Drachenjagd von Lady_of_D (Die Himmelsgöttin) ================================================================================ Kapitel 28: Izara ----------------- "Von wegen", murmelte Izara, als die Tür ins Schloss gefallen war. Vom Bett aufgesprungen, schlidderte sie zum Fenster. Sie riss die Gardinen zur Seite, der Mond schien jetzt direkt über ihr, das Licht war grell und Izara konnte nicht direkt hineinsehen, ohne von seinem Schein geblendet zu werden. "Wieso?", hauchte Izara, Melancholie erfasste sie, bevor sie daran erinnert wurde, was sie eigentlich vorhatte. Sie riss die Fenster auf, eine angenehme Abendluft blies ihr ins Gesicht, doch Izara lief ein Schauer über den Rücken. Sie hörte erneut einen Knall, und weitere Geräusche, die sich nicht zuordnen ließen, aber sicher nichts Gutes verheißen konnten. Ihr war mulmig zumute, sie wusste nicht, ob sie wirklich herausfinden wollte, was das für Geräusche waren. Das einzige, das sie wusste, war, dass sie keine andere Wahl hatte. Die Instinkte trieben sie geradezu an, aus dem Fenster zu klettern. Sie drehte sich und blickte auf eine Steinwand, die darauf wartete, von ihr erklimmt zu werden. Izara verzog das Gesicht. Laut ihren Freunden hatten Drachen nach ihrer Erweckung deutlich gelenkigere Arme und Beine. Es sollte doch ein Leichtes sein, die Wand hinauf zu klettern und in die Gärten zu gelangen. Die zwanzig Meter hohe Wand war aber alles andere als ein mickriger alter Baum. Vielleicht sollte sie doch lieber warten, bis Kyia zurück war. "Nein", rief eine Stimme in ihrem Innersten. Sie war sich nicht sicher, aber womöglich sprach der Drache zu ihr und wenn sie wieder damit anfinge, ihn zu ignorieren, würde sie sich eines Tages nicht verzeihen können, gezweifelt zu haben. "Also gut", sagte sie sich. Izara war nicht gut, sich selbst Mut zuzusprechen. Darum fackelte sie auch nicht lange herum und suchte eine gute Position, sich hinauf ziehen zu können. Zum Glück sah niemand, wie Izara die Steinwand erklomm. Als Kind war sie gerne auf Bäume geklettert, sie hatte sich auch für gelenkig und sportlich gehalten, aber die Wände des Drachenschlosses sagten etwas anderes. Das hier war eben keine Eiche oder Birke, es war verdammt nochmal ein Felsen und der hatte es mir seinen unzähligen Einkerbungen und losen Steinen ganz schön in sich. Flüchtig sah sie hinunter. Die Tiefe war nicht das Problem. Izara atmete tief durch. Sie war doch ein Drache, da dürfte es wohl ein Leichtes sein, eine Schlosswand hinauf zu klettern, ohne sich ein Bein zu brechen! Ein Stück Gestein bröckelte vor ihrer Nase. Es juckte fürchterlich, sie hielt die ganze Zeit die Luft an, um auch ja nicht niesen zu müssen. Noch ein letztes Stück und es war geschafft. Ein Beben ließ sie innehalten. Ihre Hände wurden rutschig, sie presste sich an die Wand und wartete, bis es vorbei war. Allmählich drangen nicht nur Laute zu ihr durch. Izara hörte Stimmen… oder Schreie, sie war sich nicht sicher. Explosionen und andere beunruhigende Laute überlappten sich, Izara spürte einzig, wie es ihre Brust zuschnürte. Der Druck war gewaltig, und sie nutzte ihn, um die letzten Meter zu überwinden. Auf der anderen Seite blickte sie in den Schlossgarten. Sie kam der Quelle näher, aber am Ziel war sie noch nicht. Also kletterte sie erst einmal herunter, die ersten Meter rutschte sie mehr oder weniger elegant an einer Wurzel entlang. Der Schlossgarten beherbergte viele seltene und exotische Pflanzen, überall schlängelten sich Blätter und Ranken um die Steinmauern. Die letzten Meter entschied Izara, abzukürzen. Sie gab sich einen Ruck und sprang. Der Sprung war weit weniger königlich, wie sie es sich vorgestellt hatte. Izara kam ins Straucheln und musste sich letztendlich mit den Händen abstützen, um nicht mit dem Gesicht in der Erde zu landen. Sporadisch klopfte sie sich den Dreck von den Sachen, dann lief sie weiter. Das mit der Landung sollte sie definitiv noch einmal üben! Seltsamerweise war am Schlossgarten keine weitere Wache postiert, und auch im Flur, direkt am Eingang, war niemand vorzufinden. Für so viel Lärm war hier überhaupt nichts los. Hatte sie sich vielleicht umsonst Sorgen gemacht? Den ersten Soldaten entdeckte Izara auf der anderen Seite des Flures. Und er war nicht allein. Zu mehreren standen sie dort, wo der Gang in Izaras Zimmer führte. Sie musste also nur noch die andere Richtung einschlagen. Dort gab es nicht viel, bloß die anderen Gärten und die Schlucht. "Die Schlucht…" Izara rannte los. Ihr würde sowieso niemand über den Weg laufen und selbst wenn, Izara wäre nicht aufzuhalten gewesen. Die Geräusche kamen immer näher, Izara war nur noch ein Stück von ihrem Ziel entfernt. Ein weiterer Knall brachte die Kronleuchter über sie zum Wackeln. "Du hast keine Chance", hörte sie jemanden schreien. Ihr Herz zog sich zusammen. Sie kannte die Stimme. Aber woher nur? "Nein", schrie und heulte eine zweite Stimme - lang und gequält. "Sila-", Izara stürmte auf den Rundbogen zu. Sie glaubte nicht, was sie in der Schlucht sah. Die Eier, sie waren alle offengelegt. Die Brutstätte war ein einziges Schlachtfeld, riesige Steine lagen verstreut, es roch schweflig und metallisch - unheimlich vertraut. Ein Schrei schallte durch die Schlucht, Izara spürte ihn überall. Sie wirbelte herum, sah das Ausmaß der Verwüstungen. Es war nur ein kleiner Teil dessen, was hier wirklich vor sich ging. "Kyia", hauchte Izara. Ihre Leibwächterin war in die Ecke gedrängt, sie fasste sich an den Hals und würgte gequält, die Augen waren nur noch kleine Schlitze, aus denen eine Träne heraus gepresst wurde. Izara wollte losstürmen, sie musste doch irgendetwas tun. Als das Geräusch von Ketten ertönte, hielt Izara inmitten der Bewegung inne. Das waren die Geräusche, die ihr das Herz zusammengeschnürt hatten. Starr blickte sie zu den langen Stahlketten, die seine Beute fest im Griff hatten. Sila. Die Lóng war mit dem Halsband gezeichnet. Direkt dahinter stand ihr Gebieter. Ein schmächtiger Mann, den Izara nie für einen Paladin gehalten hätte. "Immer noch so stur", knirschte der Mann mit den Zähnen, zog an den Ketten, dass Sila die Luft abgedrückt wurde. Diese Stimme, Izara schüttelte den Kopf. Sie kannte diese Stimme, aber…dieser Mann…wer war er? "Muss ich dir erst wieder Manieren beibringen?!", brüllte er, dass die Ketten vibrierten und ein rotes Leuchten umgaben, das Izara nur allzu gut kannte. Sila schrie auf, sie schüttelte den Kopf, während ihre Arme zwei spitze Eispflöcke erschufen. "Nein", wimmerte die Lóng. Noch nie hatte Izara so viel Verzweiflung gespürt. Silas Tränen wurden vom Mond beschienen. Ein Anblick, der die Schönheit der Nacht einfangen sollte, doch stattdessen glühte ihr Gesicht von heftigen Emotionen erdrückt. Mit aller Macht versuchte sie, ihrem Willen Herr zu werden. Izara wusste, welche Schmerzen Sila erdulden musste. Selbst diejenigen, die sich widerstandslos ergaben, spürten die Ketten an ihrem Hals, die Schmerzen, die daran erinnern sollten, dass sie keinen eigenen Willen besaßen. Izaras Welt begann sich zu drehen. Sie verstand nicht, was das alles sollte, warum das passierte. Warum die Vergangenheit an ihre Tür klopfte. Sie waren doch im Palast, sicher vor den Paladinen. "Du dreckiges Mistvieh! Gehorche", der Befehl hallte in Izaras Ohren. Sie fand zurück in die Gegenwart, konzentrierte sich darauf, was vor ihr geschah. Sila brachte sich in Position. Die Erkenntnis traf Izara wie ein Schlag. Sie konnte nicht mehr denken, sie reagierte nur noch; von einem unbekannten Instinkt geleitet. Silas Hände zitterten, sie packte die Eispflöcke, stülpte sie über ihren Kopf. Nein! Sie zielte auf die Eier, zwei goldene, vom Mondschein beleuchtete Eier. Die Wesen darin hatten keine Chance gegen einen Angriff dieser Größe. "Nicht!", schrie Izara. Das Bild König Juras', sein Blick, der Schmerz, weil er sein Volk nicht beschützen konnte - es war so klar. Izara packte sich einen Stein und warf ihn in Silas Richtung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)