Dead Society von Gepo (Die Hoffnung stirbt zuerst) ================================================================================ Kapitel 83: Menschlichkeit -------------------------- Viele Worte zu sagen ^.- Zum einen, warum das Kapitel früher on ist: Ich werde bis Sonntag einschließlich nicht da sein, also keine Antworten auf Kommentare oder ENS meinerseits. Aber sobald ich wieder Zeit habe, gibt es die natürlich ^.- Zum zweiten: Zur Feier des bis dahin vielleicht bestehenden 1000. Kommentar (wenn nicht, auch nicht schlimm - aber bei so etwas sollte ich vorplanen ^.^") werde ich zwei Kapitel hochladen. Das 85 und das 86 ^.- Das möchte ich nur schonmal festhalten ^.^ Und ein Weihnachtsspecial werde ich mir auch noch überlegen... Zum dritten: Ich möchte es noch mal für alle sagen, weil das im letzten Kapitel doch sehr stark herauskam. Katsuyas Alltag ist von mir für einige Zeit so intensiv verfolgt worden, weil er für seine persönliche Entwicklung wichtig ist. Wenn es einigen Menschen dabei langweilig geworden ist, tut mir das Leid. Ich werde trotz allem nicht von meiner Planung abweichen. Und die Planung sieht vor, dass wir ab diesem Kapitel auf den zweiten Höhepunkt zusteuern und ich hoffe, dass der euer Interesse wecken wird. Meldung Ende ^.- Viel Spaß beim Lesen. _________________________________________________________________________________ „Grmbl…“ „Nicht grummeln, aufwachen.“, befahl Kaiba und sprach danach zu sich selbst, „Nächstes Mal muss ich an den Wecker denken… schon wieder vergessen.“ „Schlafen…“, verlangte der Blonde müde und kuschelte sich tiefer in seine Decke. „Kleiner Idiot.“, ein Piepsen drang aus der Brusttasche des Hemdes, das der Ältere heute trug, „Du kriegst Rettung in letzter Sekunde.“, er bestätigte den Anrufer und hielt das Handy an sein Ohr, „Guten Morgen, Kaiba am Apparat … ja… das kommt ja sehr unvermutet.“, seine Stimme triefte vor Sarkasmus, „Was? Ich? … Ihnen ist klar, dass ich das nicht studiert habe? … Natürlich kann ich das, aber offiziell… Herr Direktor, darf ich sie daran erinnern, dass ich vom Ministerium komme? … Nun gut, wie sie wünschen. Für’s erste wird es wohl das Beste sein. … Ja… auf Wiederhören.“ Die braunen Augen beobachteten den Seufzenden durch halb geöffnete Lider. „Na komm, auf mit dir. Dein Englischlehrer ist krank gemeldet und ich vertrete ihn.“ „Echt?“, fragte Katsuya und richtete seinen Oberkörper auf. „Ja, echt.“, der Ältere musterte ihn kurz, „Steht diese Tatsache mit deiner plötzlichen Wachheit in einem mir erschließbarem Zusammenhang?“ „Vielleicht.“, meinte der Kleinere mit einem Grinsen, schlug die Decke zurück und machte sich auf ins Bad, „Bis gleich!“ Er hätte schwören können beim Blick über die Schulter Kaiba lächelnd den Kopf schütteln zu sehen… na ja, er könnte sich auch täuschen. Es galt diese glückliche Fügung des Schicksals zu bedenken – hatte er den Englischlehrer als endlich vergrault! Na ja, nicht dass er es sehr direkt gemacht hätte, aber ein wenig Sabotage des Unterrichts konnte doch nicht schlimm sein, nicht? Nein, ganz bestimmt nicht. So was doch nicht. Sein Spiegelbild begegnete ihm mit einem breiten Grinsen. Oh ja… das machte doch gar nichts… Und Kaiba als Vertretung! Allen himmlischen Mächten sei Dank für diese Schicksalsfügung. Das Glück schien wieder auf seiner Seite. Nein, besser – die Geister der Erde hatten ihren Segen gegeben. Oder… ach, egal, es war einfach nur zum Feiern. Der Direktor schien doch nicht zu unnützlich im Allgemeinen, wenn er Kaiba dazu bringen konnte Regeln zu brechen. Wenn das Ministerium das herausfinden würde… oh, da sollte er wirklich dran denken. Was, wenn ein Schüler, der es auf Kaiba abgesehen hatte, das Ministerium benachrichtigte? War Kaiba da mächtig genug, dass er sich durchsetzen konnte? Der Gedanke, dass er das nicht könnte, schien eher absurd, wenn man es so betrachtete. Kaiba, Morgen- und Abendstern der Gesellschaft, nicht in der Lage so etwas zu vollbringen? Er sollte nur darauf achten, dass er ihn nicht überschätzte. Alles in allem war auch Kaibas Einfluss begrenzt. Aber wie begrenzt? Er sollte den Älteren beizeiten mal fragen. Vielleicht konnte er dabei auch direkt etwas über Noah Kaiba erfahren. Ob die beiden überhaupt Kontakt hatten? Er hatte noch nicht einmal ein Bild von ihm im Haus gefunden. Aber Kaiba schien auch keins von Mokuba zu besitzen, so gesehen… obwohl, sein Kettenanhänger sah so aus, als ließe er sich öffnen. Auch danach sollte er beizeiten mal fragen. Es gab so vieles, was er fragen wollte… warum tat er es nicht? Was hielt ihn zurück? Angst Kaiba zu verletzen? Angst abgewiesen zu werden? Oder Angst… vor der Antwort? Wie krank war Kaiba wirklich? Was war Krankheit? Der Blonde ließ den Blick über den Älteren am Steuer wandern. Vielleicht war er krank. Vielleicht war er nur anormal. Wo war der Unterschied? Vielleicht war er auch gesund. Vielleicht waren alle anderen krank… zu viele Gedanken. Wenn Krankheit subjektiv war, wie Yami gesagt hatte, dann konnte Katsuya selbst entscheiden, was krank war und was nicht. Er konnte das für sich selbst entscheiden. Er konnte entscheiden, was er als richtig empfand und was als falsch, was gut war und was böse. Welch eine Macht… welch eine Verantwortung. Macht ging einher mit Verantwortung. Macht über sich selbst hieß auch Verantwortung für sich selbst. Er war verantwortlich, dass es ihm gut ging. Daran hatte er fest zu halten. Drogen machten ihn kaputt. Selbstverletzung machte ihn kaputt. Alkohol… doch, eigentlich machte er ihn auch kaputt, zumindest wenn er sich aus reiner Laune damit befasste. Wozu Alkohol? Es erhöhte nur die Gefahr, dass er abhängig wurde und Kater. Vorteile hatte es für ihn eigentlich nicht – also kein Alkohol. Jetzt konnte er entscheiden. Macht über sich selbst musste nicht bewiesen werden, die gab es einfach. Es war jeder zu verurteilen, der ihm die nehmen wollte – so sah es aus! Er musste sich nicht verletzen, um diese Macht zu spüren. Und sein Vater war ein gottverdammter Bastard, nicht anderes. Hm… apropos. Kaiba hatte man Unrecht getan. Man hatte ihn nur benutzt. Mindestens sein Adoptivvater schien versucht zu haben ihm jede Macht über sich zu nehmen. Und danach hatte er seine Macht genossen und sie ausgekostet, indem er den alten Kaiba umbrachte. Er hatte die Macht. Was hatte ihn dazu bewegt sie aufzugeben? Warum hatte er seinem Bruder die Firma vermacht? Er hatte jetzt noch ein großes Bedürfnis nach Kontrolle und ein anscheinend geringes Selbstwertgefühl, warum also hatte er das aufgegeben, dass ihm in der Beziehung die Lage verbessert hatte? Noch mehr Fragen. Kaiba war ein mysteriöses Wesen. „Warum haben sie die Kaiba Corporation ihrem Bruder vermacht?“ „Wie zur Hölle kommst du jetzt darauf?“, fragte der Ältere irritiert. „Hab’ nachgedacht.“, Katsuya zog ein Bein an und legte seine Arme darauf ab. „Worüber?“ „Macht und Verantwortung. Ich bin für mich verantwortlich und ich habe Macht über mich. Jeder, der die mir nehmen will, ist zu bestrafen. Und dann kam ich auf sie.“ „Danke, sehr freundlich.“, Kaiba schnaubte, „Bin ich so kontrollsüchtig?“ „Ja, deswegen. Sie sind sehr streng mit sich. Ich habe mir gedacht, dass könnte durch die Kontrolle durch ihren Adoptivvater kommen.“ „Du… beziehst die Kontrollsucht gerade nur auf mich, oder?“ „Was sonst?“, fragte der Blonde und wandte seinen Kopf zum Fahrer. „Ich dachte, du wolltest dich gerade beschweren, dass ich zu viel Kontrolle auf dich ausübe.“ „Wie?“, er hob die Augenbrauen ein wenig, „Derzeit nicht. Na ja, ein bisschen, bezüglich meiner Schulleistungen. Aber das ist wohl auch nötig. Bei mir finden sie derzeit eine goldene Mitte.“ „Sehr beruhigend…“, murmelte der Brünette. „Sie haben zweimal vom Thema abgelenkt.“, stellte Katsuya fest. „Kleiner, es ist Mittwochmorgen und ich unterrichte gleich ein Fach, was ich noch nie unterrichtet habe und habe noch nicht einmal ein Schimmer, was ich mit euch machen soll. Könntest du Gespräche über meine Vergangenheit und meinen seelischen Zustand auf einen Zeitpunkt verlegen, wo ich die Nerven dafür habe?“, gab der Ältere mit einem eher unfreundlichen Ton zurück. „Sorry. Wann passt es?“ „Wenn es egal ist, ob ich einen Anfall kriege. Vorzüglich also spät abends, wenn ich nicht völlig fertig bin.“, antwortete er trotz aller Angespanntheit nun ruhig. „Okay… ich denke, ich werde in der Pause kurz zu Isis gehen und mir mein Messer wiedergeben lassen. Und ich werde mit Ryou über meine neuen Erkenntnisse bezüglich unserer Klassenkameraden reden. Aber das besser nach der Schule. Ich bin heute wieder bei Ryou, ja? Sie wissen ja, Nachhilfe für… Mathe.“, Katsuyas Stimme wurde leiser, „Hatten sie schon mit Herrn Muto gesprochen?“ „Sagt dir die Redewendung vom Regen in die Traufe etwas?“, fragte der Ältere mit einem… ups… als extrem genervt zu bezeichnenden Blick? Er sollte besser still sein… „Äh… nein?“ „Vielleicht von einem Fettnäpfchen ins nächste?“ „Schon eher…“ „Gut.“, ihn traf für einige Sekunden ein kalter Blick, „Dann weißt du ja, was jetzt das Beste für dich wäre.“ „Klappe halten?“ „Sehr gute Idee.“ Wie konnte ein Mann mit wenig Selbstwertgefühl so unglaublich selbstbewusst klingen? Das war doch völlig gegensätzlich. Schauspielerte der Mann wirklich so gut? Hielt die Maske so fest? Als hätte er alles eingeübt. Oder hatte er nur so viel Erfahrung? Als könnte nichts ihn aus der Ruhe bringen, selbst wenn er gerade zugab nervös zu sein. Kaiba war… faszinierend. „Hat es einen Grund, dass ich so angestarrt werde?“ „Ich dachte nur gerade, was für eine… vielschichtige Persönlichkeit sie sind.“ „Wie habe ich das zu verstehen?“, ob er direkt in das nächste Fettnäpfchen trat? „Als wäre da ein frierendes Kind, das sich in immer mehr Decken hüllt. Und diese Decken sind angelernte Verhaltensweisen.“, und platsch… anbei, wie kam er auf so ein Gesülze? Das hatte er gar nicht sagen wollen! Oh mist… „Und das Kind ist die Angst. Und wenn keine Decke hilft, dann schließt es die Augen. Leben heißt einen großen Deckenvorrat aufzubauen.“, Kaiba parkte den Wagen, „So würde zumindest Yami weitermachen. Die große Theorie der vier Grundängste.“ „Äh… was?“, er hatte eine Theorie gefunden? „Das ist ein Menschenbild. Im Menschen ist die Angst vor Selbstzerstörung und Tod, Alleinsein und Einsamkeit, Nähe und Abhängigkeit und Kontrollverlust und Chaos. Und jedes Handeln dient dazu diese Ängste zu verringern. Und als nächstes käme die Studie, die beweist, dass Lehrer extrem große Angst vor Kontrollverlust und Chaos und daher ein extrem ausgeprägtes Machtmotiv haben. Und somit kommen wir wieder bei deiner extrem störenden Frage an, warum ich die Kaiba Corp verschenkt habe und stattdessen Lehrer wurde. Und beantworten werde ich dir die Frage sicher nicht jetzt, jetzt haben wir beide nämlich Englisch. Und wenn du jetzt ein Beruhigungsmittel hättest, wäre ich sehr dankbar.“, grummelte der Blauäugige. „Umarmung?“, flüsterte der Blonde und hob einen Arm. Vielleicht unterschied sich Kaiba doch nicht so sehr von ihm. Vielleicht war das Angstmodell ganz nützlich. Vielleicht sollte er auch einfach jetzt nicht dran denken, sondern die Umarmung genießen. Auf seine mysteriöse, bizarre, abnormale Art war Kaiba doch irgendwie unglaublich menschlich… „Katsuya...“, flüsterte der Braunhaarige, während er neben dessen Tisch stand – die Stunde hatte gerade geendet, „Könntest du... mal kurz mitkommen?“ „Natürlich.“, der Blonde sandte Ryou einen Blick, der daraufhin dessen Sachen mit einpackte, wofür sich Katsuya mit einem Lächeln bedankte – was könnte Kaiba wollen? „Was ist denn los?“, fragte der Jüngere vorsichtig, nachdem er die Bürotür hinter sich geschlossen hatte – abgeschlossen, sicher war sicher. „Ich...“, der Größere lehnte sich gegen das Pult und stützte sich mit seinen Händen ab, bevor sein Oberkörper ein wenig in sich zusammensackte, „Ich weiß auch nicht... Katsuya, irgendetwas ist mit mir. Ich hatte dieses Gefühl lange nicht mehr.“ Wovon sprach er nur? Hatte er etwas in ihrer Stunde gerade nicht bemerkt? Obwohl Kaiba schon auf der Autofahrt ungewöhnlich gewesen war, das stimmte. „Was fühlen sie?“ „Ich weiß es nicht. Ich will nicht daran denken.“, eine Hand fuhr durch das brünette Haar, „Es macht mich wahnsinnig.“ „Was ist früher passiert, wenn sie dieses Gefühl hatten?“ „Ich...“, der Blauäugige blickte gehetzt auf, „Ein Anfall. Ein schwerer. Einer, der über Stunden anhielt. Und wenn ich aufwachte...“, er sah auf seine Hand hinab, die er kurz vor sein Gesicht hielt – sie bebte, „Blut.“ „Was?“, Katsuya zog die Augenbrauen zusammen – das klang wie diese Verwirrung, die er vorgestern hatte... nur schlimmer. „Ich glaube, es war mein Blut.“, der Ältere schüttelte langsam den Kopf und flüsterte, „Ich kann mich nicht erinnern.“ „Reden sie weiter. Versuchen sie ihr Gefühl in Worte zu fassen.“, bat der Kleinere und blieb auf zwei Schritten Abstand. Kaiba war unheimlich. „Meine Hand... ist zerrissen.“, stellte der Andere mit weit geöffneten Lidern fest, „Überall Furchen... Gräben.“, seine Finger zuckten, als könnte er sie nicht kontrollieren und mit seinem Blick in ihrer Stellung halten, „Farben... meine Hand ist leichenfarben... Ist das meine Hand?“ „Ja, das ist ihre Hand.“, selbst wenn Kaiba ihm etwas antun würde – er konnte sich wehren, „Sie ist schön. Und ganz normal, wie eine schöne Hand sein sollte.“, er trat näher heran und nahm Kaibas Hand in seine, „Oder sind meine Hände auch leichenfarben? Und zerrissen?“ Der Ältere starrte auf die jungen Hände. Seine Hand schloss sich um Katsuyas Linke, löste sich, der Mittelfinger malte Kreise auf den Handrücken. Der blausilberne Blick glitt von der verwöhnten Hand über Katsuyas Arm zu dessen Gesicht. „Katsuya.“, stellte Kaiba fest, als hätte er von dessen Anwesenheit nichts gewusst. „Ich bin da.“, definitiv, er wurde von einem Anfall überrollt – aber er verfiel ihm nicht. Noch nicht. „Katsuya...“, plötzlich zuckte er und zog seine Hand zurück, „Du bist ekelhaft.“ In seiner Stimme ein Ton von Angst und Abneigung. Das... konnte er nicht ernst meinen. Nein. Katsuya atmete tief durch. Er hatte ein Anfall. „Alles ist ekelhaft.“, er legte die Arme um sich selbst, „Ich will das nicht. Ich will nicht.“ Was sollte er tun? Was sollte er tun? Er sackte ab! Verdammt, was sollte er tun? Psychohygiene. Sport. Baden. Meditieren. Beten. Weinen. Schmerz. Sollte er Kaiba etwa auch schlagen? Aber, wenn er dann ausbrach... ein Zittern ging durch den Blonden. Psychohygiene... er sollte Yami besser zuhören. Was hatte er noch gesagt? „Ich ersticke.“, hauchte der Brünette und sein Blick glitt zu Boden. „NEIN!“, schrie Katsuya mit voller Kraft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)