Dead Society von Gepo (Die Hoffnung stirbt zuerst) ================================================================================ Kapitel 4: Taste of darkness ---------------------------- So, wieder ein neues Kapitel. Das Interessante hieran - so finde ich - ist die Entwicklung, die Katsuya durchmacht. Vielleicht kennt das einer von euch. Man ist wütend, aber man kann diese Wut nicht rauslassen - mach versucht sich zu beruhigen - die Wut wandelt sich in Seelenschmerz - und dieser Schmerz zu Depressionen, wenn man nichts dagegen tut. Ich kann über das Kapitel eigentlich sonst wenig sagen. Ich kann nur sagen, dass ich mich sehr über eure Kommentare freue! Und was ich noch anfügen möchte: Nein, Katsuya wird sich nicht Hals über Kopf in seinen Lehrer verlieben - das wäre zu einfach. ____________________________________________________________________________ Und er hasste ihn doch! Katsuya spuckte auf den Weg und knurrte wieder. Der Weg nach Hause war weit, er würde sicher etwas finden, um sich abzureagieren. Um nicht an ihn denken zu müssen. Was fiel diesem Arschloch eigentlich ein? War dieses Gespräch nicht Strafe genug? Nein, da musste er noch eine Stunde opfern, um irgendwelche beschissenen Schwämme auszuklopfen! Und das, wo er – nach der Rede dieses Lehrers – doch eigentlich etwas Gutes getan hatte. Widersprochen. Hatte es diesem Scheißkerl nicht imponiert? Konnte der Typ nicht einfach bei einer Meinung bleiben? Was ging in diesem blöden Kopf eigentlich vor? Es war einfach zum Haare raufen! Er zuckte zusammen, sah sich um und ging noch etwas gekrümmter weiter. Hoffentlich konnte hier niemand Gedanken lesen. Das wäre zu peinlich. Hündchen. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen und stampfte mit dem Fuß auf. War doch egal, was die ganzen anderen Idioten hier dachten! Solang niemand mitbekommen hatte, was diese... Kreatur zu ihm gesagt hatte. Hündchen. Es war doch echt nicht wahr! Straßenköter, Flohschleuder, Kläffmaschine – nur nicht Hündchen! Er wurde ja andauernd mit diesen Tieren verglichen, aber doch nicht... so! Hündchen. Das war verdammt noch mal irgendein kleines Fellknäuel mit großen, wässrigen Augen, das verwirrt durch die Gegend tapste, weil es noch nicht laufen konnte. Wie kam dieser... dieser Kerl auf so einen schwachsinnigen Vergleich? Hündchen. Es war einfach nur zum Durchdrehen! Der Typ hatte einfach nur einen Totalschaden und das war auch noch ansteckend. Hatte er schon genug eigene Probleme, da musste dieser Idiot ihn auch noch so verwirren. Was ging in diesem bescheuerten Kopf denn nun vor? Was zur Hölle noch mal dachte sich dieser Kerl bloß? ... Versuchte er hier wirklich einen Lehrer zu verstehen? Ja, dieser Totalschaden war definitiv ansteckend. Er verwirrte. Er brachte sein heiles Lügenkonstrukt zum Wackeln. Zum Einsturz! Wie konnte dieser Typ ihn bloß mögen? Und wie konnte er so etwas Peinliches sagen? Und das auch noch so... ruhig. Und selbstsicher. Diese Selbstsicherheit war einfach nur zum Kotzen! Dieses verdammte arrogante Lächeln! So ein Arsch konnte man nur hassen! Hündchen. „Rrrrrrraaaaaaaarrrrrrrrrgh!“, er schlug gegen die Wand neben ihm, „Arschloch!“ „Alles okay, Alter?“ „Was fluch’se hier rum?“ Er drehte sich zu der Gruppe Jungen, die plötzlich neben ihm aufgetaucht war. „Was’s los?“ Katsuya seufzte. „Ach, mein neuer Lehrer macht nur Ärger.“ „Sollen wir ihn vermöbeln?“, der eine grinste. „Nein, schon gut. Ich kümmer’ mich selbst um ihn.“, der Blonde stemmte die Fäuste in die Hüften, „Was macht’er hier?“ „Suchen ’nen nettes Fressen. Komm’se mit?“ „Ne, lass ma’... hab schon was and’res vor.“ „Könn’ wa’ helfen?“ „Ne, Alter, schon gut. Dat is’ ’ne Sache, da werd’ ich mich selbst drum kümmern.“ Katsuya verabschiedete sich mit dem traditionellen Schlag auf die Wange und schlürfte weiter den Weg entlang. Die Kerle wollte er jetzt einfach nicht sehen. Erstmal, weil diese Spatzenhirne ihn zurzeit eh nur nervten und vor allen Dingen, weil er ihnen nicht in die Augen sehen konnte. Es war doch echt beschämend. Der Typ hatte mit ihm gespielt wie es ihm gefiel. Und er hatte mitgemacht. Hatte sich provozieren lassen. Er war definitiv als der Schwächere aus diesem Kampf gegangen. Warum nur? Warum hatte der Typ so eine Macht? So eine... Autorität? So eine verdammt beschissene Ausstrahlung, die einem einfach Angst machen musste? Und er tanzte nach seiner Pfeife! Was hatte er denn jetzt noch für eine Wahl? Er musste einfach nachgeben! Musste in dieser beschissenen Uniform kommen! Und der Typ hatte ihm alle Wege verstellt, ihn doch noch irgendwie zu ärgern! Es war einfach nur zum Kotzen. Beschissen. Dieser ganze Typ. Von den blank polierten Lederschuhen bis in die letzte braune Haarspitze. Wenn er diese verdammten Regeln nicht befolgen würde, würde er nicht nur fliegen. Es würde seinen Stolz zertrümmern. Das wäre es, was irgendein stures Kind tun würde – einfach sich widersetzen. Und er war kein Kind! Aber seinen Stolz kratzte es genauso, in dieser beschissenen Uniform kommen zu müssen. Er stoppte. Drehte sich ruckartig um und brüllte: „Wartet!“ Die Vier, die schon einige Meter entfernt waren, wandten sich zu ihm. Nach Luft schnappend kam er bei ihnen an. „Wo ist mein Eisenrohr?“ „Hier.“, der Größte unter ihnen reichte ihm die Stange, die er in der Hand hielt. „Thanks.“, meinte Katsuya nur, nahm sie und ging ohne ein weiteres Wort wieder. Hey, gut, das war fast genauso kindisch. Aber der Typ hatte nichts von Waffen gesagt, nicht? Wenigstens rettete ein Stück seiner Ehre. Wenn er schon in Schuluniform kommen musste... so eine Schande! Nun, wenigstens besaß er eine. Das war ein Anfang. ... Von was denn bitte? Einer Zeit, wo er brav in die Schule dackeln würde und sogar dafür lernen würde? Zum Kotzen! Er sollte die Uniform verbrennen! Mitten auf dem Schulhof. Ja, das war mal echt eine gute Idee. Das wäre ein Freudenfeuer. Und er würde lachend und kreischend drum herum hüpfen und sein Eisenrohr schwingen! … Scheiße, dieser Totalschaden färbte wirklich ab. Er rannte. Ohne Unterlass, ohne Pause, ohne Atemholen. Er rannte einfach nur. Hündchen. Er könnte ihn erschlagen! Katsuya atmete heftig. Er war nach vorn gebeugt, stützte sich auf den Knien ab und keuchte. Seine Lungen brannten. Er stand vor einer besprayten, heruntergekommenen Kaschemme, von der er knapp zehn Quadratmeter sein Eigen nannte. Er war gerannt, den ganzen Weg nur gerannt. Und es ging nicht weg! Diese verdammten Gedanken gingen einfach nicht weg! Was sollte er denn noch tun? Dieser verdammte Typ verwirrte ihn. Er machte ihn sauer. Er machte ihn verdammt noch mal wütend! Und er wusste einfach nicht warum. Er war ein Kämpfer. Er gab nicht nach und er gab niemals auf. Er war mutig und er war stark. Aber dieser Kerl zerstörte alles, was er aufgebaut hatte! Er hatte ihm die Stirn geboten. Und das war gut so, denn Katsuya liebte den Kampf. Er liebte die Herausforderung. Er war froh, einen würdigen Gegner zu haben. Und dennoch! Während er die Zähne fletschte, ballte der Typ die Hand nicht zur Faust, sondern öffnete sie zum Friedensgruß. Es war doch einfach nicht möglich! Warum konnte er ihn nicht wie jeder andere hassen? Das wäre um so vieles einfacher. Wenn man gehasst wurde, dann konnte man nicht mehr tiefer fallen. Wenn man gehasst wurde, dann hatte man keine Erwartungen mehr. Wenn man gehasst wurde, dann konnte man nicht mehr verletzt werden. Nur Yami durfte ihn mögen. Der war noch weit tiefer gefallen. Er hasste sich sogar selbst. An ihn stellte man auch keine Erwartungen. Man wurde nie enttäuscht. Er hatte sowieso alles verloren, selbst seinen Stolz. Warum mochte Katsuya ihn überhaupt? Vielleicht gerade weil er noch tiefer stand. Weil er ihm zeigte, dass er noch nicht alles verloren hatte. Weil er ihm den Beweis von etwas gab, an dem er festhalten konnte. Jene letzte Hoffnung, von der dieser Kaiba gesprochen hatte. Verdammt, wieso kam er immer auf diesen Schwachsinn zurück? Diese Worte machten ihn einfach nur wütend. Weil dieser gottverdammte Kerl Recht hatte. Aber er wollte es nicht hören! Er wollte die Wahrheit nicht wissen! Er hatte nie danach gefragt und nie darum gebeten. Er wollte es nicht hören… er wollte daran glauben, dass nicht alles umsonst war. Er wollte glauben, dass seine Existenz einen Sinn besaß. Und wenn es nur Rebellion war. Was wollte er eigentlich? Wofür kämpfte er? Glaubte er wirklich, auf diese Weise irgendetwas erreichen zu können? Er schloss die Tür der Wohnung auf. Wie jeden Abend umhüllte ihn eine Wolke von Alkoholgestank, Verfaultem und verbrauchter Luft. Sein Magen schien sich von einer auf die andere Sekunde umzudrehen, die Galle stieg ihm hoch und sein Hunger verrauschte. Zurück blieb nur die Übelkeit. Sinnlos. Es war einfach alles sinnlos. Er taugte nicht einmal zum Objekt des Hasses, als verachtenswürdige Kreatur. Es war einfach nur egal, ob er existierte. Er war der Welt egal. „Wo bist du gewesen, Köter?“, knurrte die Stimme seines Vaters hinter ihm. „In der Schule.“, erwiderte er, drehte sich zu jenem und musterte sein Gegenüber. Seine Finger krallten sich fester um das Eisenrohr. „Mit dem Ding, hä?“, lallte sein Vater, während er ungewöhnlich schnell und gewandt nach der Stange griff. „Lass es los.“, befahl Katsuya und zog leicht an dem Rohr. Herr Jonouchi ballte eine Hand zur Faust und schlug zu, während er mit der anderen das Eisenrohr aus Katsuyas Griff riss. „Verdammter Bastard!“ „Verreck doch endlich am Alkohol!“, schrie der Jüngere zurück. Er wurde ein weiteres Mal von der Faust zurückgeschleudert. „Ich hasse dich!“ Die Augen des Betrunkenen weiteten sich, er nahm die Stange in die andere Hand und schlug zu. Katsuya schrie. Der Schmerz zuckte von seinem Arm aus durch den ganzen Körper. „Du Stück Dreck!“, grollte sein Vater. Sein Bein wurde getroffen. Er krabbelte weg, versuchte die Tür zu erreichen. Der nächste Schlag fuhr auf seinen Rücken nieder. Es knackte gefährlich. Heiße Tränen rannen seine Wangen hinab. Er biss sich auf die Lippe, die bereits blutete. Er wollte nicht schreien. Er wollte seinem Vater dieses Vergnügen nicht geben. Er wollte sich nicht wie ein Wurm am Boden winden. Doch das tat er. Jedes Stück seiner Haut schrie vor Schmerz. Der letzte Schlag traf seinen Kopf. Es wurde schwarz. Alles schwarz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)