Dead Society von Gepo (Die Hoffnung stirbt zuerst) ================================================================================ Kapitel 99: Unbewusst schaden ----------------------------- Da meine Deutschkenntnisse derzeit völlig am Ende sind, da ich bis zum Ende der Woche meine Abiturzusammenfassungen fertig haben muss und mein Gehirn demnach anscheinend die Dimension gewechselt hat, gibt es kein Vorwort. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen ^.^ P.S.: Bitte denkt daran, dass Abwehrmechanismen nicht krank, sondern normal sind! Sie sind da, um zu helfen! (bei der Allgemeinheit zumindest) _________________________________________________________________________________ „Was haben wir noch… nun, Sublimierung und Kompensation. Man erfüllt ein Bedürfnis übermäßig, weil man ein anderes nicht befriedigen kann.“, Sex und Zuneigung bei Kaiba, „Man empfindet ein Gefühl übermäßig, weil man sich andere Gefühle verbietet.“, Fürsorge und Lust bei Yugi, „Man zeigt ein Verhalten, weil man andere Verhaltensweisen nicht zeigen darf. Erinnerst du dich an mein Beispiel von dem Mann, der beim Verlassen des Hauses jedes Mal alle Fenster überprüft und die Haustür mehrfach abschließt? Der Mann kann zum Beispiel ein inneres Chaos und sehr viel Unsicherheit haben, weswegen er durch äußere Ordnung und Sicherheit versucht das auszugleichen. Das nennt man Kompensation.“ Der Blonde schloss die Augen und legte seinen Kopf auf Yamis Schulter ab. „Dann gibt es die Reaktionsbildung. Meiner Meinung nach einer der Abwehrmechanismen, wo man Seto, Seto und wieder Seto als Beispiel bringen kann. Manchmal regt mich das echt auf.“, was war denn mit Seto? „Bei der Reaktionsbildung zeigt man das gegensätzliche Verhalten dessen, was man eigentlich tun will, man fühlt das Gegensätzliche dessen, was man eigentlich fühlen würde und so weiter… wenn Seto etwas sagen möchte, dann schweigt er, wenn er sauer ist, dann lächelt er, wenn er Gefühle zeigen möchte, wird er kalt, wenn er Sex haben will, stellt er sich schlafend… mich treibt es echt in den Wahnsinn. Wenigstens das Letzte werde ich jetzt nicht mehr erleben müssen. Aber das ist so typisch Seto… wir machen es unserem Gegenüber höchstmöglich kompliziert, irgendwie klappt das schon. Na gut, das ist kein bewusster Mechanismus, er tut das ganz automatisch, aber trotzdem… wie soll man erkennen, was er will und was nicht?“, der Ältere lehnte seinen Kopf seitlich an den Katsuyas, „Ich wünsche dir wirklich viel Spaß mit ihm. Vielleicht vertraut er dir ja irgendwann mal so weit, dass er dir glatt auch das zeigt, was er eigentlich braucht.“ Wäre ganz wünschenswert, wenn er andauernd das Gegenteil tat und dann manchmal nicht… er musste noch eine Menge über Seto lernen. Aber irgendwie… Seto wollte ihn hassen und begann ihn zu mögen. Er wollte ihn von sich weg wissen und ließ ihn bei sich wohnen. Oder war es anders herum? Wollte er gemocht werden und stieß die Leute um sich dadurch von sich, so wie Katsuya es früher getan hatte? War er zuerst böse gewesen, weil er unbedingt geliebt werden wollte? Seto war kompliziert. Aber dieses Verhalten war es wohl, was ihn so bizarr machte. „Weiß er, wenn er etwas empfindet, dass er eigentlich das Gegenteil empfindet?“ „Kommt sehr drauf an. In irgendeinem Gespräch verplapperte er sich mal und sagte mir, dass er sich unglaublich freut, wenn man ihn schlägt. Anscheinend kann sein Kopf mit dem aufwallenden Hass nicht umgehen… es könnte natürlich auch das Gefühl von Sicherheit sein, ich glaube, er wurde früher oft geschlagen. Aber ich vermute, auch das ist eine Reaktionsbildung.“ Sehr wahrscheinlich. Als er ihn damals geschlagen hatte, hatte es gewirkt, als sei es Seto völlig egal. Und danach hatte er einen depressiven Anfall, der ja anscheinend dafür da war übermäßige Gefühle zu verarbeiten. Ob er sich im Moment des Schlages gefreut hatte? Es war so… bizarr. „Abwehrmechanismen sind komisch.“, der Blonde entzog sich dem Älteren, nahm seine Beine mit auf die ausgezogene Couch und robbte zur Lehne, um es sich dort bequem zu machen, „Was hat diese Reaktionsbildung für einen Sinn? Natürlich verarbeitet sie Gefühle, aber im Endeffekt schadet sie doch, oder?“ „Nicht ganz. Mindestens für Kinder ist sie nützlich.“, Yami seufzte tief, „Je mehr du einem Kleinkind Schmerzen zufügst, es dominierst, es entwertest… desto mehr liebt es dich.“, mit geschlossenen Augen schüttelte er den Kopf, „Ein Kleinkind muss davon ausgehen, dass es von den Eltern geliebt wird, sonst kommt es zu irreversiblen Persönlichkeitsschädigungen. Also brauchen Kleinkinder einen Mechanismus, der sie glauben lässt, sie würden geliebt werden. Unter anderen ist die Reaktionsbildung daran beteiligt. Bei Misshandlungen bezieht das Kind sie immer auf sich, fragt sich, was es falsch gemacht hat und so weiter.“, war ihm zu gut bekannt… „Aber die Schuldgefühle, die Scham, der Selbsthass ist irgendwann zu viel, also sieht das Kind verschiedene Misshandlungen als Zeichen der Zuneigung und Fürsorge an. Auch das ist Reaktionsbildung. Was anderes bleibt Kindern oft gar nicht übrig. Erst mit einem gewissen Alter kommt die Erkenntnis, dass es einfach nicht geliebt wird. Aber die kann erst kommen, wenn das Kind reif genug ist, damit umzugehen ohne völlig daran zu zerbrechen.“ Das erinnerte zu sehr an sein Gespräch mit seinem neunjährigen Ich… er hasst dich einfach. Ja, so hatte er es ausgedrückt. Sein neunjähriges Ich war vor seinen Augen zusammengezuckt. Aber es hatte damit umgehen können. „Ein weiterer Mechanismus, der uns von Kleinkind an gegeben ist, ist die Regression. Man setzt sich in seinem Entwicklungsstatus auf ein früheres Level zurück. Das bewirkt nicht nur, dass man für einige Zeit in dem naiven, kindlichen, magischen Denken verweilt und der Schmerz so recht schnell abebbt, sondern manchmal auch, dass einem geholfen wird, da man die Beschützer- und Mutterinstinkte des Umfelds weckt, wenn man sich in Fötalposition in irgendeine Ecke setzt und heult.“, der Rothaarige ließ sich hinten fallen und verweilte somit aus Katsuyas Sicht am Ende der Couch, „Seto hat mir gesagt, dass dein Problemlösungsverhalten eine starke Regression ist. Stimmt das?“ „Äh…“, der Blonde erwachte aus seiner Beobachtungen Yamis, „Keine Ahnung? Kann sein… ich weiß nicht genau, was er meint.“ „Er sagt, wenn es ein wirklich schwerwiegendes Problem gibt, faltest du dich in irgendeine Schutzhaltung zusammen, heulst und bittest inbrünstig um Vergebung.“ „Oh…“, eine leichte Röte schlich sich auf seine Wangen, „Ähm… ja, ich glaube, das ist vorgekommen…“ „Das ist zum Beispiel eine starke Regression. Du verfällst in kindliche Verhaltensmuster. Ich glaube, da wollte er noch mit dir dran arbeiten.“ Außerhalb der Situation betrachtet… er verhielt sich wirklich krank. Aber das war nun mal sein bester Schutz. Und es hatte bisher doch auch geholfen. Aber… klar, damit trieb er Seto wohl in den Wahnsinn. Seto musste aufpassen nicht zu böse auf ihn zu sein, weil er sonst zusammenbrach. Ach du scheiße… sie reagierten beide ziemlich krank auf Wut. Wahrscheinlich mussten sie beide an sich arbeiten. „Eine weitere von Kind an gegebene Abwehr ist die Phantasie. Das, was man nicht tun kann, nicht erreichen kann, was man möchte aber nicht darf, das wird alles imaginativ ausgelebt. So ziemlich jedes Kind hat schon mal jemanden tot gewünscht, das passiert, das ist nicht schlimm, solange es Phantasie bleibt. Denn Phantasie ist manchmal unsere Art mit Emotionen und Wünschen umzugehen. Deswegen ist das Fördern von Phantasie durch Kreativität auch sehr wichtig. Das erinnert mich…“, der Ältere setzte sich auf, „Ach nein, das nachher. Ich habe letztens mal alte Dokumente durchgesehen und dabei etwas gefunden, was du bitte mit Seto machen könntest. Aber erstmal der Rest der Abwehrmechanismen.“, er legte sich wieder hin, „Was haben wir denn noch? Rationalisierung, Idealisierung und Entwertung und Spaltung.“ Bitte nicht alle auf einmal! Das war doch sowieso schon schwer zu merken! „Sind an sich nur verschiedene Abstufungen ein und desselben Mechanismus.“ Ach so… deswegen nannte er alle auf einmal. „Es geht darum, dass man etwas radikalisiert. Wenn der Lehrer etwas Blödes gemacht hat, dann bist du komplett sauer auf ihn, dann ist er ein Blödmann und völlig inkompetent und so weiter. Du radikalisierst, um deine Gefühle auszulassen. „Der weiß sich manchmal aber auch einfach nicht zu benehmen“ ist Rationalisierung, „Der ist echt ein völlig unfreundlicher Idiot“ ist Entwertung und „Dieses gottverdammte Arsch von einem Halbaffen“ wäre eine Aussage einer spaltenden Person.“, sein Kopf drehte sich zu Katsuya hin, „Das Ganze gibt es dann auch noch in die Richtung des Schönredens in den Abstufungen Rationalisierung, Idealisierung und Spaltung.“ Das war ein ihm wirklich gut bekannter Mechanismus. Man höre nur Mädchen zu, wenn sie über ihre Exfreunde sprachen – grässliche Radikalisierung. Oder diese Jungengruppe, wenn die über Ryou und ihn sprachen, die wurden von diesen Mechanismen sicher dominiert. „Dann kommt der Mechanismus, wo du mich als Beispiel nehmen kannst. Intellektualisierung bis hin zur emotionalen Isolation.“, der Rothaarige seufzte, während er die Augen schloss und sein Gesicht zur Decke wandte, „Dabei empfindet man einfach keine Gefühle mehr. Der ganze Bereich von Emotionsempfindung wird abgeschaltet. Bei der emotionalen Isolation geht es so weit, dass sogar das komplette Bewusstsein ausgeschaltet wird. Man fühlt sich wie ein Komet, der durch das All schwebt. Dieser Mechanismus greift bei schwerer Gewalt und ist somit unverwunderlich der meistgenutzte Mechanismus bei Vergewaltigungen.“, woah… der Kopf hatte schon extra dafür Mechanismen bei jedem Menschen. Mechanismen für einen Schutz, wenn man von anderen Menschen misshandelt wurde. Irgendwie… traurig. „Die emotionale Isolation tritt eigentlich nur bei Extremsituationen auf, die Intellektualisierung ist die alltägliche Version. Wenn wir stark kritisiert werden, müssen wir unsere Gefühle ausschalten. Wenn wir gedemütigt werden, müssen wir sie ausschalten. Wenn wir Dinge tun, die wir eigentlich nicht tun wollen, müssen wir sie ausschalten. Aber wie bei allen anderen Mechanismen macht es krank ihn zu oft zu nutzen, das sollte gesagt sein…“ Verständlich. Wenn man andauernd nur seine Gefühle unterdrückte, musste das krank machen. Das dürfte jeder irgendwo wissen. Gefühle waren wichtig, sie machten einem zum Menschen. Und doch wurde oft verlangt sie… auszuschalten. Einfach weg. „Dann gibt es die gedankliche Isolation.“, Yami schwang seine Beine ebenfalls auf die Couch und machte es sich liegend bequem, „Da kommt viel zusammen. Der Mensch hat meistens nicht ein Weltbild und ein Menschenbild, sondern ein riesiges Gemisch ganz vieler. Manchmal nutzen verschiedene Rollen, also Sohn, Vater, Freund, alle Rollen, die wir so haben, andere Welt- und Menschenbilder. Unser Kopf muss manchmal einfach trennen, weil verschiedene unserer Überzeugungen einfach nicht miteinander vereinbar sind. Ich weiß nicht, ob ich dir mal davon erzählte, da war dieser Mann, der einen Brief an einen Forscher schrieb, der ein Mittel gegen Alkoholismus suchte und dabei Tierversuche machte. Der Mann schrieb, dass man für so etwas doch keine Tierversuche machen könne, dass das doch moralisch nicht vertretbar sei, dass er für Alkoholismus gefälligst an Alkoholikern testen solle, aber doch nicht an Tieren und so weiter… gegen Tierversuche hat er etwas, aber gegen Menschenversuche nicht? Du siehst, da hat der Kopf Grenzen gezogen, damit dieser Gedanke den Überzeugungen nicht in die Quere kommt.“ Na, sehr schön. Seto konnte sich nicht nur durch die drei Arten seiner Seele, Triebe, Über-Ich und sonstigem widersprechen, sondern auch noch durch gedankliche Isolation. Klar, dass er so komplex war. Oder um es anders zu sagen: Es war unmöglich Seto vollständig nachzuvollziehen. Der Mann war pures Chaos. Klar, dass er Perfektionist war, sein Chaos musste er wohl irgendwie ausgleichen. „Der Mensch ist viel zu kompliziert…“, urteilte Katsuya. „Der Mensch hat erst vor ein paar zehntausend Jahren das Denken wirklich begonnen. Wir sind noch mitten in der Selektion, also der Auswahl der Natur, was unserem Leben am besten entspricht. Und die meisten Mutationen, also Veränderung des genetischen Codes, wirken sich auf das Gehirn aus. Das muss gerade erst wirklich ausgebildet werden. Denn derzeit kann es oft nicht mit dem technischen Stand mithalten.“ „Was heißt das – es kann nicht mithalten?“, der Blonde beugte sich nach vorn, stützte sich vor dem Körper ab und krabbelte auf allen Vieren zu Yami, um sich neben ihm seitlich fallen zu lassen und liegen zu bleiben. „Über vierzehn Prozent der Menschen in den Industrieländern können nicht richtig lesen und schreiben. Was glaubst du, was das für ein Problem ist? Von Menschen wird erwartet, dass sie arbeiten und wählen und sich weiterbilden und Hobbys haben und am besten technisch versiert sind und selber ihre Sachen reparieren, selber streichen und Teppiche und Kabel verlegen und so weiter… bei einem Großteil der Bevölkerung scheitert es schon am Schreiben der Bewerbung. Oder dem Lesen von Bedienungsanleitungen. Allein schon dass du in der Lage bist nachzuvollziehen, was ich dir hier erzähle, ist eine echte Leistung. Es sich zu merken grenzt dann schon wieder an eine Hochleistung.“, die Amethystaugen fanden seine, „Oder könntest du mir jetzt noch aufzählen, welche Mechanismen ich dir schon erzählt habe?“ „Äh…“, der Jüngere hob beide Augenbrauen, „Da war… Verdrängung und… Verschiebung. Regression und Phantasie und… gedankliche Isolation und emotionale Isolation und Intellektualisierung. Öhm… diese mit den drei Formen. Spaltung und… wie hieß der Rest noch?“ „Rationalisierung, Idealisierung und Entwertung.“, half Yami. „Ja, genau die. Und das, was Seto hatte. Re… re… Reaktions… war doch irgendetwas damit, oder? Reaktionsbildung?“, er nickte, „Gut. Tja, was hatten wir noch?“, da war noch was mit Yugi, „Ach ja, Verleugnung! Und Projektion.“, das war das mit Bakura. „Mich überrascht, wie viele du noch weißt. Das reicht ja fast an Setos Rekord.“ „Der da wäre?“ „Alle zu wissen natürlich.“, ein Grinsen breitete sich auf den Lippen des Rothaarigen aus, „Aber selbst er hat nachher den Merkzettel für alle dankend entgegen genommen.“, er rutschte auf der Couch, um Katsuya gegenüber zu liegen, „Du hast Ungeschehenmachen, Sublimierung und Kompensation vergessen. Und die, die ich dir noch nicht erzählt habe.“ „Welche sind das?“, wie schön, dass er die alle nachlesen konnte. „Introjektion, Identifikation und Persönlichkeitsdissoziation.“ Viel zu viele Ionen… immer diese Fachbegrifffanatiker. Komplexlingualitätsfetischisten! „Identifikation ist ein sehr alltäglicher Mechanismus zur Erhöhung des Selbstwertgefühls. Man sucht sich ein Idol und versucht ihm ähnlich zu sein und jede Ähnlichkeit wird dann positiv bewertet.“, Vorsicht, Teenie-Star… „Dieser Mechanismus klappt aber nur bei Menschen mit einem eher positiven Selbstbild. Also die, die sich dann nicht für die Unterschiede minderwertig fühlen.“ Also ein Mechanismus für die Normalbevölkerung. Nichts, was etwas mit Seto zu tun hatte. Demnach konnte man es als unbedeutend abstempeln. Oder sollte er doch alles lernen? „Introjektion ist ein Mechanismus, der zwei Seiten hat. Das Wort an sich bedeutet, dass man Normen, Werte und Einstellungen ungefragt übernimmt. Das ist zum einen ein Prozess, den wir in der Kindheit haben. Wir übernehmen das Menschen- und Weltbild unserer Eltern, dann das unserer Umwelt, dann denken wir im Zweifelsfall in der Pubertät mal drüber nach und das war es dann.“, eine feingliedrige Hand strich ein paar blonde Strähnen aus Katsuyas Gesicht, „Dieses Nachdenken ist das, was man als Identitätsfindung bezeichnet und was du in deiner Identitätskrise nun tust. Aber gut, zurück zur Introjektion.“, Yami seufzte, „Introjektion tritt auch in aller Art Misshandlungssituationen auf. Man introjeziert Normen wie die, das man wertlos ist. In diesem Fall hat die Misshandlung einen Grund und der Kopf kann die Misshandlung verarbeiten. Problem ist, dass diese Norm bestehen bleibt, wenn ist öfter zur Introjektion kommt. Es bildet sich also erst ein negatives Selbstbild und dann das TI, das Täterintrojekt.“, ach, daher kam der Begriff, „Wie gesagt ist das TI einer der drei Teile der peritraumatischen Dissozition, die Seto hat – ich denke, du erinnerst dich.“ Klar, das hatte er sich sofort gemerkt. Mindestens Setos Krankheiten sollte er verstehen. Das Täterintrojekt enthielt die Normen und Werte, die durch die Misshandlung introjeziert wurden. Das Ganze nahm langsam Gestalt an… „Und zuletzt die Persönlichkeitsdissoziation.“, der Rothaarige holte tief Luft, „Da du dich erinnerst, was die peritraumatische Dissoziation ist, weißt du auch, dass Dissozation so etwas wie Spaltung bedeutet.“, Katsuya nickte, „Die peritraumatische Dissoziation ist die krankhafte Auswirkung einer Persönlichkeitsspaltung. Eine weitere krankhafte Auswirkung ist die multiple Persönlichkeitsstörung, von der du vielleicht auch schon einmal gehört hast.“ Ja, im Fernsehen hatte er als Kind einen Film dazu gesehen. Eine Verrückte hatte geglaubt ganz viele Seelen in ihrem Körper zu haben und dass sie die Morde nie begangen hätte, das wäre eine andere in ihr gewesen und so ein Kram… halt. Stopp und zurück. Multiple Persönlichkeitsstörung als krankhafter Effekt einer Persönlichkeitsspaltung? Hieß das, sie hatte wirklich – also wirklich und echt – viele Seelen in ihrem Körper gehabt? Dass es andere Bewusstsein in ihrem Körper gab, die manchmal an ihrer statt handelten? „Hat man da so etwas wie ganz viele Seelen im Körper, die die Kontrolle über dich übernehmen können?“ „Ja, genau das.“ Heilige Scheiße! „Kriegt man mit, was die machen?“ „Manchmal ja – manchmal nein.“, Yamis ernster Ausdruck ließ nicht vermuten, dass er scherzte… bei allen Göttern, das musste grausam sein. Was, wenn man wirklich aufwachte und irgendwer hatte mit dem eigenen Körper Menschen ermordet? „Ich denke, du kannst dir ein Bild von der Krankheit machen. Der Abwehrmechanismus Persönlichkeitsdissoziation ist im Grunde nichts anderes. Das, was erlebt wird, wird einer völlig anderen Person zugeordnet und diese Person wird dann meistens verdrängt. Wird sie das nicht, hat man dann solche Aussagen wie „Einer Bekannten ist letztens etwas passiert, das war…“ und sobald man genauer nachfragt, weiß die Person nicht, wer diese Bekannte ist.“, nun ja… an sich doch ganz intelligent, wenn man das traumatische Ereignis so gesehen nicht selbst erlebt. „Der Mechanismus kommt aber nur in traumatischen Situationen vor, oder?“ „Fast ausschließlich, ja. Obwohl, genau weiß man es nicht. Ich persönlich glaube nicht, dass mir das schon oft passiert ist, dass ich etwas, was mir geschehen ist, anderen Personen zugeordnet habe. Aber man hat Angaben zu Multiplen, also den durch Anwendung des Mechanismus krank gewordenen. Die meisten Multiplen sind seit frühester Kindheit vergewaltigt worden.“ Nun, wenigstens etwas, was er nicht erlebt hatte. Dementsprechend dürfte er den Mechanismus auch eher wenig angewandt haben. Oder… oder ihm war doch etwas in die Richtung passiert und es war verdrängt. „Yami…“, ihre Blicke suchten einander und fanden sich, „Glaubst du, ich wurde mal vergewaltigt?“ „Nein.“, der Ältere lächelte zart, „Dafür wärst du mir auf sexueller Basis viel zu wenig schreckhaft. Ich hatte meine Finger schließlich auch schon in deiner Unterhose.“, er zwinkerte. Katsuya knurrte. Idiot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)