SoulBlade von ExeonAureas ================================================================================ Kapitel 10: Beste Freunde ------------------------- Vollkommen erstarrt stand Exeon da, den Blick auf seinen besten Freund gerichtet, der sich nur wenige Meter von ihm entfernt befand. Eine gefühlte Ewigkeit verging, bevor der Grünschopf sich die Tränen aus dem Gesicht wischte und freudig auf Kurix zu trat. „Was machst du hier? Ich... ich mein, wie bist du hierhergekommen?“ Kurix blickte den Jugendlichen nur stillschweigend an. Kein einziger Muskel in seinem Gesicht zuckte, er schien regelrecht durch ihn hindurch zu schauen. Plötzlich ertönte die Stimme einer Frau hinter Exeon. „Verzeih, aber selbst wenn er dich erkennen sollte, wird es dir nichts bringen.“ Erschrocken drehte sich Exeon um und sah in das Antlitz einer recht jungen Frau. Ihr blassblaues Haar wehte im Wind und ihre azurblauen Augen funkelten den Jugendlichen belustigt an. Im Arm hielt sie Lloyd, der laut vor sich hin schnarchte. „Und wer bist du?“ erwiderte Exeon misstrauisch und umklammerte fest den Griff seines Schwertes. „Illua, Lloyds Partnerin.“ Nun verschärfte der Grünschopf seinen Ton und sprach: „Was meintest du mit: selbst wenn er dich erkennen sollte?“ „Oh, das wirst du gleich sehen“, antwortete die Frau, während sie ihre freie Hand hob und ein schelmisches Grinsen aufsetzte. Sie schnipste, woraufhin ein dunkles Portal erschien, auf das Illua langsam zuschritt. „Hey, hier geblieben!“ Sofort raste Exeon los und wollte mit seinem Schwert zuschlagen, als sich plötzlich Kurix zwischen ihn und Illua stellte. Völlig perplex rief der Grünschopf: „H-hey, was soll das, Kurix? Geh aus dem Weg, sonst entkommen sie!“ „Das wird ein Spaß“, murmelte die Blauhaarige, während sie ins Portal trat und dieses mitsamt ihr und Lloyd verschwand. Seufzend senkte Exeon den Kopf. „Und weg sind sie...“ Er fuhr sich durch sein grünes Haar und blickte seinen Freund voller Skepsis an. Den Kopf schief legend fragte er: „Was ist los mit dir? Selbst für deine Verhältnisse benimmst du dich gerade seltsam.“ Noch immer regungslos führte der Silberhaarige langsam die Hand zum Schaft seines Katanas und zog dieses genüsslich aus dessen Scheide, begleitet vom schabenden Geräusch von Metall auf Holz. „W-warte, was wird das jetzt?“ Nun wirkte Exeon sichtlich erschrocken. Ohne ein Wort holte Kurix aus und schlug erbarmungslos zu. Hastig wehrte Exeon die Attacken ab und blickte zwischen den Angriffen immer wieder in das emotionslose Gesicht seines Freundes. Mit einer Stoßbewegung erschuf der Grünschopf einen Auraschild, der Kurix zurück drängte und etwas Distanz zwischen den beiden schuf. Entschlossen begab sich nun auch Exeon in Kampfpose und verkündete: „Okay, ich hab keine Ahnung, was die mit dir gemacht haben, aber ich hol dich da schon raus!“ Voller Anspannung traf Exeons Blick auf den von Kurix und laut brüllend stürmten sie auf den jeweils anderen zu. Ihre Klingen trafen laut klirrend aufeinander und versprühten einige Funken. Immer wieder holten sie aus und schlugen zu, nur um wieder auf die Klinge des Gegenübers zu treffen. Beinahe melodisch erfüllte das Kreuzen der Klingen die Luft, bis sich beide mit einem kurzen Satz voneinander lösten. Noch immer entschlossen sah Exeon zu Kurix, der weiterhin ohne eine Emotion zurück starrte. Plötzlich teleportierte sich der Silberhaarige hinter Exeon, doch wehrte dieser den Angriff problemlos ab und konterte mit einem Tritt in die Magengrube. Sichtlich erstaunt teleportierte sich Kurix einige Meter fort, den schmerzenden Magen haltend. „Du erkennst mich also wirklich nicht, sonst wüsstest du, dass dein Teleport bei mir nichts bringt.“ Schwermut lag in der Stimme des Grünschopfs, der gleich wieder zum Angriff überging. In seiner Hand formte er eine Aurasphäre, die er im atemberaubenden Tempo abfeuerte, gefolgt von noch einer und noch einer. Er ließ ein regelrechtes Kreuzfeuer auf seinen Kontrahenten los, der die Aurasphären mit geschickten Schlägen und Drehungen seiner Klinge abwehrte. Geschwächt vom vorherigen Kampf konnte Exeon dies allerdings nicht lange beibehalten und wurde so von Kurix gewaltigen Feuerzaubern in die Defensive gezwungen. Riesige Flammenbälle flogen in Exeons Richtung, denen er alle mit einer Sprungrolle auswich. Während er sich aufrichtete, sah er im Augenwinkel, wie Kurix einen Blitz abfeuerte, der einen der Feuerbälle einholte und zeitgleich mit diesem einschlug. Eine enorme Explosion entstand, deren Druckwelle den Grünschopf davon schleuderte und unkontrolliert durch den Wald segeln ließ, vorbei an unzähligen Bäumen, bis er unsanft gegen einen Stamm aufschlug und unter Schmerzen zu Boden sank. „Verdammt, tut das weh...“, jammerte Exeon, während er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht aufrappelte. Panisch blickte er in die Richtung, aus der er kam, als er ein eiskaltes Zischen vernahm. Gerade rechtzeitig huschte er zur Seite und entging so einem großem Eiskristall, der gegen den Baumstamm schepperte und die Umgebung in einen eisigen Nebel hüllte. Zitternd und Zähne klappernd schaute sich der Grünschopf um und erspähte Kurix nicht weit von sich. Allerdings sah auch dieser in Exeons Richtung und hechtete sofort auf ihn zu. Noch im Laufen zog er nun sein zweites Katana und attackierte mit beiden Waffen. Mit jedem Hieb verschmolzen die zwei Klingen zu einer Einheit, der Exeon nur schwer standhalten konnte. Mist, ich muss mir was einfallen lassen, sonst ist's gleich aus! In seinem Gegenangriff getarnt, packte Exeon die Aura seines Gegners und zog ein kleines Stück an seinem Bein. Zwar war es nicht mehr als ein paar Zentimeter, doch genug, damit Kurix auf einem gefrorenen Blatt ausrutschte und das Gleichgewicht verlor. „Werd' endlich normal!“, brüllte der Grünschopf und legte seine restliche Aura in seinen nächsten Angriff. Durch das fehlende Gleichgewicht, war Kurix nicht in der Lage diesen zu blocken und die Wucht der Attacke schlug ihm beide Waffen aus der Hand. Durch den gewonnen Schwung, vollführte Exeon eine Drehung, die durch den glatten Untergrund nur noch flüssiger von statten ging und verpasste seinem Freund einen Drehkick mitten ins Gesicht. Benommen fiel der Silberhaarige zu Boden, gefolgt von Exeon, der ebenfalls das Gleichgewicht verlor und schmerzlich auf dem Po landete. Besorgt sah er hinüber zu Kurix und fragte zögernd: „Bist du okay?“ Noch immer etwas benommen, richtete sich sein Gegenüber auf und hielt sich die blutende Nase. Sein Blick wanderte hoch zu Exeon, der noch immer beunruhigt dreinschaute. Kurix grinste schief und antwortete: „Jetzt wieder.“ Seine Stimme klang sowohl erleichtert, als auch beschämt. Voller Freude beugte sich der Grünschopf vor und schloss seinen Freund in die Arme. „Ich bin so froh, dich zu sehen...“, flüsterte er und Kurix spürte, wie einige Tränen auf seine Schulter kullerten. Die Umarmung erwidernd meinte er: „Du glaubst gar nicht, wie froh ich erst bin.“ Nach einer Weile lösten sich die beiden Jungs voneinander und Exeon, der nun vollkommen rot im Gesicht war, wische sich hastig die Tränen ab. „Das war das erste Mal, dass ich dich besiegt habe“, posaunte Exeon neckisch. „Pff, der Kampf zählt ja wohl kaum, oder?“, erwiderte Kurix empört und ließ sein diabolisches Lachen erklingen. Exeon konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er seinen Freund so sah. „Gott, hab' ich dieses Lachen vermisst!“ „Dann gewöhn' dich besser nicht daran“, verkündete Illua, die wie aus dem Nichts neben ihnen auftauchte. Bevor einer der Jugendlichen reagieren konnte, huschte die Frau zu Kurix und verpasste diesem einen Schlag in den Nacken, woraufhin er bewusstlos zusammensackte. Während sie den leblos wirkenden Körper auffing und los rannte, sprang Exeon auf und sprintete hinterher. Sein Blick war voller Zorn und mit hasserfüllter Stimme schrie er: „Bleib hier! Wag' es nicht, mir meinen Freund zu nehmen!“ Er wollte gerade eine Aurasphäre nach ihr feuern, als er wie aus dem Nichts von einem vermummten Mann aufgehalten wurde, der ihn mit einem niedrigen Tritt zum Stolpern brachte. „Gut gemacht, Yuën.“ Der Vermummte nickte nur und zog einen Revolver, den er drohend an Exeons Schläfe richtete. „Scheiße!“ fluchte Exeon laut und streckte verzweifelt seine Hand nach Kurix aus, der sich immer weiter von ihm entfernte. In seiner Verzweiflung versuchte er Illuas Aura festzuhalten, schaffte es jedoch nur, sie kurzzeitig zu verlangsamen. Sie würde jede Sekunde verschwinden und mit ihr sein bester Freund. Gerade als der Grünschopf die Hoffnung aufgab, hüpfte Erk aus dem Dickicht des Waldes und schleuderte einen Blitz auf Yuën, der diesen wegschleuderte. „Da steckst du, Exeon.“ Er bemerkte sofort den verzweifelten Blick des Jungen und sah hinüber zu Illua. Ohne zu zögern hob er den Arm und erschuf eine gewaltige Eiswand, welche die Frau am Weiterkommen hinderte. Überrascht drehte sie sich zu dem Magier um und sah Exeon, der an diesem vorbeihuschte, sein Gesicht hasserfüllt. „Hartnäckiges Pack“, murmelte sie und neigte den Kopf nach rechts und links, begleitet vom Knacken ihres Nackens. Mit Leichtigkeit warf sie den bewusstlosen Kurix ein paar Meter hinter sich und zog ihr außergewöhnlich langes Katana, mit dem sie sofort Exeons Angriff abwehrte. Sie grinste breit, während sie in die zornigen Augen ihres Gegners starrte. „Er scheint dir ja echt wichtig zu sein. Das macht das Ganze natürlich nur umso spannender!“ Sie kreuzte kurzzeitig die Klinge mit dem Grünschopf, bis sie diesen mit einem Faustschlag umwarf und elegant dem Feuerzauber Erks auswich, der daraufhin auf die Eiswand traf und diese in Sekundenschnelle zum Schmelzen brachte. „Ich muss jetzt aber wirklich los. Auf Wiedersehen!“ Hastig schnappte sie sich Kurix und eilte wieder los, dicht gefolgt vom wutentbrannten Grünschopf. Inzwischen hatte sich auch Yuën wieder aufgerappelt, der seinen Revolver zog und aus dem Schutz der Bäume heraus nach Exeon feuerte. Eine Kugel streifte das linke Bein des Jugendlichen, wodurch er kurz zu Boden sank, aber sofort weiter humpelte. Mit seinem unversehrten Bein sprang er mit aller Kraft ab und griff nach Kurix. Nur eine Sekunde, bevor er seine Hand berührt hätte, verschwand dieser im Portal und so landete Exeon mit dem Gesicht voran am harten Boden. „Nein... Verdammt, nein!“ Wütend und voller Trauer schlug er immer wieder mit der Faust auf den Boden unter sich. Yuën stieß ein siegessicheres „Hmpf“ aus und verschwand ebenfalls, bevor Erk ihn erreichen konnte. „Ich hatte ihn... warum...“, schluchzte Exeon, während ihm immer wieder das Bild seines besten Freundes in den Kopf schoss. Der Grünschopf holte tief Luft und versuchte erst einmal, sich zu beruhigen. Langsam setzte er sich auf und bemerkte erst jetzt den brennenden Schmerz im Oberschenkel. Vorsichtig krempelte er sein Hosenbein hoch und begutachtete die blutende Wunde, als Erks Stimme ertönte. „Sieht übel aus. Kannst du so überhaupt laufen?“ Überrascht drehte Exeon den Kopf zu ihm und krächzte: „J-ja, es geht schon.“ Er hatte gar nicht gemerkt, wie sich der Magier genähert hatte. Hastig zog er das Hosenbein wieder hinunter und versuchte aufzustehen. Sofort eilte Erk dem Jugendlichen zu Hilfe und stützte ihn, bis er fest auf beiden Beinen stand. Exeon räusperte sich, bevor er sich flüchtig bedankte und los humpelte. Augen rollend folgte Erk dem Grünschopf und fragte mit sorgenvoller Stimme: „Und wohin gedenkst du nun zu gehen?“ „Keine Ahnung...“ „Gut, dann folge mir. Ich führe dich zum nächsten Dorf, dort kannst du dich vorerst erholen.“ Erk übernahm die Führung, ging jedoch absichtlich langsamer, sodass Exeon gut mithalten konnte. „Und auf dem Weg kannst du mir ausführlich erläutern, was vorhin geschehen ist.“ Widerwillig nickte Exeon und erklärte Erk im Groben, wie er gegen Lloyd und dann Kurix gekämpft hatte und in welcher Verbindung er zu den beiden steht. Interessiert lauschte dieser seinen Worten, warf hier und dort eine kurze Frage ein, die Exeon mal mehr, mal weniger genau beantwortete, bevor er zur eigentlichen Erklärung zurückkehrte. So flog die Zeit unbemerkt an Exeon vorbei und er war äußert überrascht, als sie am späten Abend ein kleines Dorf erreichten. Sie steuerten geradewegs auf ein großes Haus zu, über dessen Tür ein großes Schild mit der Inschrift „Taverne“ hing. Im Inneren bedeutete Erk dem Grünschopf zu warten, bevor er zum Tresen ging und mit der Frau hinter diesem sprach. Etwas erleichtert lehnte sich Exeon an die Wand neben dem Eingang um sein schmerzendes Bein zu entlasten. Erschöpft ließ er den Blick durch den Raum schweifen. Das erste, das ihm auffiel war die Treppe zu seiner linken, die ins nächste Stockwerk führte, wo sich wahrscheinlich Gästezimmer befanden. Gerade aus befand sich der Tresen, der die gesamte hintere Wand entlang verlief. Hinter diesem standen meterhohe Regale, die randvoll mit Flaschen verschiedenster Getränke, hauptsächlich alkoholischen, gefüllt waren, sowie blitzblank polierten Trinkgläsern. Der rechte Bereich des Raumes war vollgestellt mit Tischen und Stühlen, an denen sowohl Bewohner des Dorfes, als auch Reisende gemütlich miteinander plauschten und sich bei einem Glas guten Schnaps, von den Strapazen ihrer Reise erholten. Nach einer Weile hörte Exeon, wie sich Erk laut bedankte und breit lächelnd, mit einem Schlüssel in der Hand, auf ihn zu schritt. „Ich habe uns ein Zimmer für die kommende Nacht ergattern können, sowie eine warme Mahlzeit.“ Exeon zwang sich ein Lächeln auf, das er jedoch schnell wieder ablegte und folgte dem Magier die Treppe hoch. Im oberen Stockwerk angekommen folgten sie dem langen Flur, bis Erk vor einer dunkelbraunen Holztür Halt machte. Ohne große Umschweife sperrte er diese auf und trat hindurch, gefolgt von Exeon. Sie fanden sich in einem kleinen Raum wieder, mit jeweils einem Bett an der rechten und linken Wand. Mittig befand sich ein schmaler Holztisch samt Stühlen, an der gegenüberliegenden Wand lag ein Fenster, durch das man einen guten Ausblick auf die Straße vor der Taverne hatte. Erschöpft ließ sich Exeon auf eines der Betten fallen und stieß einen tiefen Seufzer aus. Unterdessen stellte Erk seine Ledertasche auf dem Tisch ab, aus der er einen Leinenverband, sowie einen Baumwolltupfer hervor holte, bevor er zum Grünschopf huschte und sein Hosenbein hochkrempelte. „Was machst du da?“, fragte der Jugendliche geschockt, während er das Gesicht hob und sich hastig nach hinten beugte. „Mich um deine Wunde kümmern.“ Voller Bedacht und Sorgfalt tupfte der Mann sowohl die Wunde, als auch den umliegenden Bereich ab, bevor er das Bein leicht anhob und damit begann, den Verband um dieses zu wickeln. Abschließend knotete er beide Enden zusammen, sodass er sich nicht wieder öffnen konnte. „Drückt etwas“, merkte Exeon jammernd an. „Nun ja, immerhin muss der Verband auch fest sitzen. Du gewöhnst dich daran.“ Der Magier verstaute den Rest, den er sorgfältig zusammenrollte, wieder in seiner Tasche, stellte diese daraufhin neben das rechte, freie Bett und drehte sich zur Tür. „Ich bin gleich wieder da“, verkündete er, bevor er aus dem Zimmer ging und die Tür hinter sich schloss. Exeon seufzte lauthals und vergrub das Gesicht in seinem Kissen. Es dauerte nicht lange bis er sich wieder in Gedanken verlor und so nicht einmal bemerkte, wie Erk nach einiger Zeit wieder das Zimmer betrat. Erst als der Mann etwas auf dem Tisch abstellte, wurde Exeon hellhörig und drehte sich erschrocken um. Auf dem Tisch standen zwei dampfende Essensportionen und Erk, der sich gerade hinsetze, deutete auf den gegenüberliegenden Stuhl. „Du hast sicher Hunger.“ Exeon zuckte mit den Schultern und murmelte „Nicht wirklich“, doch als er den strafenden Blick des Mannes bemerkte, setzte er sich murrend an den Tisch, nahm eine Gabel in die Hand und begann damit, in seinem Essen herum zu stochern. „Ich habe übrigens unsere Reservierung verlängert.“ Perplex blickte der Grünschopf hoch, bevor er fragte: „Warum das?“ „Nun ja, mit der Wunde an deinem Bein werden wir nicht sonderlich weit kommen, also sollten wir die Zeit lieber nutzen, damit du zu Kräften kommst.“ Beim ersten Satz deutete er mit der Gabel auf Exeons Bein, bevor er seine Erklärung beendete und wieder zu essen begann. „Danke...“ Versunken in seinen Gedanken lag Exeon auf dem Bett, die Arme hinterm Kopf verschränkt und den leeren Blick an die Decke gerichtet. Erk, der mit einem Teller voller süßem Gebäck am Tisch saß, las gerade gebannt ein Buch und griff immer wieder mal nach einem der Plätzchen, nur um es sofort zu verspeisen. So sah seit einiger Zeit der Alltag der beiden aus, was dem Grünschopf eher beklemmend vorkam, da er durch das wochenlange Reisen abwechslungsreichere Tage gewohnt war. Mittlerweile hatte Erk es auch aufgegeben, ihn aufzumuntern, nachdem jeder Versuch bislang erfolglos schien. Die sanfte Abendsonne schien durchs offene Fenster, die das Zimmer in einem warmen Orange hüllte und ein angenehmer Wind wehte herein, der für frische Luft sorgte. Inzwischen versiegte auch das aufgeregte Treiben der Dörfler und die aufkommende Ruhe sorgte für eine friedvolle Atmosphäre, die jäh unterbrochen wurde von panischem Schreien. Sowohl Exeon als auch Erk blickten überrascht hoch und letzterer sprang hastig vom Stuhl auf, um aus dem Fenster zu blicken. Mit aufgerissen Augen beobachtete der Magier, wie breit gebaute Männer mit erhobene Äxten durch die Straßen des Dorfes rannten und sich daran machten, die Häuser zu plündern. „Banditen...“, keuchte Erk und stürmte sofort zur Tür. Allerdings machte der Magier noch an der Türschwelle halt und blickte zu Exeon, der unverändert auf dem Bett lag. „Kommst... du nicht mit?“, fragte er unglaubwürdig. „Wozu? Ich kann sowieso niemanden beschützen...“ Dem Unglauben wich Entsetzen und dem Mann fehlten nun sichtlich die Worte. Wutentbrannt stapfte er auf Exeon zu und musste sich zusammenreißen, damit er ihn nicht anschrie. „Meinst du das gerade ernst? Ich kann es nachvollziehen, dass du nach den vergangenen Ereignissen niedergeschlagen bist und Ruhe und Zeit brauchst, um dich wieder zu fassen. Bisher begegnete ich dir mit Verständnis, da ich einmal in einer ähnlichen Situation war und exakt das verspürte, was nun in dir vorgeht – absolute Macht- und Hilflosigkeit. Doch du darfst dieser Verzweiflung nicht ewig nachhängen, ansonsten verlierst du dich in ihr, wie in einem Strudel aus dem es kein Entrinnen gibt.“ Er stieß einen tiefen Seufzer aus und schritt wieder hinaus. Im Türbogen drehte er sich noch ein letztes Mal zu Exeon und sprach abschließend: „Du hast die Wahl. Es liegt an dir, ob du dich von der Niederlage geschlagen gibst, oder wieder aufstehst und das einzig Richtige tust.“ Erschrocken von Erks plötzlichen Ausbruch, vergrub der Jugendliche das Gesicht in seinen Arm und zuckte kurz zusammen, als die Tür beim Verlassen des Magiers zuknallte. Unterdessen hechtete Erk die Treppe des Gasthauses hinunter, vorbei an den verängstigten Gästen, die sich hinter dem Tresen und Tischen versteckten, hinaus auf die Straße. Eine Frau kreischte wie wild und schlug immer wieder auf den Rücken eines Banditen, der sie auf seiner Schulter davon trug. Mit einer flüchtigen Handbewegung fror der Magier die Beine des Räubers ein und während dieser noch völlig verdutzt das Eis um seine Füße anstarrte, verpasste Erk ihm einen Schlag in die Magengrube, wodurch sich der Mann vor Schmerz krümmte und die Frau von seiner Schulter rutschte. Galant fing der Magier sie auf und setzte sie sanft ab, bevor er etwas Abstand zum Feind nahm und diesen mit einem Blitzzauber außer Gefecht setzte. Einige Meter entfernt kämpften eine handvoll Dorfbewohner, bewaffnet mit Mistgabeln und Sicheln, verzweifelt und ohne Aussicht auf Erfolg gegen die Räuber. Zornig eilte Erk ihnen zu Hilfe und mit wenigen Zaubern waren die Feinde besiegt, doch wurde die Vorfreude getrübt, als erneut Banditen aus allen Richtungen strömten und erbarmungslos jeden töteten, der sich ihnen in den Weg stellte. Während der Magier dem Angriff einer Wurfaxt auswich, sah er im Augenwinkel nur, wie sich die rostige Klinge einer Axt ihren Weg durch den Schädel eines alten Mannes bahnte. Angewidert wendete Erk den Blick ab und langsam schwand seine Hoffnung auf den Sieg. „Verflucht, es sind zu viele...“ Er schüttelte den Kopf und blickte entschlossen nach vorne. „Aber ich gebe mich noch nicht geschlagen!“ Nun ließ der Magier alle Hemmungen fallen und deckte die herannahenden Feinde mit einer Flammensalve ein. Die jämmerlichen, beinahe mitleiderregenden Schreie der Räuber und der Geruch von verbranntem Fleisch erfüllten die Luft. So gut er konnte ignorierte er den üblen Gestank und schaute sich hastig um. In der Ferne erkannte er eine weitere Gruppe von Männern, die sich erschreckend schnell der Taverne näherte. „Oh nein!“ Der Magier wollte schon los sprinten, doch erblickte er sehr zu seinem Erstaunen, wie ihm ein junger Schwertkämpfer mit leuchtend grünem Haar zuvorkam. Dieser trat gerade aus dem Gebäude, mit dem Schwert in der rechten Hand und neuer Zuversicht im Gesicht. Der Grünschopf warf Erk ein freches Grinsen zu, bevor er seine Klinge zückte und mit blitzschnellen Schwerthieben die völlig perplexen Banditen überrumpelte. Abschließend sprang er in die Luft und feuerte eine Aurasphäre unter sich, deren Explosion die Gegner vom Boden riss und regelrecht durchs Dorf katapultierte. Nach der Landung nutzte Exeon die Deckung der aufkommenden Staubwolke und schoss einige Aurablitze auf die etwas weiter entfernte Feinde, bevor er aus dem Schutze des Schleiers heraus attackierte. Erks Erstaunen wich einem breitem Lächeln und mit neuem Elan stürzte er sich zurück ins Kampfgeschehen. Gemeinsam gelang es ihnen, die Angreifer abzuwehren und diejenigen, die überlebten, flohen in die Wälder, aus denen sie so plötzlich kamen. Während die Dorfbewohner ihren Sieg bejubelten, schritt Erk fröhlich zu Exeon, der sich erschöpft auf einer Holzbank niederließ. Als der Grünschopf ihn bemerkte, setzte der Magier ein zufriedenes Grinsen auf und setzte sich neben ihn. „Wie ich sehe, hast du eine Entscheidung gefällt.“ „Jep. Ich werde Kurix retten. Das bin ich ihm schuldig!“ Noch während er sprach, kramte Exeon seinen Sternensplitter hervor und drehte diesen in der Hand. „Ich muss dieses Ding nur dazu bringen, mich zu ihm zu bringen.“ Erk gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken, bevor er erwiderte: „Ich bin zuversichtlich, dass dir dies gelingen wird.“ Während sich Exeon fragend Erk zuwendete, begann er damit, den Splitter immer wieder ein kleines Stück in die Luft zu werfen, nur um ihn wieder aufzufangen. „Und was wirst du jetzt machen?“ „Hm...“ Nachdenklich ließ der Magier den Blick durch das Dorf wandern. „Ich werde wohl eine Weile hier verweilen, um für die Sicherheit des Dorfes zu garantieren, bevor ich meine Reise fortsetzen werde.“ Ein letztes Mal fing der Grünschopf den Splitter auf, bevor er sich schwungvoll aufrichtete und erneut das Wort an Erk richtete: „Na dann... wird Zeit, dass ich mich auf den Weg mache. Immerhin darf ich meinen besten Freund nicht zu lange warten lassen.“ „Lass dich nicht aufhalten.“ Mit neuer Entschlossenheit streckte Exeon den Sternensplitter gen Himmel und konzentrierte sich auf einen einzigen Gedanken: Kurix! Erst zaghaft, dann immer stärker glühte der Kristall von innen heraus und eingehüllt vom sanftem Licht, grinste der Grünschopf Erk entgegen und rief: „Vielen Dank. Für alles!“ Ruckartig schleuderte es den Jugendlichen hoch und wie ein Pfeil flog er durch den Abendhimmel. Vollkommen verblüfft starrten die Dörfler dem Schweif der Sternschnuppe hinterher und bewunderten den Anblick. Mit einem Lächeln auf den Lippen flüsterte Erk: „Viel Glück!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)