Child of Wisdom von Ireilas (Fortsetzung von Lost Prince) ================================================================================ Kapitel 14: Ab in die Kindheit (Teil 1) --------------------------------------- Es wurde spät in Ikana. Die Kinder, Aira und Limiu, lagen schon lange in ihren Betten und schliefen, als wäre die finstere Bedrohung der schwarzen Kreaturen nie da gewesen – natürlich, wenn man bedenkt, dass sie froh waren, ihre Familienmitglieder endlich wieder zu haben. Auch Avrial hatte sein Licht ausgemacht – somit erlosch die letzte Lichtquelle im Schloss. Wenngleich alle Lichter in dieser Nacht aus waren, saß Siri in ihrem Gästezimmer am Fensterbrett und schaute hinaus, hinab auf die Insel Ikana und dem funkelnden Meer. Sie hatte sie Beine angezogen, da die Windböen hoch oben kalt waren; außerdem war ein Nachtkleid nicht gerade wärmend. Sie dachte nach. Über den morgigen Tag und die vergangenen Ereignisse. Avrial hatte sie losgeschickt, um Lyze zu finden, damit die zwei in der Zeit zurückreisen konnten – und morgen war es soweit. Was würde sie erwarten? Konnte sie es wirklich ertragen, ihre verstorbene, damalige Liebe noch einmal als Kind zu sehen? Und dann war da noch Avrials tückischer Plan, der Lyze erst den Schupps in Richtung Siri gab… hatte er dies rein aus Freundschaft getan? Vor allem brachte sie diese Erfahrung erst auf den Gedanken, dass er dieses Spiel vielleicht schon eine ganze Weile verfolgt hatte… Doch eventuell machte sich Siri auch nur zu viele Gedanken: Arcaner handeln sehr Intuitiv; vielleicht wusste er einfach schon bei der ersten Begegnung, welchen Wert der Halbengel für sie hatte. Da öffnete sich die Türe: „Oh.“, Lyze blickte kurz in den dunklen Raum, „Es tut mir leid, ich dachte, du wärst noch wach...“, und schon war er wieder dabei, zu verschwinden. „Aber ich bin noch wach.“, die junge Frau drehte sich vom Fenster weg und wartete kurz, bis die Türe sich wieder einen Spalt öffnete. „Nur weil das Licht aus ist, heißt es nicht, dass ich schon schlafe.“ Einen kurzen Moment war Stille zwischen den Beiden, dann öffnete Lyze die Türe ganz. „Und… was tust du?“ „…Ich habe nachgedacht.“, sie lächelte zu ihm, bevor sie sich wieder dem Fenster zudrehte. „Es ist schwer zu schlafen, wenn man weiß, dass man morgen in die Vergangenheit reist…“ Neben ihren Worten kam Lyze näher. „Ich habe einfach Angst davor, Mica… und Mairon noch einmal gegenüber zu stehen.“ Der Halbengel nickte seufzend und setzte sich zu ihr. „Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Meine Familie sah ich zuletzt vor zwölf Jahren…“, er senkte den Kopf, „Was soll ich nur sagen? ‚Hey, ich bin euer Sohn aus der Zukunft; Paps wird unser Leben ruinieren.’ …Avrial würde es sicher nicht gefallen, wenn ich unsere Gegenwart verändere.“ „Lyze…“, Siri sah verständnisvoll zu ihm, „Er hat es mir ebenfalls gesagt. Wir sollen die zwei Teile des Spruches schnappen und sofort wieder umkehren. Wir werden bei der Reise in unser altes Ich versetzt, was so viel bedeutet wie, wir werden wieder Kinder sein. Es ist schwer, aber… wenn wir uns auch wie Kinder benehmen, wird niemand verdacht schöpfen.“ „Das sagt sich so leicht.“, Lyze sah von ihr ab, „Dein altes Leben ist auch nicht in Flammen aufgegangen.“ „Das stimmt nicht.“, die junge Frau legte die Hände auf seine Wangen, weshalb er zu ihr aufsah. „Ich hatte nie eine richtige Familie… mein einziger Anker, Mairon, verschwand Wort- und Grundlos von einer Nacht auf die andere. Alles, was mir in diesem düsteren Land blieb, waren meine zwei Freunde – Mica und Vilior.“, sie schmunzelte, „Gib es doch zu, wir haben beide keine rosige Vergangenheit.“ Nach einem weiteren seufzen, schloss der Halbengel kurz seine Augen, ehe er nickte. „Der morgige Tag wird für uns beide nicht leicht werden.“, ganz unauffällig hatte sich Siri in seine Arme geschummelt, „Das Beste wird sein, nicht darüber nachzudenken und es einfach durchzuziehen. Schließlich machen wir das nicht für uns, sondern für ganz Desteral.“, er streichelte ihr über den Kopf, „Richtig?“, worauf sie kurz lächelnd nickte. „Richtig.“ Der nächste Tag war schnell angebrochen. Der Reihe nach waren Avrial, Limiu, Aira, Lyze und Siri aufgestanden, um gemeinsam beim Frühstückstisch zu sitzen; da Avrial aber bereits fertig war und noch allerhand für die Magie zur Zeitreise zu tun hatte, war er nicht lange anwesend. Während die zwei Großen Butterbrote und Tee zu sich nahmen, leerten sich die Kinder Milch in ihr Müsli. Als Limiu fertig war, gab sie Aira die Milchflasche. „Du, Lyze.“, begann die Schwester, „Ich wollte dich heute Früh wecken, doch du warst nicht im Zimmer…“ Getarnt als Tollpatschigkeit verschluckte sich Siri an ihrem Brot, während Lyze versuchte die Fassung zu behalten. Im Grunde gab es auch nichts, worüber man großartig Ausreden suchen musste; nur weil der Halbengel nicht in seinem Bett schlief, hieß dies noch lange nicht, es sei etwas Außergewöhnliches passiert. „Ich war sehr früh auf den Beinen. Du weißt doch, dass ich noch von der Arbeit gewohnt bin, sehr früh aufzustehen.“ Im Gegensatz zur Schwester, schien dieses Gespräch Limiu kein bisschen zu beeindrucken. Vielleicht wusste sie einfach, dass ihre Existenz trotzdem nicht ins wanken geriet. „Aha…“, Aira stellte die Milch zur Seite und nahm einen Löffel voll Müsli. „Du weißt, welcher Tag übermorgen ist…?“ „Selbstverständlich.“, er lächelte, bevor er ihr quer über den Tisch durch die Haare wuschelte und dabei ihr Müsli zurück in die Schüssel flog, „Das ist der Tag, an dem du offiziell kein Kind mehr bist!“ „Als ein verantwortungsbewusster Teenager ändern sich dann aber auch deine Gewohnheiten.“, Siri grinste und begann auf den Fingern aufzuzählen: „Hausarbeit, Kochen, Wäsche selbst waschen, dir nen Freund suchen, schulische Leistungen aufrechterhalten,…“ „Siiirii!“, Aria wusste, dass sie es spaßig meinte; nach ihrem Ausruf lachten alle gemeinsam. Die Fröhlichkeit hielt jedoch nicht lange an, da Avrial, sich räuspernd unter dem Türbogen stand. „Es wäre dann soweit...“ Nickend erhob sich schon einmal Limiu von ihrem Platz und ging an dem Arcaner vorbei – sie wusste genau, dass das Spektakel in der Bibliothek stattfinden sollte. „Avrial. Gut, dass du hier bist.“, Lyze stand ebenfalls von seinem Platz auf, ging zu ihm rüber, „Siri und ich haben uns Gestern unterhalten.“ „…Und?“ „Wir sind beide der Meinung… dass wenn dieses Vorhaben klappt, wir keine Zeit verschwenden sollten. Wir brauchen eine große Armee, die uns unterstützt, an Destercity ranzukommen; und das weißt du.“ „Natürlich.“, er lächelte, „Hättest du es nicht gesagt, wäre dies mein nächster Vorschlag gewesen.“, der Arcaner ging zu einer Schublade und öffnete diese. Als er Papier und Stifte auf den Tisch gelegt hatte, sprach er weiter. „Schreibt Briefe. Ich werde dafür sorgen, dass sie rasch bei den betreffenden Personen ankommen.“ Siri nickte. „Wunderbar! Was doch nicht alles mit Magie möglich ist…“, sie nahm sich gleich Papier zur Hand, „Ich schreibe an König Vilior. Außerdem kenne ich da einen Katzenmenschen, der Verbindung zum Königshaus Paloozas hat; eventuell kriegen wir also auch von den Tiermenschen Unterstützung.“ „Und ich werde an die Engel schreiben. Herrscherin Alaphantasa wird sicher nicht untätig herumsitzen wollen, wenn sich alle Völker zusammenschließen, um die schwarzen Kreaturen zu verbannen.“ „Hervorragend.“, so der Magier. „Uhm, Avrial…“, begann Siri, bevor er den Raum verlassen konnte, „Wir könnten auch Magie gut gebrauchen. Nicht nur deine…“, sie wartete, bis er sich zu ihr drehte, „Furah wäre da eine hilfreiche Hand-“ „Bist du verrückt?“, nun war der Arcaner nicht mehr zu verständnisvoll, „Ich lade doch nicht meinen Erzfeind ein!“ „Ja aber, warum denn nicht? Wir brauchen jede Hilfe, und Furah-“ „Furah ist- und bleibt ein Dunkelmagier. Er wird Fallen in meinem Schloss aufstellen, die mal wieder erst Jahre später zum Vorschein kommen werden!“ „Ich werde ihm sagen, dass er das nicht darf. Und wenn, dann kann er unsere Freundschaft vergessen!“ „Tss, als ob ihn das Abschrecken würde…“ „Avrial…“, begann nun auch Lyze, „Siri hat recht. Wir kennen nicht sehr viele Magier – um genau zu sein, nur euch zwei. Wir werden Furah beim Sturm auf Destercity brauchen... sei vernünftig.“ Sichtlich konnte man im Gesicht des Magiers sehen, dass ihm diese Tatsache nicht gefiel. Einen ganzen Moment lang starrte er zu den beiden, ehe er ein leises „Hmpf.“ von sich gab und schließlich, sich ergebend, aus dem Raum ging. „Meinetwegen. Aber sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt, solltet ihr in eurem Omelett einen Kobold-Fluch oder so etwas vorfinden.“ Die Zwei waren zufrieden mit seiner Antwort. Noch schnell die Briefe fertig geschrieben, machten sie sich anschließend auf den Weg in die Bibliothek. Hosted by Animexx e.V. 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