Magierblut – Die neue Generation von Runenwölfin ================================================================================ Kapitel 2: Die Prüfung ---------------------- Bei ihrem Bau angekommen, wartete bereits der Gildenführer, und zu Nimrod Entsetzten auch ein Magier, auf sie. „Sir“, sagte er zum Gildenführer und verbeugte sich leicht. „Meister Blackeye.“ Blackeye war einer der hohen Magier und noch ein Meister der alten Schule. Man munkelte, dass er nicht viel vom dunklen Wolf und seinen Anhängern hielt, aber so recht wusste keiner, was er wirklich dachte. Man sagte ihm hellseherische Fähigkeiten nach, aber das was ihn furchteinflößend machte, waren wohl seine leeren Augen, von denen eines komplett schwarz war. „Verzeiht unsere Verspätung. Ihr wisst ja, wie Welpen sind und unsere kleine Erin hier musste unbedingt einen Erkundungsspaziergang machen.“ Der Gildenführer, sein Name war Unesch, grinste nur: „Nicht schlimm. Wir sind noch nicht lange hier. Gehen wir zum Trainingsplatz, um die Begutachtung schnell hinter uns zu bringen.“ „Pavan, Cailean“, rief der graue Jäger. „Kommt ihr?“ In Gegenwart des Gildenanführers fühlte sich Akira etwas mulmig. Sie sah kurz zu Nimrod. Erin hingegen machte dies nichts aus. Ihr war zwar durchaus bewusst, was ihr bevorstand, aber deswegen Angst zu haben, kam ihr nicht in den Sinn. Sie ging davon aus die Prüfungen, die ihnen bevorstanden, mit Bravour zu erledigen, immerhin wollte sie eine genauso berühmte Jägerin werden, wie ihre Eltern es waren. Keck flüstere sie ihren Geschwistern zu: "Na ihr? Angst?" „Ich, der stärkste Welpe des Wurfes, soll vor ein paar Prüfungen Angst haben?“, erwiderte Pavan stolz. „Das ist nicht lache. Aber Cailean hat sicher Angst.“ „Hab ich nicht nicht!“ „Doch hast du.“ „Schluss jetzt!“, sagte ihr Vater und die Jungen verstummten sofort. „Wir gehen jetzt zum Trainingsplatz und ich möchte, dass ihr euch anständig verhaltet. Bringt dem Gildenführer und Meister Blackeye Respekt entgegen, verstanden?“ „Ja, Papa“, erwiderte der Pavan gehorsam. Es gab nicht viel, dass ihn einschüchtern konnte, aber sein Vater war dazu in der Lage. Mit angelegten Ohren folgte er den Erwachsenen zum Ort, an dem die Prüfungen stattfinden sollten. Blackeye lief die ganze Zeit auffällig neben Erin her und betrachtete sie genau. „Sag, meine Kleine, weißt du etwas über Magie?“, fragte er sie sanft. Erin sah den braunen Wolf verdutzt an, dann antwortete sie ihm selbstsicher: "Nicht besonders viel, Sir. Wir sind eine Jägerfamilie und als Jäger braucht man das nicht! Ich werde ebenfalls einmal eine starke Jägerin, genau so wie meine Eltern." Sie lächelte Blackeye von sich selbst überzeugt an, dennoch wirkte sie nicht arrogant, sondern eher wie ein kleiner Welpe, der stolz auf seine Eltern war, was ja auch stimmte. Der Magier grinste. Seine Augen leuchteten sie an, als er erwiderte: „In dir spüre ich eine ganz besondere Macht, Erin. Wusstest du, dass dein Vater aus einer sehr mächtigen Magierfamilie stammt? Einer der größten, die der Orden je hatte. Aber er hat die Fähigkeiten seiner Eltern nicht geerbt. Allerdings glaube ich, dass du sie in dir trägst.“ Nimrod ließ sich zurückfallen, als er entdeckte, dass Blackeye mit seiner Tochter sprach. Er wurde ganz nervös deswegen, aber er ließ sich nichts anmerken. „Alles in Ordnung, Meister?“, fragte der Graue mit ruhiger, tonloser Stimme. „Oh ja, deine Tochter ist wirklich reizend.“ Er zwinkerte ihr zu. Sie erreichten den Platz. Der Gildenführer befahl den Welpen sich in einer Reihe aufzustellen und sah sie sich dann genau an. „Sie sind prächtig entwickelt“, sagte er zufrieden. „Wir werden nun ein paar Kampfübungen machen. Es geht hierbei nicht darum, dass ihr perfekt kämpft oder gar gewinnt, sondern ich will mir nur anschauen, was ihr an natürlichem Kampftalent mitbringt. Bedenkt, dass ihr noch keinerlei Ausbildung habt und deswegen dem Gegner unterlegen sein werdet.“ Mit einem Nicken des großen Rüden kamen drei Jährlinge aus dem jüngsten Schülerjahrgang auf den Platz und stellten sich jeweils einem Welpen gegenüber. „Also los, Welpen. Greift euer Gegenüber an!“, befahl Unesch. Erin kniff die Augen zusammen, sie fixierte eine weiße, langbeinige Wölfin, mit stahlblauen Augen und extrem schlanker Figur. Ihr Name war Fiona. Sie wählte sich die Wölfin bewusst, da sie wusste, dass diese keine leichte Gegnerin sein würde, da sie zum einen durch die langen Beine sehr groß und aufgrund ihres schlanken Körpers sehr wendig sein musste. Die Wölfin sprang wie erwartet gekonnt zur Seite, doch Erin versuchte sofort zu wenden und setzte ihr nach. Die Weiße war schnell, zu schnell, immer wieder schlug sie Haken, so dass Erin sie nicht einmal annähernd berühren konnte, dann hatte die kleine Wölfin eine Idee: Sie folgte der Weißen, blieb aber ruckartig stehen, ihre Gegnerin bemerkte dies aber zu spät, da sie mit der Zeit leichtsinnig wurde. Mutig sprang ihr Erin entgegen und wollte sich in ihrem Hals verbeißen, doch Fiona schüttelte sie sofort wieder ab. Das gleiche Spiel ging wieder von vorne los. Pavan verfolgte eine ganz andere Strategie. Er hatte sich den stärksten Rüden aus den Schülern ausgewählt. Der Wolf war muskulös, aber dafür nicht so flink und so rannte er dauernd um seinen Gegner herum und zwickte ihm in die Beine, wenn er die Gelegenheit dazu bekam. Ausdauer hatte der Kleine eine gewaltige, aber irgendwann traf ihn sein Gegner schließlich und er landete hart auf dem Boden. Doch wenn der Welpe etwas hatte, dann Durchhaltevermögen. Sofort sprang er wieder auf und bearbeitete den Rüden weiter. Die Kämpfe dauerten nicht lange, doch für die Geprüften musste es sich wie eine Ewigkeit anfühlen. Irgendwann trat der Gildenführer schließlich vor und beendete die Prüfung mit einem Bellen. „Stellt euch wieder in einer Reihe auf“, befahl er. „Ihr habt euch alle sehr bemüht. Pavan“, der Welpe wedelte fröhlich mit der Rute, als er angesprochen wurde, „ich bin überzeugt, dass du einmal ein sehr guter Kämpfer werden wirst. Du hast bewiesen, dass du zäh und kräftig bist. Verrate mir bitte, warum du dir genau diesen Gegner herausgesucht hast?“ „Weil er der Stärkste von allen war.“ „Und du wolltest dich damit beweisen?“ Der Welpe kläffte zustimmend. „Nicht weil du den Schwächeren deinem Bruder überlassen wolltest, damit er bessere Chancen hat?“ „Das ist doch nicht mein Problem gewesen.“ „Nun, dann solltest du an deiner Teamfähigkeit arbeiten. Dein Bruder ist nicht dein Konkurrent, sondern dein Verbündeter. Das musst du noch lernen, Junge.“ Pavan sah beleidigt drein, weil man ihn kritisiert hatte, aber der Gildenführer beachtete das nicht und ging weiter zu Cailean. „Du, mein Kleiner, wirst noch viel trainieren müssen, aber du hast sehr viel Potential. Versuch nur etwas mehr Selbstvertrauen zu haben.“ Der Braune nickte und sah dann zur seiner Schwester, die als nächstes bewertete werden sollte. Doch als Unesch auf sie zuging, räusperte sich plötzlich Blackeye. Der Gildenführer legte den Kopf schief und zog sich dann zurück. Der Magier trat vor: „Erin, du wirst keine Jägerin werden.“ „Was?“, knurrte Nimrod aus dem Hintergrund. „Sie wird noch etwas sehr viel Besseres. Meine Kleine, wir werden dich zur Magierin ausbilden.“ Erin dachte sie hörte nicht recht. Stocksteif stand sie vor Blackeye, jeglicher Mut war ihr aus den Knochen gewichen. Wäre sie ein Mensch gewesen, so wäre sie nun kreidebleich im Gesicht. Mit zittriger Stimme antwortetet sie: "Aaaaber, wieso? Wieso gerad ich?" „NEIN!“ Voller Wut stellte sich Nimrod vor seine Tochter. „Nicht meine Kleine. Sie hat Talent zu Jägerin, ihr könnte sie nicht…“ „Schweig!“, unterbrach der Braune ihn aufgebracht. „Wir brauchen jeden Magier, den wir bekommen können, damit der Orden wieder im neuen Glanz erstrahlen kann. Ich muss dir ja nicht sagen, dass wir angeschlagen sind wegen der hohen Verluste des Krieges. Jäger sind wichtig, aber Magier sind unser Lebenselixier. Ohne sie gäbe es den Orden nicht und wenn ich entscheide, dass Erin die Ehre zu teil werden soll die hohe Kunst der Magie zu erlernen, dann erwarte ich keine Widerrede.“ Der Graue schluckte, aber um Verzeihung wollte er nicht bitten, auch wenn er wusste, dass Blackeye das erwartete, er sah ihm nur direkt in die Augen, in seine gruseligen, kalten Augen, die starrt auf ihn fixiert waren. „Nun, wo war ich?“, fuhr der Magier fort. „Erin, du hast diese Gabe eben in dir und du solltest sie nutzen. Du stammst aus einer angesehen Magierfamilie und es hätte mich gewundert, wenn nicht wenigstens einer von euch der Magie mächtig wäre.“ „Was ist mir uns?“, wollte Pavan neugierig wissen. „Ihr Zwei“, er lächelte die beiden männlichen Welpen an, „werdet starke und prächtige Jäger werden. Ihr habt die körperlichen Fähigkeiten eurer Eltern geerbt, eure Schwester hingegen vereint beides in sich. Das sind sehr gute Voraussetzungen.“ Dann sah er den Vater der drei noch einmal an: „Denk doch einmal nach, Wolf. Die wenigsten Fähen werden Jägerinnen und wer weiß ob sie es schaffen würde. Aber als Magierin stehen ihr ganz andere Wege offen. Und sie ist mächtig. Das spüre ich ohne dass sie überhaupt Magie angewendet hat. Sie strahlt es einfach aus.“ „Sie wird im Rang über uns stehen“, erwiderte der Graue nur deprimiert. „Oh ja, und du solltest darauf stolz sein.“ Nimrod legte nur die Ohren an und sah zu seiner Tochter. War es ungerecht von ihm sich dem in dem Weg zu stellen? Er hasste die Magie, aber er liebte seine Tochter so wie sie war und vielleicht würde sie das ja glücklich machen, also zog er sich zurück und setzte sich wieder neben seine Gefährtin. Erin war noch immer wie erstarrt. Wie konnte das ihr Vater nur zulassen? Trotzig schrie sie den Magier an, ohne sich überhaupt darüber im Klaren zu ein, wer dies war: "Ich will das aber nicht! Ich will wie mein Papa werden!" Sie sah ihren Vater an: "Wieso lässt du das nur zu? Wieso nur?" Dann machte sie kehrt und rannte so schnell ihre kleinen Beinchen es zuließen davon. Der graue Rüde musste sich zurückhalten, um Blackeye nicht anzuschreien, dass er das seiner Tochter auch etwas schonender hätte beibringen können. Es wäre nicht klug gewesen sich mit diesem Magier anzulegen, denn er gehörte zu den Obersten des Ordens und galt als sehr mächtig. Stattdessen kam ein Brummen aus der Kehle des Grauen und ohne ein weiteres Wort wollte er Erin hinterher gehen, bis der Gildenführer meinte: „Nimrod. Ab morgen werden deine beiden Söhne am Vorbereitungskurs teilnehmen. Das wollte ich dir nur noch mitteilen.“ „Gut. Sie werden pünktlich sein.“ „Im Übrigen gibt es schon einen Jäger, der Interesse hätte Pavans Mentor zu werden.“ Das war sehr ungewöhnlich, weil der Welpe ja noch nicht einmal mit seiner Ausbildung angefangen hatte. „Wer ist es?“ „Du weißt, dass kann ich dir nicht sagen. Dein Sohn wird sich selbst entscheiden müssen, wenn es soweit ist und das ohne irgendeine Beeinflussung.“ Er nickte nur. „Verstanden. Ich muss jetzt wirklich meiner Tochter hinterher.“ Der Magier grinste und mischte sich in das Gespräch ein: „Bring sie bald zu mir, dann besprechen wir alles Weitere.“ „Ja, Meister Blackeye.“ Nimrod hätte ihn am liebsten in der Luft zerrissen, was man wohl auch an seinem Tonfall gehört haben musste, aber das brachte den Braunen nicht aus der Ruhe. Schließlich konnte der Graue nun endlich Erin folgen, die jetzt sicher einen gewaltigen Vorsprung hatte. Zum Glück roch man wie erwartete ihre Spur deutlich, so dass sie leicht einzuholen sein sollte. Irgendwann würde sie lernen, wie man das vermied, aber dafür war sie einfach noch zu klein. Der Geruch führte den Rüden in Richtung Fluss. Erin hatte in ihrer überstürzten Flucht gar nicht bemerkt, wo sie hingerannt war. Plötzlich stand sie vor dem Fluss, der direkt an dem Lager der Jäger vorbeifloss und somit eine ideale Wasserstelle für alle Jäger bot. Sie sah sich um, sicher würde ihr irgendjemand folgen, wahrscheinlich ihr Vater, doch das konnte sie gar nicht gebrauchen. Noch mehr Ärger und das alles innerhalb eines Morgens. Sie saß am Flussufer und schluchzte, dann sah sie in die Fluten. Der Fluss war ruhig aber tief. Nahe am Ufer konnte sie ein paar Steine sehen, die eine Art Brücke zum anderen Ufer bildeten. Sie überlegte kurz, doch ohne weiter die Gefahren abzuwägen, sprang sie auf den Stein, der ihr am nächsten stand. Ohne Hindernisse verfolgte der Graue die Spur zum Fluss und erreichte schließlich die Trinkstelle. Zu seinem Entsetzten entdeckte er seine Tochter auf einem der Steine, wie sie gerade versuchte weiter zu hüpfen. „ERIN!“, schrie er. „WAS ZUM TEUFEL TUST DU DA?“ Er rannte an den Rand und blieb davor stehen, weil auf die Steine konnte er sowieso nicht springen, sie waren viel zu klein für ihn und ein unfreiwilliges Bad würde er nur nehmen, wenn es nötig sein würde. „Komm sofort zurück! Auf der Stelle!“ Die junge Wölfin hörte ihren Vater schreien, sie wusste, dass sie nun Ärger hatte. Deshalb war es ihr auch egal, wenn sie sich noch mehr holen würde, das Maß war ohnehin schon voll. Trotzig blieb sie auf einem der Steine stehen und antwortet: "NEIN! Lieber bleib ich hier sitzen, als dass ich zurückkomme, wenn dann muss du mich schon holen!" Die Wut kochte in Nimrod hoch. Gut, sie war ein Welpe und die handelten manchmal dumm, aber das ging jetzt doch zu weit. „Du kommst jetzt her! Ich sage das nicht noch einmal, Erin. Der Fluss ist gefährlich, sogar ich kann, wenn es schlecht läuft, von einer Strömung unter Wasser gezogen werden. Du bist alt genug, um die richtige Entscheidung zu treffen und was ist dir lieber: Du riskierst unser beider Leben“, er wusste, dass er ein wenig übertrieb, aber sie sollte lernen, dass jede Handlung auch seine Konsequenzen haben konnte, „oder du kommst jetzt zurück und niemandem geschieht etwas?“ Er war enttäuscht über ihr Verhalten. Von seiner Kleinen hatte er das nicht erwartet. Erin hatte mittlerweile begriffen, dass ihr Verhalten sowieso nichts brachte. Sie schluchzte laut: "Ach, es tu mir leid, Papa, aber ich habe solche Angst, ich will keine Magierin werden, aber es hilft wohl nichts." Nun wollte sie zurück zu ihrem Vater, doch als sie auf einen der Steine sprang, rutschte sie ab und viel ins Wasser. Laut schreiend riss sie die Strömung mit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)