Child of Wisdom von Ireilas (Fortsetzung von Lost Prince) ================================================================================ Kapitel 17: Enttarnt! --------------------- Nun hatte Siri keine andere Wahl mehr. Mairon hielt sie für einen Formwandler, einen Spion aus einem der anderen Teile Azamuths, der möglichst viel über das Königsschloss in Erfahrung bringen wollte. So erzählte sie ihm nichts anderes, als die Wahrheit: dass sie aus der Zukunft komme. Bis dies aber der Arcaner glauben konnte, musste Siri ihm einige Dinge aufsagen, die nur sie allein wissen konnte. Nach unzähligen Aufzählungen und Kindergeschichten, rund um Mica, Vilior, Azamuth und Mairon, konnte er schließlich nicht anders, als ihr zu glauben. Im Prinzip benahm sie sich ja wie in ihrer Kindheit, einzig der Wissensdrang hatte sie verraten. Erleichtert darüber, seine Ziehtochter war nicht durch einen Formwandler ausgetauscht worden und gleichzeitig über die Tatsache verblüfft, sie kam dafür aus der Zukunft, hatten die zwei sich im einsamen Schlossgarten auf die Stufen gesetzt. Siri schämte sich darüber, aufgeflogen zu sein. Tief hatte sie ihr Gesicht in den Knien vergraben, während ihr Mairon nach einigen Minuten des Schweigens auf den Rücken klopfte. „Na na, so schlimm ist das doch nicht. Ich werde dich nicht nach der Zukunft fragen, dann wird sich auch nichts verändern, versprochen.“, dabei sah Siri leicht Stirn gerunzelt auf, „Aber sag mal, Salieri… was tust du in deiner eigenen Vergangenheit?“ „Nun ja…“, sie schniefte, „Wenn ich dir das Verrate, erzähle ich ja doch etwas über die Zukunft.“ „So…?“ „Ich suche nach der altarcanischen Formel.“, platzte es schließlich aus ihr heraus. „Nach der-“, Mairon dachte, er könnte nach Siris Überraschung nicht noch verblüffter sein, „Woher weißt du von ihr?“ „Na ja…“, schließlich seufzte sie und überlegte laut: „Da du mit meiner Zukunft nichts zu tun hast, denke ich, kann ich es dir auch ruhig erzählen…“, sie setzte sich auf, „Ich kenne da einen schlauen Arcaner, der einen Plan zur Rettung der Welt entwickelt hat.“ „Was?“, irgendwie konnte Mairon ihr nicht ganz folgen, doch stach ihm das Wort „Arcaner“ hervor. „Das ist schön… zu wissen, dass es noch immer andere von uns gibt.“ „Ja, gell?“ Siri nickte fröhlich und hatte das Gefühl, ruhig mehr über Avrial verraten zu können. „Er ist lange allein gewesen und darum ein kleines bisschen Eigenartig; aber auch ein guter Freund und Gastgeber.“ „So? Und hast du noch weitere Freunde?“, Mairon schmunzelte, „Einen Freund vielleicht?“ „Ähem, nun, äh…“, ein wenig rot und verlegen, kratzte sie sich am Genick, ehe das Mädchen nach links und rechts schaute und Mairon andeutete, er solle näher kommen, damit sie ihm etwas ins Ohr flüstern konnte: „Er ist ein Halbengel…“ „Ein Halbengel! Na das ist eine Überraschung!“ „Ssshhht! Nicht so laut!“ „Haha, keine Sorge! Hier im Garten hört uns niemand. …Und sonstige Freunde und Freundinnen?“ „Na ja, neben dem guten Arcaner gibt’s dann noch seinen ‚Erzfeind’. Avrial tut immer so, aber im Grunde glaube ich, dass sie sich noch immer gut leiden können. Der andere ist wirklich ein schräger Vogel. Er lebt in den Wäldern und übt allein die dunkle Magie aus.“ „Die dunkle Magie?“, Mairon überlegte kurz, „Es gibt sie noch?“ „Oh ja.“, die Kleine seufzte, „Bin gespannt, wann Furah die Kontrolle verliert…“ Plötzlich fror Mairon das Gesicht ein. Starr schaute er das Mädchen ungläubig an: „S-sagtest du Furah…?“ „Uhm… ja.“ „Du sagtest in den Wäldern. Etwa irgendwo im Nachbarland Desteral? Wie ist sein Nachname, weißt du das? Furah Saci vielleicht?“ Überfordert hob Siri die Schultern: „Ja, in Desteral. Keine Ahnung wegen dem Nachnamen, vielleicht. Wieso bist du plötzlich so aufgebracht, Mairon? Kennst du Furah etwa?“ „Er… er ist mein Bruder.“ „Waaaaaa-aaas??“, mit einem völlig entsetzten Blick war Siri langsam aufgestanden und starrte Mairon ins Gesicht: „Du… du machst jetzt Witze, oder? Das ist ein Witz, damit ich die Zukunft locker sehe, nicht war? Der war nämlich nicht gut… gar nicht gut, weißt du?“ Tief bestürzt und kopfschüttelnd seufzte der Arcaner einmal tief aus. „Es ist meine Schuld… hätte ich ihn nicht alleine gelassen, würde er nicht der dunklen Magie verfallen sein…“ „Bitte Mairon!“, Siri rüttelte ihn mit ihren kleinen Kinderhänden, „Bitte sag mir, dass das ein übler Scherz ist! Ich…“, sie schlug die Hände ins Gesicht, „Ich will Furah nicht zum Onkel haben!“ Auf ihre Worte hin musste Mairon schmunzeln. Er streichelte ihr über den Kopf und sah gen Himmel. „Ich hätte ihn nie alleine lassen dürfen.“ „M-machst du dir jetzt vorwürfe?“, Siri setzte sich wieder neben ihren Erzieher, „Es tut mir leid, das hätte ich dir nicht erzählen dürfen…“ „Nein, ist schon gut. Mir tut es leid… es war meine Schuld.“ „Aber wieso? Du konntest doch gar nichts dafür…“ „Salieri… ich hatte schon vor deiner Zeit ein langes Leben.“ „Ja… ich weiß… irgendwie.“ „Du musst wissen, Furah und ich wurden damals noch in Arcan geboren… unsere Mutter ist bei seiner Geburt gestorben.“ „Das- das wusste ich nicht.“ „Ich war damals jung, um die zwanzig Jahre alt… unsere Mutter wollte, dass ich mich um Furah kümmere; doch in Arcan war es durch den zerteilenden Krieg zwischen den Magiern und dunklen Magiern sehr gefährlich geworden… und unser Vater war bereits gefallen. Ich beschloss, mit Furah aus dem Land zu flüchten. Auf unserer Reise machte ich mir das erste Mal Gedanken – ich kam zum Entschluss, nicht für ein Baby sorgen zu können. Ohne Arbeit und Obdach hatte ich keine andere Wahl, als Furah in die Obhut eines Weisenhauses zu geben.“, er senkte den Kopf, „Lange reiste ich umher. Quer durch Desteral, von einem Ende zum anderen; bis ich an der Grenze von Azamuth von einem Ritter überrascht wurde – Tarrence. Nach einem langen Kampf, der unentschieden endete, ergriff ich die Chance, meinen Platz in dieser Welt zu finden. Tarrence klärte mich auf, wurde zu einem guten Freund.“, Mairon schmunzelte kurz, „Er brachte mich in Azamuth unter. Ach, so viele Kämpfe bestritten wir gemeinsam… dies ging über ein halbes Jahrhundert so.“, er lächelte zur aufmerksamen Siri, „Dann fand ich an der Grenze eine in den Graben gestürzte Kutsche. Ein leises Weinen hatte mich darauf aufmerksam gemacht. Es gab leider keine Überlebenden… bis auf dich.“ „Und… in dieser Kutsche… hattest du da jemanden gesehen, der mir ähnlich sah?“ „Du willst wissen, ob ich deine Eltern sah.“, Mairon blickte von ihr weg, „Ich bin mir nicht sicher… und auch weiß ich nicht, ob du das wissen willst.“ „Das ist doch so lange her… na ja, für mich jedenfalls.“, sie lehnte sich zu ihm. „Bitte erzähl es mir! Wie sahen sie aus?“ „Nun… die Frau, die du versucht hattest zu wecken, hatte sachtes, blondes Haar. Sie trug ein wunderschönes Kleid, wohl warst du aus reichem Hause.“ „Und- und mein Vater?“ „Braune Haare. Einen gepflegten Bart, der ihn älter erschienen ließ, als er eigentlich war.“, er schmunzelte wieder, „Den Kutscher konnte ich leider nicht finden, sonst würde ich ihn dir auch näher beschreiben.“ „Ach, Mairon!“, Siri lachte und stieß ihn dabei, „Darüber macht man keine Witze!“ „Ja…“, er dachte noch einmal an seinen kleinen Bruder, „Darüber scherzt man nicht.“ Nach einer langen Pause wechselte der Erzieher schließlich das Thema: „Die Formel, die du suchst, hatte ich einst aus Arcan mitgenommen. Sie ist ein altes Relikt, weshalb ich nicht wollte, dass sie zerstört wird.“, er stand schließlich auf, „Ich gab sie dem König, wo sie nun wie ein Schatz im Schloss gehütet wird… ich denke, du weißt bereits, dass ich sie dir nicht einfach so geben kann, wo sie nun Azamuth gehört.“ „Ja…“, Siri seufzte kurz einsichtig und ging ihm nach. „Das dachte ich mir bereits.“ Sacht bekam Lyze einen Kuss auf die Stirn gedrückt, bevor seine Mutter ihn gut zugedeckt hatte. „Morgen kommen Pa und Akyu zurück. Freust du dich schon?“ Der Junge nickte lächelnd. „Ja… dann kann ich endlich wieder mit Akyu spielen!“ „Du hast ihm bestimmt einiges zu zeigen, nicht war?“ „…Ich habe heute einen Teich hinter dem Hügel gefunden, den muss ich ihm zeigen.“ „Ach, der Teich…“, seine Mutter schüttelte sanft lächelnd den Kopf, ehe sie sich zum gehen bereit umdrehte und die Türklinke in die Hand nahm. „Gute Nacht, mein kleiner Engel.“ Lyze hatte diesen Kosenamen völlig vergessen gehabt. Erst jetzt, wo er wieder ein Kind war, verstand er die Ironie dahinter; dass die Mutter ein Engel war, hatte er damals nie erfahren. „Du… Mama?“, er setzte sich auf und wartete, bis sich seine Mutter noch einmal zu ihm umdrehte. „Was ist denn, mein Schatz?“ „Ich wollte dir nur sagen…“, er lächelte, „Ich hab dich lieb.“ Seine Mutter lachte leise, ehe sie zur Tür hinaus schritt und das Licht abdrehte. „Ich dich auch… Träum was Süßes.“ Mit einem Seufzen legte er sich in sein Kissen zurück und wartete, bis die Schritte seiner Mutter nicht mehr zu hören waren. Ihm kam die Frage auf, wie es wohl Siri erging. Es war gefühlt elf Uhr, weswegen sich der Junge auf den Bauch drehte und den Kommunikator hervor holte, den er bei seiner Ankunft in der Lade unter seinem Bett versteckt hatte. Noch ein paar Knöpfe gedrückt und die Verbindung zum Gegenstück, welches Siri besaß, wurde aufgebaut. „Lyze, was soll denn das!?“, ertönte es daraus, „Ich habe mich fast zu Tode erschreckt, wegen der plötzlichen Unterbrechung der Stille! Fast war ich eingeschlafen.“, Lyze musste grinsen, was Siri zum Glück wegen dem fehlenden Bild nicht sehen konnte. Er dachte sich schon, diese Reaktion musste bedeuten, dass es ihr gut ging. „Bist du allein?“ „Ja.“, antwortete Siri, „Mairon schläft nebenan. Wie geht es dir?“ „Ganz gut… ich war mit Mutter allein. Mein Vater kommt morgen mit meinem Bruder nach hause.“ Siri murmelte in die Decke. „Wenn du wüsstest, wer noch nen älteren Bruder hat…“ „Was?“ „Nicht so wichtig. Erzähle ich dir, wenn wir wieder wir sind.“ „Du meinst… wenn wir zurück in unserer Zeit sind.“ „Ja… das. Es… es tut mir leid.“, begann sie plötzlich. „Was tut dir leid?“ „Lyze, ich habe die Formel nicht! Ich… ich wurde von Mairon erwischt…“ „Oh. Das-“ „Keine Sorge, ich habe ihm nichts über unsere Gegenwart verraten. Und dafür habe ich einiges in Erfahrung bringen können. Avrial hatte recht, aus seiner Vergangenheit kann man wirklich etwas lernen.“ „Das ist schön für dich… ich hoffe, ich kann auch etwas mitnehmen.“ „Bist du- bist du gar nicht sauer?“ „Sauer? Weswegen?“ „Wegen der Formel! Ich habe sie nicht! Du müsstest mich hassen, weil ich es vermasselt habe!“ „Siri, beruhige dich.“, er lächelte, auch wenn sie es nicht sehen konnte. „Es gibt immer einen zweiten Weg – und morgen ist auch noch ein Tag. Und selbst wenn nicht, kann dich Avrial zu einem anderen Zeitpunkt zurückschicken. Im Gegensatz zu mir hast du viele Gelegenheiten, das Schloss zu durchsuchen. Du musst beim nächsten Mal einfach besser aufpassen, dass du dich wie in deiner Kindheit benimmst.“ „Lyze…“, er konnte ein Schluchzen hören, „Ich möchte dich am Liebsten durch den Apparat durch umarmen.“ Daraufhin lächelte er, bevor daraus ein unterdrücktes lachen wurde – schließlich wollte er nicht von seiner Mutter entdeckt werden. „Dann musst du wohl warten, bis wir wieder in unserer Zeit sind.“ „Ich werde es versuchen…“ „Sei nicht traurig, ja? Du musst mir morgen Abend schließlich noch beistehen.“ „Das werde ich! Du kannst dich auf mich verlassen!“ „Gut. Dann wünsch ich dir eine gute Nacht.“ „Gute Nacht! Uhm, sag mal… glaubst du, sind unsere Träume nun intensiver, wo wir wieder Kinder sind…?“ „Nein, ich denke nicht… wieso?“ „Nur so. Ich habe als Kind gerne geträumt.“ „Das tust du jetzt noch.“ „Ok. Stimmt. Gute Nacht!“ „Siri?“ „Ja?“ „Ich liebe dich.“ Darauf hin kam lange keine Antwort. „Siri? Siri, bist du noch da?“ „Tut mir leid-“, sie räusperte sich, „Ich musste nen Schulmädchen-Quietscher unterdrücken… sonst wecke ich Mairon.“ Nun musste wieder Lyze sein lachen unterdrücken, ehe er den Kopf schüttelte. „Schlaf gut.“ „Du auch.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)