Myth, Story, Legend von Ireilas (Kurzgeschichten aus Desteral) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Die Legende von Desteral -------------------------------------- Lange bevor es Städte und Dörfer gab, sogar lange vor der Gründung Destercitys, war Desteral ein freies Land ohne Herrscher. Die Monarchie hatte sich in Azamuth erst erhoben und somit die Anarchie unter den Dämonen verdrängt. Sie verabscheuten die Sonne und das Grün, um einiges mehr als heute, sodass sie die Steppen Desterals mieden. In Arcan wuchs die Kultur erst so richtig heran. Die Grenzen zu Desteral waren weitaus offener, sodass viele ihr zuhause in den beginnenden Landschaften des Nachbarlandes fanden. Das Mondland, Arcans östliches Nachbarland, blühte zur selben Zeit wie die Magier auf. Ein Kaiser unterwarf mit Hilfe zwei Arcaner sämtliche Ländereien des Mondlandes und gründete das erste Imperium. Er hatte als Gegenleistung versprochen, sich mit Arcan zu verbünden. Doch seine Machtgier war nicht gestillt. Ein Krieg überrollte im Sturm den Süden und vergrößerte das Land um fast das Doppelte. Nachdem es nichts mehr zu erobern gab, hegte er den Gedanken, den Kontinent zu vereinen. Der Kaiser wusste nichts von den Dunkelheit liebenden Kreaturen, auf der anderen Seite des Kontinents; doch war er zuversichtlich, mit Hilfe von Arcan sein Reich zum größten allerzeiten zu erheben. Doch Arcan machte nicht mit. Die Magier waren schlau und wussten, wie leichtsinnig und machtgierig sein Plan war. Zwar drohte ihnen der Kaiser, auch Arcan einzunehmen, doch davon beeindrucken ließen sie sich nicht. Er war ein Mensch, dessen Herrschaft ganz einfach beendet werden konnte, in dem man ihn nächtlich aus dem Weg schaffte. Der Herrscher wusste das und schwieg des weiteren, anstatt zu drohen. Fortan trat stille zwischen den Ländern ein; zumindest, was die Politik anging. Während die Magier ihrer Geschäfte nachgingen, durchquerten große Armeen das Land. Der Kaiser hielt zwar sein Versprechen des Friedens ein, doch verfolgte er stets seinen Plan, den Kontinent zu vereinen. Schon bald betrat der erste Mensch des Mondlandes das Niemandsland und damit das spätere Desteral. Sie glaubten, mit ihrer Entscheidung den Hauptgewinn gemacht zu haben: weite Wiesen, unendliche Wälder, große Täler und massenhaft Berge mit Quellgewässern. Doch schon bald sollten die Truppen feststellen, dass sie nicht so alleine waren, wie sie anfangs gedacht hatten. Naturvölker, bestehend aus einfachen Menschen, sahen es nicht gerne, wenn die Fremdlinge Wälder abholzten, große Schmieden errichteten und sich langsam aber sicher einnisteten. Auch, wenn sie unterlegen waren, überfielen sie die Siedlungen des Mondlandes. Sie wollten nicht kampflos zusehen, wie Fremde ihre Heimat plünderten und zerstörten. An diesem Punkt beginnt eine Legende, die sich bis heute, in verschiedene Variationen und Formen, unter dem Volk Desterals hielt. Sie wurde zu eine Sage, einem Märchen, die man kleinen Kindern beim Einschlafen vorliest; und vor der so mancher tapfere Soldat Ehrfurcht hegt. Was an jenem Morgen geschah, veränderte das Leben eines jungen Kriegers. Er war hoch angesehen in seiner Gruppe und für seine Furchtlosigkeit bekannt. Doch trotz seines hohen Ranges, wurde er fortgeschickt, vom Stammesanführer. Er sollte nicht mit leeren Händen zurückkehren. Ehe er sich nicht bewiesen hatte, war er fortan ein ausgestoßener seines Volkes. Anders würde er es auch nicht wollen: es war die Chance, seine einzige Möglichkeit, die Zukunft so zu formen, wie er es sich erträumte. So zog er fort; weg von seiner Heimat, seinem Hab und Gut und den Personen, denen er in laufe der vielen Jahre ans Herz gewachsen war. Der Krieger durchstreifte bekannte Felder und Wiesen, wie schon so oft in diesem kurzen Jahr. Für normal tat er es, um zu jagen, oder sein Volk vor den Eindringlingen zu verteidigen. In den letzten Wochen waren sie immer näher heran gerückt, mittlerweile schon gefährlich nah dem einfachen Dorf. Doch nun war die Zeit gekommen, seine Gruppe alleine kämpfen zu lassen; sie hatten viel gelernt und würden die Heimat gut beschützen. Auch, wenn es nicht so wäre: der junge Krieger musste einfach vertrauen haben. Zwei Tage verstrichen auf seiner Reise, als der dritte Morgengrauen hereinbrach. Wasser gewann er aus den Blättern des letzten Regens und den vielen, sauberen Bächen, seinen Hunger stillte er mit Beeren und Waldfrüchten. Wenn ihm ein einsames Tier begegnete, gewann er mit etwas Geduld Fleisch. Hierzu hatte er immer griffbereit seinen Bogen umgehängt und stets ein scharfes Kurzmesser am Ledergürtel. Handwerk wurde damals noch groß geschrieben; er stellte seine Waffen selbst her, weswegen sein Bogen und Pfeile auch aus stabilen Ästen und Sehnen bestanden – eben das, was die Natur zu bieten hatte. Gerade aufgebrochen, entdeckte er auf der Steppe, durch das hohe, ausgetrocknete Gras, in der Ferne einen mächtigen Bison. Dieser schien aufgebracht und sich heftig zu wehren – fragt sich nur, wovor. So kletterte der junge Krieger auf einen Felsen, um sich über das Geschehen einen besseren Überblick zu verschaffen: ein Mensch. Er steckte in einer schweren, silbernen Rüstung und schien erschöpft mit dem zwei mal so großen Bullen zu ringen. Zwar hatte er Schwert und Schild, doch nützten diese Waffen ihm nur wenig. In die Hocke gegangen, spannte der Krieger seinen Bogen, ehe er mit einem gezielten Schuss das große Tier von dem Mann weglockte. Nun lief das Bison auf ihn zu – schnell vom Felsen geklettert, spannte er im schnellen Gehen erneut den Bogen. Das tobende Tier schnaufte regelrecht vor Wut. Es beugte den Kopf und war auf und dran, den Krieger mit seinen großen Hörnern um zu rammen. Ein Wimpernschlag – schon durchbohrte der spezielle Pfeil des gepanzerten Kopf des Bisons. Im nächsten Augenblick ging es leblos zu Boden. Ungläubig starrte der erschöpfte Mann in Rüstung zum Geschehen. Noch merkwürdiger erschien es ihm, als der junge Krieger seinen Bogen wegsteckte und an der großen Beute vorbeiging – einfach weiter, selbst an dem geretteten Mann. Was er sich nicht zusammen reimen konnte, war, dass der junge Krieger weder Zeit noch Platz für so ein mächtiges Tier auf seiner Reise hatte. Die Natur würde sich schon selbst um den Leichnam kümmern. Kurz den Kopf geschüttelt, lief der Mann in silberner Rüstung seinem Retter hinterher. „Warte mal!“, er holte zu ihm auf, „Das- das war ja unglaublich! Du hättest nicht eingreifen dürfen – so leicht Bekleidet hätte das Vieh dich in der Luft zerfetzt! He- Hörst du mir überhaupt zu?“ Der junge Krieger antwortete nicht – er schien den Mann nicht einmal zu beachten. Kurz blieb er Mann stehen, ehe er seinem Retter erneut nachlief. „Heh! Weißt du überhaupt, wer ich bin?! Ich bin Kommandant Grenth Desteral, dritter Sohn des Ulrich Desteral und rechte Hand des Kaisers von Mentan, des Mondlandes!“ Auch dies schien den jungen Krieger nicht im geringsten zu beeindrucken. So hob Grenth Erkenntnisreich die Arme: „Ich seh schon, du verstehst mich nicht, oder? Na, ist auch kein Wunder.“, er seufzte, „Dann lass mich dir wenigstens meinen Dank ausdrücken.“, er lief vor den jungen Krieger und verbeugte sich – dabei bot er in seinen Händen einen reich mit Juwelen besetzten Dolch an. „Ein Kunstschatz und starke Waffe unseres Volkes. Bitte nimm mein Geschenk an.“ Der junge Krieger, welcher Augenbrauen gehoben vor dem verbeugten Mann stehen geblieben war, ging mit einem leichten Kopfschütteln an ihm vorbei. „Guter Staubfänger.“ „Was?“, wieder einmal perplex starrte ihm Grenth nach – und lief ihm eruneut hinterher. „Du kannst ja doch unsere Sprache! Ha, welch ein Glück!“ „Kein Glück, gute Beobachtung.“ „Ja, was auch immer...“, er sah zu dem Dolch, „Wieso Staubfänger?“ „Gut im Aussehen, schlecht im stechen. Kein gutes Metall.“ „Kein g-“, Grenth musste prusten, „Die besten Schmieden Mentans haben daran gearbeitet!“ „Kann es Bison erstechen?“ „Was? Nein-“ „Guter Staubfänger.“ „Du bist schon ein schräger Vogel.“, meinte Genth, der den jungen Krieger nebenbei im Gehen Musterte. „Mit all den rot-orangen Federn an den Schultern und Haaren aber auch passend. Nun, wie auch immer. Ich muss zu meinen Soldaten und habe mich verlaufen.“, er kratze sich unter dem Helm, „Eigentlich sollten wir uns im nahen Wald von hier treffen, aber sie waren nicht da. Ich denke einmal stark daran, dass sie aufbrechen mussten. Die Rede war von einem Lager, welches nahe des „eisernen Wasserfalls“, wie wir ihn nennen, errichtet werden sollte. Uhm... du weißt nicht zufällig, wo ich da hin muss...?“ „Immer in Westen.“ „Westen?“, er sah den Weg, den der junge Krieger gekommen war, „Du kommst von dort, stimmts?“ „Lager liegt neben meinem Dorf.“ Kurz blieb Grenth Schuldbewusst stehen, „Oh...“, ehe er dem jungen Krieger weiter nachging. „Na, dann sehen wir uns wohl wieder hm? Solange du zurückkommst, versteht sich. Sag mal, hast du auch einen Namen?“ „Tendeskeasarak.“ „Woa- ok, uhm... hat das auch irgend eine Bedeutung, oder soll ich dich „Tend“ nennen?“ „Schwarzer Adler.“ „In Ordnung. Und? Wo soll deine Reise hingehen, Tend?“ „Viele Fragen, keine Beobachtung...“ „Eh, ja. Ich muss dir aber auch alles aus der Nase ziehen. Nicht wörtlich nehmen, bitte.“ Dem jungen Krieger schien es, als könne er sein Reiseziel dem Kommandanten verraten. In seinen Augen war er schwach und unaufmerksam – und würde ihn unmöglich mit anderen Soldaten im Gepäck einholen können. „In ein Tal, ein wichtiges Metall – Stein holen.“ „Oh, klingt nach einem seltenen Material zum Schmieden. Wir aus dem Land Mentan sind Meister in dem Handwerk, wie du an dem Dolch gesehen hast. Klingt eigentlich leicht.“ „Großer Wächter bewacht das Tal.“ „Das klingt nicht mehr so leicht. Besonders, wenn man deine Betonung beachtet – und wenn ich mich so an das Bison erinnere...“, er sah zurück, „Dann muss dieser Wächter wirklich groß sein. Hm.“ Grenth ging durch den Kopf, was der Kaiser, dessen er als rechte Hand verschrieben war, zu den Soldaten vor dem Aufbruch erzählt hatte. Die „Wilden“ des neuen Landes schienen nach vielen gesammelten Erfahrungen nur wenige Schwachstellen zu haben. Sie hatten Heimspiel und waren durchaus in der Lage, sich mit einfachsten Waffen zu verteidigen. Die Reise des jungen Kriegers schien eine perfekte Gelegenheit zu sein, die hier lebenden Menschen zu beobachten – und wer, außer ein junger Mann, der alleine mit zwei Pfeilen einen mies gelaunten Bison-Bullen zur Strecke brachte, würde sich besser eignen...? „Weißt du was, Tend? Du scheinst ziemlichen Respekt vor diesem Wächter zu haben. Ich werde dich begleiten und dir helfen das Gestein zu besorgen – als Gegenleistung für meine Rettung!“ „Wunderbar.“ Dieses Wort, muss man erwähnen, hatte der junge Krieger nicht in einem gleichgültigen Ton gesagt; eher in einem bestürzten. „Sieh mal einer an, du lernst wirklich schnell – Sarkasmus hast du bereits drauf!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)