einfällt und ich werde dich gerne mit meinem Rat unterstützen. Aber wie willst du überhaupt meinen Andre finden? Du hast keinen Einfluss auf die Traumwelt und das was im Jenseits passiert. Nicht einmal ich bin dazu fähig die Dinge beeinflussen und so gestalten wie ich es will.“ „Das ist mir schon bewusst, aber es gibt doch immer einen Weg. Oder etwa nicht?“ „Das stimmt.“ gestand die Stimme in Oscar. Sie klang nicht mehr verzweifelt wie am Anfang ihres Gespräches. Nur die Bitterkeit und Reue, würde wohl nie aus ihr weichen. „Nun gut. Ich vertraue dir in dieser Sache, aber eins musst du mir noch versprechen.“ „Und das wäre?“, Oscar horchte aufmerksam auf und ihr Herz beschleunigte seinen Schlag, so, als wisse sie schon um was es geht. „Die Liebe“, sagte die Stimme in ihr direkt: „Lasse deinen Andre nicht so lange warten, wie ich es bei mir getan habe. Bemerke die Liebe und erwidere sie.“ „Ich...“ Oscar rang kurz mit sich, senkte ihren Blick zur Seite und umschloss den Kragen ihres Hemdes mit den Fingern. Innerlich schüttelte sie sich. „...ich bin noch nicht bereit dazu. Andre bedeutet mir viel, das gebe ich zu, und ich würde mein Leben für ihn geben, aber lieben wie eine Frau einen Mann liebt, kann ich nicht. Dafür bin ich nicht erzogen worden. Ich brauche Zeit, um meine Gefühle zu ordnen und zu verstehen.“ „Die Zeit kannst du haben, aber vergiss nicht: Man kann nicht gegen die Natur ankämpfen“, erwiderte die Stimme betonend und fügte noch naseweis hinzu: „Eine Rose, bleibt immer eine Rose und kann niemals eine Distel sein.“ Schlagartig richtete Oscar ihr Augenmerk wieder in den Spiegel. Diesen Satz kannte sie schon aus ihren früheren Träumen und eigentlich sollte sie ihn sich nicht mehr zu Herzen nehmen. Aber es stichelte immer wieder schmerzlich in ihrem Brustkorb, wenn sie ihn hörte. „Das hat dir dein Andre gesagt, nicht wahr?“ „Deiner wird dir das gleiche sagen, wenn du nichts änderst“, prophezeite die Stimme in ihr trocken und nahm sogleich einen versöhnlichen Tonfall an: „Aber wie dem auch sei... Ich versprach, dir in deinem Handeln zu vertrauen und daran halte ich mich. Du brauchst in der Tat Bedenkzeit, aber lass es nicht zu spät sein. Das ist das Einzige, worum ich dich bitte.“ „Versprochen.“ Oscar legte ihre Handfläche an die kalte Spiegeloberfläche. Sie wollte so eine Art Packt schließen, aber da es in diesem Falle nicht mit Handruck ging, musste es halt so gemacht werden. „Spürst du meine Hand, Oscar, mein wertes Ich?“ „Nein“, sagte diese: „Ich spüre nichts was dich betrifft oder von dir ausgeht. Du kannst es gefühllos nennen, aber es ist so. Deine Empfindungen sind nur für dich bestimmt. Ich kann nur mit deinen Augen sehen, deinen Ohren hören und deine Gedanken lesen - mehr nicht. Aber trotzdem danke für dein Versprechen und dein Vertrauen. Das nehme ich gerne an.“ „Ich danke dir auch.“ Oscar schloss kurz ihre Augen. Die Stelle unter ihrer Handfläche fühlte sich wärmer an. Auch der Boden unter ihren Füßen wirkte nicht mehr allzu kalt. „Oscar, was machst du da am Spiegel? Du musst doch im Bett bleiben!“ erklang eine verwunderte Männerstimme hinter ihrem Rücken. Leicht erschrocken, schlug Oscar ihre Augen auf und sah im Spiegel ihren Freund hinter sich stehen. Er hielt ein beladenes Tablett mit Tee, Gebäck und anderen Köstlichkeiten. Oscar entfernte ihre Hand vom Spiegel und drehte sich zu ihm um. Um ihre Mundwinkel zauberte sich ein kaum merkliches Lächeln und sie fand schnell ihre Fassung wieder. „Den ganzen Tag nur im Bett verbringen ist mir zu öde, Andre. Warum stellst du deine Last nicht auf dem Tisch im Salon ab und frühstückst mit mir?“ „Dein Angebot nehme ich gerne an“, Andre lächelte selig und ging schon hinaus. Er trug seine lange Ausgehjacke nicht mehr, dafür aber das weiße Hemd und die lange Weste oben drüber. Oscar blieb in ihrem hellen Schlafanzug. Es waren ihre Räumlichkeiten, ihr Reich und Andre kannte sie schon seit Kindesbeinen, um sich vor ihm in solcher Kleidung zu schämen. Sie schlüpfte nur noch in ihre Hausschuhe und ging ihm unverzüglich nach. Sie frühstückte mit ihm, trank ihren Tee und betrachtete ihn zwischenzeitlich verstohlen. „Wie fühlst du dich?“, fragte er, ohne davon etwas zu bemerken. Sein Blick heftete sich auf ihren linken Oberarm, wo sie ihre Verletzung vom Ast hatte. Ihr Hemd gab nichts davon preis, nur eine leichte Wölbung durch den Verband. „Schon viel besser.“ Oscar nahm noch einen Schluck Tee und stellte ihre Tasse auf dem Unterteller ab. „Und du? Wie ist es dir ergangen? Wie ich mich erinnere, hatte dich das Pferd der Prinzessin mitgeschleift.“ „Halb so schlimm.“ Andre sah flüchtig auf sich und winkte dann ab. „Dich hat es anscheinend schlimmer getroffen. Ich bin froh, dass du es überstanden hast und unter uns weilst.“ „Ja, ich auch.“ Oscar musste dabei an etwas anderes denken: An den anderen Andre und was sie der anderen Oscar versprochen hatte. Sie sammelte ihren Mut zusammen und stellte ihrem Freund die direkte Frage: „Du, Andre? Hast du schon mal von einem einäugigen Mann geträumt, der dir sehr ähnelt, aber kurzes Haar trägt und wesentlich älter ist als du?“ „Das hast du gut ausgeklügelt, Oscar!“, lobte sie kurz angebunden die Stimme in ihr: „Ich bin beeindruckt und gespannt, was er dazu sagen wird!“ Andre konnte für einen Moment nichts sagen. Verdattert und verwundert, starrte er seine langjährige Freundin an. „Nein, habe ich nicht“, brachte er verstockt heraus: „Und warum sollte ich? Wer ist dieser Mann, Oscar?“ „Das erkläre ich dir irgendwann später, wenn die Zeit reif ist.“ Oscar führte ihre Tasse wieder an die Lippen und während sie an ihrem Tee schlürfte, warf sie ihm einen abschätzenden Blick unter ihren langen Wimpern hervor. Nach Abstellen der Tasse beendete sie ihren Satz: „Würdest du es mir aber trotzdem sagen, wenn du von ihm träumst?“ „Wie du wünschst, Oscar. Aber diese Sache bereitet mir irgendwie Unbehagen.“ „Sei unbesorgt, Andre. Ich werde das schon regeln.“ „Wie typisch von ihr“, dachte Andre geknickt bei sich. Oscar versuchte immer alles selbst zu regeln. Egal, ob sie der Aufgabe gewachsen war oder nicht. Sie war immer so mutig, tapfer und stark. Das bewunderte er an ihr sehr. Und doch war sie eine wunderschöne Frau, die nach Gerechtigkeit strebte und ihre Prinzipien niemals aufgab. Warum musste sie nur ihre Gefühle verstecken? Wieso verbarg sie vor ihm ihre Sorgen, ihren Kummer und einfach alles was sie beschäftigte? Wie die Sache mit dem einäugigen Mann zum Beispiel! Wer war er? Warum interessierte er sie? Und wie kann er von ihm träumen, wenn er nichts mit ihm zu tun hatte? Er hatte es Oscar versprochen, weil er ihre Bitten niemals abschlagen könnte. „Träumst du, Andre?“, entriss ihn Oscar aus seinen Gedanken. „Nein. Ich habe mir überlegt, ob du vielleicht fechten oder ausreiten möchtest“, log er ausweichend und senkte verlegen seinen Blick auf die Tischkante. „Nicht jetzt, Andre, aber heute Abend bestimmt.“ Oscar schluckte den Köder. Sie hatte nicht gemerkt, dass er sie anlog. Die andere Oscar dagegen schon. „Er hat dir nicht das gesagt, an das er wirklich gedacht hat“, sagte sie überlegend. „Meinst du?“ fragte Oscar gedanklich und ließ Andre nicht aus den Augen. „Und warum sollte er mich überhaupt anlügen?“ „Ich vermute, er kann dir nicht sagen, dass er an dich gedacht hat.“ „Ich verstehe...“ Oscar verstand, dass er selbst seine Gefühle vor ihr versteckte. Er würde alles daran setzen, sie sich nicht anmerken zu lassen, um die Freundschaft zwischen ihnen nicht zu gefährden. Es lag an ihr, den ersten Schritt zu machen, aber sie war noch nicht bereit dazu. Nicht jetzt, wo sie andere Veränderungen vornehmen wollte. Das erste war, Marie Antoinette näher an das Volk zu bringen, sobald sie Königin sein würde. Bis dahin war es nicht mehr weit, wusste sie von der Stimme in ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)