Ecce equus niger von AomaSade (LV x HP) ================================================================================ Kapitel 2: Erkenntnis --------------------- „Wiederhole das noch einmal!“, zischte Voldemort wütend, während er Lucius Malfoy mit seinen blutroten Augen erdolchte. Beide Männer standen in einer dunklen Kerkerzelle, in der, nach den frischen Spuren an den Wänden zu urteilen, noch vor kurzem gefoltert wurde. „Mein Lord, Potter ist heute morgen von hier entkommen, obwohl alle Zauber und Banne, so wie Ihr es befohlen habt, auf ihn angewendet wurden. Ich habe sie höchstpersönlich nach Euren Anweisungen ausgesprochen. Sie haben ihre volle Wirkung entfaltet und wären danach nur noch von Euch lösbar gewesen. Ich kann es mir nicht erklären wie er trotzdem fliehen konnte“, sprach Malfoy mit vorsichtiger Stimme. „Ach, du kannst es dir nicht erklären, Lucius! Habe ich irgendwelche Anweisungen über Bestrafungen oder Folter für Potter hinterlassen? Habe ich angewiesen, dass er in die hinterste, kälteste, feuchteste Kerkerzelle geworfen werden soll?“ Die Stimme des Dunklen Lords wurde immer lauter und schneidender. „Nein, ich hatte angewiesen, dass Potter sicher zu verwahren ist bis ich mich selbst um ihn kümmern kann, wenn meine Macht nach dem endgültigen Sieg gesichert ist. Also, sag mir Lucius, warum war er in diesem Loch und warum wurde er entgegen meinen Anweisungen gefoltert? Denn ich rieche seine Angst und sein Blut klebt an den Wänden.“ Voldemort war fuchsteufelswild. Wie konnten seine Untergebenen es wagen, Hand an seinen persönlichen Gefangenen zu legen! Das dürfte nur er, nur er hatte diese besondere, einzigartige Verbindung zu Potter, durch die sie beide manchmal teils verschwommene, teils klare Gedanken, Träume und Emotionen teilten, wenn sie sich in außergewöhnlichen Gefühlssituationen befanden, verursacht durch extreme Wut, Glück oder Angst. Aber seit heute morgen war alles anders. Ein so verzweifelter Hilfeschrei, wie er ihn noch nie vernommen hatte, war durch seine Gedanken gerast, erzählte von unsäglichem Leid und Todesnähe, schickte die gleichen entsetzlichen Schmerzen durch den eigenen Körper und zwang ihn entgegen seiner Logik, an den Ort der Verzweiflung zu eilen, um zu helfen und zu beschützen. Kurze Zeit nach seinem Eintreffen in Malfoy Manor legte sich ein undurchdringlicher Nebelschleier, der entfernt an die Form eines Pferdes erinnerte, über die weiterhin offene Gedankenverbindung zu Potter. Voldemort konnte nichts mehr sehen, nur noch ab und zu Gefühle empfangen, so wie jetzt: Trotz starker Schmerzen war der ehemalige Retter der Zaubererwelt noch am Leben. Lucius war vorher schon blass vor Furcht gewesen, aber jetzt wurde er kreidebleich. Er hatte den Befehl seines Herrn zur Sicherung von Harry Potter im allgemeinen Siegestaumel auf die leichte Schulter genommen und nur die notwendigste Anweisung, Potter nicht entkommen zu lassen, an die anderen Todesser weitergegeben. Nachdem er Potter ins Verlies gebracht, angekettet und die Zauber und Banne gesprochen hatte, kümmerte er sich nicht mehr weiter um die Angelegenheit und überlies anderen Todessern die Aufsicht über den berühmten Gefangenen. Dass diese in ihrer Siegesfreude Potter aus Rache für ihre zahlreichen Niederlagen in der Vergangenheit folterten, war ihm vollkommen entgangen. So wie es hier aussah und roch, konnte von einer sicheren Verwahrung des Goldjungen nicht die Rede sein. Wenn überhaupt, war dieser nun mehr tot als lebendig. Er hatte versagt. Das erkannte Lucius jetzt mit aller Deutlichkeit. Sein Lord wollte den Helden in einem Stück, heil und gesund, damit er ihn selbst foltern und unterwerfen konnte. Und um diese Freude hatte Lucius seinen Lord durch seine Unachtsamkeit gebracht. Jetzt konnte er nur noch den Schaden begrenzen, denn um eine Strafe käme er nicht herum, dafür kannte er seinen Herrn zu gut. Die Aura des Lords pulsierte stark und aggressiv, dieser war so zornig, dass Lucius vor Schmerz und Kälte zusammenzuckte. „Ich habe sofort alle Todesser, die sich im Manor aufhielten, auf die Suche nach dem Geflohenen geschickt. Potter ist verletzt, seine Magie durch die Banne geschwächt, er kann nicht weit gekommen sein!“ Voldemort schaute enttäuscht zu seinem Untergebenen und sagte belehrend: „Wie so oft kannst du nicht über deinen Standesdünkel hinaussehen, Lucius, und dir entgeht dadurch das Wesentliche. Harry Potters Magie soll geschwächt sein? Wie, glaubst du, hat er die Zauber und Banne, die ich extra für seine sichere Verwahrung entworfen habe, brechen können? Nicht einmal du mit deinem Zauberstab wärst dazu in der Lage gewesen. Und er hat es ohne Zauberstab hinbekommen, obwohl sein Körper und Geist nach wochenlanger Folter ausgezehrt waren. In all den Jahren solltest du wenigstens eine Sache über Harry Potter gelernt haben: Je tödlicher und auswegloser eine Situation für ihn war, je besser konnte er sich aus ihr befreien. Und erst die Folter durch deine unfähigen Gefängniswärter gab ihm die Kraft für seine Flucht. Mache also nicht schon wieder den Fehler, ihn zu unterschätzen. Ich will, dass er bis zum Ende des Tages gefunden und ohne neue Verletzungen zurückgebracht wird. Enttäusche mich nicht noch mehr, Lucius! Deine Strafe wird sonst nicht nur hart sondern schrecklich sein.“ Lucius wandte sich schnell ab, um den Befehl auszuführen. Er würde selbst nach Potter suchen. Diesen Stümpern von Todessern, die schon die Gefangenschaft von Potter für ihre Folterspielchen missbraucht hatten, traute er keine erfolgreiche Jagd nach dem Entflohenen zu. Außerdem musste er sie davon abhalten, in ihrer Dummheit Potter erneut zu verletzen. Wenn ihm von irgendeinem dieser inkompetenten Todesser noch ein weiteres Haar gekrümmt wurde, war sein Manor heute Abend todsicher todesserfrei. „Und Lucius, ich möchte dich und alle Todesser, die mit Harry Potter während seines Aufenthaltes hier in Kontakt waren, heute Abend sehen“ befahl sein Lord abschließend. Malfoy schluckte bei diesen Worten, bevor er ging. Er sah dem Ende des Tages sehr furchtsam entgegen. ~•~•~•~•~•~ Lord Voldemort, jetzt absoluter Herrscher über Zaubergroßbritannien und wie immer ganz in Schwarz gekleidet, saß in seinem Arbeitszimmer vor dem Kamin und starrte missmutig in die Flammen. „Nagini“, begrüßte er seine Schlange und streichelte ihren Kopf als sie sich zu ihm hochschlängelte. „Meister, ich habe deine wütende Magie bis in die hinterste Ecke des Hauses gespürt. Warum bist du so aufgebracht?“ Der Lord knurrte: „Malfoy und meine stümperhaften Todesser haben Harry Potter entkommen lassen. Wieder einmal.“ „Das ist ärgerlich, Meister. Aber sie werden ihn doch rasch wieder einfangen. Jetzt, wo du endgültig alle Feinde besiegt hast, kann er sich nirgendwo mehr verstecken. Seine Freunde sind alle tot oder eingesperrt, der Widerstand gebrochen. Keiner wird ihm helfen. Er ist jetzt ganz allein.“ „Nagini, wir reden hier von Harry Potter! Dem einzigen Zauberer, der es jahrelang immer wieder geschafft hat, aus unseren Kämpfen lebend zu entkommen. Egal, wie oft ich versucht habe, ihn zu töten oder gefangenzunehmen, er entkam.“ Voldemort streichelte gedankenversunken weiter mit seiner Hand über den Schlangenkörper. Vor seinem inneren Auge entstand das Bild eines trotzigen jungen Mannes mit schwarzen windzerzausten Haaren und blitzenden grünen Augen, dessen feuriger Blick sagte, dass er sich nie freiwillig ergeben würde. Alle weißen Zauberer hatten seine absolute Herrschaft anerkannt beziehungsweise wurden dazu gezwungen, selbst die letzten abtrünnigen Rebellen. Nur Harry Potter musste wieder aus der Reihe tanzen. Seine Gefangennahme war eher ein Versehen als Absicht seiner Todesser gewesen. Voldemort hatte den leisen Verdacht, dass Harry des Kämpfens müde war und einfach aufgegeben hatte. Oder war alles ein Trick und er hatte seine Gefangennahme fingiert, um von irgendetwas abzulenken? Nein, der Sieg der dunklen Seite war vollkommen, die weiße Seite hatte endgültig kapituliert. Aber nur mit Harry Potter in seiner Hand war sein Sieg komplett. Er war seine wahre Siegertrophäe, schon immer gewesen wie er jetzt erkannte. Und heute Morgen hatte dieser es wieder geschafft, ihm zu entkommen. Sein Gefühl sagte Voldemort, dass er seine Trophäe diesmal nicht so schnell wiedersehen würde, obwohl seine Macht und Herrschaft jetzt grenzenlos waren. „Was hattest du tatsächlich mit ihm vor, Meister? Folter und Tod ganz bestimmt nicht. Sonst wäre das bereits schon geschehen.“ Nagini starrte ihren Meister voller Zuneigung an. Seine Magie hatte sich beruhigt und strich nun sanft liebkosend über ihren Schlangenkörper. Wie sie das liebte und genoss. „Du bist meine einzig wahre Vertraute und kennst mich wirklich gut, Nagini.“, antwortete der Lord lächelnd. „Nein, ich hatte nicht mehr vor, ihn zu töten. Was nützt einem die Weltherrschaft, wenn man niemanden hat, der diese Tatsache zu würdigen weiß. Und die magische Welt ist viel interessanter und aufregender mit Harry Potter darin.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)