Blacklist II von Saya_Takahashi (The next event) ================================================================================ Kapitel 1: Auftakt ------------------ 1 Es war früh am Morgen, als Hayato Tosa und seine Frau Yui Tosa aus der schwarzen Limousine stiegen. Der ältere Diplomat reichte seiner Gattin die Hand und half ihr die Treppen hinauf, die ins Pariser Justizgebäude führten. Neben ihm und immer an seiner Seite war ein junger Mann von gerade einmal 19 Jahren, der jedoch viele andere an Erfahrung überbot und deswegen des Diplomaten persönlicher Leibwächter war. Hinter den dreien liefen zwei weitere Leibwächter, ebenfalls alles Japaner. „Monsieur Tosa!“, begrüßte ein Beamter den japanischen Diplomaten und salutierte, als dieser die oberste Stufe erreichte und vor dem Eingang stehen blieb. Hayato Tosa verbeugte sich höflich und lächelte. „Ich freue mich, Monsieur Charaque.“ „Monsieur Le Rufé erwartet sie bereits, Monsieur Tosa. Wir freuen uns, das sie sich die Zeit nehmen konnten.“ „Natürlich“, gab der japanische Diplomat zurück. Er setzte seinen Weg fort, hielt jedoch noch einmal inne. „Die Sicherheitsvorkehrungen im Inneren …“ „Sind die besten unseres Landes, Monsieur Tosa! Das Gebäude wird strengstens bewacht und niemand ohne speziellen Ausweis durfte es betreten.“ Hayato Tosa nickte und drehte sich zu seinen Leibwächtern. „Ihr müsst nicht mit hinein, es würd sicher eine anstrengende und vor allem langweilige Verhandlung, sagte er in seiner Muttersprache. „Aber …“, setzte schon der junge Mann zu seiner linken ein. „Macht euch einen schönen Tag“, lächelte Frau Tosa. Die ältere Dame sah vor allem zu dem Mädchen, dass ebenfalls zu ihrem Personenschutz gehörte. „Paris ist eine wunderschöne Stadt und wir sind nur heute hier. Genießt ein paar freie Stunden.“ „Aber das geht doch nicht!“, antwortete diese und sah nervös zu den anderen beiden, die ebenso verwirrt waren. „Heute geht das schon mal“, meinte Herr Tosa und seufzte. „Ich würde mir auch lieber die Stadt ansehen. Also geht, und erzählt uns nachher von den Sehenswürdigkeiten.“ Damit ließ er seine Leibwächter stehen und verschwand im Justizgebäude. „Super“, murrte die Braunhaarige junge Frau. „Was machen wir jetzt?“ „Das was der Boss gesagt hat!“, grinste ihr Kollege. „Wir schauen uns Paris an!“ Ganz euphorisch blickte er zu dem 19 jährigen, der alles andere als begeistert wirkte. „Ach nun komm schon, Neji! Zieh nicht immer so ein Gesicht. Du kennst doch die Tosas, die gehören eben zu den netten Leuten. Seien wir froh, dass wir mal an coole Arbeitgeber geraten. Wenn ich an den beknackten Nasumi denke… 24 Stunden am Tag hätten wir noch für den Schuften sollen!“ „Lee, darum geht es doch nicht! Tosa hat etliche Warnungen bekommen. Wir dürfen nicht leichtfertig sein, und er dürfte es erst recht nicht! Vor allem hier Paris, wo es erst vor kurzen einen Angriff auf einen japanischen Ministert gab.“ „Ach was, du machst dir zu viele Gedanken, Tenten“, gab Lee zurück und streckte sich ausgiebig. „Ich bin dafür, dass wir tun was er verlangt. Es ist auch ein Befehl, jawohl.“ Tenten seufzte und sah zu ihrem ‚Boss’. Neji war der Älteste von ihnen und hatte das Kommando über ihre kleine Einheit. Sie arbeiteten schon eine ganze Weile für die japanische Regierung, doch Neji war am längsten dabei und hatte die meiste Erfahrung. Seine Fähigkeiten hatten ihn weit gebracht, und es waren seine Fähigkeiten, die so manchen Politiker Japans das Leben gerettet hatten. „Und was machen wir jetzt?“, wollte sie wissen. „Wir bleiben in der Nähe“, sagte Neji mit seiner kühlen Stimme. „Wir beobachten das Gebäude von Außen.“ „Mano…“, hörte man Lee jammern, doch Tenten nickte. „Gut. Dann machen wir es so. Ich habe ein ungutes Gefühl.“ 2 Im selben Land, und doch an einem gänzlich anderem Ort, stand ein Mädchen mit zusammengebunden Haaren vor ihrem Herd und zog sich die dicken Kochhandschuh über. „Wenn der jetzt nichts geworden ist…“, sagte sie im wütenden Tonfall zu sich und ihrem Braten, ehe sie die Ofenklappe öffnete. „Ich sag dir, dann war es das letzte Mal, das ich... OH! Sieh mal Sasuke!“, rief sie kreischend aus, machte einen Satz rückwärts und griff nach dem Arm des Uchiha, der eben noch gelangweilt auf dem Tisch gelehnt hatte. Nun wurde er jedoch von dem rosahaarigen Mädchen ergriffen und wild zum Ofen gezogen. „Sie dir den Braten an!“, rief sie stolz. „Da läuft einem das Wasser im Mund zusammen!“ Sasuke zwang ich zu einem Nicken. „Er sieht ganz passabel aus.“ „Passabel?“ Sakura blinzelte entrüstet. „Passabel??“ „Es ist ein Broiler, Sakura. Da kann man nicht viel falsch machen…“ Doch im Stillen stieß er einen erleichterten Seufzer aus, dass die Küche wenigstens dieses Mal verschont geblieben war. Der letzte Brand war doch recht verheerend gewesen, hatte er immerhin den ganzen Raum renovieren müssen. Sakura hatte unzählige Talente, wie er im letzten Jahr herausgefunden hatte. Sie konnte wunderbar mit Waffen jeglicher Art umgeben, traf ihr Ziel auf den Millimeter genau und war sicherlich eine der besten Killer, die er kannte oder von denen er irgendwann mal gehört hatte. Aber was das Kochen anging – das Backen, das Putzen, das Waschen – darin war sie einfach nur verloren und jeder, der sich in ihrer Nähe aufhielt, in Gefahr. Sasuke musste innerlich grinsen, als er daran dachte. Er bereute es keine Sekunde, dass er damals zusammen mit Sakura Japan verlassen hatte. Ihm fehlte seine Arbeit, und ihm fehlten seine Freunde, aber für nichts auf der Welt würde er sich mehr von Sakura trennen wollen. Er brauchte sie, genauso wie sie ihn brauchte. „Sasuke! Ich rede mit dir!“, riss ihn das Mädchen aus seinen Gedanken. „Wo bist du denn schon wieder?“ „Entschuldige“, schmunzelte Sasuke. „Was hast du gesagt?“ „Hör hin!“ Sakura stellte das Radio lauter, und kaum das Sasuke in etwa begriff, was ihm der Moderator mitteilte, entglitten ihm die Gesichtszüge. „Das kann doch nicht...“, sagte er, verstummte aber, als der Mann weiter sprach und über das Attentat in Paris berichtete, das sich am Vormittag, vor nicht einmal zwei Stunden ereignet hatte. „Erst letzte Woche in Bordeaux und nun in Paris. Das ganze Justizgebäude gesprengt…“ Sakura stellte das Radio aus, als die Nachrichten zu Ende waren. „Und die reden von Zufall!“ „Es war wieder ein Japaner unter ihnen.“ Sasuke setzte sich nachdenklich an den Tisch und sah Sakura zu, wie sie das Huhn aus dem Ofen holte. „In Bordeaux war es ein japanischer Minister und nun ein Diplomat. Ich versteh das nicht…“ „Müssen wir auch nicht“, gab Sakura zurück. „Sie werden es kaum auf zwei japanische Einwanderer abgesehen haben.“ „Das meine ich nicht. Aber es ist doch seltsam. Und die Polizei behauptet fest, es gäbe keinen Zusammenhang.“ „Vielleicht wissen sie es nicht besser, oder vielleicht gibt es auch wirklich keinen.“ „Glaubst du das?“ „Nein, aber es geht uns nichts an. Oh wie der duftet!“, grinste das Mädchen und schien das Thema schon abgeschlossen zu haben. Sasuke öffnete den Mund und wollte etwas sagen, doch ließ er es schließlich sein. Er wusste, dass es Sakura nicht so kalt ließ, wie sie tat. Er wusste, dass es sie mehr beschäftigte, als sie zu gab. Und er hoffte, dass nichts passieren würde, was ihren ersehnten Frieden störte. Doch er hatte ein ungutes Gefühl. Genau wie Sakura. Und wie es Tenten zwei Stunden zuvor gehabt hatte. 3 Es war später Nachmittag als Sasuke aus dem Bus stieg und den Rest des Weges zu Fuß lief. Er fühlte sich ziemlich gestresst und sein Kopf rauchte längst. Den ganzen Tag hatte er am Computer gesessen, den verschiedensten Mist programmiert und zum Dank noch mehr Müll bekommen. Er hasste diese Art von Arbeit, aber leider brachte sie gutes Geld, auf dass er und Sakura angewiesen waren. Er marschierte den schlammigen Pfad entlang (gestern Abend hatte es in Strömen geregnet) und hoffte, dass er wenigstens halbwegs trocken zu Hause ankommen würde. Seine andere Sorge bestand darin, ob sein Zu Hause überhaupt noch stand, hatte Sakura nach ihrem gestrigen Braten laut verkündet, heute backen zu wollen. Es freute ihn, dass sie daran Spaß hatte, doch lieber hätte er gesehen, dass sie in die Stadt ging und sich Bekanntschaften suchte. Den ganzen Tag über verbrachte sie im Haus oder am Strand, und wenn er zur Arbeit war, blieb sie immer alleine. Lediglich einmal die Woche schaffte er es, sie aus dem Haus zu bekommen. Und dann nur, um das nötigste im nächsten Ort einzukaufen. Sasuke schnaufte leicht, als er die steile Böschung erklomm, hinter der ihr gemeinsames Heim lag. Jeden Tag, wenn er es nach seiner nervenden Arbeit sah, wurde sein Gemüt wohler und er fühlte wie der Stress verschwand. Er freute sich auf Sakura, die ihn begrüßte als hätten sie sich seit Ewigkeiten nicht gesehen, und immer wieder war er dankbar dafür, dass dem nicht so war. Sasuke erreichte die Haustür, blickte mürrisch zum dunklen Himmel und schloss auf. Der Geruch von etwas Verbrannten kam ihm entgegen, doch da das Haus noch stand, musste er nur grinsen, schüttelte amüsiert den Kopf und stellte sein Tasche im Flur ab. „Es macht keinen Spaß“, kam ihm Sakura jammernd entgegen, ließ sich von ihm in den Arm nehmen und zog ein leidendes Gesicht. „Dabei wollte ich dich mit einem Kuchen überraschen.“ „Macht nix“, gab Sasuke zurück, gab seiner Freundin einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und hielt das abgepackte Paket hoch. „Ich hab Essen mitgebracht.“ Sakuras Lippen zogen sich beleidigt in die Länge, doch dann brummte sie entmutigt. „Ich bin eine Niete…“ „Ach was. Wie war dein Tag?“, wollte er vom Thema ablenken, stellte das Essen auf den Küchentisch und holte Besteck. „Außer die Sache mit dem verbrannten Kuchen.“ „Nichts passiert“, gab Sakura seufzend zurück und stopfte sich eine volle Ladung asiatischer Nudeln in den Mund. „Und bei dir?“ „Wie immer. Öde, langweilig und noch öder.“ „Ich hab dir gesagt, dass ich auch arbeiten könnte. Dann wärst du nicht auf so einen dummen Computer-Denk-Job angewiesen.“ Sasuke wollte schon etwas erwidern, als ihn ein fremdes Geräusch ablenkte. Er lauschte genauer, doch als er nichts mehr hörte, sah er Sakura mit gehobener Braue an. „Du verlässt das Haus so gut wie gar nicht, Sakura. Fang doch erst einmal an, in die Stadt zu fahren. Mach deinen Abschluss fertig. Dann kannst du immer noch arbeiten.“ „Ich bin alt genug!“ „Du bist 17, und du kannst etwas Vernünftiges lernen, wenn du einen vernünftigen Abschluss machst. Wenn du den in der Tasche hast, sehen wir weiter. Das hatten wir schon oft genug. Wenn du möchtest können wir nächste Woche zu dieser Schule fahren, die wir im Internet gefunden haben.“ „Nächste Woche?“ Sakura stopfte eine zweite Ladung Nudeln in den Mund, kaute schnell und schluckte schwer. „Nächste Woche ist nicht besonders passend.“ „Diese Woche war schon nicht passend. Und letzte Woche nicht, und die davor … Du kannst dich nicht ewig vor der Welt verstecken!“ „Ich will mich doch gar nicht verstecken“, brummte Sakura. „Aber das muss man doch nicht übereilen!“ „Wir fahren nächste Woche, basta! Und wenn ich dich fesseln und dahin schleppen muss!“ Sasuke sah Sakura streng an. Er wusste wie schwer es ihr fiel, und er konnte es nur zu gut verstehen, aber ständig alleine sein tat ihr nicht gut. In keinsterweise, denn so hatte sie immer Zeit über ihre Vergangenheit nachzudenken. Und genau das wollte er verhindern. Ein halbes Jahr waren sie nun in Frankereich, und noch immer wachte Sakura nachts aus ihren Alpträumen auf, weinte oder war nicht einmal mehr ansprechbar. Mit der Zeit war es besser geworden, doch jeder kleinste Vorfall brachte sie zehn Schritte zurück. Auch diese Nacht war sie wieder schreiend aufgewacht, nur weil sie am Tage zuvor im Radio von dem Attentat gehört hatten. Doch Sakura sprach auch nicht darüber. Sie handhabte es, wie sie es früher gehandhabt hatte. Sie verdrängte alles. Nach dem Essen plagte sich Sakura mit dem Abwasch ab, währenddessen Sasuke in den Keller ging und sich mit seinen Geräten beschäftigte. Seit er den Job hatte, fühlte er sich nicht mehr ausgelastet und so hatte er sich im Untergeschoss einen Fitnesskeller gebaut, wo er die angestaute Energie ablassen konnte. An guten Tagen joggte er für gewöhnlich an der Küste entlang, doch waren die Temperaturen im Januar nicht besonders angenehm dafür. Und durch das matschige Wetter packte ihn keine besonders große Lust nass nach Haus zu kommen. Oft war ihm der Gedanke gekommen sich bei der französischen Polizei zu bewerben. Doch es war keine gute Idee sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten, wo er und Sakura endlich Ruhe hatten. Aus der Anbu auszutreten war die richtige Entscheidung gewesen, nach allem was vorgefallen war. Doch sich gänzlich dem Kampf gegen das Böse zu entsagen – es fiel ihm schwer, damit klarzukommen. Ab und an ging er zum Schießtand, glaubte er es sonst zu verlernen. Aber er verlernte es nicht, und umso nutzloser kam er sich bei seiner jetzigen Arbeit vor. Er konnte Menschen beschützen, er konnte Aufträge ausführen, sein Leben in Gefahr bringen – das alles vermisste er auf eine bizarre Art und Weise. Er konnte auch programmieren, Fehler in Websites finden und Rechner reparieren - aber nichts davon reizte oder erfüllte ihn. Am Ende eines nervigen Arbeitstages ging er nach Hause und hatte das Gefühl nichts beigetragen zu haben. Nichts, was irgendwie wichtig war. Was ihn ausmachte. Nachdem Sasuke sich ausgepowert hatte ging er duschen. Die Uhr verriet ihm, dass er schon bald ins Bett müsste, damit er morgen wenigstens ansatzweise frisch aussah. Früher war er mit soviel weniger Schlaf ausgekommen; die Tage waren länger gewesen als die Nächte. Und heute konnte er manchmal nicht einmal einschlafen, weil er über seine Nutzlosigkeit nachdenken musste. Immer und immer wieder. Tag ein und Tag aus. Er befand sich in einer Routine, in der jeder durchschnittliche Mensch steckte. Er hatte das, was er damals wollte. Und er wusste nun, dass es ihm schwerer fiel, als sich schlafen zu legen und nicht zu wissen, ob es einen Morgen gab. Sasuke verließ das Bad und setzte sich zu Sakura ins Wohnzimmer. Ein Blick zur Uhr verriet ihm, dass es schon um Neun war. „Morgen habe ich eher Feierabend“, sagte er, nachdem er ein paar Minuten dem französischen Programm gefolgt war. Mittlerweile beherrschte er die Sprache recht gut, zumindest verstand er sie. Selbst in Französisch zu sprechen behagte ihm weniger und so redete er mit den meisten Leuten englisch. „Wir müssen morgen einkaufen“, fügte er hinzu, da seitens Sakura keine Reaktion gekommen war. „Die Schränke sind leer.“ „Hmm“, kam es träge von dem Mädchen, das scheinbar in die Sendung vertieft gewesen war, die nun aber auslief. Sie griff sich die Fernbedienung und schaltete zu den Nachrichten. Der Wetterbericht kündigte Schnee an. „Na toll. Jetzt wird’s noch kälter“, brummte Sakura. „Wann hast du Schluss?“ „Um zwei.“ „Dann komm ich mit dem Bus und hol dich ab.“ „So mutig?“, grinste Sasuke, da Sakura selten bis ins Stadtinnere fuhr. Sie begnügte sich meist mit den Supermärkten am Rande, wo weniger los war. „Sicher“, gab sie zurück und musste ebenfalls schmunzeln. „Ich hab noch nie gesehen, wo du arbeitest.“ „Da gibt’s auch nicht viel zu sehen. Ein großer Raum, viele Tische, viele Idioten. Das ist absolut langweilig.“ „Ich mach mir selbst ein Bild“, lachte Sakura. „Vielleicht sind es ja ganz interessante Kollegen.“ „Es sind verrückte Computerfreaks, Sakura. Von denen ist keiner interessant.“ „Na, wenn du mir da nicht … oh.“ Sakura verstummte und sah zum Fernseher, als der Nachrichtensprecher vom Vortag und über das Attentat in Paris sprach. Es wurden Bilder des Justizgebäudes gezeigt, in dem die Bombe hochgegangen war. Er sagte, dass es keine Überlebenden gab und die Polizei im Dunkeln tappte. „Weißt du, wer der Japaner war?“, fragte Sakura, als die Nachrichten zu ende waren. Sasuke schüttelte den Kopf. „Der Name Tosa sagt mir nichts. Ich habe früher ein paar Diplomaten kennen gelernt, aber von ihm habe ich nie gehört. Ich frage mich, was das für eine Verhandlung in Paris war. Darüber haben sie nichts Genaues gesagt.“ „Vielleicht wissen sie nichts Genaues. Vielleicht gab es keine Aufzeichnung, nichts Offizielles.“ „Und wenn, dann wurden sie vermutlich mit in die Luft gejagt.“ Sasuke verschränkte nachdenklich die Arme, seufzte aber schließlich. „Es hat keinen Sinn sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Das geht uns nichts an.“ „Hm“, gab Sakura ihm Recht, rutschte näher an Sasuke heran und kuschelte sich bei ihm ein. „Also komm ich morgen um zwei mit dem Bus zu dir und schau mir deinen interessanten Arbeitsplatz an.“ „Der nicht interessant ist“, grinste Sasuke und legte seinen Arm um das Mädchen, zog sie auf seinen Schoss und grinste noch breiter. „Wenn du schon so weit willst, ist es auch nicht mehr weit bis zu der Schule.“ Sakura ließ den Kopf hängen, da Sasuke schon wieder mit dem Thema anfing. „Genauso gut könnte ich auch bei dir anfangen. Ich kann auch Programmieren.“ Der Uchiha lachte. „Ja, kunterbunte Seiten über Hasen.“ „Ich lerne schnell!“ „Das weiß ich“, gab Sasuke etwas ernster zu. „Aber zuerst sollst du einen Abschluss machen, das haben wir doch geklärt.“ „Du has das geklärt, ich halte nichts davon.“ „Fang nicht wieder damit an!“ Sakura öffnete den Mund und wollte etwas sagen, entschloss sich dann aber anders. Stattdessen grinste sie Sasuke nun amüsiert an, schlang ihre Arme um ihn und zog ihn in einen sanften Kuss. „Es ist immer wieder nett, wie du mir sagst, dass ich die Klappe halten soll“, bemerkte er zwischendurch. „Das hilft dir aber auch nicht, Sakura!“ „Weißt du, was ich gerne hätte?“ „Nein. Was denn?“ „Einen richtig süßen Spitznamen! Im Fernsehen kriegen die Freundinnen von ihren Freunden immer ganz knuffige Namen. So was wie Hasi oder Schätzchen oder Mausi oder …“ „Du willst mich also zwingen dir einen Spitznamen zu geben?“ Sasuke schmunzelte und schüttelte den Kopf. „Ich will dich nicht zwingen!“, schmollte Sakura. „Du hättest im Grunde von alleine drauf kommen müssen! Das ist eigentlich traurig! Und weißt du, was mir Ino vor einer Weile geschrieben hat? Sie hat nen Typen kennen gelernt und der trägt sie nur auf Händen und nennt sie immer Zuckerschnecke! Warum nennst du mich nie Zuckerschnecke?“ „Das ist ein Unding!“, sagte Sasuke überrascht. „Natürlich ist das ein Unding!“ „Ich meine, dass Ino einen Kerl kennen gelernt hat …“ Sakura blinzelte, dann sah sie Sasuke pikiert an. „Du willst mir wirklich keinen Spitznamen geben, oder?“ „Du hast doch auch keinen für mich“, gab Sasuke zu bedenken. „Du möchtest einen?“, fragte Sakura und wirkte verunsichert. „Wirklich? Ich hab gedacht, du fühlst dich gleich beleidigt, wenn ich dich Schnuffelhase nenne. Dabei klingt das so niedlich und Ino …“ „Oh Gott“, entfuhr es Sasuke und versuchte seine Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen. „Du willst mich doch nicht wirklich … Seh ich aus wie ein … Schnuffelhase?“ Sakura kicherte. „Findest du nicht?“ „Nein! Sakura, das ist nicht dein Ernst! Auf was für Ideen bringt Ino dich denn? Findet sie, ich seh wie ein Schnuffelhase aus?“ „Sie meinte, du würdest …“ „Okay, warte … ich glaub ich will gar nicht wissen, was diese durchgeknallte Blondine gesagt hat.“ „Wirklich nicht?“ „Ganz sicher. Ich glaube nicht, dass ich der Typ für Spitznamen bin …“ „Und was ist mit meinem Spitznamen?“ Sasuke zog ein leidliches Gesicht. „Wie wär’s mit Krümmelmonster?“, schlug er ahnungslos vor. „Wenn man bedenkt, wie es immer …“ „Du würdest MICH KRÜMMELMONST nennen?“, brauste Sakura schon auf, noch ehe Sasuke es erklären konnte. „Das ist kein Spitzname, das ist eine Bosheit!“ „Hasenfuß? Immerhin …“ „Das meinst du nicht ernst, oder?“ „Drückeberger?“ „SASUKE!“ Der Uchiha seufzte resigniert und sah seine Freundin rechtfertigend an. „Aber ein Spitzname sollte doch passen und …“ „AH! Halt die Klappe!“ Sakura warf Sasuke einen finsteren Blick zu, glitt von seinem Schoss und setzte sich auf den Sessel ihm gegenüber. „Wie kann man nur so fies sein! Und so fantasielos! Kein Kerl der Welt würde seine Freundin Drückeberger nennen! Ino hat Recht! Du bist absolut unsensibel!“ Nun zog Sasuke das gekränkte Gesicht. „Ino hat mich unsensibel genannt? Lästert ihr die ganze Zeit, wenn ihr euch schreibt oder was?“ „Du bist doch auch unsensibel! Ino schwärmt mir jedes Mal vor, was dieser Typ tolles gemacht hat, und was für eine Zuckerschnecke sie ist, und was kann ich sagen? Oh ja, und stell dir vor, mich nennt Sasuke immer liebevoll KRÜMMELMONSTER, HASENFUß und DRÜCKEBERGER!“ „Ich kann ja noch mal nachdenken“, murmelte Sasuke missmutig, obwohl er absolut kein Problem bei diesen Spitznamen fand. „Gott bewahre!“ Sakura stand auf und sah den Schwarzhaarigen vernichtend an. „Nachher bin ich noch … huh?“ Sie sah zum Flur, als es plötzlich klingelte. „Um die Zeit? Ob das der Postbote ist?“ „Dem werd ich was erzählen! Das würde zu dem Mistkerl passen, wahrscheinlich hofft er dich alleine anzutreffen! Wenn der seine Augen das nächste Mal …“ „Sag mal, das ist doch gar nicht wahr!“, verteidigte Sakura den jungen Mann. „Ich finde ihn sehr nett. Und er ist höfflich und hat Anstand. Und ER hätte sicher einen richtig lieben Spitznamen für mich!“ Sasuke runzelte die Stirn, stand auf und ging knurrend in den Flur, gefolgt von einer belustigten Sakura. „Der kann was erleben! Von wegen Spitzname!“, zischte er ärgerlich. „Ich hab einen für ihn, wenn er sich erlaubt dich noch mal so …“ Er drückte die Klinke herunter, kurz davor dem Postboten einfach die Faust aufs Auge zu drücken, als er unweigerlich zurückschreckte und sich seine Augen vor Fassungslosigkeit weiteten. „Verdammt, was zum …“ „Lasst ihr uns rein?“, sagte sein gegenüber mit schwacher Stimme. Er war der junge Leibwächter, der am Tag zuvor noch in Paris gewesen war. An seiner Seite hing mehr, als dass sie selbst stehen konnte, seine Partnerin. „Wir brauchen Hilfe, Sasuke …“ Dann klappte Neji zusammen, und Sasuke schaffte es gerade so, ihn und das Mädchen aufzufangen. „Scheiße, was zum Teufel ist passiert?“ Er stützte Tenten, die fast bewusstlos schien, derweil Neji sich auf die Treppenstufe fallen ließ und vorsichtig zu Sakura sah, die mit Schrecken in der Tür stehen geblieben war und sich nicht rührte. „Danke“, murmelte Tenten, als Sasuke sie auf den Verandastuhl hievte. „Wir wollten nicht herkommen“, sagte Neji und atmete schwer. „Wir waren in Paris, wir haben Hayato Tosa begleitet. Verdammt, die haben alles in die Luft gesprengt!“ „Tosa? Ihr habt für den Diplomaten gearbeitet?“ Neji nickte und sah wieder zu Sakura, die immer bleicher im Geicht wurde. „Wir wollten nicht herkommen, ehrlich. Aber sie haben uns versucht auszuschalten. Und Hinata sagte … es war schwer euch zu finden, aber wir sind uns sicher, dass uns niemand gefolgt ist, wirklich!“ Sakura schluckte, doch dann sah sie Neji irritiert an. „Hinata?“ „Er ist ihr Cousin“, antwortete Sasuke schnell, der Neji von früher kannte. Sakura hatte jedoch keine Ahnung von ihm und schien bis zum äußersten angespannt. „Er gehört nicht zu den Anbu, Sakura. Es ist alles okay …“ Doch Sakura verstand nun gar nichts mehr, fühlte die Panik dafür umso stärker. „Aber … Wenn sie uns finden konnten und …“ „Wir gehen ins Haus, okay? Wir müssen erst mal rein …“ „Ins Haus?“ Sakura war weiß im Gesicht, als Sasuke ihr sagte, Tenten und Neji müssen mit hinein. „Wir können nicht …“ „Es ist okay, Sakura.“ Sasuke ging auf seine Freundin zu, die im ersten Moment sogar vor ihm zurückwich. „Sie haben nichts mit früher zu tun. Sie brauchen unsere Hilfe …“ „Das geht nicht!“ Sakuras Stimme zitterte vor Angst. Sie hatte alles vergessen wollen, ganz neu anfangen, abseits von all dem. Und nun sollte es wieder beginnen? Sie hatten damit nichts zu tun, aber wenn sie ihnen halfen, dann würden auch sie mit reingezogen … „Er ist Hinatas Cousin, Sakura“, wiederholte Sasuke, der sich gut vorstellen konnte, was in diesem Moment in Sakuras Kopf passierte. „Wir dürfen ihn nicht wegschicken. Denk an Hinata …“ Sakura schluckte schwer, sah Sasuke starr an und dann hinüber zu Neji, der sich die Schulter hielt. „Es tut mir leid“, sagte er und schien wirklich betrübt über den Umstand, gerade hier auftauchen zu müssen. Er und Hinata hatten einen guten Kontakt zueinander, und natürlich war ihm Sasukes Verschwinden damals nicht entgangen. Irgendwann hatte Hinata ihn im Groben aufgeklärt, und er hatte es in etwa verstanden. Und er wusste von Sakura. Nichts genaues, das hatte Hinata ihm einfach nicht sagen wollen. Aber er wusste, dass sie damals ihr Auftrag gewesen war, und Sakura auf der Blacklist gestanden hatte. Es war alles sehr verworren gewesen, und als Sakura danach das Land verlassen hatte, war Sasuke mit ihr gegangen. „Und wenn ihnen doch … wenn ihnen irgendwer gefolgt ist?“ Sasuke lächelte Sakura aufmunternd an und drückte sie beruhigend an sich. „Ich werde gleich nachsehen. Lass uns in die Küche gehen. Sie könnten sicher einen Tee gebrauchen.“ Sakuras Augen schienen feucht, doch schließlich nickte sie. „Ich mach welchen“, sagte sie leise, löste sich von Sasuke und verschwand ins Haus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)