Child of Wisdom von Ireilas (Fortsetzung von Lost Prince) ================================================================================ Kapitel 7: Zwischenstopp in einem Geisterdorf --------------------------------------------- Vor etwa zwei Stunden hatte Siri die Erkenntnis, dass die finsteren Wesen menschliche Gestalt annehmen können, vor einer Stunde schloss sie sich mit dem Dunkelmagier Furah zusammen und seit einer halben Stunde flüchten die zwei durch den grauweißen Wald. Die Kreaturen der Finsternis waren ihnen dicht auf den Fersen, weshalb die zwei sich beeilen mussten, wenn sie einem Kampf entgehen wollten. Immerzu zog der Magier Siri an der Hand, wenn sie langsamer wurde. Ihre Fragen, wie „Musst du dauernd an mir ziehen?“ und „Wohin bringst du mich?“, ignorierte er eine ganze Weile. Lyze wäre da anders gewesen, dachte sie sich. Selbst wenn sie in Eile wären, würde er ihr wenigstens verraten, was er zum Schutz vor den Monstern geplant hatte. Dass sie bereits einmal zusammen flüchteten und Lyze dabei keineswegs stehen geblieben war, daran konnte sich Siri nicht erinnern – oder wollte es nicht. „Furah, halt an! Ich kann wirklich nicht mehr!“ „Das geht nicht!“, antwortete er endlich, „Nur noch ein Stück, wir sind gleich da!“ „Wo ist denn ‚gleich da’??“ „Das sage ich dir, wenn wir dort sind!“ „Hä?“, allerdings, das war verwirrend. Warum sollte man wissen wollen, wohin man geht, wenn man dort schon angekommen war? „Vorsicht!“, Furah schlug der jungen Frau mit Absicht ein Bein weg, damit sie zu Boden ging; als in diesem Moment eine schwarze Substanz über ihren Kopf hinweg schoss und den Felsen, auf den sie traf, schwarz färbte. „Auaa!“, meinte Siri beim Aufstehen und rieb sich dabei das Steißbein, „Hättest du nicht sagen können, ich soll runter gehen oder so was?“ Na ja, jeder hatte wohl seine eigene Methode zur Warnung von Mitmenschen. Als zwei der schwarzen Verfolger einen Baum hinauf krochen und feste Gestalt annahmen, ließ Siri ein verspätetes „Sie sind hier!“ von sich. „Wir aber auch.“ Siri konnte beobachten, wie der Arcaner ein Pergament aus seinen Ärmel zog und etwas vor sich her murmelte – wo er wohl all die Pergamente aufbewahrt…? Leider, bevor er fertig war, spuckten die finsteren Kreaturen erneut mit einer schwarzen Substanz. Siri wich der Einen aus, vor der Anderen packte sie Furah am Ärmel und zog ihn zur Seite, da er in seiner Konzentration nicht mitbekam, dass er angegriffen wurde. „Hast dus dann bald!?“, Siri wurde mit jeder Sekunde ungeduldiger. Und wenn sie in Panik war, konnte sie sehr ungeduldig sein. „Moment noch.“ Sie duckte sich, „Den haben wir nicht!“, und versteckte sich erstmals hinter Furah, auch wenn er sich im Moment nicht verteidigen konnte. Es folgten weitere finstere Kreaturen, als das Monster in Männergestalt einfach so aus dem Nichts hinter einem Baum hervor kam. „Gib mir das Mädchen.“, meinte er ernst, als er schrittweise auf die geduckte Siri zuging, die sich hinter dem halbverrückten Arcaner versteckt hatte. Endlich war Furah fertig und schaute den Mann vor sich einen Moment lang schief an. „Welches Mädchen?“, ehe er sich halb umdrehte und sein Pergament gegen einen dicken Baum warf – und Siri in dessen Richtung schuppste. „Schnell, geh hindurch, schnell!“ Die junge Frau sah verwirrt zwischen dicken Baum und Fruah hin und her – genau wie das Monster in Menschengestalt – und verzog die Mine. „Wo hindurch!?“ „Lauf einfach, ich komme nach!“, da sprang der Arcaner auf und davon, in die Bäume hinauf, sodass einige der Kreaturen auf ihn aufmerksam wurden. „Ihm nach!“, meinte der Mann, „Lasst ihn nicht entkommen!“, ehe er sich wieder Siri zuwandte. Nachdem sie nicht mehr mit eine vernünftige Antwort von Furahs Seite rechnen konnte, wo genau sie „hindurch“ laufen sollte, nahm sie ihren Mut zusammen, schaltete all ihre Zweifel und Wissen über physikalische Gesetze aus, und lief gerade aus auf den dicken Baum zu. Noch bevor der Mann bei ihr ankam, war sie verschwunden. Ein bisschen perplex starrte er den Baum an, bevor er, nach Zögern, die Rinde berührte – es aber nichts geschah. Erbost über das verschwinden der Gesuchten, drehte er sich kurzerhand um und jagte dem nach, der ihr bei der Flucht verholfen hatte. Auf der anderen Seite eines ganz anderen Baumes angekommen, musste Siri erstmals feststellen, wo sie überhaupt raus gekommen war – und was überhaupt gerade geschehen ist. Wie konnte man denn auch durch einen Baum hindurch laufen? Schon verblüffend, was Dunkelmagie so alles kann. Siri drehte sich noch einmal um und sah auf den grauen Wald, der hinter ihr lag, zurück. Anschließend blickte sie nach vorne, zum Dorf, das vor ihr lag. Unterwegs packte sie die Karte aus, die ihr Avrial auf den Weg mitgegeben hatte. Eigentlich wollte sie erst nachsehen wo sie sich befindet, wenn sie IN einem Dorf war, aber nachdem Furah sie an ein x-beliebiges Ende des Waldes katapultiert hatte, wollte sie ihren Standort bereits jetzt herausfinden. Eher sie mit dem Finger an der Karte ein Dorf fand, welches zu ihrem Standort passte, stand sie vor einem Schild mit dem Dorfnahmen. „Tasa.“, murmelte sie und suchte es auf der Karte. „Oh nein-“, sie seufzte, „Dann habe ich ja erst den halben Weg nach Destercity hinter mir…“ Es bereitete ihr sorgen zu wissen, dass sie dieselbe Länge, mit den vermutlich selben Problemen noch einmal vor sich hatte… Erstmals um Kräfte zu tanken, betrat Siri das Dorf und sah sich nach einem Gasthaus um. All die Straßen und Gassen waren wie leergefegt. Der kalte Wind raunte um die Häuser und Lampen herum, die scheinbar schon mit Elektrizität des Fenduskristalles gearbeitet hatten. Ob es noch Bewohner gab? Siri schritt über den menschenleeren Marktplatz und suchte nach versteckten Lebewesen. Rufen wollte sie nicht, da sie befürchtete, die schwarzen Monster wieder auf sich aufmerksam zu machen. Über den tiefen Brunnen in Marktplatzmitte gebeugt, sah die junge Frau hinab in die Tiefe, ob da vielleicht noch ein schluck Wasser übrig wäre. Sie hob einen Stein vom Boden auf und ließ ihn in den dunklen Brunnen fallen, um zu hören, ob es platscht. Doch statt einem Platschen hörte sie ein kaltes Aufschlagen des Steines, wie als würde er auf Eis treffen… Im nächsten Moment hörte sie nicht weit entfernt etwas krachen – es klang wie Holz, das umher geworfen wurde. Siri lief dem Geräusch nach und näherte sich langsam der engen Seitengasse, wo irgendwo der Ursprung sein musste. Es konnte nur drei Ursache haben: Menschen, hungrige Tiere, oder die schwarzen Monster, die Möbeleinrichtung bei der Suche nach Siri auf den Kopf stellten. Mit zögern ging Siri an den eng an einander liegenden Häusern vorbei. Es war wieder so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können – das bereitete ihr zusätzliche angst. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, dem Geräusch auf den Grund zu gehen; nur blöd, wenn man darauf immer erst dann kommt, wenn es schon fast zu spät war. Da flog ein Holzhocker quer durch ein Fenster, auf die Gasse, vor Siris Füße! Mit einem schreck sprang sie zurück und spürte ihr Herz bis in den Hals schlagen. Nun gab es kein zurück mehr. Wenn da etwas, oder jemand war, dann würde sie es jetzt herausfinden müssen. Vorsichtig presste sie sich an die Hauswand und lehnte sich weit genug rüber, um ins eingeschlagene Fenster sehen zu können. Ihrer Stimme entfloh nur ein leises „Uhm, hallo…?“ Im nächsten Moment riss Siri die Augen auf: nicht weil ein weiteres Möbelstück über ihren Kopf hinweg flog, sondern weil sie in ein ihr bekanntes Gesicht blickte! „Furah!?“ Na ja, das war weder Ursache Mensch, noch schwarzes Monster – kam also Ursache 2 am nächsten. „Oh, da bist du ja.“, war die Antwort des Arcaners, der Schränke und Laden nach Essbaren durchsuchte. „Was zum Geier tust du da? Und wie bist du so schnell hierher gekommen?“, Siri kletterte beim Fenster herein, „Bist du auch durch einen Baum gegangen? So bewegst du dich also fort…“ „Nein, das stimmt nicht.“, Furah machte eine Handbewegung, worauf hin ein Tisch zur Seite flog, „Würde ich mich nur so fortbewegen, wäre ich dann wohl unbeweglich und schwächlich.“ „Aha.“, Siri erkannte sich in seiner Aussage wieder, „Danke.“ Plötzlich fiel ein Schrank, in dem viele Teller gelagert waren, mit lautem Krach um. Siri riss es in dem Moment, während Furah über die Trümmer hinweg stieg und weitersuchte. „Musst du so einen Lärm machen!?“, beschwerte sie sich, „Wonach suchst du eigentlich?“ „Na wonach schon? Ich habe Hunger-“, er schmiss ein paar Bücher von einem Regal, „-und mir ist kalt.“ Tief musste Siri darauf seufzten. „Das wundert mich überhaupt nicht. Aber das hier ist kein Selbstbedienungsladen – das Haus gehört doch jemanden-“ „Gehörte.“ „Was?“ „Das Dorf ist leer, die Bewohner sind geflüchtet.“ „Mag sein, aber-“ „Hilf mir lieber, du hast doch sicher auch nichts im Magen.“ „Furah, es gibt so genannte Kleiderläden.“, sie deutete zur zertrümmerten Tür, „Wenn wir also schon ein Dorf ausrauben, dann sollten wir wenigstens in den richtigen Häusern suchen.“ Gesagt, getan. Tatsächlich fand Furah auf Siris Tipp hin in einem Kleiderladen einen schicken, wärmenden Mantel. Überraschend, wenn man bedenkt, dass die Leute aus dem Dorf sicher nicht ohne warmen Kleidern und Proviant geflüchtet sind. Nach dem Besuch im Laden trat bereits die Abenddämmerung ein. Die zwei gingen in ein verlassenes Gasthaus, dort gab es genügend Übernachtungsmöglichkeiten und sogar noch ein paar Dosen mit Essen darin. Fruah hatte keine Ahnung, wie man aus diesen metallischen Dingern etwas Essbares rausbekommen sollte; der Dunkelmagier war kurz davor, mit einem Fleischmesser auf die unschuldige Büchse einzustechen, glücklicher Weise konnte Siri ihm gerade noch rechtseitig zeigen, wie man sie ohne Gewalt aufbekommt. Beim Essen setzten sich die zwei an einen Tisch, Siri erklärte ihm schließlich dabei, wieso sie alleine Unterwegs war, was es mit dem Kind der Weisheit, der Zukunft, der Vergangenheit und mit Lyze auf sich hatte. Bei dem Gespräch verdrehte Furah den Kopf. Etwas schien ihm nicht ganz logisch: „Das Kind der Weisheit kommt aus der Zukunft, nicht aus der Gegenwart?“ Siri nickte. „Und Lyze ist verschwunden, ihr braucht ihn aber, um den altarcanischen Spruch komplett zu kriegen?“ „Ja – willst du uns dabei helfen?“ „Nö.“, Furah lehnte sich zurück, „…Wenn aber das Mädchen aus der Zukunft kommt und euch so gut kennt…“, er stockte kurz und überprüfte Siris Gesichtsausdruck, „Die kleine ist Lyzes Tochter, nicht war?“, die Frau senkte bei seinen Worten den Kopf: Volltreffer. Furah musste breit grinsen und lehnte sich zu Siri nach vor: „Ach so ist das! Dich zerfrisst langsam aber sicher die Eifersucht, hm? Weiß Lyze überhaupt was von deinen Gefühlen?“ Die junge Frau antwortete nicht. Nach einem Moment der Stille fing Furah mal wieder an zu lachen – ob es ihn amüsierte, oder er einfach nur endlich verstanden hatte worum es ging, weiß man nicht. „Das ist aber eine Zwickmühle. Du musst ihm sagen was Sache ist, bevor es zu spät ist.“ Da sprang Siri wütend auf und schlug auf den Tisch: „Vielen Dank, das weiß ich auch!“, ehe sie ihren Platz verließ und zu den Treppen wanderte. „Ich bin müde, gute Nacht.“ Schwer betrübt stampfte sie murmelnd die Treppe hinauf, in den langen Gang, mit den fünf Gästezimmern. Ehe sie den Flur betreten konnte, stand schon wieder Furah vor ihr. Siri wich einfach aus und öffnete die Tür ins erste Zimmer – doch als sie hinter sich die Tür schließen wollte, stellte der Arcaner den Fuß dazwischen. „Es kann gefährlich in einem verlassenen Dorf werden, in dem die Bewohner vor den schwarzen Viechern geflüchtet sind.“ Siri starrte ihn nur schnaufend an. „Vielleicht wäre es besser, sich ein Zimmer zu teilen – nur für den Fall, dass etwas passiert.“ „Nur für den Fall das etwas passiert –“, Siri schnauzte ihm ins Gesicht: „Dann schlaf von mir aus vor meiner Tür, aber nimm deinen Fuß da weg!“ Nur mehr die Schultern hebend, mit einem Ich-habs-dir-gesagt-Blick, nahm Furah schließlich seinen Fuß aus der Türe, ehe diese zuknallte und sich Siri schwer gekränkt und müde ins Bett des dunklen Zimmers fallen ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)