Das Hirngespenst von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- A/N: Hier kommt meine erste richtige FF. Es heißt absichtlich "Hirngespenst" und nicht "Hirngespinst", da Bella Edwards Hirngespenst ist. Aber das erklärt sich noch. Die Kurzbeschreibung gibt den Inhalt dieses Schriftstückes nicht im halben Ausmaß wieder... obwohl - eigentlich schon, nur dass im Text viel mehr schmückende Worte gemacht werden^^ Dieses erste Kapitel spielt als Vorgeschichte. Es soll sowohl die Einführung in Bellas Geisterleben darstellen, als auch gleich in die eigentliche Geschichte begleiten. Leider wird es kein wirkliches Happy End geben - zumindest nicht im Sinne von "Alle-sind-glücklich-Juhu-Friede-Freude-Eierkuchen"^^ Aber trotz dieser bösen Vorahnung sollte das nicht abschrecken, eine Liebesgeschichte zu lesen, die noch interessanter ist als die zwischen Mensch und Vampir. In dem Sinne: Viel Vergügen! Ich konnte mich schon gar nicht mehr richtig daran erinnern, wie es zu meinem Tode kam. Und darüber war ich sehr froh, denn ich würde wohl immer wissen, dass es eine schrecklich verstörende Begebenheit war. An das Gesicht meines Mörders konnte ich mich nicht erinnern, nur noch an den Schatten der Intensität der Schmerzen, die mir seine Folter verschafft hatte. Trotz meiner Umgebung wollte ich mir den Gedanken daran verbieten. Es war nicht ihre Schuld. Ich wusste, es war keiner von den Menschen hier gewesen; ich hatte seine Andersartigkeit wohl bemerkt. Die Stärke, die Schnelligkeit, seine bräunlich-roten, von einem schwarzen Schleier überzogenen Augen... Bis heute wusste ich nicht genau, was er gewesen war. Doch eines stand fest: Hier, in Chicago, in diesem stickigen und mit dem Husten Todkranker belasteten Saal voller Betten, hatte ich nach unzähligen Jahren jemanden gefunden, der ihm ähnlich war. Nicht dass er Leute zum Tod folterte. Im Gegenteil: Er wollte den Menschen helfen. Soweit wie ich informiert war, befand ich mich hier in der Vorlagerstätte späterer Leichen, eingegangen an der spanischen Grippe. Hätte mich dieser Doktor nicht so gefesselt, hätte ich mich schon vor Wochen aus dem Staub gemacht. Doch schon als ich das erste Mal gedankenverloren durch diese Säle hier streifte, machte seine Gelassenheit mich stutzig. Jeder, der hier die Kranken versorgte, schaute seinem eigenen Tod ins Auge. Doch es schien fast so, als gälte das für diesen ominösen Dr. Carlisle nicht. Deshalb beschloss ich, hier zu bleiben und ihn mir genauer zuvorzuknöpfen. Irgendetwas musste ich ja mit aller Zeit der Welt und dieser ungemein vorteilhaften Unsichtbarkeit anfangen. Ich verbrachte die Tage, und nunmehr schon Wochen, im Schlafsaal des Krankenhauses, in dem sich besagter Mann am häufigsten aufhielt. Immer wenn er an mir vorbei oder eben gerade mal durch mich hindurch lief, fiel mir etwas Neues an ihm auf. Zuerst war da seine abnormale Schönheit. Ebenmäßige Haut, vornehme Blässe, ein Gesicht, dessen Formvollendung den Liebreiz keinesfalls trübte. Beim nächsten Mal traf ich in diesem Gesicht auf die honigfarben leuchtenden Augen. Bald darauf, als er das erste Mal direkt durch mich hindurch lief, spürte ich diese unglaubliche Kälte seines Körpers, welche keinesfalls normal für einen Menschen sein konnte. Er war sehr oft anwesend und wenn er einmal gekommen war, war er ausdauernd und lange mit seiner Arbeit beschäftigt, ohne auch ein einziges Mal das winzigste Anzeichen von Müdigkeit durchblicken zu lassen. All das passte, abgesehen von seiner Güte und der absonderlichen Augenfarbe, haargenau zu dem Mann, dem ich meine Dematerialisierung zu verdanken hatte. Und all das fiel auch einer der im Sterben liegenden Frauen auf. Trotz des Fiebers, das ihr wohl langsam aber sicher die Sinne zu nehmen schien, hatte sie sich um den jungen Mann im Bett neben ihr gekümmert. Die beiden ähnelten sich sehr: Sie hatten die Haare im selben bronzenen Farbton und die Augen waren beiderseits von einem milchig-grauen Grün durchzogen. Ihre Gesichter erschienen wie eine Art Spiegelbild, wenn man sie nebeneinander betrachtete. Ich tippte auf Mutter und Sohn. Sie würde ihn verlieren und er würde so jung sterben wie ich. Wie melodramatisch. Allerdings erschien mir diese Frau höchst intelligent, denn auch sie bemerkte, dass Dr. Carlisle etwas Eigenartiges an sich hatte. Dass er wie der perfekte Mann erschien. Es war wirklich zum verrückt werden. Ich konnte diese Erkenntnis in ihren müden Augen sehen, doch jedes Mal, wenn ich hoffte, sie würde ihn darauf ansprechen, unterließ sie es wieder - wohl weil ihre Kraft nicht mehr reichte. Und trotzdem blieb ich dort und beobachtete diese fremdartige Szenerie. Auch wenn ich wusste, dass es mir nie helfen würde, wollte ich wissen, was dieser Mann für ein Geheimnis hatte - vielleicht konnte er mir eine Erklärung für mein rätselhaftes Ableben aufzeigen. Und ich wollte wissen, wie diese Frau, Masen war wohl der Name, ihr Wissen offenbarte. Außerdem fesselte mich nun auch der junge Mann, den Mrs. Masen immer mit ‚Edward’ ansprach. Er hatte große Hände und in seinem Gesicht waren Güte und Reinheit zu lesen. Wenn er einmal zu sich kam und etwas Unverständliches murmelte, löste seine schöne Stimme ein Kribbeln in mir aus. Wo weiß ich nicht - ich konnte mich schon längst nicht mehr definieren dank der Unsichtbarkeit. Es schien sehr schlecht um ihn zu stehen. Ich kannte den Tod und konnte ihn förmlich um seinen schwachen Körper herum erfühlen. Dabei war er so ein hübscher Junge gewesen. Es machte mich traurig. Anders als erwartet machte bald Mrs. Masen einen schlechteren Eindruck als ihr Sohn. In den Tagen zuvor hatte sie es immer geschafft, sich aufzurappeln und ihren Sohn zu pflegen. Doch nun schien ihr das nicht mehr möglich zu sein. Dr. Carlisle schien dies auch gleich zu bemerken, als er an diesem einen Abend nach den Kranken sehen kam. Als er den Raum betrat, sah sie ihn eindringlich an. Ihre Augen waren längst nicht so tot wie ihr Körper. "Retten sie ihn!", wisperte sie bestimmt in seine Richtung. Der Doktor nahm ihre Hand. Spürte sie die Kälte nicht? "Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht", versprach er ihr. "Sie müssen", klagte die Frau und schien ihn festzuhalten. Anscheinend ging es ihr doch besser, als ich dachte. "Sie müssen alles tun, was in ihrer Macht steht. Was andere nicht tun können, das müssen sie für meinen Edward tun." Ihre Worte schockierten mich. Würde er die Macht haben, Edward ebenfalls als Zwischenkreatur ewig umherwandeln zu lassen? Das wäre sicher nicht das, was sie sich wünschte. Aber was wusste sie? Was erwartete sie von Dr. Carlisle? Niemand würde eine Antwort darauf bekommen. Sie sank in die Bewusstlosigkeit und ich wusste, dass ihre Zeit nun gekommen sein musste. Einen Moment stand Dr. Carlisle dann überlegend neben ihrem Bett, schaute zu Edward hinüber und brachte die Tote bald darauf hinaus. Ich begab mich zum Bett des jungen Mannes und musterte ihn. Was wohl jetzt mit ihm passieren musste? Ob er seinem Schicksal durch den Tod entrinnen konnte? Urplötzlich hoben seine Lider sich schwerfällig und seine Augen waren stur geradeaus gerichtet - direkt auf mich. Es war nicht wie sonst, wenn die Menschen hindurch sahen... es war ein intensives Starren. Aber er konnte mich nicht sehen. Das konnte nicht sein. Es war die reine Unmöglichkeit! Mich traf dieser Blick dennoch so sehr, dass ein Ruck mich durchfuhr und ich an der anderen Seite des Raumes landete. Seine Augen folgten mir nicht. Ich hatte es mir wohl doch nur eingebildet. Dann kam der Doktor wieder herein. Er packte Edward und begab sich mit ihm zur Hintertür - ich folgte den beiden. Draußen angekommen sprang Dr. Carlisle mit dem Jungen im Arm in nur einem Satz auf das nächstbeste Dach. Und da hatte ich meine Antwort: Dieser Mann war genau wie mein Mörder. Vielleicht war er es ja? Über den Dächern, in der Dunkelheit der Nacht, hatte ich Schwierigkeiten, das Tempo zu halten, aber ich schaffte es, die Silhouette nicht aus den Augen zu verlieren und fand mich dann in einer kleinen Wohnung wieder; wohl die Behausung des Arztes. Er legte Edward in sein wohl frisch bezogenes Bett. Und was dann geschah hätte ich mir nicht in den wildesten Träumen einfallen lassen können: Er beugte sich über den Jungen und biss ihn. Er biss ihn! Zuerst in den Hals; dann in die Arme und an den Fußgelenken. Blut floss. Erst stand ich starr vor Schreck, dann fing ich an zu schreien und wollte auf den Wahnsinnigen einschlagen - wohlwissend, dass mir das rein gar nichts brachte. Dann hörte ich erstickte Schmerzensschreie aus dem Mund des Jungen, doch Dr. Carlisle hatte schon von ihm abgelassen und betrachtete sein Werk mit einem... gequälten Gesichtsausdruck? Wieso tat er so etwas, wenn es ihn Qual kostete? Ich war zu verwirrt, um sinnlos darüber nachzudenken, was ich tun könnte. Was konnte ein Geist schon gegen einen Vampir ausrichten? Ja, so war es. Ich war ein mickriger Poltergeist und dieser Carlisle war ein Vampir, der gerade dem halbtoten Edward Masen ein sich anscheinend schmerzvoll ausbreitendes Gift eingeflößt hatte. Und das schlimmste war: Ich wurde von einem seiner Freunde einst getötet. All diese Erkenntnisse sickerten nur langsam zu mir durch, während ich ewig damit verbrachte, den sich vor Schmerz windenden Edward anzustarren. Es war ein absolut gräuliches Bild. Es hätte mir in der Seele wehgetan, wenn ich noch im Besitz einer solchen gewesen wäre. So dauerte es, bis mir bewusst wurde, was geschehen würde: Dieser liebreizende junge Mann würde, wenn er das nächste Mal seine Augen auftun wird, ein ebenso kaltblütiges Wesen sein. Als Mensch hätte ich für mich selbst eine Hexenverbrennung angefordert, hätte ich einen solchen Schwachsinn auch nur gedacht aber nun, da ich selbst ein umstrittenes Wesen aus Nichts war, fiel es mir nicht schwer, solch märchenhafte Dinge zu glauben. Ich wollte nicht dort bleiben. Zum ersten Mal seit Tagen, Zeit war mir in den letzten Jahren sehr egal geworden. blickte ich mich um und prägte mir das Bild des Vampirs Carlisle ein, damit ich wusste, wovor ich mich im nächsten Leben zu hüten hatte, und dann schaute ich zu Edward, der gerade die Luft aus seinen Lungen presste. Und die Augen aufschlug. Blickte ich vor kurzen Tagen noch in graugrüne Tiefen, so fraß mich nun der blutrote Blick einer wilden Bestie. Ich wand mich schleunigst ab und verschwand. Weit, weit weg lautete die Devise. Ich hatte Zeit. Ich könnte so weit weg, wie es nur irgend möglich war. Kapitel 2: ----------- Heute war der Tag gekommen, an dem ich mich endlich dazu überwinden konnte, diesen verregneten Ort hier zu verlassen - Die arme Mrs. Weber war im Alter von 82 nun gestorben. Ich hatte sie sehr gemocht und die letzten 50 Jahre eigentlich nur wegen ihr hier in Forks auf Olympic verbracht. Sie hatte ein gutes Herz gehabt und war stets freundlich und offen und ihrer Familie gegenüber sehr liebevoll. Ihre kleine Enkelin, Angela, war ihr genaues Ebenbild. Es war nach einem langen Nomadenleben recht interessant, sich niederzulassen und das Treiben mehrerer Generationen nebeneinander zu beobachten. Ich musste mich ja nicht integrieren und so hatte ich endlich etwas gefunden, was mir eine Aufgabe werden konnte. Eine Aufgabe, die sowohl Gutes als auch Schlechtes barg: Es gab nur wenige Menschen wie Mrs. Weber. Eher traf man auf Verlogenheit und Stumpfsinn oder Eitelkeit wie bei dieser Miss Stanley der Fall war. Das Analysieren einer so komplexen Lebensform wie der des Menschen war für mich immer der rettende Anker geblieben, der meinen Fortgang und damit die Veränderung aufschob. Doch nun mochte ich nicht mehr bleiben. Ich haderte schon seit längerem mit mir, ob ich nicht noch weiter weg ziehen sollte. Ich verstehe bis heute nicht, warum ich damals nicht noch weiter vor diesen Vampirwesen geflohen war. Ich hätte mindestens bis in den Norden gehen sollen aber stattdessen gab ich nach 5 einhalb US-Bundesstaaten auf. Ich stieß ein luftloses Seufzen aus, wie es mir schon seit Jahren nicht mehr passiert war. Ich hatte nicht mehr gesprochen, denn mich hörte sowieso niemand. Atmen brauchte ich gar nicht. Ich könnte jahrelang regungslos irgendwo stehen und niemanden würde es stören, weil alle durch mich durchlaufen würden. Niemanden würde es stören. Nur mich. Mich würde es stören, weil ich wahnsinnig würde. Weil ich ständig bei vollem Bewusstsein war und allein damit. Ich schaute zum Mond hinauf. Er war voll und rund und ich wusste, dass er mich erkennbar machte. Auf eine seltsame Art und Weise, denn zumindest konnte ich selbst ganz sachte silbrige Striemen erkennen, die wohl meine Hand zeichneten. Das reine Licht der Sonne vermochte dies nicht zu tun, doch ihr reflektiertes Restlicht und der Zauber eines Vollmondes schienen die Struktur meines seltsamen 'Körpers' erfassen zu können. Es tat gut, dieses silberne, ruhige Licht inmitten dieser Stille im Wald fangen zu können. Es war mir nahezu unbegreiflich, wie in einer so dichten Baumbepflanzung eine so große Lichtung entstanden sein konnte. Sie war vom fahlen Lichtschein getränkt und ich lief immer wieder von einer Seite zur anderen; betrachtete die seltsam grauen Schatten, fühlte mich lebendig. Und trotzdem dem Wahnsinn so nah. Niemand kannte mich, doch ich kannte jeden in dieser Kleinstadt. Die Highschool brachte immer neue Schulabgänger, welche sich bald darauf aus diesem Loch verflüchtigten; den Polizeichef Swan mit seinem unerbittlichen Arbeitstrieb, welcher mir in den letzten 14 Jahren irgendwie ans Herz gewachsen war mit seiner einfachen aber stillen Art; die Leute aus dem Rucksacktouristen-Geschäft - all das und so viel mehr konnte ich sehen und erkunden. Aber nicht erleben. Ich konnte mich nie kenntlich machen, nichts berühren, die ganzen 90 Jahre hier schon nicht. Und davor auch nie. Der Himmel konnte dieser Zustand keinesfalls sein, aber auch nicht die Hölle - dazu war er wohl noch zu mild. Vielleicht musste ich aber auch den Buddhisten bedenken, der meinen würde, ich wäre ins Nirwana gehüpft oder gerade in einer Wiedergeburtsphase. Doch das konnte auch nicht sein. Sie dauerte zu lang; ich hatte zu viel gesehen in dieser Zeit. Krieg, auch wenn er Forks kaum erreicht hatte, das Leben, die vielen Gestorbenen, vereinzeltes Familienglück, Katastrophen, herzzerreißende Abschiede, neue Zusammenkünfte... und trotzdem stand ich weit abseits alledem. So war ich in letzter Zeit recht müde vom Dasein geworden und wollte entgegen meiner Vorsätze etwas Neues sehen. Wollte weg von hier; in einem anderen Land die fremden Menschen bespitzeln. Neue Kulturen erkennen. So blickte ich noch mal zum Mond, der mir nunmehr jeden Monat einmal mit seinem vollen, lieben Gesicht zu einem guten Freund geworden war, und verabschiedete mich von dem Blickwinkel, den ich gerade noch zu ihm hatte. Morgen schon sollte es ein anderer sein und in ein paar Monaten würde er mich andersherum anstrahlen. Von der Südhalbkugel gesehen sah er sicher lustig aus. Plötzlich hörte ich einen Windstoß, aber nur aus einer Richtung; nicht wie normalerweise komplett von hinten, bereit zum Überrollen. Er wehte sich schräg hinter mir aus, erreichte mich aber nicht. Darüber war ich sehr froh, denn vielleicht hätte er mich zum Bleiben angehalten. Dennoch drehte ich mich um, dem unsichtbaren Lufthauch zum Abschied nachzublicken. Völlig unerwartet traf mich der Schlag: Am anderen Ende der Wiese stand eine schlaksige Gestalt; weiß erschien sie getränkt im Licht des Mondes. Große Hände hingen zu starken Fäusten geballt an den Seiten der Person herab, die schwarze Kleidung fraß die Nacht. Diese den Hauch von Bronze im fahlen Mondlicht erahnen lassenden Haare, ein solch ebenmäßiges Gesicht überzogen mit einem schwachen Glanz wie es aussah, schmale, graue Lippen und eine Anmut, die sich in den jetzt topasähnlich gefärbten Augen spiegelte... Versehentlich erinnerte ich mich, dank meiner Bestürzung, laut an seinen Namen und brach somit mein jahrzehntelanges Schweigen: "Edward Masen?" Seine Augen verengten sich und er starrte nun fragend in meine Richtung; nicht als ob er mich sähe, eher als ob er mich gehört hätte. Die Erinnerung an die morgenroten Augen in seinem Gesicht ließ mich erstarren. Ich hatte damals Angst gehabt, wenn ich ehrlich war. Und diese Angst hätte mich auch jetzt erfasst, wenn seine Iriden nicht diesen warmen gelben Farbton gehabt hätten. Es war, als hätte er gemerkt, dass ich seine Augen fixierte und so richtete er seinen Blick nach oben. Ich war immer fest davon überzeugt gewesen, jedem Blick verborgen zu sein. Doch dieser Blick bohrte sich mit einer solch ungeheuerlichen Intensität in meinen, dass ich all dies betreffende Theorien schlagartig verwarf. Langsam trat er weiter in die Mitte der Lichtung und ich konnte erkennen, dass der Glanz auf seiner Haut viel mehr ein sanftes Funkeln war - ganz als ob tausende kleiner Diamanten in sie eingelassen wären und das Mondlicht schwach in alle Richtungen reflektierten. Also konnte er doch kein Vampir geworden sein. Aber was war er dann? Und viel wichtiger: Was hatte er hier verloren? Ich wusste genau, dass ich mit seinem Namen Recht gehabt hatte - Diesen Mann könnte ich überall wieder erkennen, denn irgendetwas von ihm hatte sich so in meinem Gedächtnis manifestiert, dass ich glatt fähig gewesen wäre zu behaupten, ihn seit meinen ersten Blicken auf ihn jeden Tag gesehen zu haben. Ihn zu kennen. Die ganzen mehr als 90 Jahre. Ich sah, wie er den Mund öffnete, um zum Sprechen anzusetzen, ihn aber sofort wieder schloss. Stattdessen war er plötzlich verschwunden und ich vernahm wieder diesen Windstoß. Er musste unglaublich schnell sein; schneller als ich. Ich dachte eine Sekunde lang, dass er weitergezogen oder nie dagewesen war, bis ich ihn hinter mir stehen spürte. Ich empfand seine Kälte. Fix drehte ich mich um, rein aus einem Impuls heraus. Ich wollte ihn ansehen. Weil er mich ansehen konnte. Da ich zu wissen gedachte, dass er mich sehen konnte, hatte ich Angst, dass er mir etwas antun würde, wenn ich ihm den Rücken zuwand. So stand ich nun vor ihm; uns trennten keine 20 Zentimeter. Wir sahen uns unverwandt in die Augen und es schien mir, als wolle er durch sie hindurch direkt in meine Gedanken sehen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich diesem Blick noch lange standhalten konnte; einerseits weil die Verblüffung meine Sinne trübte, andererseits weil seine absolute Gegenwart mich - einen Geist - nervös machte. Im Augenwinkel sah ich, wie er langsam und zögerlich seine Hand hob und sie kurz in der Luft hielt. Noch tiefer drang sein Blick in meine Augen und ich verlor die Konzentration, bis er seine Hand an meine Wange legte. Es war tatsächlich ein Widerstand zu spüren - all die Zeit, die ich unbeachtet verbringen musste, schien plötzlich winzig klein und nichtig. Diese kalte, zärtliche Hand an meinem Gesicht bedeutete auf einmal die ganze Welt. Es war mir nicht möglich, über die schiere Ausgeschlossenheit dieser Berührung nachzudenken, zu sehr war ich von der Kälte und meinen Gefühlen gefesselt. Es war ein Kribbeln, fast wie ein Kitzeln, das von dieser Stelle in meinem Gesicht ausging und in Windeseile mein gesamtes Dasein durchzogen hatte. Es fühlte sich intensiver an als alles, was ich je in meinem Leben als Mensch erfahren hatte, soweit ich mich in diesem Moment entsinnen konnte. "Bist du etwa mein Hirngespinst?", fragte seine tiefe Stimme brüchig in die gleißend helle Dunkelheit. Sie schien mich mit aller Macht durchstoßen zu wollen; klang musikalisch und so seltsam vertraut. Ich spürte, wie seine Handfläche langsam über mein Gesicht nach unten strich, so als würde er sie zurückziehen wollen. Instinktiv schoss mein eigener Arm nach oben und keine Sekunde später lag meine eigene Hand auf seiner. Wir erwischten sie dabei, wie sie seine drückte und beide wieder ein Stück nach oben schob. Genießerisch schloss ich meine Augen und gab mich der kalten Rechten aus Stein hin. Sie formte perfekt die unwirkliche Linie meiner Wange nach und war ein herrliches Bett für meine Linke. "Eher bin ich dein Hirngespenst, Edward", flüsterte ich. Kapitel 3: ----------- "Warum kommst du erst jetzt zurück zu mir? Werde ich wieder sterben?", fragte Edward irgendwann verunsichert. Hatte er damals etwa Angst gehabt, dass ich ihm den Tod hatte bringen wollen? Dass ich ihm den Tod fast gebracht hätte? Bei dieser Vorstellung zerklirrte etwas in mir in tausend kleine Splitter. "Edward, hör mir zu! Ich bin kein Todbringer! Mir selbst kam das Ableben in den Weg des menschlichen Daseins - ich bin seit ewigen Zeiten tot. Ich kann niemandem irgendetwas bringen; ich bin ein wandelnder Geist und kann noch nicht einmal begreifen, dass ... du mich siehst... und berührst!", gestand ich meine komplette Existenz. Mit dem letzten Wort schmiegte ich mich noch enger in seine Handfläche. Es fühlte sich an, als müsse ich weinen. "Du ... bist auch tot?", wollte er zögerlich wissen. Sein mich musternder Blick verlangte mir einige Sekunden mehr ab, um die komplette Bedeutung der Frage zu erkennen. "Auch?", fragte ich als Antwort. Seine Geste war rein und voller Vertrauen: Er hob unsere Hände von meinem Gesicht und hatte keine Sekunde später mein linkes Handgelenk mit seiner Rechten umfasst. Vorsichtig legte er meine Hand über der Stelle seines Herzens auf seine Brust und hielt seine große, kalte Hand obenauf, sodass meine mir winzig und verloren vorkam - was sie in der vergangenen Ewigkeit ohnehin immer gewesen war. Beiderseits von dieser unnatürlichen Kühle umfasst spürte meine Hand die Muskeln unter seinem für diese Temperaturen wohl viel zu dünnen Shirt. Er nahm ein paar tiefe Atemzüge, unter denen sich unsere Hände mit seinem Brustkorb sachte auf und ab bewegten und das fehlende Pochen erfüllte ihn gleichermaßen wie mich. "Dann war Carlisle tatsächlich ein Untoter", entfuhr es mir. "Carlisle? Hat er dir damals meinen Namen verraten?", entgegnete er verdutzt. "Nein, wie hätte er?" Doch dann begriff ich: "Edward, niemand kann mich sehen, hören oder berühren - bis auf dich." Mit einem weiteren intensiven Blick durchbohrte er nun wieder, auf der Suche nach der Wahrheit, meine Augen. Seine Caramell-Iriden schienen mich hypnotisieren zu wollen. "Warum?", brummte er schließlich. Ich ließ meine Hand sinken, nachdem sie aus seinem Griff gerutscht war. "Wenn ich das wüsste", murmelte ich trübselig. Er trat ein paar Schritte zurück und kehrte mir den Rücken zu. Wahrscheinlich schaute er zum Mond hinauf; seinen Kopf hatte er in den Nacken gelegt. Heimlich, still und leise konnte ich mich wieder über dieses seltsame Glitzern wundern, denn davon war ich bis eben abgelenkt worden. "Weißt du, was ich bin?", fragte er tonlos. "Ich glaube, es zu wissen", gab ich etwas unschlüssig zurück. "Dann will ich, dass du es sagst." Ohne dass ich eine Bewegung wahrnehmen konnte, hatte er sich mir wieder zugewandt. "Sieh mich an und sag mir, was du siehst!", forderte er und schien mich erneut in einen seltsamen Bann ziehen zu wollen. "Wenn ich sage, was ich sehe, sage ich dir nicht, was ich denke das du bist", redete ich mich ungeschickt heraus. "Was denkst du?" Nie hätte ich mir träumen lassen, dass diese Frage in Zukunft noch oftmals wiederkehren würde. "Ich denke, dass ... die Mythen, 'euch' betreffend, entweder Humbug sind oder ihr doch etwas anderes sein müsst", versuchte ich meine Erklärung anzusetzen. Aber ich war gleichermaßen zu einer Antwort gewillt wie verwundert. "Warum fragst du mich das jetzt?" Er schien mir nicht antworten zu wollen; bedächtig schüttelte er den Kopf. "Ich weiß, was du bist. Deine Kenntnis ist mir ebenfalls lieb", meinte er. Die Worte waren wohl überlegt und obgleich sie einem gestellt erscheinen konnten, hörten sie sich aus seinem Mund nicht so an. Er hatte mich: "Ich denke, dass du ein Vampir bist." "Gut", war alles, was er dazu zu sagen hatte. Wieder wand er sich von mir ab und lief ein paar Schritte in undefinierte Richtungen. Ich interpretierte es als ein 'Ja, du hast Recht'. Ich dachte wieder an den Tag zurück, als seine harschen, roten Augen mich fixiert hatten. Ich hatte Angst vor der wilden Kreatur, die sich damals noch hinter ihnen verborgen hatte, obwohl ich gedacht hatte, dass sie mir nichts anhaben könnte, was sich unterdessen als falsch herausgestellt hatte. Ich glaubte, er hätte mir bedeutet, dass die Mythen zumindest teilweise falsch waren. Seltsamerweise war ich sofort fest davon überzeugt: Die bedrohlichen roten Augen waren irgendwie im Laufe der Zeit in ein warmes, freundliches Sonnengelb getränkt worden; Carlisle hatte dem Jungen damals kein Blut ausgesaugt und der Azrt hate sich im Sonnenlicht bewegen können. Auch die stumme Versicherung meines Gegenübers hatte mich glauben lassen. Vielleicht waren vielerlei Sagen nur erfunden? Wer sagte, dass Vampire stets schlechte, von Menschenblut zehrende Geschöpfe sein mussten? Wer hatte je erlebt, dass ein Poltergeist ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte, wenngleich ein solch hilfloser Tropf nichts weiter als Luft war? Ein Teil von mir glaubte, es zu wissen und der andere Teil hoffte befremdend inständig, dass Edward Masen ein gutes Geschöpf wäre. "Gut", sagte ich schließlich nach dem Beenden meiner Grübelei. "Was?". zischte er, wähend er sich abermals zu mir umkehrte. "Ich sagte 'Gut'. Es ist mir ohnehin egal, was du bist." Trotz des Wahrheitsgehalts erschien mir dieses kleine Geständnis riesengroß. "Egal?", fragte er voller Zweifel. "Es ist dir egal, was du für ein Monster gesehen hast?" "Du bist kein Monster. Zumindest nicht mehr. Und wehtun könntest du mir sowieso nicht. Schon deswegen ist es mir egal", log ich. Mit Sicherheit konnte er mir etwas antun, wenn er mich berühren konnte. Etwas leiser fuhr ich fort: "Das einzige, was mir nicht egal ist, ist, dass du hier bist. Bei mir. Und nicht ich bei dir. Du siehst mich, hörst mich - machst mich lebendig. Obwohl es mir auf den Nägeln brennt, wissen zu wollen, warum dem so ist, macht mich allein dieser Umstand so glücklich, dass ich diese Frage zu vergessen scheine." Meine Worte machten mich traurig. Ich erinnerte mich an all die Leere, die meine vergessene Anwesenheit in mir hinterlassen hatte. Mir entfuhr ein tiefer Schluchzer. "Du glaubst nicht, wie sehr eine so leere Ewigkeit quält und wahnsinnig macht." Kurz war mein Blick verschleiert, wohl von den Tränen, bevor ich seine entglittenen Gesichtszüge verschwommen erkennen konnte. Er starrte ungläubig und überrascht und ... es lag auch etwas mitfühlendes, wissendes in dem Ausdruck. Wieder konnte ich nicht sehen, dass er sich bewegt hatte, aber urplötzlich tauchte er vor meinem Gesicht auf. Er hatte sich zu mir nach unten gebeugt, war er doch so viel größer als ich, und begutachtete mit Sorgenfalten auf der Stirn mein Gesicht. Seine Hand fand wieder auf meine Wange, wischte aber nur flüchtig darüber. Er zog sie nach hinten und betrachtete nun noch ungläubiger als zuvor mich den glitzernden Silberhauch auf seinem Finger, der sich gleich nach dem Erblicken verflüchtigte. Auch meine Aufmerksamkeit hatte dieses Schauspiel nun und die Trauer rückte in den Hintergrund. "Was war das?", fragte er verwundert. Ich wusste keine genaue Antwort. "Das war wohl ... eine Gespensterträne?", war meine glorreiche Erklärung. Entgegen meiner Erwartungen brach er in ein schallendes Gelächter aus. Es war so laut und frei, dass ich schon fast Angst hatte, man würde es über die Grenzen des Waldes hinaushören. Aber das war nur der zweite Gedanke. Im Vordergrund erfüllte mich dieses Lachen mit Zufreidenheit, bescherte mir unverschämtes Wohlbehagen. "Entschuldige bitte", lächelte er, nachdem er sich wieder eingekriegt hatte. "Ich weiß, es gehört sich nicht, in der Gegenwart einer Dame so auszubrechen.“ "Dame?", fragte ich spöttisch und nun war es an mir, zu lachen. Es war bei weitem nicht so eindrucksvoll wie bei ihm, aber die schlechte Stimmung von gerade eben war plötzlich wie verraucht. Wahrscheinlich war das sein Ziel gewesen, denn als ich das Lachen verdrückt hatte und ihn anschaute, zog sich einer seiner Mundwinkel zu einem herzzerreißend schönen, halben Lächeln nach oben. Schuft! "Danke", hauchte ich. Er nickte und war auf einmal verschwunden. Ich hatte die Bewegung verpasst; er saß vor mir im mondscheinweißen Gras und blickte mich an. Die Wimpern warfen dünne Schatten über seine leuchtenden Augen bis zu den hohen Wangenknochen. Es war, als flüsterten sie mir eine stumme Einladung zu. 'Setz dich zu mir', sagten sie. Ich trat einen Schritt zurück, um Distanz zu wahren, und setzte mich langsam nach unten ins taufeuchte Gras. Ich setzte mich nicht oft, da es für mich keinen Unterschied mehr machte, ob ich saß, ging oder stand, und hatte das beklemmende Gefühl, irgendetwas ungewöhnliches zumachen und mir peinliche Blicke von meinem Gegenüber zu ernten. Zunächst ließ ich meinen Blick sich in das Gras zwischen uns fressen, bevor ich mutig genug war, mich erneut dem Bann seiner Iriden auszusetzen. Er musste mich schon die ganze Zeit gemustert haben, denn die Intensität der Forschung in seinem Blick brannte mich bereits lichterloh an. Er lehnte sich zurück und richtete die Augen gen Himmel. Tief atmete er aus und die Luft durchströmte mich. "Würdest du mir glauben, wenn ich sagte, dass mich meine Ewigkeit genauso in den Wahnsinn treibt?", fragte er leise und bestimmt in meine Richtung. "Deine Ewigkeit?“ "Ja", meinte er. "Die Unsterblichen haben ihre eigene Ewigkeit; sie ist beendbar, aber dennoch unbegrenzt und für mich so unglaublich lähmend, schon nach 90 Jahren." "Du bist aber nicht allein. Du hast Carlisle - und die Welt", hielt ich großkotzig dagegen. "Die ganze Welt nun nicht!", lachte er. Wieder hellte es die Atmosphäre um uns herum auf, als wäre helllichter Tag statt mondbeschienener Nacht. "Ich habe Carlisle und unsere Familie. Obwohl ... 'Familie' ist nicht ganz richtig; wir leben als Familie, sind aber nur ein kleiner Clan aus verschiedenen Vampiren mit gleichen Beweggründen.“ "Eine ganze Familie? Warum bist du dann allein hier?", wollte ich wissen, trotz der Tatsache, dass mich sein Alleinsein freute. "Ich ... habe das Gelände erkundet", druckste er hervor und ich wusste, dass es nicht nur das war. Doch ich beließ es dabei - ich hatte nicht das Gefühl, dass bis zu unserem nächsten Treffen wieder ein Jahrhundert verginge. Er fuhr auch hastig fort, bevor ich irgendetwas sagen konnte: "Da wir gerade von meiner Familie sprechen - ich muss dich noch in einem Punkt korrigieren." "Korrigieren? Habe ich etwas falsches gesagt?" Die Unsicherheit übermannte mich. Was wollte er berichtigen? "Falsch nun nicht gerade", lächelte er wieder. "Nur ... nicht mehr gebräuchlich. Wir nennen uns 'Cullen'." "Oh". machte ich nur. Sein Name. Edward ... Cullen. Es klang so seltsam, fremd. Diesmal war er wohl darauf bedacht, sich sichtbar zu bewegen. Trotz meines kurzen Nachdenkens nahm ich wahr, dass er sich langsam zu mir vorbeugte und wieder nach meiner Hand griff. Zögerlich, wie bei der ersten Berührung. "Dürfte ich wohl nun Ihren Namen erfahren, werte Miss Hirngespenst?", fragte er schalkhaft in der Sprache seines Jahrhunderts. Doch auch das stimmte mich trotz seiner durch und durch guten Absichten nur traurig. "Ich weiß ihn nicht mehr." Wie lange hatte mich niemand mehr nach ihm gefragt? Erst hatte ich die Jahre nicht gezählt, erst nachdem ... Edward das erste Mal meine neue Existenz betrachtet hatte. Mein menschlicher Name war mir mit meinem Tode entfallen, so wie der große Rest meines Lebens. Nur an die letzten Qualen hatte ich lückenhafte Erinnerungen... Er lehnte sich erneut ein Stück zurück, allerdings ohne meine Hand loszulassen. Sie lag nun in seiner im Gras zwischen uns. Offenherzig begutachtete er mich, ließ seinen Blick von unseren Händen aus über meinen Arm zu meinem Körper und dort von den Fußspitzen bis in mein Gesicht wandern. Diese Szenerie machte mich befangen und ich konnte nichts anderes tun, als völlig belämmert in seinen Blick hineinzustarren mit der Frage im Kopf, was er wohl sah; wie er mich sah. Als ich merkte, wie seine Augen sich verengten, schien die Zeit wieder ihre normale Geschwindigkeit anzunehmen, ohne dass ich ihr plötzliches Schleichen richtig regstriert hatte. Da hörte ich ihn auch schon grüblerisch ein tiefes, kehliges "Hmmm ..." brummen, als würde er überlegen. Dann beugte er sich wieder vor und zog meine Hand an sein Gesicht. "Mein Name ist Edward Anthony Cullen. Es ist mir ein Vergnügen, ihre Bekanntschaft zu machen", hauchte er mit fester Stimme gegen meinen Handrücken. Der Schalk war verschwunden. Als nächstes spürte ich seine Lippen auf meinem Handrücken, nur ganz kurz und ganz zart. Heiß und kalt lief es mir den Rücken hinab. Er ließ von meiner Hand ab, ich zog sie zurück auf meinen Schoß und er richtete sich wieder auf. Eine unglaubliche Überzeugungskraft hatte sich in seinen Augen eingenistet und ergriff mich. "Bella", entschied er. Kapitel 4: ----------- A/N: "Ich bin dabei, bist du dabei, bin ich dabei uns zu verlier'n?" Das ist alles, was in letzter Zeit aus Kopfhörern oder Lautsprechern in meiner Umgebung dringt, weil ich mich genau das den lieben langen Tag über frage. 'Gewinner' von Clueso (http://www.youtube.com/watch?v=kgDDsAZ7zLk"]http://www.youtube.com/watch?v=kgDDsAZ7zLk) ist ein ziemlich trauriges und nachdenkliches Lied und ich befürchte, dass sich diese Gesamtstimmung meiner Person auf das Kapitel übertragen hat :/ Ich bitte vielmals um Nachsicht T_T Außerdem hat mich der Ideenschwund gepackt. Seid also gewarnt! Niemand hatte nach seiner aufrichtigen Feststellung auch nur einen Laut von sich gegeben, stattdessen war Edward irgendwann plötzlich aufgestanden und hatte sich zu mir gesetzt um sich neben mir mit dem Rücken ins Gras sinken zu lassen. Nach einem kurzen Blick auf sein schwach funkelndes Gesicht tat ich es ihm gleich und seit diesem Moment hatten wir den Mond bei seinem Untergang betrachtet. Wäre nicht Edwards leiser, stetiger Atem gewesen, hätte es mich viel eher überkommen und ich hätte mich vergewissern müssen, ob dieser seltsame Wandler zwischen Leben und Tod noch neben meiner luftigen Gestalt situiert war. "Danke", antwortete ich ihm irgendwann in den dämmrigen Morgenstunden. Nachdem er mich so nachdenklich gemustert hatte, beschloss er, dass diese Erscheinung meines Wesens, wie auch immer er sie sehen würde, als 'schön' zu befinden war. Ich konnte mir das nicht ansatzweise vorstellen; der Tod war nichts Schönes. Er konnte nicht 'schön' aussehen; Edward war ein seltsam schönes Geschöpf mit seiner Grazie, den ebenmäßigen Gesichtszügen und seinen warm leuchtenden Augen - aber ich war es sicher nicht. Der Tod hatte mich zu einem Gefangenen der ewigen, dunklen Nacht gemacht, die Edward durch sein Auftauchen, sein Vertrauen und diesen neuen Namen in einen grell strahlenden, unvergesslichen Sommertag verwandelt hatte - obwohl wir völlig Fremde waren. Edward hatte gezaubert. "Es gibt nichts zu danken", holte er mich mit gedämpfter Stimme in die Surrealität zurück. Das sagte er so leicht. Es war ein Wunder, dass die Wolkenlosigkeit sich gehalten hatte. Den Mond hatten wir verfolgt, bis er hinter dem dichten Blätterdach über dem Rande der Lichtung ein Versteck vor unseren neugierigen Blicken gefunden hatte. Wieder übten wir uns im Schweigen, welches alles andere als unangenehm war. Zu hören war lediglich in weiter Ferne das zarte Plätschern eines Baches und Edwards regelmäßige Atemzüge. "Warum musst du eigentlich atmen?", fragte ich nach einer ganzen Weile des ergebnislosen Nachdenkens. Auf meine Frage hin stockte er beim Einatmen, stieß die Luft dann zischend wieder aus und etwas raschelte; wahrscheinlich hatte er den Kopf gedreht. Also neigte ich mich ebenfalls zur Seite, um meinen Blick auf ihn richten zu können. Irgendwie freute mich das. Sein Gesicht war ganz nah, den Atem hatte er angehalten. Trotz des nun ausgeblieben Mondlichts leuchtete der Honig in seinen Augen wie eigene kleine Sonnen und ihr Anblick kostete mich das Wissen über den Inhalt der Frage, die ich gerade selbst noch gestellt hatte. "Es ist eigentlich nicht nötig. Stört es dich?", flüsterte er spitzbübisch. Unwillkürlich musste ich lachen. Sein Lächeln wurde breiter, er schloss die Augen und drehte sein Antlitz wieder gen Himmel. Ich musterte sein Profil; nach einigen Minuten nahm er wieder einen Atemzug, hielt die Luft aber erneut an. "Es stört mich nicht, Edward. Sei nicht albern!", sagte ich beschwichtigend. "Ich möchte dich besser hören." "Was?" "Nun ja, mein Gehör ist ... recht gut und meist höre ich ab und an Bewegungsgeräusche, Atemzüge, Herzschläge ... von meinem Nebenan; es ist ungewohnt, dass das bei jemandem, der nicht in meiner Familie ist, nicht der Fall ist", erklärte er. "Tut mir leid", war alles, was ich darauf sagen konnte. Eine märchenhafte Vorstellung, was er alles hörte. "Ach was! Als ob du etwas dafür könntest.", zischte er, während er sich, diesmal komplett, zu mir umdrehte. "Danke." "Ich weiß, die Ewigkeit ist schwer", würgte er das Thema ab. Nun war es an ihm, mein Gesicht zu mustern, bevor seine goldenen Iriden sich wieder intensiv in meinen Blick brannten. Er stützte sich auf seinen Arm auf, während ich mich auf die Seite zu ihm drehte. Meine Hand kam zwischen uns zum Liegen und er richtete seinen Blick darauf. Unter diesem befangen spannte ich sie unbewusst zu einer lockeren Faust an. Seine Hand machte eine kleine Bewegung in meine Richtung er hielt dann aber inne. "Darf ich?" Ich nickte nur schüchtern. Er legte sie auf meine Faust nieder, welche sich augenblicklich noch mehr anspannte. Es war unbegreiflich, wie er ein unwirkliches Wesen wie mich so unbeschwert und bedenkenlos berühren konnte. Hatte er keine Angst vor etwas Totem? Er begann, mit dem Daumen kleine Kreise auf meine... 'Haut' zu malen. "Sei nicht so nervös; ich fürchte mich nicht oder sonstiges derartiges. Es ist ... interessant ...", raunte er. Es war mir furchtbar peinlich, dass er das bemerkt hatte, doch zu meinem Erstaunen schien er mich nicht darauf festnageln zu wollen. Durch die seltsam vertrauten und verständnisvollen Blicke, die wir direkt von Angesicht zu Angesicht austauschten, bekam die Atmosphäre etwas furchtbar Intimes. Die Zeit über unserer kleinen Zweisamkeit verstrich weiter und ich begann zu spüren, wie die Luft sich langsam erwärmte und hörte das Summen der Zikaden nach und nach verstummen. Bald kamen die ersten Sonnenstrahlen durch die Blätter und gaben mir zu erkennen, was sich im Mondschein der vergangenen Nacht nur als verzauberter Hauch angedeutet hatte: An den Stellen, an denen die müde Morgensonne Edwards Haut küsste, erschien sie noch weißer als Papier und funkelte, als wäre sie mit tausenden von unsichtbaren Diamanten besetzt. Das Licht brach sich und warf Unmengen kleiner Regenbögen in die Umgebung. Es war blendender und unendlich viele Male schöner als jeder Sonnenaufgang sein konnte. Als er meinen überfordert begeisterten Blick erkannte, legte sich seine Stirn in Falten. "Ist das nicht grauenhaft?", fragte er mit bitter vibrierender Stimme und hatte sich mir schon im nächsten Moment entzogen. Ich erblickte ihn ein paar Meter von mir entfernt stehend, nachdem ich mich umständlich wieder aufgesetzt hatte; seinen Rücken zu mir gekehrt. Er war in den Schatten geflohen. "Nein!", rief ich energisch. "Wie kommst du auf so etwas? Du bist ... du ...“, doch das Wort wollte irgendwie einfach nicht über meine Lippen kommen. "Ja? Was denn? Schrecklich? Ekelhaft? Verstörend?", fuhr er mich an. Sein rapider und boshafter Stimmungswechsel machte mich schlagartig traurig. "Nein", sagte ich. "Wunderschön." Seine Gesichtszüge entglitten und er starrte mich mit einer Miene der Unfassbarkeit an. Damit ... hatte er wohl nicht gerechnet. Gerade als ich dachte, dass er sich genug gesammelt hatte, um mich erneut anzublaffen, zog sich einer seiner Mundwinkel nach oben und kurz darauf begann er schallend zu lachen. Auf eine seltsame Art und Weise war das ein unsagbar erfüllendes Geräusch; es steckte mich mit Frohsinn an. "Wunderschön, Bella!", schmunzelte er, nachdem er sich beruhigt hatte. Ich war überrascht, dass er mich tatsächlich so ansprach. "Diese Haut ist unzerstörbar, sie gehört einem Mörder", sagte er. Sein Lächeln verschwand und er bedachte mich mit einem eindringlichen, warnenden Blick. "Ich habe Menschen getötet." Für einen kleinen Moment hingen diese Worte wie die drückende Schwüle vor einem Gewitterregen über uns, bis mir klar wurde, was er eigentlich gesagt hatte. "Ich bin aber kein Mensch. Ich habe keine Angst." Er musste genau dieselben Empfindungen haben, wenn er über sich dachte, wie ich. Weder tot noch lebendig und trotzdem mit der Ewigkeit gestraft. Hätte ich noch eine Seele gehabt, hätte ich geschworen, meinen Seelenverwandten getroffen zu haben. "Nein Bella, das ist es nicht", fuhr er plötzlich fort. "Ich möchte, dass du mich kennst. Ich kann dir nicht erklären, warum, aber ich will nicht, dass du nur die Lüge siehst." "Ich weis, was ich gesehen habe. Und ich kann sehen, was jetzt vor mir steht. Und das ist vollkommen identisch. Du scheinst mir ein guter Mensch zu sein." "Du redest wirr", lachte er wieder. Wenigstens das konnte ich schaffen - sein Lachen zurückbringen. Nur wenig später lagen wir wieder nebeneinander im Gras, diesmal in der prallen Sonne. Ich konnte mich kaum an diesem unfassbaren Bild seines Funkelns satt sehen. Je höher die Sonne stieg, umso mehr veränderte es seine Erscheinung. Die Farben wurden greller, bis sie sich in einem stechenden weiß verloren. Dennoch war es ... wunderschön. Er erzählte mir, dass er schon vor 70 Jahren mit seiner 'Familie' hier in Forks gewesen sei, sie dann allerdings weiter gezogen sind. Den Grund hierfür verschwieg er mir. Er berichtete von seinen Familienmitgliedern, was für traumhafte Fähigkeiten sie hatten und wer von ihnen am unmöglichsten war. Er sprach über diese einst fremd zu ihm gestoßenen Wesen wirklich wie über richtige Geschwister und zwei von ihnen bezeichnete er sogar als 'Mum' und 'Dad'. Er erschien mir gar nicht wie jemand, der nun bereits, wie er erwähnt hatte, seit 1901 auf Erden weilte und unvorstellbar viel Lebensweisheit in einer, für ihn offenen, materiellen Welt gesammelt hatte. Es kam mir eher vor, als wäre er in seinem Herzen immer noch ein 17-jähriger. Und das für die Ewigkeit. Dieser Gedanke machte mich glücklich. Ich fühlte mich, als wäre ich ewig eingesperrt gewesen und Edward war nun gekommen und befreite mich aus meinem Verlies. All die Bitterkeit verschwamm mit seinem Lächeln und trat in den Hintergrund, ganz so als wäre er dazu in der Lage gewesen, meine trostlose Welt mit seiner Güte und seinem Charisma in bunte Farben zu tauchen. Nach einer Weile, in der wir wieder geschwiegen hatten, setzte er sich auf und schaute von oben auf mich herab. "Es wäre mir eine Freude, wenn ich Ihnen nun meine werte Familie vorstellen dürfte, Miss Bella", grinste er mit einem schiefen Lächeln. Kapitel 5: ----------- A/N: 2 Monate sind vergangen und nichts ist am Hirngespenst passiert; das tut mir wirklich furchtbar leid! Hoffentlich habe ich den Anschluss an den roten Faden der Geschichte erwischt ... >.< Wie mancher vielleicht schon meinem Profil entnommen hat, tun sich in meinem Leben momentan unschöne und liebeskummerartige Sachen, die mich von meiner Kreativität erfolgreich fernhalten und FanFiktion.de zum Abfalleimer für Aufarbeitungen seltsamer Erlebnisse machen. :( Ich hoffe wirklich, dass die dunklen Wolken in meinem Kopf sich lichten und ihr öfter etwas zum Lesen bekommt. :) Aber jetzt endlich zum Hauptthema: Bella, Edwards Hirngespenst, auf dem Weg zu den Cullens! :D Viel Vergnügen & Dewa mata. "Wie stellst du dir das denn vor?", rief ich entgeistert. Die Vision, dass Edward seiner Familie eine gewisse 'Bella' vorstellte und in den leeren Raum deutete war vielleicht recht amüsant ...aber sie war ein Ding der Unmöglichkeit, Wenn ich ihn nicht ins Verderben oder in eine Psychiatrie stürzen wollte. Heutzutage würde niemand fragen, man würde das nicht einmal als 'Medium" durchgehen lassen. Er hatte nur gelacht und seine herrlich goldenen Augen freundlich lächelnd auf mich gerichtet. - 'Herrlich?', wollte etwas in mir fragen, doch da sprach Edward schon mit mir: "Wenn es dir eher beliebt, erst einmal unerkannt zu bleiben und abzuwarten, ob dich vielleicht noch eines meiner Familienmitglieder ... erkennen kann, dann würde ich das mit Freuden vorziehen." Damit grinste er mich schelmisch an. Obwohl mir bewusst war, dass er mir wissentlich ein Bärchen aufzubinden versucht hatte, zogen sich auch meine Mundwinkel unweigerlich nach oben. Er hätte sich dabei genauso wenig wohl gefühlt. Ob er wusste, wie ansteckend sein Lächeln war? "Ich denke, das wäre ein guter Anfang - Deal!", rief ich neuzeit-übermütig und hielt ihm meine Hand zur Beschließung des Paktes entgegen. Ein stilles Lachen schüttelte ihn kurz, dann ergriff er sie und zog mich mit ihr jnach oben. Ich war es nicht mehr gewohnt, gezogen zu werden von einer fremden Kraft und im Zusammenhang mit meiner Desorientierung geschah etwas Unglaubliches: Ich taumelte einen Schritt nach vorn und augenblicklich wurde mich schwarz vor Augen - doch nur um mit unbekannter Intensität eine Erinnerung zurück zu bringen. In ihr spürte ich meine Beine und meinen Herzschlag, fühlte einen weltlichen Körper um die Schwaden meines Geistes; ich sah den Boden auf mich zukommen und spürte den Schlag des Aufpralles. Mein eigener Schmerzensschrei katapultierte mich zurück ins Hier und Jetzt, wo Edward mich an den Schultern festhielt und mir fassungslos ins Gesicht starrte. "Was ...?", setzte er, den Kopf langsam und verwirrt schüttelnd, an. Doch dann erstarrte er erneut, nur um mich im nächsten Moment in eine feste Umarmung zu ziehen. "Shht, es ist doch alles wieder gut!", murmelte er beruhigend, während seine kalten, steinernen Hände über meinen Rücken strichen. "Nicht weinen, sht ... " Ich weinte? Erst da bemerkte ich es. Die Augen heiß und den Blick verschleiert stand ich nun da, so nah an diesen totenkalten Fremden geschmiegt, der mir nun schon wieder mit seiner Vertrautheit ein Leben rettete. Ich krallte mich an ihm fest, um seine innere Ruhe irgendwie übernehmen zu können. Nach einer kleinen Weile beruhigte ich mich langsam. Ich hörte Edward leise atmen, spürte seine großen Hände im Rücken; für meinen Geschmack hatte ich meinen seltsamen Flashback zu schnell verdrängt, also versuchte ich mich aus seinen Armen zu befreien. Was sich schwieriger gestalten sollte. "Verzeih mir, bitte ... ", murmelte Edward mit weit entfernter Stimme, als er seinen schraubstockartigen Griff um meine Sagengestalt löste. "Nach einem Jahrhundert Übung unterschätze ich meine Kräfte manchmal noch immer." Kurz schloss er seine seltsam düster schimmernden Augen und schüttelte kaum merklich den Kopf. Sein Mund zog sich an einer Seite zu einem schiefen Lächeln hoch, dann öffnete er die Lider wieder und bedachte mich mit einem fürsorglichen Blick. " "Geht es wieder?", fragte er sanft. Ich nickte vorsichtig zur Antwort. "Gut", lächelte er mich breit an. "Verzichtest du darauf, einen mein Mark erschütternden Geisterschrei auszulassen, komme in den nächsten Momenten was wolle?" Eine Sekunde lang war ich damit beschäftigt, seine Worte und den Stimmungswechsel zusammenzusetzen, bevor ich kurz Angst bekam. Das hatte er gesehen. "Keine Angst, ich möchte uns nur einen raschen Heimweg garantieren." Gerne hätte ich unsere befremdliche Zweisamkeit auf einen langen Lauf durch den Wald ausgeweitet, doch die Aussicht, etwas zum Schreien veranlassendes u erleben, lockte mich. Lange hatte ich kein so intensives Gefühl wie Angst oder Panik verspürt und aus irgendeinem Grund hatte ich keine Bedenken, dass Edward mir wehtun oder mich hinters Licht führen würde. "Dagegen habe ich absolut nichts einzuwenden", säuselte ich sanft. "Noch besser", hörte ich seine Stimme, spürte einen schnellen Luftzug und sah die Welt plötzlich von viel weiter oben und war ohne Bodenkontakt zwischen Geisterfüßen und Erde. "Hey, Edward, was soll das? Ich kann allein laufen!", rief ich erschreckt, auf seinem Rücken sitzend, zu ihm vor. "Gut, du hast schon mal nicht geschrieen", stellte er ungerührt fest. "Und du hast vollkommen Recht. Ich glaube nur, dass es da etwas gibt, das du nicht kannst. Pass mal auf!", und mit diesen Worten lief er los. Es fühlte sich an, als würde er fliegen. Ich spürte seine einzelnen Schritte gar nicht, sein Atem ging ruhig und gleichmäßig; das schallgeschwinde Laufen schien ihn nicht einmal anzustrengen. Ich fühlte mich in einem seltsamen Zwischenzustand gefangen; einerseits musste ich mich an oihm festhalten, andererseits rauschte die Luft kühl und schnell durch mich hindurch, sodass es sich fast anfühlte, als würde ich mich in sie verwandeln. Die Bäume rauschten schemenhaft an mir vorbei, ich konnte nur noch die blendenden Reflektierungen des Sonnenlichts auf Edwards Hals klar sehen. Als ich gerade begann, mich an diesen phantastischen Zustand zwischen Sein und nicht sein zu gewöhnen, wurde der Luftstrom langsam und irgendwann wurden die Auf- und Abbewegungen durch Edwards Schritte wieder deutlicher, bis er stehen blieb. "Wow", rollte mir ein Flüstern von den Lippen, als er reglos stehen blieb und ich auf seinem Rücken nunmehr der Erinnerung an den Lauf nachhing. "Ist das bei euch immer so?", fragte ich leise. "Immer, wenn wir können", antwortete er nun doch ein wenig außer Atem. "Wow", machte ich wieder. Er hatte mir ernsthafte Ehrfurcht beigebracht. Edward ging en Stück in die Knie und ließ seine Arme unter meinen Knien hervorrutschen, sodass ich von ihm herunterklettern konnte. "Danke", sagte ich leise. Er drehte sich zu mir herum. "War mir ein Vergnügen." Er begann wieder, so schalkhaft zu grinsen; ich überging dies. Da standen wir also. Vor diesem Traum von Neuzeithaus. Verglaste Frontwände, im Kontrast dazu blassgelb verputzte Mauern und Haselnussbraune Holzwandverkleidungen. Daneben wohl eine Garage; keineswegs Wellblech, stattdessen trat sie genauso auf wie das Haupthaus und hatte eine riesig hohe Tür aus glänzendem Metall. Eigentlich müsste man darin ebenso gut wohnen können - sie war sicher so groß wie das Wohnzimmer im großen Haus. "Wir haben eines der Nebenhäuser zur Garage umgebaut", fiel Edward mir plötzlich in meine Gedanken. Das verwirrte und schockte mich für eine Sekunde gleichzeitig. War ich so ein offenes Buch für solche, die mich sahen? "Ach so ... ich dachte schon; kam mir etwas groß vor ..." Mehr fiel mir nicht ein. Ich betrachtete das Haupthaus mit seinen ungewöhnlich saubereren Holztreppenstufen nochmals, diesmal mit gemischten Gefühlen. Irgendwie kam ich nicht von dem Gedanken weg, das Haus zu kennen. Es was vielleicht modern gehalten, aber es musste schon eine Weile hier stehen. Natürlich konnte es auch eher gebaut sein und ich hatte es nicht mitbekommen, aber ...- "Kommst du mit?", fragte mich seine ungeduldige Stimme aus meinem Denken heraus. Ich wand mich ihm zu und musterte ihn eindringlich. Hatte er denn gar keine Angst davor, dass sie mich dort drinnen auch sehen konnten? "Was ist denn?", fragte er mich, während sein Lächeln ein wenig schwächer wurde. "Ich weiß nicht ... ist das wirklich gut so?", kamen mir meine Ängste plötzlich lächerlich vor. "Ach was, du brauchst keine Bedenken haben, meine Liebe. Betrachte du dir ruhig das Mobiliar und die Verrückten, während ich Bericht erstatte, sollten wir in Erklärungsnot geraten. Einverstanden?", versuchte er mich zu beruhigen. Was allerdings den gegenteiligen Effekt gehabt hatte. 'Meine Liebe' ... das klang so ... schön. Ich brachte noch ein gepresstes 'Einverstanden' hervor, worauf er nickte, sich herumdrehte und mit einem Mal vor der Haustür stand. "Warte!", rief ich aus Reflex. Er lachte und wartete. Als ich fast wieder neben ihm zum Stehen gekommen war, öffnete er die Tür mit einem sanften Ruck, sodass ich gleich weitergehen konnte. Ich fand es nicht gut, voran zu gehen. Vor mir eröffnete sich ein hoher Eingangsbereich, mit hellen Holzdielen ausgelegt und in der Ecke eine fein verschnörkelten Bank aus schwarzgrauen Metallstreben stehend, Jacken darübergefaltet. Elektrisches Licht war hier wohl nur nachts nötig; durch die Glaswände fiel das Sonnenlicht ins Haus und machte es ebenso taghell wie draußen. Edward hinter mir kicherte kurz auf, was mich seltsam ertappt herumfahren ließ. Er lächelte mich nur entschuldigend an. Was er wohl gedacht hatte? "Hey, Edward!", rief plötzlich eine gedämpfte, weiche Stimme von weiter oben. Wie man ihn wohl von dort erkennen konnte? "Wen hast du uns denn da mitgebracht?", setzte der Jemand nach. Kapitel 6: ----------- A/N: Ich bin unmöglich. Am liebsten würde ich für mein Nicht-Posten im Boden versinken. Ohne Ausreden an ihren Haaren herbeiziehen zu wollen, sage ich euch trotzdem, dass es mir im letzten halben Jahr so schlecht wie wohl noch nie ging und ich der FF kein Leid zufügen wollte und deswegen nur stückchenweise geschrieben habe, wenn ich dachte, ich bleibe lieb. Ich bin unsagbar dankbar, sollte es noch Leute geben, die drangeblieben sind. Und ich bitte um Entschuldigung, auch wenn ich keine erwarte ... Vor mir eröffnete sich ein hoher Eingangsbereich, mit hellen Holzdielen ausgelegt und in der Ecke eine fein verschnörkelten Bank aus schwarzgrauen Metallstreben stehend, Jacken darübergefaltet. Elektrisches Licht war hier wohl nur nachts nötig; durch die Glaswände fiel das Sonnenlicht ins Haus und machte es ebenso taghell wie draußen. Edward hinter mir kicherte kurz auf, was mich seltsam ertappt herumfahren ließ. Er lächelte mich nur entschuldigend an. Was er wohl gedacht hatte? "Hey, Edward!", rief plötzlich eine gedämpfte, weiche Stimme von weiter oben. Wie konnte man ihn wohl von dort erkennen konnte? "Wen hast du uns denn da mitgebracht?", setzte der Jemand nach. Für den kleinsten Moment setzten in mir jegliche Nervosität und Anspannung aus; alles fiel auf Null, nur um mich direkt im nächsten Moment mit gewaltigem Lärm umzureißen. "Niemanden, wieso?", warf Edwards Stimme hinter mir den rettenden Anker zurück in die mich umgebende Welt. Ich drehte mich zu ihm herum und sah ihn tatsächlich gelassen und verwundert über die Frage unseres Obenübers dastehen, als ob ich nicht da wäre. Hatte ich bis hierher alles nur geträumt? Ohne dass ich Schritte wahrgenommen hatte stand plötzlich ein junger Mann, ein paar Schritte entfernt, vor uns. Die Haut schneeweiß, die Augen honiggelb, die Haare etwas länger gewachsen, mit leichtem Blondstich. Auf eine seltsame Art und Weise bekam man das Gefühl, dass er Edwards Bruder sein könnte, ihm wiederum aber fremder sah als ein zufällig herausgepickter Passant auf der Hauptstraße. Für eine Sekunde schien es so, als würde er mich direkt anschauen, aber das war so schnell vrbei, dass ich glaubte, es mir nur eingebildet zu haben. Er blickte zu Edward auf. "Bist du hier so nervös?", fragte er ihn verunsichert. "Hier ist niemand nervös, Jasper. Das ... musst du dir einbilden", erwiderte Edward kühl. Jasper. Jemand, der nervös ist. Einbildung. Nein, Unsinn; woher sollte dieser Jasper meine Nervosität erahnen? "Hm", machte Jasper. "Na ja, anscheinend egal. Du weist, dass ich nachher noch mit Alice-- ... " Edward unterbrach ihn: "Du musst mir nicht alles zwei Mal erzählen", sagte er, tippte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe und zwinkerte. Wie seltsam. Dieser Jasper war wohl jemand, der sich gern selbst wiederholte… Alice. Ein weiterer, ungebräuchlich gewordener Name. Ich fragte mich, wie sie wohl aussah. Ob sie jung aussah oder alt. Und wie alt sie tatsächlich war. Mein vages Bild von ihr sollte später pfeilgerade an der Realität vorbeischießen. Ich schaute zu Edward, dann zu Jasper. Ich hatte nicht genug Zeit, meine Vorstellung von dieser Alice auszubauen. "Esme bat mich, dir auszurichten, dass Carlisle wohl die andere Schicht auch übernimmt. Sie wollte nicht allein hier bleiben-- ...", wieder unterbrach Edward Jasper: " ... und ist jagen gegangen. Alles klar." Er schob die Hände in die Hosentaschen. "Ok, also dann ... werde ich mal losgehen." Dann sah Jasper Edward einen Moment lang intensiv in die Augen. Sie hatten dieselbe, durchdringende Farbe; bei Jasper wurde sie allmählich dunkler. "Nicht nötig", sagte mein Gastgeber plötzlich aus dem Zusammenhang heraus, "Ich bin mit mir selbst in bester Gesellschaft." "Ok, dann bis später", sagte der Blonde vor mir und verschwand, vor meinen Augen verschwimmend, im Haus; man hörte eine Verandatür sich öffnen, gleich darauf schloss sie sich wieder. Es war still. "Wollen wir uns setzen?", drang Edwards leise Stimme auf einmal zu mir. "Es erscheint mir unhöflich, die hübsche junge Dame im Hausflur zu interviewen", setzte er schelmisch grinsend nach. Verlegen senkte ich den Blick, nickte. "Wo?", fragte ich leise. "Die Sofas im Wohnzimmer sollen durchaus bequem sein", lächelte er anscheinend; das hörte ich. "Urteilt der viele hübsche Besuch so über sie?", fragte ich, meinen Mut zum Schalk langsam wiederfindend. "Nein", kam die Antwort. "Ich kann es nur nicht einschätzen. Ich brauche ruhe mich normalerweise nicht auf ihnen aus." Ich trat zur Seite und ließ Edward vorangehen. Zögernd lief er los und ich kam nicht umher, weniger von seinen offensichtlichen Geheimnissen als viel mehr von der überaus unerwarteten Einrichtung des Vampirhauses gebannt zu werden: Alles war in sehr hellen Naturfarbtönen gehalten, die Wände waren mit impressionistisch anmutenden Bildern behangen, stilvolle Holzkommoden bestellt mit teuren Vasen, die ausladende Blumensträuße zusammenhielten. Teilweise waren zwischen ihnen einfache Glasbilderrahmen situiert, manche von ihnen mit alten, schwarz-weißen Bildern bestückt. Ich wollte wissen, ob sie wirklich so alt waren und wen sie abbildeten, also blieb ich stehen. Das Bild, das meine Aufmerksamkeit als allererstes an sich riss, hatte in seinen dunklen Partien einen leicht grünlichen Stich. Es bildete Edward ab. Er saß in einem gerade blühenden Garten auf einer wackeligen Hollywoodschaukel, welche mit dünnsten Schaumstoffkissen bestückt war. Das Bild selbst war vielleicht ein Jahrhundert alt. Edward hingegen hatte sich nicht im kleinsten Detail irgendwie verändert. "Das war 1945. Der Krieg war gerade vorbei. Das einzige Mal, das wir versucht hatten, im Süden zu leben", meldete Edward sich kurz zu Wort. Ich schaute noch einmal genau auf das Bild, prägte mir Edwards Gesichtszüge ein um es dann mit dem Edward neben mir zu vergleichen. Und als ich zu ihm aufsah, merkte ich, dass das kein Vergleich war. Die trübsinnigen, dunklen Augen vom Photo mussten zu jemand anderem gehören und das Lächeln, das er gerade lächelte, konnte niemals einfach nicht da gewesen sein. Auch wenn das Bild denselben Mann zeigte, so war er doch durch die Zeit gegangen. Und hatte etwas gefunden, was ihm so etwas wie ... Glück und Lebensmut verschaffte. Als ich merkte, wie neidisch ich wurde, unterbrach ich den intensiven Blickkontakt zu ihm, um ihm keine Möglichkeit zu lassen, mitzubekommen, wie verbittert ich tatsächlich war. Es gab so viele Sagen, in denen die Hexen und Zauberer um ewiges Leben und ewige Schönheit kämpften und ich bekam all das geschenkt und verachtete es mit jeder Faser meines Daseins, weil ich nichts damit anzufangen hatte. Was für eine Vergeudung. Mein Blick glitt zurück zur Kommode, streifte flüchtig die anderen Bilder, auf denen nach und nach eine Familie zu erkennen war. Doch sah ich nicht genau genug hin, um Einzelheiten erkennen zu können. Ich bemerkte nur, dass die Bilder nach Zeiten gestaffelt waren; von schwarz-weiß über Sepia bekamen sie langsam erst rotstichige und dann naturgetreue Farben. Mehr wollte ich in diesem Moment auch gar nicht sehen. Ich hatte Angst, Edward würde auch das bemerken und mich auf seine seltsam angenehme Weise bloßstellen und trösten wollen. "Soll ich dir das Haus zeigen?", fragte mich seine samtig tiefe Stimme und zog mich ein weiteres Mal aus meinen unangenehmen Zwiespälten. "Sollte ich nicht die angeblich bequemen Sofas einschätzen?", lenkte ich ab. Die Stimmung war einfach hinüber, ich konnte es mir nicht erklären. In diesem ungeschickten Hin und Her nun ein Haus zu besichtigen ... das war eine Erfahrung, die ich gern auch noch in 70 Jahren machen konnte. Mit einem sanften, schiefen Lächeln lotste Edward mich ohne einen weiteren Kommentar in das hochwandige, modern eingerichtete Wohnzimmer. Farblich war wieder alles aufeinander abgestimmt. Die zarten Brauntöne der Sitzmöbel verliefen sich im cremefarbenen Weiß der Wände und schufen trotz des überdimensionalen HD-Fernsehgerätes auf dem scheinbar viel zu kleinen Beistelltisch unter dem Schmuckregal an der Wand einen Eindruck von lieblicher Vollkommenheit. Das Highlight, worauf das Zimmer aufmerksam machen wollte, war der schwarze Flügel, der anbetungswürdig auf einem kleinen Podest stand. Ob Edward spielte? Um eben diesem gegenüber nicht unhöflich, neugierig und auch noch Gastfreundlichkeit verweigernd zu erscheinen, setzte ich mich erst einmal einfach auf das Sofa. Es war das erste Sofa, auf dem ich seit unendlichen Jahren Platz genommen hatte. Nicht dass ich eine Entspannungspause auf bequemen Sitzmobiliar vermisst hätte, doch nach einem guten Jahrhundert auf Wiesen, Klippen und Baumstümpfen war es dieses seltsam vertraute Gefühl von Heimat, das mich kurzzeitig übermannte und in eine ferne Atmosphäre zog. Edward hatte das natürlich bemerkt. Seine leise Stimme ließ mich mit dem "Alles in Ordnung?" dennoch aufschrecken. "Ja, natürlich. es ist nur ... etwas seltsam, sonst nichts", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Bequem", fügte ich im schwachen Versuch an unser Gespräch anknüpfen zu wollen hinzu. Edward stand noch immer schräg neben mir vor dem Sofa und schien keine Anstalten machen zu wollen, sich ebenfalls zu setzen. Mir war das unangenehm, denn es fühlte sich an, als würde er darauf warten, dass ich endlich wieder aufstünde. "Möchtest du dich nicht vielleicht auch setzen?", fragte ich deshalb bald in die Stille hinein. Er zögerte, saß dann unvermittelt und wie aus dem nichts erscheinend neben mir. "Genau genommen brauche ich mich nicht auszuruhen", sagte er langsam. "Sollst du doch gar nicht, es fühlt sich nur irgendwie befremdend an, wenn du einfach nur neben mir stehst. Als nehme ich dir Platz weg oder dergleichen", kam die Wahrheit herausgesprudelt, nachdem ich mich vom Schrecken über sein unvorhergesehenes Autauchen erholt hatte. Er lächelte. "Nein, ich meine, überhaupt." Das verwirrte mich. "Wie?" "Ich schlafe nicht." Er also auch. "Kannst du träumen?" Seine Augenbrauen zogen sich verunsichert zusammen und es erschien eine Nachdenkfalte auf seiner Stirn. Ich konnte sie ihm nicht verdenken. "Ich schlafe auch nicht. Aber manchmal, wenn ... ich weiß nicht, wenn ich mich einsam fühle oder ich Sehnsucht nach etwas habe, lege ich mich hin, schließe die Augen und träume. Erträume mir Farben, Felder und ein Leben." Plötzlich verspürte ich das Bedürfnis, das zu teilen. Es war über all die Jahre so sehr zu einem Bestandteil meiner Selbst geworden, dass ich das Gefühl hatte, Edward als meinen neuen Retter das nicht vorenthalten zu können. "Ich kann nicht träumen, wie man es von Menschen hört. Ich schlafe ja nicht. Eher habe ich gelernt, meine Phantasie frei walten zu lassen und in meinen Illusionen wie ein Traum-Ich umherzuwandeln. Ein bisschen wie ein Oneironaut vielleicht", lachte ich. Als ich den Blick hob, ihn auf Edwards Gesicht wand, erstarb mein kleines Kichern augenblicklich. Seine honiggelb leuchtenden Augen wirkten mit einem so ernsten und doch durchdringendem, fast sehnsüchtigen Blick auf mich, dass ich fast schon vergaß, worüber ich gerade schwadroniert hatte. Langsam öffnete er den Mund, es dauerte allerdings einen Moment, bis er mit aufgewühlt dunkler Stimme bat: "Könntest du dich jetzt hinlegen und ... träumen?" Komplett überrumpelt blieb mir für einen Moment die Sprache weg. Er bat mich ... zu träumen? "Vielleicht kannst du mir das beibringen. Zu träumen", sagte Edward leise, als er den Kopf senkte und ein Stückchen weiter an den Rand des ockergelben Sofas rückte. Er schaute mich geduldig an und breitete die Arme ein wenig aus. Auf einmal war es komplett still. Edward hatte aufgehört zu atmen. Ich wusste nicht, ob ich in der Lage war, das ... Träumen zu lehren. Und ich bezweifelte, dass ich, wenn ich es überhaupt konnte, in der Lage wäre, es Edward beizubringen. Bis dahin wusste ich nicht warum; ich erklärte es mir damit, dass er mir mit seiner kompletten Ausstrahlung, seiner unwirklichen Existenz und seinen mich sehenden Augen so perfekt erschien, dass es nichts gab, was er von mir hätte erlernen können. Gerade als er die Arme sinken lassen wollte, fasste ich den Mut, mich niederzulegen und meinen Kopf auf seinem Schoß zu platzieren. Mit einem kläglichen 'Plopp' verschwand der Mutfunken allerdings in dem Moment wieder, in dem ich von unten in sein Gesicht aufschaute, das er mir zugeneigt hatte. Schlagartig wurde ich unerträglich nervös und hibbelig. Träumen konnte ich so nicht. Auch wenn es noch so bequem war auf dem Schoß eines Lebenden Toten aus kaltem Stein. Ich kam nicht dazu, irgendetwas an unserer Position zu ändern, denn Edward hatte bereits nach meiner Hand gefasst, unsere Finger miteinander verwoben und auf meinem Bauch abgelegt. Er lehnte sich zurück, schloss die Augen und entspannte sich. "Du sagtest, du schließest deine Augen", gab er von sich, wohl als Erklärung. Seltsamerweise entspannten seine Gesten auch mich. Als er tief ausatmete, schlossen sich auch meine Lider, um den kalten Windhauch abzuhalten, meine Augen zum Tränen zu bringen. Edward roch unverschämt gut. Hinter meinen geschlossenen Augenlidern sah ich sofort den Moment zurückkehren, als Edward sich mit dem zischenden Windstoß angekündigt hatte und ich ihn zum ersten Mal nach 90 Jahren wieder gesehen hatte. Mit topasgelben Augen. Sofort schossen meine Erinnerungen zurück zu dem rotäugigen Monster aus einer scheinbar vergangenen Zeit. Ein kehliges Knurren riss mich aus meinen Gedanken heraus. Es kam von Edward. Als ich aufschaute, schloss er seine reuevollen Augen gerade wieder. Konnte es sein, dass er bemerkt hatte, was ... ? Hatte er es an meinem Gesicht abgelesen? Was--- "Hilfst du mir nun?", unterbrach Edwards unruhige Stimme mich diesmal. "Du musst an etwas Schönes denken", sagte ich sogleich gehörsam. Ich ließ meine Augen wieder zufallen. "Dann siehst du die Farben." "Mhm." "Denke es dir aus", und ich sah bereits die mondlichtdurchtränke Lichtung, doch diesmal roch es nach Blumen und es flogen Bienen umher; die Sonne schien und man sah ihre Strahlen, gebrochen vom dichten Blätterdach. "Was?", hörte ich Edward weit entfernt sagen. Da sah ich ihn plötzlich am Rand der Lichtung stehen. "Wo du ... bist", antwortete ich ihm mechanisch antwortend in die Realität zurück, ohne genau zu wissen, was ich gesagt hatte. Auf meiner Traumlichtung lächelte Edward. Dieses schiefe, jungenhafte Lächeln, von dem man automatisch selbst zum Lächeln gezwungen wurde. Mit zwei großen Schritten trat er aus dem Schatten der Bäume am Rand der sonnengefluteten Wiese hervor und sofort brachen sich tausende kleiner Regenbögen auf seiner Haut und erhellten den Platz viel schöner als Sonne oder Mond es allein je könnten. Er trug einen schwarzen Parka und plötzlich verschwanden die Bienen, der Blumengeruch und die Wärme. Auf einmal war es eisig kalt in meinem Traum. Edward war ein kaltes Wesen, das konnte ich nun sehen. Die grüne Wiese verschwamm und war, als sie vor meinen Augen wieder auftauchte, schlohweiß vom Schnee, der begonnen hatte, zu fallen, ohne dass ich es gemerkt hatte. Die Flocken blieben auf Edwards Kopf liegen und schmolzen nicht. Er schüttelte sich und ein paar von ihnen fielen sachte schwebend auf den Boden. Diesmal träumte ich doch wie ein Mensch. Ich erinnerte mich an etwas, was wirklich geschehen war und flocht mithilfe meiner Phantasie und meiner Wünsche etwas völlig absurdes und Neues hinein. Etwas noch nie Dagewesenes; ich ersann eine komplett neue Szenerie. Edward machte mich menschlich. "Hör nicht auf", sagte dieser dann plötzlich. Allerdings nicht in meinem Kopf, sondern neben mir; sein Atem streifte mein Gesicht wieder. Ich versuchte, zurück in den kalten Schnee zu finden, als bei seinen nächsten Worten meine Augen aufflogen und mir, kälter als seine Beine unter meinem Kopf mich abkühlten, ein Schauer den Rücken herabrieselte. "Ich möchte noch mit dir einen Schneemann bauen." A/N: Tipp: Edward hat Fernsehen geguckt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)