Diagnose: Schreibblockade von Geminy-van-Blubel (Dreimonatige Challenge) ================================================================================ Kapitel 65: 29.2.2024: Bemmchen ------------------------------- „Ein Bemmchen, mein Kind?“, fragte Miriams Großmutter, kaum, dass ihre Enkelin die kleine, gemütliche Wohnung betreten hatte. Überall lagen Teppiche, hingen Fotos und Bilder an den Wänden und die unverhältnismäßig große Couch war der Mittelpunkt des Wohnzimmers. „Im Moment nicht, Omi“, murmelte Miriam. Nicht nur wegen des vorherigen Essens wurde ihr allein beim Gedanken an eine belegte Schnitte flau im Magen. Viel anziehender wirkte da das Sofa, zu dem sie zwar erst zögerlich hinüber ging, dann aber fast schon erleichtert darauf Platz nahm. Es war immer wie eine Umarmung, sich in das Polstermöbel zu schmiegen. Ihre Großmutter schaute sie aufmerksam an. Die geröteten Augen waren sicherlich nicht zu übersehen und der Besuch mehr als überraschend, aber trotzdem stellte sie keine Fragen – zumindest keine, die Miriam vielleicht nicht beantworten wollte. „Aber eine heiße Schokolade, oder?“, vertiefte das Lächeln die Falten um die alten, aber klaren Augen. Da konnte Miriam nicht widerstehen. Sie nickte und zog die Nase hoch. In kleinen Schritten schlurfte ihre Großmutter in die Küche, nahm einen Topf aus dem Schrank, befüllte ihn mit Milch und stellte ihn auf den Herd. Miriam lehnte sich zurück, während sie hörte, wie die Schokoriegel aus ihrer Verpackung genommen wurden und mit kurzem Plätschern ein Bad in der Milch nahmen. Nicht lange und ein süßlicher Duft durchzog die Luft. Miriam schloss die Augen und erinnerte sich daran, wie sie schon als kleines Kind immer auf diese Weise eine heiße Schokolade von ihrer Großmutter bekommen hatte. Damals, als Thomas und sie noch so viel besser miteinander ausgekommen waren. Er, fast zehn Jahre älter, hatte immer auf sie aufgepasst, mit ihr gespielt und ihr sogar manches Mal bei den Hausaufgaben geholfen. Selbst bei seinen Treffen mit Freunden hatte er sie häufig mitgenommen, ihr Fußballspielen beigebracht und sie in Kinofilme geschmuggelt, für die sie damals noch zu jung gewesen war. Ein cooler großer Bruder, für den sie viele ihrer Freundinnen beneideten. „Vorsicht, ist noch heiß“, riss die Stimme ihrer Großmutter sie aus ihren Gedanken. Miriam öffnete die Augen und nahm dankbar die Tasse entgegen. „Hier ist es immer so schön, Omi“, lächelte sie und betrachtete ihre Großmutter, während sie sich mit einem Seufzen auf den Sessel gegenüber der Couch fallen ließ. „Ich freu mich, dass du mich besuchst“, sprach die alte Frau und machte es sich ebenfalls gemütlich. Gütig und geduldig ruhten ihre Augen auf Miriam, die froh war, nicht gedrängt zu werden, über ihre Gefühle zu sprechen. So richtig wusste sie selbst noch nicht, wie viel und was sie über das Zusammentreffen mit ihrem Bruder erzählen wollte. Hatte sie wirklich überreagiert? Hätte sie ihre Enttäuschung und ihre Abneigung weiter runterschlucken sollen? Ihre Finger streichelten über das warme Porzellan der Tasse, während sich in ihrem Bauch ein Knoten bildete. „Stör ich auch wirklich nicht?“ Ihre Großmutter lachte. „Du störst nie, Schatz! Und du bist immer willkommen! Das weißt du“, schwangen ein Hauch Feststellung und Frage in ihren Worten mit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)