Diagnose: Schreibblockade von Geminy-van-Blubel (Dreimonatige Challenge) ================================================================================ Kapitel 85: 18.3.2024: kennenlernen ----------------------------------- „Geht’s dir jetzt besser?“ Langsam schlenderten sie durch die Gassen und Straßen, ließen die Aufregung der vorherigen Minuten abklingen und suchten immer wieder neue Umwege, um der Uni noch einen weiteren Moment aus dem Weg zu gehen. „Ja“, nickte Jasmin und ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. „Aber peinlich ist es dir auch, oder?“, grinste Sven, der ihre röter werdenden Wangen betrachtete. „Schon… und es tut mir leid, dass ich dich angeschrien hab“, nestelte Jasmin an ihrer Jacke herum, während Sven eine wegwerfende Handbewegung machte. „Hab ich nicht mal als anschreien empfunden.“ Stille kehrte ein, die nur von ihren dumpfen Schritten auf dem Asphalt oder dem Kopfsteinpflaster unterbrochen wurde. Noch eine Abzweigung in eine Nebengasse nahme sie, aber langsam gingen ihnen die Umwege aus. „Was hältst du davon, wenn wir die letzten beiden Seminare ausnahmsweise ausfallen lassen?“, meinte Sven plötzlich und Jasmin schaute ihn verdutzt an. Ausgerechnet so ein Vorschlag von ihm? „Ehrlich gesagt hab ich nicht viel Lust, Oberfelder heute noch mal zu sehen“, gab sie zu und das konnte Sven sich nur allzu gut vorstellen. „Willst du meine Bude mal kennenlernen? Ich wohn nur etwa fünfzehn Minuten von der Uni entfernt“, schlug Sven vor und Jasmin willigte ohne zu zögern ein. Er lächelte und deutete in die Richtung, in der sie weitergehen mussten. „In letzter Zeit machen wir ziemlich viel miteinander“, sprach er nach einer weiteren Pause und Jasmin beobachtete ihn. Worauf wollte er hinaus? „Ich hab heut aber auch wieder gemerkt, dass wir uns eigentlich noch gar nicht richtig kennengelernt haben“, rieb er sich den Nacken und schaute zu ihr hinüber. „Wie meinst du das?“, wendete sie den Blick nach vorn und betrachtete Sven erst wieder aus den Augenwinkeln, als er den Kopf von ihr wegdrehte. „Dass du sehr schüchtern bist, hab ich schon im ersten Semester gemerkt und frag mich immer mehr, ob es dafür wohl Gründe gibt. Das Thema scheint ziemlich an dir zu nagen, oder?“, verschränkte er Arme vor der Brust – eine Geste, die sein Grübeln unterstrich, statt Abwehr zu zeigen. Jasmin ließ den Kopf sinken und nickte leicht. „Früher war ich offener, aber ständig hatten die Leute was an mir auszusetzen.“, murmelte sie und Sven schüttelte den Kopf. „Du kannst es eh nie allen recht machen. Wichtig ist, dass du dich mit den richtigen Leuten umgibst, die dich akzeptieren, wie du bist. Die anderen können dir egal sein.“, meinte er und starrte Jasmin erschrocken an, als ihr plötzlich wieder die Tränen über die Wangen liefen. „Ich hatte aber nie jemanden, der mich akzeptiert hat“, wisperte sie und schnäuzte sich. „Ich wurde immer ausgegrenzt oder ausgelacht. Egal, was ich getan habe: Sie haben mich einfach nicht in Ruhe gelassen. Egal, ob Nachbarn, Mitschüler, Lehrer… einmal hab ich sogar die Schule deswegen gewechselt, aber auch das hat nicht geholfen. Also hab ich angefangen, möglichst unauffällig zu sein.“, verschränkte auch sie die Arme vor der Brust, aber als Selbstschutz. „Und die, die dir gesagt haben, dass du mehr aus dir rauskommen sollst?“, fragte Sven und sah ihr Schulterzucken. „Haben es entweder nur gesagt, um sich anschließend wieder über mich lustig zu machen oder reagierten empört, wenn ich dann tatsächlich mal sagte, dass ich etwas nicht möchte.“ Langsam nickte Sven und ließ das Gehörte auf sich wirken. „Ehrlich gesagt…“, sprach Jasmin weiter und kaute auf ihrer Unterlippe, bis sie die richtigen Worte gefunden hatte. „… ich kenn das gar nicht, wie das bei uns gerade läuft“, murmelte sie und holte tief Luft, als sie Svens fragenden Blick sah. „Ich meine, wir hatten gerade eine Meinungsverschiedenheit und trotzdem bist du noch hier.“ Sven schob die Hände in seine Hosentaschen und begann zu grinsen. Fast schon mit stolz geschwellter Brust meinte er „Tja, wird ja auch Zeit, dass du mal andere Erfahrungen machst, oder?“. Er knuffte Jasmin leicht mit dem Ellenbogen in die Seite und freute sich über ihr Lachen. „Vielleicht kann ich dir ja helfen, ein bisschen aus deinem Schneckenhaus heraus zu kommen – nur, wenn du möchtest, natürlich“, bot er an und sie lächelte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)