NCIS One-Shots von BouhGorgonzola (... für Zwischendurch zum Lesen.) ================================================================================ Kapitel 11: „Das würde ich jeder Zeit zulassen … “ -------------------------------------------------- Kurz nach Mitternacht. Eine wolkenlose Nacht mit Vollmond. Der Himmel ist voll von Sternen, das kann man auch zwischen all dem Licht innerhalb der Stadt sehen. Mein Blick gilt allerdings keinem dieser Dinge, er ruht auf dem Display meines Handys und versucht, dort ein Anzeichen für eine Nachricht zu finden. Das ist allerdings hoffnungslos. Ziva David, meine Partnerin, die ich versuchte, schon seit einiger Zeit zu erreichen, ging weder ans Festnetz, noch an ihr Handy. Auch im Hauptquartier hatte sie nicht abgenommen, doch das hatte mich nicht weiter verwundert, immerhin hatten wir beide gemeinsam Feierabend gemacht. Ich war sogar zu ihr nach hause gefahren, doch die Tür geöffnet hatte sie nicht. Das Licht war ausgeschaltet gewesen und ihr Auto war nicht vorzufinden. Zunächst hatte ich vermutet, sie sei zu ihrer langjährigen Freundin und unserer gemeinsamen Vorgesetzten gefahren, doch auch dort war das Auto nicht zu sehen gewesen – ich hatte extra einen Abstecher dorthin gemacht, aber nicht geklingelt, um wirklich sicherzugehen. Ziva David war eine Frau, um die man sich keine Sorgen machen musste. Sie hatte, soweit ich wusste, der israelischen Armee gedient, war schon von Kindesbeinen an mit der Zukunft als hoher Offizier des Mossads, dem israelischen Auslandsgeheimdienstes, konfrontiert worden. Sie hatte eine sehr gute, strenge und harte Ausbildung genossen und war eine der besten, aber das war bei dem Vater kein Wunder. Eli David, ihr Vater, war der Direktor des Mossads. Ihr Halbbruder Ari Haswari, von dem ich erst sehr spät erfuhr, dass er ihr Halbbruder war, war ebenfalls für den Mossad ausgebildet und als Maulwurf zu den Hamas geschickt worden, doch er lief ganz über, brachte meine damalige Partnerin um und wurde durch die Hand seiner Halbschwester getötet. Wie sie dieses verkraften konnte, war mir ein Rätsel. Was ich noch über ihre Familie wusste, war relativ wenig. Sie hatte eine ältere Schwester namens Tali gehabt, die bei einem Selbstmordanschlag getötet wurde, als sie im Dienst für den Mossad war. Demnach schien Zivas gesamte Familie dem Mossad gedient zu haben, kein Wunder, dass sie so gut war. Dennoch, ich machte mir Sorgen um sie. Sie war meine Partnerin und dass schon seit ungefähr drei Jahren. Wir hatten uns immer aufgezogen, waren durch sämtliche Situationen gegangen und hatten einander unterstützt. Als ich dann eine Beziehung, für meinen Undercovereinsatz und meiner Gefühle wegen, mit Jeanne Benoit, der Tochter eines wichtigen Waffenhändlers, einging, begann sie, eifersüchtig zu wirken, doch das verebbte, als sie auf Leutnant Roy Sanders traf, der an einer Verstrahlung verstarb. Meine Beziehung mit Jeanne ging in die Brüche, als ich ihr beichtete, wer ich wirklich war. Ziva begann, auf mich einzureden, versuchte, mir etwas zu verdeutlichen und mich aufzuheitern, doch ich trauerte zu sehr Jeanne nach, als dass ich nur irgendwie ansatzweise verstanden hätte, was sie mir hatte sagen wollte. Nun hatte all das geendet. Sie hatte sich zurückgezogen, schien mitunter nur schwer auf gewisse Situationen reagieren zu können und war teilweise aggressiver geworden. Ihre Griffe schmerzten mittlerweile, sie schien ihre Kräfte kaum unter Kontrolle zu haben. Heute war allerdings ein Höhepunkt dieses Verhaltens gewesen: Bei einer Verfolgungsjagd eines Täters hatte sie all ihr Können und all ihre Kräfte gesammelt, war ihm hinterher gesprintet und hatte ihn eingeholt. Er griff sie mit Fäusten an, sie wehrte gekonnt ab, streckte ihn mit einem gezielten Schlag zu Boden. Sie wollte ihn dingfest machen, da zückte er eine Waffe und schoss. Sie reagierte blitzschnell, zog ihre eigene, trat ihm die Waffe weg und trat mit voller Wucht genau auf seine rechte Hand. Das Knacken war bis zu der Stelle zu vernehmen, an der ich zu der Zeit war. Anstatt dass das schon genug des Guten war, begann er, sie durch Beschimpfungen zu reizen. Das war schon immer ein fataler Fehler bei ihr, doch in ihrem dortigen Zustand war es so schlimm, dass sie ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, einfach in die Schulter geschossen hat. Ich musste sie davon abhalten, noch irgendetwas anderes zu tun, was ihm geschadet hätte. „Passen Sie doch auf!“ Das wütende Fluchen eines Autofahrers reißt mich aus meinen Gedanken. Ich blicke ihn an, nicke kurz und setze meinen Weg fort, mittlerweile zu Fuß. Mein Ziel ist ein Hügel etwas abseits von Washington DC. Das ist der letzte Ort, an dem ich die Israeli vermute – abgesehen von der israelischen Botschaft. Doch meine Augen entdecken sie nicht, als ich meinen Blick über den Hügel schweifen lasse. Auch als ich oben angelangt bin, kann ich ihre Anwesenheit nicht ausmachen. Kein Grund also, mich noch weiter dort aufzuhalten. Vielleicht sollte ich doch die israelische Botschaft nach ihr durchforsten? Während meine Gedanken versuchen, einen passablen Grund für mein Erscheinen in der Botschaft zu finden, führen mich meine Schritte ganz ohne mein Zutun zu meinem Auto zurück. Mein Körper arbeitet, ohne dass ich ihn steuere, scheint einfach nur einem Instinkt zu folgen. Warum eigentlich suche ich Ziva David? Weil ihr Verhalten in der letzten Zeit sonderlich war? Weil sie unkontrollierbarer geworden war? Oder einfach nur, weil ich all das zu missen begonnen hatte, was wir gemeinsam während der Arbeitszeit an den Schreibtischen getan hatten? „Verdammt nochmal! Sie schon wieder! Hören Sie auf zu träumen und achten Sie gefälligst auf ihre Handlungen!“ Ich hatte einem Autofahrer die Vorfahrt genommen. Ausgerechnet dem Fahrer, dessen Motorhaube vorhin fast mein Grab gewesen wäre, weil ich meinen Gedanken nachgehangen hatte. Schicksal. „Schon gut, schon gut.“ Meine Antwort klingt schwach, fast schon müde und erschöpft. Der Autofahrer seufzt, schüttelt den Kopf und ich setze zurück, damit er durchfahren kann, dann fahre ich weiter zur israelischen Botschaft. Nein, warum ich sie suche, beruht auf einem Gefühl. Ich habe ein ungutes Gefühl, als sei etwas geschehen, als würde etwas Schlimmes passieren, wenn ich nicht bei ihr bin. Dass ich solch ein Gefühl in mir hege, kann nur bedeuten, dass mir meine Partnerin mittlerweile sehr viel bedeutet. Sehr, sehr viel. „Sir, Sie können hier nicht durch!“ Ich habe meine Fahrt verlangsamt, komme vor einem Uniformierten zum Stehen. Dieser kommt zu mir, zeigt mir kurz seine Dienstmarke und macht mit der Hand eine Handbewegung hinter sich. Meine Augen folgen der Bewegung, so dass ich erkennen kann, was geschehen ist und mir die Weiterfahrt verweigert. „Sie müssen leider umkehren. Die Aufräumarbeiten bei diesem Unfall werden noch ein wenig dauern, wir müssen zunächst auf den Rettungswagen wart- “ Ich öffne meine Fahrertür, schiebe damit den Polizisten zur Seite. Gleichzeitig fische ich meine Dienstmarke aus dem Handschuhfach und halte sie ihm unter die Nase, dann gehe ich an ihm vorbei und versuche zu realisieren, was ich da vor mir sehe. „Nein … das kann nicht sein. Nicht hier … nicht jetzt … !“ Ich spreche leise mit mir selbst, während meine Schritte sich wie von selbst beschleunigen und ich an all den Polizisten und Feuerwehrmännern die Böschung hinab laufe. Der Wagen, der teils auf der Straße, teils in der Böschung steht, sieht haargenau aus wie der rot-weiß-schwarze Mini meiner Partnerin. Nach dem Vorfall vor einiger Zeit, bei dem sämtliche Behörden hinter ihr her gewesen waren, hatte sie ihn reparieren lassen und fuhr ihn weiterhin. Das Kennzeichen war das selbe geblieben … und es ist auch das des Wagens, doch die Fahrerin ist nicht im Innenraum des Wagens. Die Frontscheibe ist nicht in der Art und Weise zerstört, wie sie sein sollte, wenn man durch diese geschleudert wurde. Das einzige, was anders ist, ist das Fehlen der Insassin und die offene Fahrertür. „Ziva!?“ „Suchen Sie die junge Fahrerin?“ Ein Feuerwehrmann wendet sich mir zu, als ich an ihm vorbei laufen will. Ich nicke nur wortlos, blicke mich suchend um. „Steven, führ' den jungen Mann bitte zu der Fahrerin.“ Ein weiterer Feuerwehrmann kommt, nickt, mustert mich eingehend und sieht mich dann abwartend an, bis ich ihm eigenständig die Böschung weiter nach unten folge, um dort meine Partnerin auf dem Boden liegen zu sehen, von drei Männern festgehalten und sich stark gegen sie wehrend. „Ziva!“ Mein Ruf ist laut, ich beschleunige meine Schritte noch einmal, um schneller bei ihr angelangt zu sein. Sie dreht ihren Kopf in meine Richtung, hört einen Moment lang mit dem Widerstand auf. „Was ist geschehen, Ziva?“ Wieder will sie sich von den drei Männern befreien und ich werfe ihnen einen fragenden Blick zu. „Sie ist verletzt! Aber sie will auf eigene Faust wieder nach oben … das geht nicht!“ „Lasst sie los.“ Meine Worte klingen ernst und ebenso ernst sehe ich die Männer an, die sie festhalten und langsam zögerlich loslassen. „Tut uns allen einen Gefallen und geht. Ich kümmere mich um sie und bringe sie gleich hoch.“ Die Männer mustern mich skeptisch, doch dann nicken sie und verschwinden. Entweder ist es meine Dienstmarke oder ich war wirklich einschüchternd. Oder beides. Ziva sieht mich an, will sich aufsetzen, doch ich lege ihr sanft meine Hand auf die Schulter, die mir am nächsten ist und drücke sie leicht zurück. Sie gehorcht, obwohl sie normalerweise dagegen immer protestierte, doch dieses eine Mal scheint sie mir und meinen Entscheidungen zu vertrauen. „Was tust du hier, Tony?“ Ihre Stimme klingt schwach und sie spricht so leise, dass ich mich zu ihr beugen muss, um ihre Worte zu verstehen, und als ich sie einen kurzen Moment lang verinnerlicht habe, blicke ich Ziva einige Minuten schweigend an, bevor ich irgendetwas sage. „Ich habe dich gesucht.“ „Mich? Warum … ?“ „Das weiß ich selbst nicht so genau.“ Ich seufze, sie schmunzelt leicht, blickt mich ruhig und abwartend an. „Anthony DiNozzo, du bist definitiv der verrückteste Mann, den ich kenne.“ „Nun, mich gibt es auch nur einmal.“ „Ist auch besser so.“ Anscheinend hat sie keine schlimmen Verletzungen, immerhin scherzt sie noch. Wobei … wenn man ihre Ausbildung bedenkt, dann würde sie sicherlich auch nahe am Tod noch scherzen. Einfach, weil sie keinen Schmerz zu spüren hat, weil sie stark sein muss, weil sie einfach die Tochter des Direktors des Mossads und die Freundin der Direktorin des NCIS' ist. „Sir, könnten Sie sie nun endlich zu uns bringen?!“ Die Feuerwehrmänner stehen mit einem Polizisten und zwei Sanitätern am Straßenrand oberhalb der Böschung und sehen zu uns herab. Sie sehen ungeduldig aus, ein dritter Sanitäter ist fast schon bei uns angelangt. „Ja, ich bringe sie hoch!“ Meine Antwort kommt schnell, bevor ich Ziva einen kurzen Blick zuwerfe und meine Lautstärke ein wenig senke. „Kannst du wenigstens dieses eine Mal wie eine normale Frau reagieren und dich von mir nach oben tragen lassen?“ „Keine normale Frau würde dir das erlauben, Tony.“ „Dann sei eine, die das erlauben würde.“ Sie sieht mich einen Moment lang an, dann legt sie mir ihre Hände um den Hals und macht sich damit bereit, dass ich sie hoch heben kann. Dabei kommen ihre Lippen meinem Ohr sehr nahe und sie flüstert mir so leise etwas ins Ohr, dass nur ich es hören kann … und es lässt mich rot anlaufen und den Blick grinsend von ihr nehmen … „Dann muss ich nur ich selbst sein … denn das würde ich jeder Zeit zulassen ... “ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)