Dead Society von Gepo (Die Hoffnung stirbt zuerst) ================================================================================ Kapitel 35: The true meaning of hate ------------------------------------ Kommi-Boom O.O Da wagt sich euer Küken von Schreiberin doch mal aufs Eis. Ich habe in diesem Kapitel ein neues Stileelement beigefügt - Poesie. Nein, keine Angst, unsere Protagonisten fangen nicht an sich gegenseitig zu verherrlichen. Aber ich benutze mehr Metaphern, mehr Bilder, teilweise etwas Blumigeres. Das ist an sich nichts Neues. Aber ihr wisst, wie die Geschichte an diesem Punkt steht. Ich verbinde also Black mit Poesie - wie sich das Ergebnis anhört, würde mich natürlich interessieren ^.- Das ist wie Harfe bei Metal - kann auch gut klingen. Ansonsten viel "Spaß" beim Lesen ^.^ Ach, und... wenn ihr einen Teil kitschig findet, ihr könnt es ruhig sagen. Es ist ein deutlicher Umbruch spürbar, der nicht unbedingt leicht nachzuvollziehen ist. Auch andere Kritik ist natürlich immer gern genommen. Und danke für all die lieben Kommis ^.^ EDIT: Vergesst bitte nicht, dass in Japan Ganztagsschulen gibt. Das heißt, es ist mittlerweile 21 Uhr! _____________________________________________________________________________ Katsuya keuchte, nahm seine Hand von seiner Brust und drückte sie wieder auf seine Lippen. Der andere Arm schlang sich um seinen Bauch. Übel. Speiübel. Er stolperte noch einige Schritte vorwärts, sackte auf die Knie, auf seinen Hintern. Heftig atmend starrte er den Boden vor sich an. Kaiba. Er zog ruckartig den Arm herunter, beugte sich vornüber und erbrach. Verdammt… Er versuchte durch den Mund einzuatmen, doch eine weitere Welle überkam ihn. Speichel und Magensäure tropften von seinen Lippen, zogen sich fadenartig zu Boden. Bitter… Tränen schossen aus seinen Augen, er erzitterte, übergab sich wieder. Ja, das war bitter… Er sammelte etwas Speichel und spuckte so viel wie möglich von dem aus, was sich noch in seinem Mund befand. Sein Blick schwankte ins Wehmütige. Mit dem Handrücken fuhr er über seinen Mund, wölbte darauf die Oberlippe, schob die andere vor und ließ die Ränder herabsacken. Er verfolgte mit den Augen den Strom, der sich langsam in Richtung Straßenabfluss seinen Weg bahnte. Er versuchte einzuatmen, doch das schaffte er kaum. Alles zog sich zusammen, die Brust, der Magen, die Lungen. Sein Herz… Eine weitere Welle der Übelkeit unterdrückte er, lehnte sich zurück, setzte sich wieder auf die Füße. Sein Blick verlor sich im Himmel, doch er schloss die Augen. Träume, Wünsche, Hoffnungen… Nichts als Scherben. Zerbarsten an der Realität. Er hob die Lider wieder, legte die Stirn in Falten, zog die Augenbrauen zusammen und die Mundwinkel in die Tiefe. Er schluckte schwer. Bitter. Es war so bitter. Mit beiden Händen wischte er die Tränen von seinem Gesicht, doch hielt inne, hob sie vor seinen Augen. Sie glitzerten da, wo seine Tränen sich im Mondlicht spiegelten. Seine Scherben… Katsuya lehnte sich zurück gegen die Wand und ließ den Blick schweifen. Sein Erbrochenes hatte er um gut zwei Meter hinter sich gebracht. Solange er es nur nicht mehr sehen musste. Seine Schwäche… Auf der anderen Seite befand sich ein Müllcontainer, doch er war überfüllt, lose Gegenstände lagen weit darum verteilt. Ein Müllsack stand nur gut einen Meter neben ihm. Dunkler Asphalt belegte den Weg, unterbrochen von wenigen Kanalisationsdeckeln. Ein guter Ort. Ein schöner Ort. Hier musste man keine Leichen in den Containern vermuten. Sein Blick fiel zurück auf das Messer in seiner Hand. Es war so schön ruhig. So wunderbar still. Alles in ihm schwieg. Aber er konnte es fühlen. Das Zittern. Die Tränen. Das Blut. Es lief seinen Arm hinab. Aus dem riesigen Kreuz, das er in seinen Unterarm geschnitten hatte. Der senkrechte und der waagerechte Pfeiler. Ähnlich in der Form und zum gleichen Zweck bestimmt. Und doch trafen sie sich nur in einem Punkt. Berührten einander fast flüchtig. Beiläufig. Und hatten dabei doch so eine unglaubliche Bedeutung. Dieser Punkt hatte Bedeutung. Er hatte Bedeutung. Hatte sie gehabt… Neue Tränen schossen hervor. Der junge Mann hob den Arm, hielt ihn auf Augenhöhe. Das Blut erschien im Dunkeln so finster. So schwarz. Kein Licht mehr. Kein Lichtblick. Kein Ende des Tunnels. Nur ewige Dunkelheit. „Katsuya…“, flüsterte jemand. Mit einem Seitenblick konnte der Punk sofort Yami erkennen, der nicht mehr als eine kaum geschlossene Hose und offene Turnschuhe trug. Seine Haut glänzte im Licht und die Haare hingen schlaff hinab. Eine blonde Strähne hatte sich ihren Weg nach vorne gesucht, ein paar andere schlängelten sich ungewöhnlich abstehend vom Kopf herab. Seinen Körper zierte eine Gänsehaut, doch er atmete stockend. „Katsuya…“, wiederholte er, streckte den Arm in dessen Richtung aus und machte wie taumelnd einige Schritte auf ihn zu. Nein... Der Blonde drückte die blutbesudelte Hand gegen seine Lippen und wandte den Blick ab. Er setzte das Messer an seine Kehle, sodass der Stricher es gut sehen konnte. Nein. „Katsuya, lass den Scheiß.“, sagte dieser streng, ließ die Hand sinken und ging entschlossen auf den Jüngeren zu. Nein! Der Tränende drückte mit dem Messer kurz zu, erzitterte jedoch und verlor jegliches Gefühl in seinen Finger. Er hörte Metall aufschlagen. „Geht doch.“ Ein leises Schrappen, Yami setzte sich neben ihn und klappte das Messer zusammen. Katsuya zitterte heftiger, schloss die Augen und schluchzte. Scheiße… „Katsuya…“ Wo war die Ruhe? Wo? Er krümmte sich wieder nach vorne zusammen, nahm die blutige Hand vom Mund und schlang auch sie um seinen Bauch. „Kats, ich weiß, gerade mich willst du jetzt am allerwenigstens sehen, aber lass uns das klären, bevor du dir alles Mögliche denkst. Also komm erstmal wieder zu dir.“ Der Blonde erstarrte, biss die Zähne fest zusammen und schluckte. „Ich weiß ja, dass du es hasst, wenn ich mit irgendwem schlafe, besonders für Geld. Aber er ist wirklich nur ein Freund. Das läuft rein freiwillig.“ Sein Blick richtete sich aus seiner gekrümmten Position heraus direkt auf Yami, der durch die Kälte darin zusammenzuckte. „Was… ? Was denn?“, fragte der Ältere verunsichert. Die Übelkeit war verschwunden. Der Druck hinfort. Die Tränen trocken. Katsuya richtete seinen Oberkörper auf, bedeckte seinen noch leicht blutenden Arm mit dem Ärmel und wandte sich wieder zu Yami. „Du verstehst überhaupt nichts.“ Der Andere zog die Augenbrauen zusammen und den Kopf ein wenig ein. „Gar nichts.“, bekräftigte der Punker mit leerem Blick. „Dann erklär’ es mir!“, rief Yami, stützte sich mit einer Hand und kniete sich hin. Der Blonde lächelte lieblos. „Katsuya…“, bettelte der Besorgte schon fast. Eine Hand legte sich sanft an Katsuyas Wange, sein Gegenüber lehnte sich nach vorne um ihm näher zu kommen und seine Stirn durchzogen tiefe Falten. „Was ist denn los?“ „Du…“, zischte der Wütende, dessen Lider kaum mehr einen Spalt bildeten, „…bist ein mieses Stück Scheiße.“ Yami stoppte die Streichelbewegung seiner Hand, löste die Innenfläche von der Wange, strich mit den Fingerkuppen ein Stück hinab, bevor der ganze Arm wie leblos herunterfiel und kraftlos an seiner Schulter hing. Seine Augen blieben weit aufgerissen, starrten den Jüngeren mit glanzlosem, erschrockenem Mattviolett an. Scherben. Auch sie waren gebrochene, glitzernde Scherben, über die sich die Dunkelheit fraß um jedes Funkeln zu rauben. „Was… ?“, flüsterte der Geschockte. Katsuya lehnte sich tief einatmend zurück und lächelte befriedigt. Der Ältere ließ den Kopf ein Stück zur Seite sinken. „Heul’ doch.“, entgegnete der Blonde kalt, „Heul’, kotz’ dich aus, schneid’ dir die Arme auf, verreck’ an den Schmerzen. Vielleicht weißt du dann im Entferntesten, wie es mir geht.“ Yami schüttelte abwesend den Kopf, ganz langsam wanderte er von rechts nach links und zurück ohne Katsuya aus den Augen zu lassen. Dieser stand auf, ignorierte das Zittern seiner Gliedmaßen, wandte sich ab und ging. Ein Schritt vor den anderen. Wie immer. Nur weitermachen. Funktionieren. Trotz Motorschaden. „KATSUYA!“, schrie Yami sich zusammenkrümmend. Er blieb stehen. Kaputt. Alles kaputt. Nur Scherben. Kein fester Gedanke. Kein Gefühl. Motorschaden. Schatten. Mit einer Hand fasste er sich an den Kopf, krallte sie in seine Haare, unterdrückte das Zittern. Chaos. „Katsuya…“, hörte er hinter sich eine tränenerstickte Stimme, „Katsuya…“ Er stellte ein Bein etwas zur Seite für besseren Halt, ging ein wenig in die Knie und barg seinen Kopf in beiden Händen. „Katsuya…“ Fest drückte er sie auf beide Ohren. „Katsuya…“ Tränen bahnten sich ihren Weg, der durch das heftige Kopfschütteln verlief. „Katsuya…“, klang es heiser. Übelkeit stieg wieder in ihm auf. Bis auf Schluchzen blieb es hinter ihm still. Er riss den Oberkörper nach vorn, verharrte auf den Boden starrend. „Katsuya?“ „Rrraaarrrgh!“, schrie Katsuya laut auf, stürzte auf die Knie, krümmte sich, schrie, zog den Oberkörper vor und zurück, schrie unablässig, "AAARGH!" „Katsuya!“, Schritte von hinten, ein Arm schlang sich um ihn, die Person setzte sich vor ihn, „Katsuya! Katsuya! Komm zu dir!“ Er wurde geschüttelt, schrie nur lauter, verstummte abrupt, fiel nach vorne. Scherbenhaufen. Schrotthaufen. Finsternis. „Katsuya?“, Yami zog ihn in eine halbwegs bequeme Position, wischte sich die Tränen von den Wangen, schlang seine Arme um den Jüngeren und wiegte ihn wie ein Kind. Ein Kind, das herzzerreißend schluchzte. Vor. Zurück. Vor. Zurück. Vor... zurück... Schnell fing Katsuya sich wieder, wurde ruhiger und entspannte sich. „Kats? Hey, Kats.“, er öffnete leicht die Augen, beobachtete die Lippen des Sprechenden, die sich sanft bewegten, „Hör mal… wenn du mich schlagen willst oder anschreien willst oder sonst was, dann tu das. Friss das nicht in dich rein. Mir ist es lieber zu wissen, woran ich bin.“ Er blinzelte sich langsam zurück in die Realität. „Yami… ?“ „Ja?“ Er drehte sich in dessen Armen zu ihm und klammerte sich selbst an ihm fest, damit er nicht so schwer halten musste. Licht. Licht war schmerzhaft. Licht war schön. Keine Schönheit ohne Schmerz. Er hatte zu viel gefühlt um die Dunkelheit ertragen zu können. „Tut mir Leid. So war das nicht gemeint.“, meinte er ruhig – weiter ruhiger, als er selbst es in diesem Moment von sich erwartet hätte. Das Chaos war klar. „Eigentlich will ich nicht zurück in deine Arme. Das ist schmerzhaft.“, erklärte er, „Ich wollte dir eigentlich nicht schon wieder vertrauen. Denn das gerade tat scheiße weh. Aber wie du merkst, tu ich’s trotzdem.“ „Danke…“, flüsterte der Ältere. „Alles liegt in Scherben. Und trotzdem fühle ich irgendwo noch Positives. Ich bete darum, dass du mir das nicht absichtlich angetan hast. Mir bleibt keine Wahl als mich daran festzuhalten. Sonst hätte ich mich wohl gerade schon umgebracht.“ Yami warf einen schnellen Blick zu dem teilweise roten Ärmel. „Komisch wie klar alles ist…“, flüsterte Katsuya. „Ich könnte dir das jetzt mit Abwehrmechanismen erklären.“, der Kleinere lächelte ihn an. Und er lächelte sanft zurück. „Aber…“, begann der Andere etwas ernster, „Kannst du mir vielleicht sagen, was genau ich dir angetan habe? Ich weiß, das klingt jetzt ziemlich beschissen, aber ich blicke gerade leider nicht durch.“ Katsuya schloss die Lider, lehnte seinen Kopf zur Seite und kuschelte ihn auf Yamis Arm. „Ich bin ein Träumer.“, sagte er leise, „Seit letzter Woche. Und ich habe verlernt zu träumen. Ich musste wohl ganz von neu anfangen und meine Fehler wiederholen, um das Richtige zu erlernen.“ Als er schwieg, zuckte der Ältere mit seinem Arm um ihn zum Weiterreden zu bringen. „Mein Lehrer sprach von Mögen, von Intelligenz, von Anerkennung.“, fuhr er fort, „Vom Wert eines jeden, selbst mir. Vor ein paar Tagen hat er mir gesagt, dass er gelogen hatte, doch ich wollte es nicht glauben. Ich wollte es erst gar nicht hören. Er hat trotz dieser Worte nicht viel an seinem Verhalten geändert. Ich fühlte mich trotzdem irgendwo angenommen. Ich begann zu hoffen. Aber Hoffnung ist trügerisch. Ich hätte auf Ryou hören sollen.“ Einen Moment herrschte Schweigen. „Was… hat das mit mir zu tun, Kats?“ „Wie oft habe ich dir eigentlich von ihm vorgeschwärmt? Die blauen Augen, die seidigen Haare, die langen Beine, der feste Hintern…“, er öffnete die Augen wieder und sah Yami fest an, „Klingelt’s langsam?“ Der Kleiner blinzelte kurz, erstarrte dann, weitete langsam die Lider. „Anscheinend…“, seufzte Katsuya, setzte sich ein wenig auf und vergrub sein Gesicht in Yamis Halsbeuge. „Du… ich…“, stotterte dieser, drückte Katsuya weg, zog ihn wieder an sich, „Ich…“ „Schon gut.“ „Aber…“ „Du hattest keine Ahnung.“ „Ich hab’ dich lieb…“, beteuerte Yami, „Ich hab’ dich wirklich lieb.“ „Schon gut…“ Ein Funkeln. Funkelnde Scherben. Ein Lichtblick. Wie hatte er nur an Yami zweifeln können? Es gab Dinge, auf die konnte man vertrauen. Katsuya lächelte an Yamis Hals, welcher ihn dafür einmal richtig drückte. „Danke, Atemu…“, flüsterte der Blonde, legte seinen Kopf etwas höher, indem er sein Kinn auf der Schulter seines Freundes platzierte und öffnete die Augen. Nein… Ruckartig drückte er den Älteren von sich, fiel dabei auf sein Steißbein, doch schwieg. Oh, bitte nicht… Mit geweiteten Lidern schüttelte er kaum merklich den Kopf. „Ihr seht ziemlich erbärmlich aus.“, schallte es kalt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)