Dead Society von Gepo (Die Hoffnung stirbt zuerst) ================================================================================ Kapitel 62: Sinne ----------------- So, ich gehe dann mal wieder auf Reise ^.^ Ich werde jetzt für anderthalb Wochen nicht da sein, außer mir wird zwischendurch ein PC geliehen und solange wird es demnach auch keine neuen Kapitel geben (außer mir wird eben ein PC geliehen ^.-). Das heißt, dass ich keine Kommentare, ENS, Gästebucheinträge, Mails oder sonstige Nachrichten beantworten kann. Ich mache das aber, sobald ich wieder da bin, keine Sorge ^.- Ganz herzlich bedanken wollte ich mich für die ganzen Kommentare und deshalb habe ich auch ein Bild gezeichnet, aber das ist leider nicht ganz so gut geworden... vielleicht sieht es sich trotzdem jemand an? Auf jeden Fall gibt es auch bei den Nebensequenzen ein neues Kapitel und ich lade gleich noch ein weiteres hoch ^.^ Und damit wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen ^.- _________________________________________________________________________________ Klatsch. Ja, doch, das war ungefähr das Geräusch gewesen: Klatsch. So hörte es sich an, wenn einem ein nasser Waschlappen mitten ins Gesicht geschmissen wurde. „Waaah!“ Und so hörte sich die beschmissene Person an. „Kaiba!“ Angesprochener stand maliziös lächelnd am Bett und störte sich nicht einmal an der nicht angemessenen Ansprache. „Was soll das denn?“, knurrte Katsuya wütend, während er seinem Lehrer den Waschlappen hinhielt, damit er das Ding wegnahm. „Och, ich wollte dich nur wecken.“, wenn er Kaibas Ausdruck zu beschreiben hätte, er würde sagen, er war hochzufrieden mit sich, „Gut geschlafen, Dornröschen?“ „Ha ha.“, der Blonde verdrehte die Augen, „Sehr witzig.“ „Ich habe meinen Spaß.“, der Ältere nahm das Stofftuch zurück, „Bist du nun wach?“ „Und wenn nicht?“, fragte der Andere herausfordernd. Kaibas Hand schnellte vor um Katsuya den Waschlappen wieder ins Gesicht zu drücken, doch der wich aus zur Seite – was zur Folge hatte, dass er hintenüber aus dem Bett fiel. „Ich glaube, jetzt bist du wach.“, entschied der Brünette, der von der Matratze aus auf den Kleineren herabsah. Frech steckte Katsuya ihm die Zunge raus. Was verstand Kaiba eigentlich unter dem Begriff wecken? Konnte er einen nicht wenigstens vorwarnen? Aber irgendwie süß war ja selbst das hier. „Beeil dich, ich habe Frühstück gemacht.“ Definitiv sehr süß! „Eine Delikatesse…“, der Waschlappen landete wieder in seinem Gesicht, „…gegrillte Froschschenkel.“ Katsuyas zur Faust geballte Hand zitterte gefährlich. Er. Revidierte. Sein. Urteil. Mit einem kleinen Aufschrei griff er nach dem Stofftuch und schmiss es hinter Kaiba her – der nur leider schnell genug den Raum verlassen hatte. Dieser… dieser… Verdammt, ihm fiel schon wieder keine gute Beleidigung ein! Dieses hinterlistige, falsche, sadistische Etwas! Beleidigt stemmte der Blonde die Hände in die Hüfte. Und was war das jetzt bitte für eine Aktion? Die freundliche Art eines schrecklichen Aufwachens? Kaibas kleine Rache dafür, dass er ihn anscheinend gestern ins Bett tragen musste, weil er im Wohnzimmer eingeschlafen war? Dieser Mann war doch echt nicht zu verstehen… „Ein Bento?“, fragte Katsuya überrascht, „Für mich?“ „Nein, für dein zweites Ich.“, meinte der Ältere mit einem leichten Augenverdrehen. „Hey, ich stehe unter Schock! Da fragt man komische Sachen.“, verteidigte der Braunäugige sich. „Der Arzt sagt nun mal, dass du auch in der Schule zwischen den Stunden etwas essen sollst. Du isst sowieso sehr spärlich.“ „Ich bin halt schnell satt. Mein Körper ist so viel Essen nicht gewöhnt.“ „Aber du hast doch zweimal die Woche in Hauswirtschaft ordentlich gegessen und Yami kocht auch für dich.“, sagte Kaiba mit fragendem Unterton. „Und wann hat man in den Sommerferien Schule? Und Yami habe ich da auch kaum gesehen.“, konterte der Blonde. Der Lehrer lehnte sich ein wenig vor und legte sein Kinn auf seine ineinander verschränkten Finger, deren Ellbogen auf der Tischplatte weilten. „Katsuya.“, begann er ruhig und ernst, „Was hast du im Sommer überhaupt gemacht?“ Der Blonde presste die Lippen bis zu einem Strich zusammen. „Du musst nicht antworten.“, entschied der Ältere und beschäftigte sich lieber mit seinem Kaffee. „Ich habe Drogen genommen.“, berichtete Katsuya tonlos, „Und Alkohol getrunken. Von beidem relativ wenig, weil ich nichts hatte, womit ich es mir besorgen konnte. Ich lebte von dem, was bei anderen abfiel. Aber mir war das alles so egal, dass ich nicht einmal den Anreiz hatte zu stehlen um an mehr Stoff zu kommen.“ Der Brünette beobachtete ihn über den Rand seiner Kaffeetasse. „Es war… alles so sinnlos. Trostlos. Ich wollte nicht mal mehr zu Yami. Nicht zu meinem Vater. Keine Prügel, kein Mitgefühl… gar nichts mehr. Ich lag herum und dröhnte mich zu, wenn es ging. Und es ging viel zu wenig.“ „Wolltest du sterben?“, fragte er leise. „Ja…“, hauchte der Blonde, „Aber ich hatte nicht einmal mehr die Kraft mich umzubringen.“ „Aber du nimmst jetzt keine Drogen mehr, oder? Und trinkst nicht mehr? Warum so plötzlich? Die meisten sagen, es sei sehr schwer aufzuhören.“ „Ich habe nie viel genommen.“, Katsuyas Finger umklammerten fest seinen Becher, „Und mein Wille zu leben war stärker.“ „Der Wille zu leben?“ „Ja…“, ein schwaches Lächeln schlich sich auf seine Züge, „Leben.“ „Und was ist das? Leben?“, fragte Kaiba nach. „Das weiß ich auch noch nicht so ganz.“, erwiderte der Jüngere mit einem hohlen Lachen, „Aber ich glaube fest, dass ich es herausfinden kann.“ Diesmal war das Lächeln echt. „Und du bist sicher, dass du es schaffst ohne alles auszukommen?“ Kaiba blieb ernst bei dieser Frage. Das war keine Frage um ihn zu verletzen. Diese Frage war nicht böse gemeint. Woher er das wusste? Menschliche Intuition? Zu viele Spiegelneuronen? Irgendetwas würde es wohl sein. „Ja.“, erwiderte Katsuya überzeugt, „Ich schaffe das.“ „Hast du noch Entzugserscheinungen?“, verlangte der Lehrer zu wissen. „Ähm…“, der Blonde kratzte sich am Kopf, „Sind selten auftretende schwache Krämpfe, schnelle Stimmungsumschwünge, Sensibilität und ein hohes Bedürfnis nach körperlicher Nähe Entzugserscheinungen?“ Kaiba zog eine Augenbraue hoch. „Was denn? Ich bin kein Mediziner.“ „Mich überrascht eher, wie genau du dich beobachtest.“ „Ist das schlimm?“, der Jüngere verschränkte die Arme, „Ich hatte einige Tage relativ sanfte Entzugserscheinungen, dann nix und zwischendurch ein paar komische Zwischenfälle, aber sonst nichts.“ „Was für Zwischenfälle?“ Katsuya stellte seine Tasse auf den Tisch, rückte sich auf dem Stuhl zurecht und zog die Schultern nach vorne. „Was meinst du für Zwischenfälle?“, wiederholte der Ältere die Frage mit einem sanfteren Tonfall. „Mir ist übel geworden. Alles hat sich gedreht. Manchmal die Krämpfe. Und diese Leere…“ „Hast du zwischendurch Halluzinogene genommen?“ „Was ist das?“, fragte der Braunäugige kleinlaut. „Halluzinationen hervorrufende Stoffe. Alles wird farbig und intensiv und schön oder aber man hat Horrortrips.“ „Kann sein… ich will nicht dran denken.“, murmelte er, schwieg einige Sekunden und blickte wieder zu Kaiba auf, „Haben sie jemals Drogen genommen?“ „Ich?“, fragte der Lehrer überrascht, musterte Katsuyas Gesicht und trank einen Schluck Kaffee, „Ich weiß nicht, ob ich darüber sprechen möchte.“ Die braunen Augen füllten sich mit Trauer und wandten sich der Tischplatte zu. „Na gut.“, meinte Kaiba mit einem Seufzen, „Ich würde mit zwölf einmal von meinem Stiefvater unter Drogen gesetzt. Ziemliche starke Halluzinogene.“, der Blonde schwieg abwartend, „Er hatte mich in eine Kellerzelle gesperrt, wo ich mich kaum bewegen konnte und es kalt und dunkel war. Die Halluzinogene haben mir alle möglichen Vorstellungen eingebracht. Die Wände kamen auf mich zu, tausende Hände griffen nach mir und versuchten mich durch den Boden zu ziehen. So sind zumindest meine Erinnerungen. Aufgewacht bin ich in der Forschungsklinik der Kaiba Corp., wo man mich ans Bett gefesselt hatte. Nach den Ärzten habe ich versucht Selbstmord zu begehen, indem ich meinen Kopf immer und immer wieder gegen die Wände geschleudert habe.“ „Das ist… grausam.“, schaffte es Katsuya einige Sekunden später zu sagen, wobei er den Blick nicht von den blauen Augen abwandte. „Was?“, fragte der Ältere, „Diese Art von Selbstmord? Dass man mich an ein Bett gefesselt hat statt mich ins Krankenhaus zu bringen? Dass man mich in kalte, dunkle, enge Räume eingesperrt hat? Dass ich solche Horrorvisionen hatte? Dass man mich unter Drogen gesetzt hat? Dass es mein Stiefvater gewesen ist? Dass ich zwölf Jahre alt war?“ „Dass ihre Stimme vollkommen emotionslos ist, wenn sie davon erzählen.“, antwortete der Blonde wahrheitsgetreu, „Dass man ihnen so sehr wehgetan hat, dass sie ihre eigenen Gefühle dazu nicht mehr ertragen.“ „Ich bin das, was man aus mir gemacht hat.“ „Nein!“, widersprach er vehement, „Das sind sie nicht. Sie sind ein fühlendes und denkendes Wesen, kein Roboter und kein besserer Computer. Sie sind das, was sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten sein möchten.“ „Im Rahmen meiner Möglichkeiten? Danke, ich weiß, dass ich ein emotionales Wrack bin.“, der Brünette wandte den Blick ab. „Auch das sind sie nicht!“, rief der Braunäugige und sprang auf, „Sie wollten fühlen und jetzt fühlen sie. Sie wollten Hilfe und jetzt wird ihnen geholfen. Sie wollten nicht mehr einsam sein und wenn sie es noch sind, dann werden sie es zumindest irgendwann nicht mehr sein. Und wenn die Menschen das nicht sehen wollen, dann ist das verdammt noch mal deren Pech.“ Das Blau musterte ihn kurz, verharrte in seinen Gegenspielern und richtete sich schließlich auf den Kaffee. „Sie haben gesagt, sie brauchen mich.“, flüsterte Katsuya hilflos, „Hier bin ich. Und ich bin bereit alles in meiner Macht Stehende zu tun um ihnen zu helfen. Aber manchmal brauche ich einen Schubs in die richtige Richtung.“ Mit einem Seufzen schloss der Ältere die Augen. „Bitte sagen sie etwas…“, Tränen stiegen in die braunen Augen, „Irgendetwas…“ Der Lehrer erhob sich von seinem Stuhl, während Katsuya auf den eigenen zurücksank. „Bitte…“ Kaiba stellte seinen leeren Becher in die Spülmaschine und begann den Tisch abzudecken, wobei ihn der Jüngere schließlich still beobachtete. War er zu weit gegangen? Hatte er zu viel gesagt? Hatte er zu viel gewagt? War er zu forsch gewesen? Hatte er Kaiba vor den Kopf gestoßen? Ihn womöglich verletzt? Elende Selbstzweifel… Katsuya schloss die Augen und vergrub sein Gesicht in den auf den Tisch liegenden Armen. Wenn er Kaiba nun falsch einschätzte? Wenn er von einer vollkommenen Fehlansicht ausging? Und wenn es doch stimmte? Was, wenn er Kaiba verschreckt hatte? Was, wenn er ihm schadete statt half? Er machte alles falsch… Kaiba stand neben ihm. Er sah es nicht, aber er wusste es. Er würde nicht zuschlagen – doch auf eine mentale Ohrfeige durfte er sich gefasst machen. Aber auch nach einigen Sekunden… kam keine. Kaibas – wie immer perfekt manikürte – Fingernägel wanden sich wenige Zentimeter unter den Rückenkragen seines Shirts, drückten sich leicht in seine Haut und fuhren diese ohne eine Unterbrechung bis zum Haaransatz hinauf. Der Jüngere atmete tief ein, hob den Kopf und schmiegte seine Wange an den starken Arm. „Das weißt, dass hinter dieser Maske namens Seto Kaiba ein Mensch steckt.“, flüsterte der Ältere, „Und das schockt dich wahrscheinlich nicht minder als mich diese Erkenntnis einst geschockt hat. Ganz im Gegensatz zu mir damals möchtest du für diesen Menschen etwas tun.“ Die Hand kraulte sanft seinen Nacken. „Ich danke dir dafür, denn ich weiß, das ist eine Aufgabe, an der sich manche tot gekämpft haben. Und das meine ich wörtlich.“ Sein Bruder… hatte er wegen ihm Drogen genommen? Weil er an der Maske verzweifelt war? Oder vielleicht sogar an dem Menschen? „Und deshalb sage ich dir dies: Mach dich nicht selbst kaputt. An erster Stelle stehst du. Und derzeit belaste ich dich. Also lass mich für deinen eigenen Seelenfrieden links liegen, hast du verstanden? Ich kann für mich selbst Verantwortung übernehmen. Wenn ich etwas brauche, dann liegt es bei mir es zu bekommen. Du brauchst dich nicht um mich kümmern. Das kann ich ganz gut alleine.“ Eine Träne lief von Katsuyas Wange in die Rille, die sich zwischen seiner Haut und Kaibas Arm gebildet hatte. „War das zu schroff ausgedrückt?“, fragte der Ältere etwas freundlicher. „Das… war eine klare Ansage.“, Katsuyas Augen blieben geschlossen, die Hand in seinem Nacken kraulte ihn weiterhin, „Tut mir Leid…“ „Was tut dir Leid?“, der sanfte Unterton in der Stimme blieb. „Dass ich ihnen nicht helfen kann.“ „Du hilfst mir mehr als du denkst.“, widersprach der Brünette, „Manchmal hilft ein bisschen guter Wille.“ „Wirklich?“, fragte der Jüngere und öffnete seine leicht verweinten Augen um zu Kaiba aufzusehen. „Mach’ dir nicht so viele Gedanken, Kleiner.“, ihm wurde ein sanftes Lächeln geschenkt, „Erst einmal geht deine Psyche vor. Denn bevor es dir nicht gut geht, möchte ich dich auch nicht belasten.“ Man konnte vieles von Kaiba sagen – aber nicht, dass er selbstsüchtig und egoistisch war. Zumindest war er es jetzt nicht. „Dann darf ich fordern?“ Mut haben, Mut haben, Mut haben, Mut haben, Mut haben. „Auf geht’s.“ Mut haben, Mut haben, Mut haben, Mut haben, Mut haben. Handeln statt hoffen! „Darf ich sie vielleicht umarmen?“ Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte- „Wenn es weiter nichts ist.“, Kaiba öffnete ihm einladend die Arme. Ob Gebete doch erhört wurden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)