Child of Wisdom von Ireilas (Fortsetzung von Lost Prince) ================================================================================ Kapitel 13: 5. Reise in die Vergangenheit ----------------------------------------- „Sie ist was?!“, Avrial dachte, er habe sich verhört, obwohl Limiu sehr deutlich sprach. „Wo ist sie? Ist ihr was passiert?“, eilig lief er von einem Fenster zum anderen, wenngleich Aira doch in einem ganz anderen Zimmer gewesen war. „Wir müssen sofort zu ihr!“ Limiu beobachtete das Verhalten des Arcaners eine Weile, bis sie schließlich den Kopf schüttelte; ihre Arme waren dabei die ganze Zeit hinter dem Rücken verschränkt: „Ich sagte, Aira ist aus dem Fenster gesprungen, nicht dass sie verletzt, oder gar tot vor dem Schloss liegt.“ Nun blieb Avrial etwas beruhigt stehen. Als er begriff, was Limiu damit ausdrücken wollte, drehte er den Kopf und fragte zur Sicherheit noch einmal nach. „Willst du damit etwa andeuten, dass...“ Draußen, schon nahe des Schlosses, gingen Lyze und Siri den Bergweg entlang. Sie unterhielten sich gut, obwohl der Regen nur ein wenig nachgelassen hatte. Hand in Hand gingen sie nebeneinander her, der Streit von vorhin schien bereits beinahe vergessen. „Sag mal Lyze…“, begann Siri, „Wie lang ging das schon so?“ Er sah zu ihr: „…Was meinst du?“ „Na ja… wie lange wusstest du bereits… über deine Gefühle für mich bescheid?“ Da begann der Halbengel zu überlegen. „Hm, eine ganze Weile schon, denke ich…“ „Und das hast du mir nie gesagt?“ „Wie hätte ich? Micas verschwinden hatte dich sehr mitgenommen… ich habe immer die sorge gehabt, es sei zu früh für dich.“ „Hehe.“, Siri gab ein trockenes Lächeln von sich, „Na, deine Gefühle hattest du ja auch ziemlich gut versteckt…“ „Was ist mit dir? Wieso hast du es mir nie erzählt?“ „Das wollte ich doch. Schon oft.“, die junge Frau kratzte sich verlegen, „Aber immer war ich entweder zu schüchtern, oder irgendetwas kam dazwischen.“ „Verstehe…“ „Sag mal… was hat dich dazu bewegt, mich suchen zu gehen?“ „Dich zu suchen war nicht das Problem, Siri. Irgendwie beschäftigten mich deine Ansichten, die ich verstehen wollte und für die ich eine Lösung suchte.“, Lyze sah kurz schmunzelnd hinab zum Dorf, „Ein alter Mann hatte mir geholfen. Er erzählte mir von seiner Liebe, die er nach dem Krieg aus den Augen verloren hatte.“, er überlegte kurz, „Komisch nur, dass ich mich nicht an einen Krieg innerhalb von Desteral erinnern kann…“ „Ach wer weiß. Wie man sieht, waren auch so manches Mal zwei Nachbarländereien in einem Streit verwickelt.“ „Hm, da hast du Recht.“ Unerwartet hörte man einen elektronischen Ton aus Siris Reisetasche. Beide schauten verwundert, ehe Siri hineingriff und mit einem „Oh, richtig.“ Lyzes Kommunikator hervor holte. „Du hast ihn bei dir?“, so Lyze. „Ja. Avrial gab ihn mir mit, damit wir uns im Notfall verständigen können.“ „Haha…“, Lyze musste sein lachen unterdrücken, als Siri auf das blinkende Display schaute. „Was ist denn? Warum lachst du?“ „Der Kommunikator funktioniert nur in einem bestimmten Bereich – noch dazu ist die Verbindung durch die fehlenden Fenduskristalle zusätzlich geschwächt. Du warst so weit Weg von Avrial seinem, dass es eigentlich nicht funktionieren hätte können.“, er schmunzelte, „Hauptsache du fühltest dich auf der Reise sicher, oder?“ „Ja…“, Siri grummelte ein wenig, als sie die Verbindung zu Avrial freigab; immerhin hatte er sie praktisch an der Nase herumgeführt. „Hallo?“ „Siri?“, nun tauchte Avrial am Display auf. „Ja, wir sind hier!“, sie zeigte kurz rüber zu Lyze, „Du musst dir keine Sorgen machen, wir sind gleich oben bei euch.“ „Gut… aber darum geht es nicht…“, er richtete verlegen seinen Zylinder, „Könntest du mir kurz Lyze geben?“ „Uhm…“, überrascht sah Siri zum Halbengel, „Klar.“, und übergab ihm das kleine Gerät. „Hallo Avrial… was gibt es denn?“ „Tja, wo soll ich anfangen? Du weißt doch, dass Aira bis vor kurzem bei mir im Schloss war…“ „Bis vor kurzem?“, er zog eine Braue hoch. „Nun ja. Aira, sie ist-“ „Lyyyyyzzee!“, eine bekannte, kindliche Stimme unterbrach das Gespräch, als die zwei schließlich gen Himmel sahen. Siris Reaktion war kurz und schnell: Sie schlug ungläubig die Hände ins Gesicht. Als nun auch Lyze den Grund für die Aufregung sah, ließ er den Kommunikator sinken, aus dem noch Avrials leises Rufen nach ihm ertönte. „AIRA!“, sowohl der Halbengel, als auch Siri riefen und wanken nach ihr, damit sie wusste, wo sie landen sollte: denn sie flog! Auf hellgelben Flügeln lachte sie von oben herab und umkreiste die beiden. Als Lyze schließlich mitbekam, dass ihre kleine Schwester nicht wirklich wusste, wie sie nun richtig landen sollte, erschienen seine Flügel, ehe er sich selbst in die Luft begab. Siri war durch den Windstoß ein wenig zurückgegangen und blickte anschließend zum Geschehen hinauf. Aira schien überhaupt keine Angst zu haben, auch wenn sie etwas unbeholfen Flog. Als Lyze bei ihr ankam, reichten sie sich die Hände und umkreisten sich kurz, bis der Bruder sie an sich heranzog und langsam den Flugwinkel gen Boden änderte. Siri lief voran, dem Schloss entgegen, da Lyze mit ihr vor dem Tor landete. Bei ihnen außer Atem angekommen, hatte sie noch die Satzfetzen „Das ist unglaublich!“ und „Trotzdem hast du Avrial angst eingejagt.“ mitbekommen. „Es tut mir Leid…“, Aira rieb sich sowohl verlegen, als auch traurig eines ihrer Augen. Daraufhin schüttelte ihr Bruder nur den Kopf. „Du brauchst dich nicht bei mir zu entschuldigen. Obwohl deine Aktion schon gefährlich war…“, er deutete neben sich, wo Avrial aus dem Schloss gelaufen kam. „Aira!“, rief der Arcaner dabei, „Oh zum Glück, dir ist nichts passiert!“ „Es… es tut mir Leid, Avrial!“, die Kleine verbeugte sich dabei vor ihm, „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist! Zuerst sah ich einfach nur aus dem Fenster, wirklich! Und im nächsten Moment…“ „Ist schon gut. Als Halbengel war es auch bei dir nur eine Frage der Zeit, wie ich finde…“, erleichtert seufzte der Magier kurz, bis er durch die Runde sah. „Ich bin nur froh, euch alle wieder zu sehen.“ Siri nickte noch kurz lächelnd, „Wir auch… das kannst du uns glauben.“, anschließend bot der Arcaner ihnen an, doch ins Schloss einzutreten – denn man durfte nicht vergessen: es regnete immer noch. Auf dem Weg ins Innere erzählte Siri dem Arcaner von ihrer Reise, dabei ließ sie kein Detail aus: der Schneesturm, der unheimliche Mann, der sich als verwandelte, schwarze Kreatur entpuppte, die unerwartete Hilfe von Furah, die Spur, die zu Lyzes Versteck führte, ihre gefährliche Reise, auf der Siri vergiftet wurde, … „Nachdem wir den Weg wieder gefunden hatten, fuhren wir schließlich mit dem Schiff zurück nach Ikana, wo es plötzlich stark anfing zu regnen und Lyze-“, Siri, die die ganze Zeit neben dem Halbengel ging, blieb bei Limius Anblick stehen. Auch Lyze holte kurz Luft, als er nun seiner zukünftigen Tochter gegenüber stand. Diese traute sich zuerst keinen Schritt näher. Sie starrte, komischer Weise, genauso fassungslos in Lyzes Gesicht, wie er ihr. Im nächsten Moment konnte sie nicht mehr anders: die Tränen, die sie zuerst versucht hatte zu unterdrücken, flogen regelrecht durch den Raum, als sie auf ihn zulief und dem sowieso schon verwirrten Halbengel in die Arme fiel. „VATER!“ Siri hatte sich bei dem Anblick ein klein wenig Eifersüchtig zur Seite gedreht. „Was hat sie denn?“, murmelte sie dabei; Avrial sah zu ihr rüber, „Sie tut so, als ob sie ihn das erste Mal sehen würde.“ „Na ja…“, war die lächelnde Antwort des Magiers, „Vielleicht ist es genau so. Niemand weiß, aus welcher Zukunft Limiu stammt…“ Mit einem Mal musste Siri schlucken, blickte dabei zu Avrial: „Du meinst…“, bei seinen Worten fiel ihr als erster Gedanke ein, dass der zukünftige Lyze eventuell seine eigene Tochter nicht einmal kennen gelernt haben könnte… „Keine Sorge.“, lachte der Arcaner, „Tod wird Limius Vater wohl doch nicht sein.“ „Woher willst du das wissen, Avrial?“ „Ich weiß nicht… es ist nur so ein Gefühl.“ „Aha…“, die junge Frau blinzelte dieses ungewöhnliche treffen der Generationen an – sie unterhielten sich prächtig – ehe sie den Kopf senkte. „…Ich habe es Lyze gesagt…“ „Was hat er dazu gemeint?“, wollte Avrial sogleich wissen. „Dass die Zukunft variabel sei…“ Kurz lächelte der Arcaner ihr zu, „Na also…“, ehe sein Blick wieder dem Geschehen galt. „…Manchmal muss man Lyze einfach nur vor den Kopf stoßen.“ Schon wieder hatte dies Avrial gesagt. Natürlich, er hatte in den letzten zwei Jahren oft mit dem Halbengel trainiert. Dabei fand er sicher heraus, was ihn zu neuen Vorhaben und Entscheidungen führte. Dann runzelte Siri sie Stirn. Als ihr Blick langsam zu dem Arcaner wanderte, fiel ihr ein, dass es tatsächlich in den letzten 100 Jahren keinen großen Krieg innerhalb Desterals gab; zuminderst stand davon nichts in den Geschichtsbüchern. Schließlich blieb ihr der Mund offen – sie schien zu erahnen, weshalb Avrial diesen Satz schon wieder losgelassen hatte. Ungläubig schüttelte die dem Magier nur mehr den Kopf zu: „Nein… du hast doch nicht etwa- Ich meine, du warst doch nicht-?“ Der Arcaner hob nur mehr schmunzelnd die Schultern, dann kam er zu Lyze und Limiu rüber: „So, wer hat nun Lust auf einen Tee…?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)