Sengoku-Jidai Chronicles von Jenny-san ================================================================================ Kapitel 12: Der Feind in den eigenen Reihen ------------------------------------------- "So! Das müsste das letzte Grab gewesen sein." Endlich war Inu Yasha mit dem begraben der Toten fertig geworden und steckte den Spaten in die Erde. Diese Sache hatte er doch lieber allein zu Ende gebracht, da er Kagome und Kimie so was nicht zumuten wollte und obwohl es zugegebenermaßen ein wenig gedauert hat, war nun alles soweit erledigt gewesen. Aber der Anblick, der sich ihm bot, war wirklich nicht schön gewesen. Wen würde der Blick auf zahlreiche Gräber auch schon erfreuen? Doch ändern konnte Inu Yasha an den Tatsachen und an dem, was geschehen war, immerhin auch wieder nichts. Nachdem er den anderen Bescheid gesagt hatte, dass er fertig gewesen war, verteilte Kagome zusammen mit Kimie zum Schluss noch ein paar zuvor gepflückte Blumen auf den verschiedenen Gräbern. Nach einer Weile seufzte Kagome traurig auf: "Und schon wieder gab es weitere Opfer in diesen kriegerischen Zeiten... Was wird wohl noch alles passieren und wo soll das alles hinführen?" Dabei dachte sie insbesondere an den bevorstehenden Kampf. Würde es auch hier wieder Opfer geben? Die Wahrscheinlichkeit bestand natürlich und es musste immer damit gerechnet werden, dass eventuell jemand im Kampf schwer verletzt oder gar sterben könnte. Als sie sich das noch mal so durch den Kopf hatte gehen lassen, überkam Kagome plötzlich diese Angst. Die Angst davor, dass vielleicht sogar einer von ihren Freunden in so eine Lage kommen könnte. "Kagome? Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte Kimie ihre Cousine schließlich vorsichtig und riss die Jüngere somit wieder aus ihren trüben Gedanken. Kagome mühte sich ein leichtes Lächeln ab und nickte. "Ja, Kimie. Es ist alles okay. Ich habe nur gerade an etwas gedacht, aber es ist schon gut." "Hm... Na gut, wenn du meinst." Kagome und Kimie wollten schlussendlich noch ein stilles Gebet sprechen, ehe sie sich wieder von den Gräbern entfernten. Schweigend standen sie nebeneinander, die Augen geschlossen und die Handflächen aneinandergelegt. "Hoffentlich passiert unseren Freunden nichts", sagte Kagome schließlich mit bedrückter Stimme. Kimie musste zugeben, so was in der Art hatte sie auch schon gedacht. Nichts desto trotz legte sie Kagome beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Keine Sorge, Kagome. Solange wir alle aufeinander aufpassen und uns gegenseitig unterstützen, geht sicher alles gut." Zumindest hoffte Kimie das und ihre Worte schienen Kagome in der Tat wieder etwas aufzuheitern. Mit einem leichten Lächeln nickte die Jüngere. "Ja, wahrscheinlich hast du Recht. Na gut, sollen wir wieder zu Inu Yasha und Sesshoumaru zurückgehen?" "Ja. Gute Idee." Mittlerweile hatte sich der Sonnenuntergang bereits angekündigt. Für heute noch weiterzureisen hätte keinen Sinn gehabt und so hatte die Gruppe entschieden, die Nacht über in diesem Dorf zu verbringen, wenn auch mehr am Rande der zerstörten Häuser. Kagome hatte auch bereits von dem Feuerholz, das Inu Yasha kurz zuvor gesammelt hatte, ein Lagerfeuer angezündet und bereitete nun etwas zu Essen vor. Kirara saß neben ihr, während Ah-Un in der Nähe der Bäume des nahe gelegenen Waldes ein wenig graste. Auch Sesshoumaru hielt sich momentan noch etwas abseits der anderen auf. Nur ab und zu schaute er aus dem Seitenwinkel zu ihnen rüber und fasste dabei insbesondere Kimie ins Auge, die sich schon eine geraume Zeit um den bewusstlosen Jungen kümmerte, den sie zuvor inmitten der Toten gefunden hatte. Er war allerdings noch immer ohne Bewusstsein gewesen und es war auch nicht abzusehen gewesen, wann er wieder aufwachen würde. Er lag auf einer Decke, die Kagome ihm zur Verfügung gestellt hatte, eine zweite von Kimie hielt ihn zusätzlich warm. "Ich will gar nicht wissen, wie viel er von diesem grausamen Schauspiel mitbekommen hat", meinte Kagome nach einer Weile, während ihr Blick auf dem Jungen ruhte. Kimie nickte zustimmend. "Ja. Und so gesehen hat er wohl ziemliches Glück gehabt. Stellt sich nur die Frage, wie wir ihm die ganze Sache möglichst schonend erklären sollen." Kagome senkte nachdenklich den Blick. In diesem Moment bekam sie mit, wie sich der Junge ein wenig rührte und sich auf die Seite drehte. "Oh! Ich glaube, er kommt wieder zu sich." Gespannt ruhten die Blicke von Kagome und Kimie auf den Jungen, der sich wieder auf den Rücken drehte und endlich seine Augen öffnete. Zuerst blinzelte er nur ein paar Mal, ehe er als aller erstes in das neugierige Gesicht von Kimie, die sich über ihn gebeugt hatte, schaute. Aufmunternd lächelte sie ihn an. "Hey! Du hast dir mit dem Aufwachen ja ganz schön Zeit gelassen. Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Wie geht es dir? Hast du vielleicht irgendwelche Schmerzen oder so was?" Der Junge schüttelte nur den Kopf, ehe er sich schließlich langsam aufsetzte und sich einmal umsah. "Wer seid ihr?", fragte er die beiden Mädchen vor sich. Kimie machte sich sogleich daran, ihn aufzuklären: "Oh! Entschuldige bitte, wir haben uns dir ja noch gar nicht vorgestellt. Also, das hier ist meine Cousine Kagome Higurashi. Der junge Mann da etwas weiter hinten in Rot ist Inu Yasha und der fröhliche Zeitgenosse, der da drüben an dem Baum lehnt, das ist Sesshoumaru." Als Kimie mit einem schelmischen Grinsen zu dem besagten Baum deutete, musste sich der Junge umdrehen, um Sesshoumaru zu sehen. Doch dieser würdigte ihn und auch die anderen momentan keines Blickes. Der Junge drehte sich wieder um. "Und wer bist du?", fragte er nun Kimie, die antwortete: "Mein Name ist Kimie Yamada." Im nächsten Moment wurde sie wieder etwas ernster und fragte den Jungen vorsichtig: "Sag mal, kannst du dich noch daran erinnern, was hier passiert ist?" "Erstmal sollte er uns vielleicht noch seinen Namen verraten", mischte sich Inu Yasha ein, wenngleich es etwas schroff klang. "Ich für meinen Teil würde nämlich schon gerne wissen, mit wem ich es hier eigentlich zu tun habe." "Inu Yasha! Jetzt lass ihn doch in Ruhe!", warf Kagome etwas empört ein. Dass Inu Yasha mal wieder so dermaßen unsensibel daherkommen musste, begriff sie beim besten Willen nicht. Doch der Junge wirkte nicht so, als fühlte er sich bedrängt oder dergleichen. "Schon in Ordnung. Mein Name ist Takeshi." In der Zwischenzeit hatte Kimie etwas Wasser in einen Becher gegossen, welchen sie nun Takeshi reichte. "Hier. Trink erstmal etwas. Das wird dir gut tun. Möchtest du vielleicht auch etwas essen?" "Nein, vielen Dank", antwortete er und trank erstmal einen Schluck. "Uhm... Ich möchte ja nicht aufdringlich erscheinen, aber möchtest du uns eventuell erzählen, was hier passiert ist oder lieber nicht?", fragte Kagome Takeshi nach einem Moment etwas zögerlich. Dieser antwortete zwar nicht sofort, doch klang er beim Sprechen erstaunlich ruhig und gefasst, vermutlich durch einen leichten Schock, wie sich Kagome und auch Kimie dachten: "Viel habe ich nicht mitbekommen. Aber ich weiß, dass Youkai hier gewesen sind." Stumm warfen sich Kagome und Kimie gegenseitig ihre Blick zu. So was in der Art hatten sie fast schon vermutet, ebenso wie Inu Yasha und Sesshoumaru. Zwar war keinerlei Geruch von Youkai mehr in der Luft wahrzunehmen gewesen, doch die Art und Weise, wie das Dorf zerstört und die Menschen getötet worden waren, sprach Bände. Ihre Gedankengänge wurden aber je unterbrochen, als Takeshi plötzlich Anstalten machte, aufzustehen. "Warte! Was hast du vor?", fragte Kimie sofort und war reflexartig aufgesprungen. "Es geht mir wieder besser. Ich möchte euch nicht noch länger zur Last fallen", antwortete Takeshi, aber mit dieser Antwort schien sich neben Kimie auch Kagome nicht sonderlich anfreunden zu können. "Aber du bist doch noch gar nicht in der Verfassung, dich irgendwohin allein auf den Weg zu machen. Wo willst du überhaupt hingehen?" "Ich überlasse es dem Zufall, wohin es mich verschlägt", meinte Takeshi teilnahmslos, fing sich für diese Antwort aber nur eine sarkastische Bemerkung von Inu Yasha ein: "In diesen Zeiten dürftest du aber mit so einer Einstellung und noch dazu ganz allein auch schon bald bei einem Youkai auf dem Mittagstisch landen." Kimie zögerte zwar noch einen Moment, wandte sich dann aber an Sesshoumaru: "Sag mal, Sesshoumaru, könnte Takeshi uns nicht erstmal begleiten?" Als der Youkai daraufhin zunächst aber nur üblich kühl dreinschaute, legte Kimie mit einem bittenden Lächeln ihre Handflächen zusammen. "Bitte! Nur solange, bis es ihm wieder besser geht und er weiß, wo er hingehen soll. Hm? Einverstanden? Schließlich können wir ihn doch nach dieser Geschichte nicht einfach so wieder sich selbst überlassen." Nicht nur Kimie hatte im Moment diesen bittenden Blick drauf, auch Kagome schaute ähnlich drein wie ihre Cousine, während Inu Yasha dem ganzen eher gleichgültig gegenüberzustehen schien. Nach einem Augenblick wandte Sesshoumaru seinerseits den Blick wieder ab. "Macht, was ihr wollt." Das war alles, was er zu dem Thema zu sagen gehabt hatte. Kimie zog aus diesem Satz ihre eigene Schlussfolgerung: "Das heißt wohl 'ja'." "Nun gut. Da das ja nun geklärt zu sein scheint, schlage ich vor, du legst dich erstmal wieder hin und erholst dich noch ein wenig", meinte Kagome nun an Takeshi gerichtet, der diesmal keinen Widerspruch einlegte und sich stattdessen nur mit einem knappen "Danke." tatsächlich wieder hinlegte. Es dauerte keine fünf Minuten, da war er scheinbar auch schon wieder eingeschlafen. "Das wird ihm gut tun. Lassen wir ihn am besten bis morgen durchschlafen", meinte Kagome. Unterdessen richtete Kimie ihr Augenmerk erneut auf Sesshoumaru, der nach wie vor unter diesem Baum saß. Sie zögerte zwar noch einen Augenblick lang, doch dann stand sie auf und ging auf ihn zu. "Was ist mit dir? Misstraust du ihm etwa immer noch?", fragte Kimie den Youkai im Bezug auf Takeshi, da Sesshoumarus Blick nicht gerade wohlwollend wirkte. Sicherlich war er innerlich strikt dagegen gewesen, dass dieser Fremde die Gruppe begleitete, aus welchen Gründen auch immer. Mit einem Seufzen hockte sich Kimie direkt vor Sesshoumaru auf den Boden. "Jetzt guck doch nicht so finster! Für einen Menschen ist es nun mal milde ausgedrückt eine echt blöde Sache, wenn er auf einen Schlag ganz allein ist. Das..." "Schon gut! Du musst mir das nicht noch näher erklären", fiel ihr Sesshoumaru mit üblich kühler Stimme ins Wort, doch zugleich war da noch dieser leichte Unterton von Ärger gewesen. Kimie zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Hey, wenn du aus irgendeinem Grund schlechte Laune hast, dann sag mir wenigstens warum! Es tut mir ja wirklich sehr Leid, dass wir mit der Rückreise nur stockend vorankommen, aber dafür kann schließlich keiner von uns etwas." "Hättet ihr Menschen nicht so einen übertriebenen Fürsorgedrang, dann hätten wir das Schloss gar nicht erst verlassen müssen", konterte Sesshoumaru mit diesem typisch überlegenen Blick auf Kimie gerichtet. Doch das Mädchen schaute auf diese Bemerkung hin lediglich ebenso zurück, als sie erwiderte: "Übertriebener Fürsorgedrang? Ach! Und warum bist DU dann mit uns mitgekommen? Schließlich hat dich keiner dazu gezwungen." "Lass es lieber sein, Kimie!", mischte sich Inu Yasha, der mittlerweile dazugekommen war, plötzlich ein. "Dieser Idiot sucht die Schuld schließlich immer nur bei anderen. Es ist also reine Zeitverschwendung, wenn du versucht, dich vernünftig mit ihm zu unterhalten." Gerade wollte Kimie ihrerseits etwas darauf erwidern, als ihr Sesshoumaru jedoch zuvorkam: "Du legst es wohl wirklich darauf an, von mir noch auseinander genommen zu werden, Inu Yasha, oder sehe ich das falsch?" Inu Yasha, wenig beeindruckt von dieser Andeutung, stemmte selbstbewusst die Hände in die Hüften. "In der Tat! Denn wenn hier jemand auseinander genommen wird, dann bist das du, und zwar von mir!" "Hm! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du eine Chance gegen mich hättest." "Keh! Und das sagt ausgerechnet der Blödmann, der schon oft genug gegen mich verloren hat!" Bevor Sesshoumaru darauf wieder etwas erwidern konnte, war es Kimie, die sich plötzlich einmischte: "Meine Güte! Jetzt hört doch endlich mal auf damit! Seid ihr diese Zänkereien nicht so langsam mal leid? Da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt!" Abrupt war es still. Kimie war darüber schon ziemlich überrascht gewesen. Hatte sie die beiden streitsüchtigen Brüder etwa wirklich gestoppt? Als sie die beiden jedoch ansah, trafen sie ihrerseits nur etwas verdutzte Blicke, wobei man Inu Yasha dessen Irritation ganz deutlich ansah. "Was habt ihr? Warum schaut ihr auf einmal so komisch?", fragte Kimie etwas verunsichert, woraufhin Inu Yasha zögerlich fragte: "Ähm... Kurze Frage: Sagtest du eben 'der Hund in der Pfanne'?" "Ach! Das ist doch nur so eine Phrase, Leute. Nehmt das doch nicht so ernst", winkte Kimie sofort in aller Eile ab. Es war wirklich immer wieder eine Party, wenn ein neuzeitlicher Spruch in die Runde geworfen wurde, der dann von Zeit zu Zeit mal wieder für allgemeine Verwirrung sorgte. Was genau Inu Yasha und Sesshoumaru diesmal durch den Kopf gegangen sein mag, darüber machte sich Kimie im Nachhinein aber keine Gedanken mehr. Stattdessen wollte sie das ganze Thema jetzt erstmal abhaken und gesellte sich zu diesem Zweck wieder zu Kagome ans Lagerfeuer. Allerdings konnte sie im Hintergrund vernehmen, wie Inu Yasha und Sesshoumaru ihre kleine Diskussion gleich wieder aufnahmen. Zum Glück blieb es lediglich bei Worten. "Uff! Irgendwann werde ich noch bekloppt, wenn das so weitergeht...", seufzte Kimie auf, als sie wieder neben Kagome stand. Mit einem kurzen Blick zurück zu den beiden Halbbrüdern, fragte sie die Jüngere: "Sag mal, können wir die beiden unbeaufsichtigt lassen?" Auch Kagome schaute nun zu Inu Yasha und Sesshoumaru und nickte nach einem Moment. "Ich denke ja." "Gut, weil ich mich jetzt nämlich aufs Ohr hauen werde. Ich bin so müde, ich könnte im Stehen einschlafen. Also, gute Nacht, Kagome." "In Ordnung. Schlaf gut." Damit packte Kimie ihren Schlafsack aus ihrem Rucksack und nachdem sie alles soweit vorbereitet hatte, machte sie es sich in diesem bequem. Kagome tat es ihr kurz darauf gleich. Zuvor hatte sie aber noch mal nach Takeshi geschaut, doch der schien tief zu schlafen, was angesichts der noch andauernden Diskussion zwischen Inu Yasha und Sesshoumaru schon irgendwie verwunderlich war. Irgendwann fand das Streitgespräch zwischen den beiden aber auch endlich wieder ein Ende und es kehrte die gut bekannte nächtliche Ruhe ein. Jeder ruhte sich nun entsprechend aus, während das Lagerfeuer mit dem Voranschreiten der Zeit nach und nach immer kleiner wurde. Schließlich war es verloschen, nur die Glut glühte noch ein wenig in der Asche. Niemand der Anwesenden bemerkte zu diesem Zeitpunkt, wie Takeshi seine Augen nun kurz öffnete, als wollte er einen Blick auf die schlafenden Gemüter werfen. Und ebenso wenig bekamen sie mit, wie seine Augen im Dunkeln der Nacht kurz in einem unheimlichen Rot aufglühten, ehe er sie rasch wieder schloss. * ~ * ~ * ~ * ~ * Eine trügerische Stille lag in der Luft und über dem Boden hing noch ein letzter Hauch des morgendlichen Nebels. Geisterhaft schwebten mehrere Seelenfänger lautlos über der Gegend, als suchten sie nach irgendetwas. Einer von ihnen flog schließlich zu der jungen Miko zurück, die den Geschöpfen mit ruhigen Schritten folgte. Sie erhob ihre rechte Hand und ließ ihren Seelenfänger mit seinen sechs insektenartigen Beinen auf dieser landen. Und obwohl keiner von beiden etwas sagte, schienen sie dennoch miteinander zu reden. "Verstehe. Narakus Aura hält sich also noch immer im Verborgenen. Sucht trotzdem weiter", sagte Kikyou schließlich, ehe sie ihren Seelenfänger wieder davonfliegen ließ, der sich daraufhin wieder zu seinen Gefährten gesellte. Aufmerksam sah Kikyou sich um. Sie spürte es ganz deutlich; hier irgendwo in der Nähe ist vor kurzem etwas geschehen. Und als sie schließlich sah, wie ihre Seelenfänger etwas weiter entfernt immer wieder ihre Kreise über einem bestimmten Punkt zogen, sah sie sich sogleich in ihrer Ahnung bestätigt, als sie den entsprechenden Ort ebenfalls kurz darauf erreicht hatte. Vor der Miko lag ein völlig zerstörtes Dorf, auf dessen zerfallenen Gebäuden sich vereinzelt ein paar Krähen niedergelassen hatten. Irgendetwas von gewaltiger zerstörerischer Kraft musste hier gewütet haben. Aber Kikyou entdeckte zunächst keine Opfer. Langsam ließ sie ihren Blick über das zerstörte Dorf schweifen und entdeckte dabei schließlich in einiger Entfernung auch zahlreiche Gräber. Mit ruhigen Schritten ging Kikyou auf diese zu, dicht gefolgt von ihren Seelenfängern. Auf den Gräbern lagen noch relativ frische Blumen verteilt. Lange lagen sie jedenfalls noch nicht dort, soviel stand fest. Doch eigentlich gab es nichts, was Kikyou länger an diesen Ort hielt, also zog sie kurz darauf auch schon wieder weiter. Wie ein Geist verschwand die untote Miko schließlich zusammen mit ihren Seelenfängern zwischen den Bäumen des nahe gelegenen Waldes und ließ das zerstörte Dorf, das wohl schon sehr bald in Vergessenheit geraten dürfte, hinter sich. * ~ * ~ * ~ * ~ * Ah-Un und Kirara hatten schon vor einiger Zeit die Grenze zu den westlichen Ländern überflogen. Es würde nicht mehr lange dauern, dann wäre sie alle endlich wieder im Schloss. "Wenn wir angekommen sind, stellen wir dir unsere Freunde vor, Takeshi-kun. Du wirst sie sicher mögen.", sagte Kagome mit einem freundlichen Lächeln an den Jungen gewandt, der hinter ihr auf Kiraras Rücken saß. Als Kagome sich danach wieder umdrehte, versuchte sie, Ausschau nach dem Schloss zu halten. Allerdings konnte auch in weiter Ferne nichts erkennen. Da fiel ihr wieder ein, dass Ashitakas Bannkreis sicherlich noch aktiv war und das Schloss vor den Augen all jener, die von außerhalb kamen und nicht zu den Inu-Youkai gehörten, verbarg. Dennoch mussten sie alle schon sehr nahe am Schloss sein, denn nur einen kleinen Augenblick später entdeckte Kagome bei einem Blick nach unten einen alten Bekannten und rief erfreut: "Hey! Schaut mal! Da unten ist Ashitaka-kun." Und tatsächlich stand Ashitaka inmitten einiger Bäume, aber dennoch gut sichtbar, genau unterhalb der Zurückkehrenden. Diese ließen Ah-Un und Kirara sogleich in Richtung Erdboden fliegen und direkt vor dem Inu-Youkai landen. Kagome war die erste, die ihn begrüßte: "Hallo, Ashitaka-kun!" "Hallo, Kagome-chan!", grüßte Ashitaka das Mädchen zurück. "Schön, dass ihr alle wieder zurück seid. Kakeru hatte schon so eine Ahnung, darum dachte ich mir, ich komme euch ein Stückchen entgegen." Kaum, dass die ersten Begrüßungen untereinander ausgetauscht worden waren, richtete sich Ashitakas Aufmerksamkeit auf Takeshi, der etwas abseits von den anderen stand. "Und wer ist das?", fragte der Inu-Youkai überrascht, woraufhin Kagome Takeshi zu sich winkte. "Das ist Takeshi-kun", stellte sie Ashitaka den fremden Jungen vor. "Sein Dorf ist komplett zerstört worden und er ist der Einzige, der überlebt hat. Deswegen haben wir ihn erstmal mitgenommen. Hoffentlich war das okay?" Ashitaka warf daraufhin einen Blick zu Sesshoumaru, der jedoch schwieg. "Nun, wenn Sesshoumaru keine Einwände hat, dann wird es wohl in Ordnung sein", meinte der Jüngere. Jetzt ergriff Sesshoumaru aber doch noch das Wort: "Und, Ashitaka? Gab es irgendwelche besonderen Vorkommnisse?" Ashitaka schüttelte verneinend den Kopf. "Nein, es war alles ruhig. Und mittlerweile sind auch die anderen wieder ins Schloss zurückgekehrt. Die Letzten sind vor gut zwei Stunden hier angekommen." Kaum hatte Ashitaka das jedoch gesagt, war ein etwas missmutiger Laut seitens Inu Yasha zu hören gewesen. Kagome schaute ihn fragend an. "Was ist los, Inu Yasha?" "Nichts", murrte der Hanyou knapp und verschränkte die Arme vor der Brust, während sich die Gruppe so langsam in Bewegung setzte und sich auf den Weg zum Schloss machte. Laut Ashitaka befand sich dieses nur gut hundert Meter vom momentanen Standort der Gruppe entfernt. Am Ziel angekommen, öffnete Ashitaka den Bannkreis so weit, dass alle durch diesen hindurchgehen konnten. Danach schloss er ihn auch gleich wieder und jetzt konnten bis auf Ashitaka und Sesshoumaru auch die anderen die Treppe sehen, die hinauf zum Schloss führte. "Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich bin ehrlich gesagt erleichtert", meinte Kimie, spürbar froh, dass dieser doch etwas eigenartige Ausflug endlich zu ende gewesen war. Aber ihre Erleichterung wich sehr schnell wieder der Irritation, denn aus der Richtung des Schlosses, genauer gesagt vom großen Hof her, hörte man mit einem Mal lautes Gerede. "Was ist da los? Warum ist es plötzlich so laut?", fragte sich Kagome nicht minder verwirrt, als ihre Freunde. Lediglich Sesshoumaru behielt wie üblich seine ruhige Fassade. "Das klingt, als gäbe es da oben Ärger", sagte Ashitaka und Inu Yasha seufzte sogleich entnervt auf: "Na, herrlich! Was für ein Empfang..." Und während die kleine Gruppe noch auf den Weg gewesen war, war auf dem großen Hof des Schlosses bereits ein wildes Wortgefecht unter den Inu-Youkai entbrannt. "Ich sage, wir gehen selbst zu denen hin und verarbeiten sie allesamt zu kleinen Sushi-Häppchen!", meinte einer von ihnen kämpferisch und ein anderer fügte stimmte dem zu: "Genau! Zeigen wir diesen Schuppenviechern, wer hier den Ton angibt! Ehrlich gesagt, brenne ich schon seid damals darauf, denen mal wieder eine ordentliche Abreibung zu verpassen, nachdem sie einfach so feige die Flucht ergriffen haben." Ein Großteil der Youkai befürwortete dies, doch es gab auch einige, die der ganzen Sache eher kritisch gegenüberstanden. So warf nun ein anderer ein: "Langsam! Wir sollten nichts überstürzen, schließlich sind die Ryû-Youkai keine Gegner, die man unterschätzen sollte." "Hey! Was soll das heißen?", fragte der Youkai, der zuvor gesprochen hatte, als ihn ein weiterer seiner Kameraden ebenfalls ansprach: "Ich finde, er hat ganz Recht. Zumal waren diese Typen schon damals in der Überzahl." Ein Knurren drang aus der Kehle des anderen. "Was denn, was denn?! Und du schimpfst dich allen Ernstes einen Inu-Youkai? Du bist nichts weiter als ein jämmerlicher Feigling!" "Nein! Das ist stimmt nicht! Das ist überhaupt nicht wahr! Aber schließlich sprechen wir hier von den Ryû-Youkai. Oder hast du etwa vergessen, dass viele von uns damals im Kampf mit dem Leben bezahlt haben?", widersprach sein Gegenüber sofort und nun schaukelte sich das Ganze wirklich richtig hoch, als der andere Youkai daraufhin entgegnete: "Nennst du das etwa ein rechtfertigendes Argument, du Memme? Das ist schließlich schon 1000 Jahre her!" "Also, wenn du mich fragst, dann seid ihr, die ihr euch unbedingt so Hals über Kopf in den Kampf stürzen wollt, nicht tapfer, sondern einfach nur unglaublich dumm!" "Wie habe ich denn das wieder zu verstehen? Es kann ja schließlich nicht jeder so ein ängstliches Hündchen wie du sein, das bei jeder Kleinigkeit gleich den Schwanz einkneift!" "Zumindest überschätze ich mich nicht so maßlos, wie manch anderer hier!" "Ja, weil du sowieso viel zu schwach bist! Du würdest den Ryû-Youkai doch keine drei Sekunden standhalten!" "Jetzt hört doch mal auf, ihr zwei! So kommen wir doch nicht weiter!", versuchte schließlich Tôya die Situation wieder etwas unter Kontrolle zu bringen, doch der Erfolg fiel eher dürftig aus. Es schien sogar vielmehr so zu sein, als drohte der Streit letztendlich doch noch zu eskalieren. Erst als sich Sesshoumaru, der inzwischen zusammen mit den anderen den Hof betreten hatte, einmischte, schien sich das Blatt wieder zu wenden. "Schluss jetzt!", befahl Sesshoumaru mit kühler Stimme und sicherte sich sogleich jegliche Aufmerksamkeit von seinen Leuten, die sofort allesamt verstummt waren. Sesshoumaru wartete einen kurzen Augenblick, dann wandte er sich an die beiden Streitenden: "Wenn ihr unbedingt gegeneinander kämpfen wollt, dann könnt ihr das von mir aus tun, aber dann sucht euch dafür gefälligst einen anderen Platz und belästigt mich nicht mit euren kindischen Meinungsverschiedenheiten! Im Übrigen kann ich keine Leute gebrauchen, die mir im Kampf mehr im Weg herumstehen werden, als dass sie eine gute Unterstützung wären, weil sie sich lieber ihren lächerlichen Streitereien widmen." Die Streitenden gingen auf diese Ansprache hin endlich wieder auseinander. Darüber war nicht nur Tôya sehr erleichtert, der sich schon sonst was ausgemalt hatte. Für Ashitaka war dies aber scheinbar nur der ideale Augenblick, um seinen Freund gleich ein wenig zu necken: "Hey, Tôya! Was war los? Hast du die Kontrolle verloren?" "Wirklich witzig, Ashitaka... Ich kann mich nicht daran erinnern, hier den Posten des Aufsehers übernommen zu haben", entgegnete Tôya trocken. Seine Aufmerksamkeit galt danach aber sogleich Takeshi. Auf seine Nachfrage hin, erklärte ihm Ashitaka daraufhin wie es dazu kam, dass der Junge die Gruppe um Sesshoumaru begleitet hatte. Tôya war zwar überrascht, aber er nahm es hin. Aber nicht nur Takeshi erregte eine gewisse Aufmerksamkeit, insbesondere Kimie, die schon die ganze Zeit dicht hinter Sesshoumaru stand, lenkte so manchen Blick der Inu-Youkai auf sich. Das Gerücht, dass ihr Herr eine menschliche Gefährtin an seiner Seite hätte, hatte sich unter allen zwar schon herumgesprochen, dennoch schien die Überraschung über die Bewahrheitung dieses Gerüchts doch sehr groß gewesen zu sein. Sesshoumarus Gesichtsausdruck war jedoch klar zu entnehmen gewesen, dass er keine Fragen, geschweige denn irgendwelche eventuelle Kritik duldete. Und es war ebenso klar, dass Kimie für die anderen Inu-Youkai in jeglicher Form tabu gewesen war, sei es nun für potenzielle wörtliche Anfeindungen oder dergleichen. Ob gleiches auch für die anderen Menschen, die sich unter anderem zur Zeit mit im Schloss aufhielten, galt, vermochten die meisten zwar nicht zu sagen, aber das beste war es unter diesen Umständen wohl, von jedem die Finger zu lassen. Was allen jedoch sofort klar zu sein schien, war die Tatsache, dass es sich bei Inu Yasha zweifellos um jenen Hanyou handelte, der der jüngere Sohn von Inu no Taishou gewesen war. Inu Yasha konnte auch recht schnell das erste Getuschel mit anhören, in denen es ganz klar um ihn ging. Missmutig knurrte er leise in sich hinein, was etwas besorgt von Kagome beobachtet wurde. Doch glücklicherweise löste sich die Ansammlung auf Sesshoumarus Anweisung hin auch schon recht bald wieder auf, nur einige wenige verblieben noch auf dem Hof. Kagome nutzte dies, um Ausschau nach Subaru zu halten. Gerne hätte sie ihn begrüßt, doch er war nirgendwo zu sehen gewesen. Sie vermutete daher, dass er sich mal wieder für sich selbst zurückgezogen hatte, aber sie würde ihn ohnehin sicherlich recht bald wieder über den Weg laufen. Kurz darauf öffneten sich die Türen des Haupteingangs des Schlosses und heraus kam eine fröhlich lachende Rin, dich gefolgt von Inuki und Jaken. Auch Sango, Miroku und Shippou waren dabei gewesen, um nun ihre zurückgekehrten Freunde zu begrüßen. "Sesshoumaru-sama! Da seid Ihr ja endlich wieder! Ich habe Euch vermisst", rief Rin und lief freudig aus Sesshoumaru zu, während Inuki das gleiche bei Kimie tat. Sie kniete sich auf den Boden, um ihren Hund sogleich gebührend zu empfangen und schloss ihn in die Arme. "Hallo, Inuki! Na? Bist du auch schön brav gewesen?" "Ja, das war er! Wir haben viel zusammen gespielt", antwortete Rin und wie zur Bestätigung bellte Inuki einmal, während er noch ein paar Mal seinen Kopf an Kimies Wange rieb. Jaken ging bei der Begrüßung von Sesshoumaru mal wieder besonders theatralisch vor, indem er sich fast bis zum Anschlag vor ihm verbeugte. "Edler Herr! Wie schön, Euch wieder zu sehen. Es freut mich, dass Ihr heil und gesund zurückgekehrt seid. Eh!? Was aber nicht heißen soll, dass ich es in Erwägung gezogen habe, Euch könnte eventuell etwas zugestoßen sein, oder dergleichen! Das würde ich niemals auch nur im Traum vermuten, Sesshoumaru-sama!" "Ach, halt die Klappe, Jaken, sonst machst du dir am Ende noch einen Knoten in die Zunge!", sagte Kimie leicht angenervt von dem Gequatsche des Krötendämons, der wohl nur allzu gern etwas auf diese freche Bemerkung entgegnet hätte, doch hielt er sich diesmal besser zurück, da ihm Sesshoumaru ohnehin schon so einen mahnenden Blick zuwarf. Währenddessen standen Inu Yasha, Kagome und Kimie mit ihren Freunden zusammen und tauschten erste Begrüßungen und Informationen aus. Kagome stellte den anderen bei dieser Gelegenheit natürlich auch Takeshi vor, der auf die Gruppe sofort einen sehr sympathischen Eindruck machte. Zunächst schien alles soweit geregelt gewesen zu sein. Mit einem Nicken wies Sesshoumaru Rin und auch Kimie an, dass sie ihm folgen sollten. Rin kam der wortlosen Aufforderung auch sogleich nach, wohingegen Kimie im ersten Moment noch etwas überrascht zögerte, dem Youkai dann aber ebenfalls folgte. Inuki und Jaken schlossen sich dem kleinen Trupp an. Sesshoumaru kannte seine Leute gut genug um zu wissen, dass einige unter ihnen die Tatsache, dass er sogar Menschen den Aufenthalt im Schloss gestattete, äußerst sauer aufstoßen dürfte. Und aus diesem Grund würde er Rin und Kimie auch nach Möglichkeit von den anderen Inu-Youkai fernhalten. Blieb nur die Frage, wie es hinsichtlich Inu Yasha und dessen Gruppe weitergehen sollte, ebenso wie mit den Panther-Dämonen. Zwar würde es keiner der Inu-Youkai wagen, im Schloss ein Massaker oder dergleichen anzurichten, aber dass es Probleme geben könnte, war nicht auszuschließen gewesen. In diesem Fall würde Sesshoumaru jedoch entsprechend eingreifen, wenngleich ihm sein Halbbruder und dessen Freunde so ziemlich egal gewesen waren. Doch Ärger in den eigenen Reihen konnte er momentan wirklich nicht gebrauchen und schon gar nicht hatte er irgendeine Verwendung für Kämpfer, die sich ihm widersetzten. Nachdem Sesshoumaru zusammen mit Rin, Kimie, Inuki und Jaken im Schloss verschwunden war, wandte sich Kagome an Inu Yasha und ihre Freunde: "Wir gehen besser auch." Dann richtete sie das Wort an Takeshi: "Du kannst übrigens auch gerne mit uns kommen, wenn du möchtest. Dann können wir uns noch etwas besser kennen lernen." Takeshi nickte einverstanden und folgte der Gruppe in das Schloss. Dabei schaute er aus dem Seitenwinkel zu den Inu-Youkai, die sich noch auf dem Hof befanden. Gegen diese Dämonen hatte sein Stamm also schon mal gekämpft. Zwar konnte er die Situation noch nicht so wirklich einschätzen, aber etwas in ihm sagte ihm, dass keine der beiden Seiten im Moment einen klaren Vorteil gegenüber der anderen hatte. Die Inu-Youkai wirkten nämlich alles andere als schwach und das konnten sie auch kaum sein, denn sonst hätten sie die Ryû-Youkai damals nicht besiegen können. Zwar konnte sich in den letzten 1000 Jahren einiges geändert habe, aber das würde sich sicherlich sehr bald zeigen. Die Rückkehr von Sesshoumaru und den anderen war auch von den Panther-Dämonen beobachtet worden, wenn auch aus einiger Entfernung. Und genauer gesagt, war es eigentlich Karan, die das Geschehen die ganze Zeit über von der Veranda vor Tourans Zimmer aus genauestens beobachtet hatte. Die vier Geschwister hielten sich so ziemlich die ganze Zeit meist zusammen im selben Raum auf, von daher brauchte sich Karan nur umzudrehen und in das Zimmer hineinzurufen: "Hey, Nee-san! Falls es dich interessiert: Dein Typ ist wieder da." Zwar trat Touran nach dieser Anrede zu ihrer jüngeren Schwester auf die Veranda hinaus, doch auf die gemachte Äußerung reagierte sie zunächst eher teilnahmslos. "Wie soll ich diese Bemerkung verstehen, Karan?", fragte sie nur prüfend zurück, doch Karan winkte sogleich ab. "Ach, nun tu doch nicht so! Shunran hat uns aufgeklärt, du musst es also nicht länger verbergen. Du stehst auf Sesshoumaru und das schon seit einer Weile." Und den nun folgenden völlig verdutzt dreinschauenden Blick von Touran ignorierend, richtete Karan ihr Augenmerk wieder auf das Geschehen auf dem Hof. Gerade löste sich auch der Rest der "Versammlung" auf und Sesshoumaru betrat zusammen mit Kimie, Rin, Jaken und Inuki das Schloss. Karan stützte den Kopf auf die Hand. "Tja, nur dürfte sich das Ganze für dich als etwas kompliziert gestalten, solange dieses Mädchen da bei ihm ist", meinte sie an Touran gewandt und hatte dabei auch einen leichten Unterton von Sarkasmus in der Stimme gehabt. Doch direkt danach fuhr sie fort: "Aber mach dir darum mal keine allzu großen Gedanken. Du weißt ja, Menschen halten sich nicht so lange. So ganz verloren hast du also noch nicht." Aber darauf entgegnete Touran nichts mehr, sondern machte stattdessen nur wieder kehrt und ging in das Zimmer zurück, nur um dieses anschließend durch die Tür zu verlassen. Und sie sah alles andere als gut gelaunt aus. Karans fragenden Blick bemerkend, warf Shunran nun trocken ein: "Karan... Irgendwann wirst du noch einsam und allein enden. Du hast wirklich das Taktgefühl eines niederen Oni." "Hä? Meine Güte, jetzt dramatisiere das alles doch nicht so maßlos!", entgegnete Karan etwas patzig. "Sesshoumaru ist doch nun wirklich nicht der einzige Youkai, der hier herumläuft und mal ganz abgesehen davon sollte Nee-san sowieso besser bei unseresgleichen bleiben." "Tja, nur lässt sich so was eben nicht so einfach beeinflussen, so wie du das anscheinend gerne hättest", meinte Shunran, aber Karan wirkte wenig überzeugt. "Ach was! Andere Mütter haben schließlich auch hübsche Söhne. Nee-san wird das auch schon noch merken." "Hach! Ich geb's auf...", seufzte Shunran mit leichtem Kopfschütteln auf. Unterdessen war Sesshoumaru zusammen mit Kimie, Rin, Jaken und Inuki in seinem Zimmer angekommen. Warum er sie alle mit hierher genommen hatte, war insbesondere Kimie zwar noch ein ziemliches Rätsel, aber an Sesshoumarus Verhalten hatte es ja schließlich schon immer etwas gegeben, was auf den ersten Blick nicht ganz klar gewesen war. Von daher machte sich Kimie auch keine großen Gedanken darum, als Sesshoumaru allen außer ihr sagte, sie sollten erstmal ins Nebenzimmer gehen, was sie auch sogleich taten. Lediglich Inuki blieb neben der Tür sitzen. Nachdem Rin und Jaken im Nebenzimmer verschwunden war, wandte sich Sesshoumaru wieder Kimie zu: "Wenn es demnächst zum Kampf kommt, wirst du dich nicht einmischen." "Hm? Woher kommt das jetzt?" Kimie war durchaus recht verdutzt. Auf so eine Anspielung war sie jetzt wirklich nicht vorbereitet gewesen. Sesshoumaru sprach aber auch sogleich weiter: "Du weißt nicht, was es bedeutet, wenn zwei Youkai-Stämme gegeneinander kämpfen. Der Angriff von neulich war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. Menschen haben in so einem Kampf nichts verloren und du auch nicht." Da war er wieder gewesen; dieser rechthaberische Unterton. Kimie seufzte auf: "Oh, Mann! Wo soll denn das Gelaber hinführen? Machst du das aus Schikane?" Ein prüfender Blick seitens Sesshoumaru traf nun das Mädchen, während er sich ihr langsam näherte. "Die Vorstellung, dich von einem Youkai aufschlitzen zu lassen, scheint dir offenbar zuzusagen, sonst würdest du mir nicht solche Fragen stellen." Er hob seine rechte Hand und fuhr wie zur Demonstration mit der Kralle seines rechten Zeigefingers über Kimies linke Wange, ohne sie dabei aber zu verletzen. Es schien, als wollte er sie lediglich ein wenig ärgern und das gelang ihm auch. "Lass diese komischen Andeutungen!", sagte Kimie sogleich hastig und schob seine Hand wieder beiseite. Für einen kurzen Augenblick war ihr sogar so was wie ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Zwar hatte sie niemals in Erwägung gezogen, dass Sesshoumaru ihr etwas tun würde, aber unheimlich war es einen Moment lang doch gewesen. "Was sollte diese Bemerkung eben?", fragte Kimie kurz darauf prüfend. "War das vielleicht wieder eine deiner Phasen, wie neulich in meinem Zimmer? Jetzt weiß ich wirklich, warum du so lange dieses Single-Dasein geführt hast. Oder gab es da doch schon mal etwas? Vielleicht so vor... 500 Jahren?" Diese Frage und allein schon dieser skeptische Blick, den sie ihm momentan zuwarf... Unwillkürlich war Kimie mit einem Mal so, als würde Sesshoumaru ein wenig lächeln, als hätte ihn ihre Frage amüsiert. Irritiert zog sie eine Augenbraue hoch. "Ähm... Du lächelst? Du... hast dir nicht zufällig irgendeinen komischen Virus eingefangen, während wir in der Neuzeit waren?" Doch anstatt entsprechend auf ihre Frage zu antworten, entgegnete Sesshoumaru: "Ich erinnere mich gerade an etwas, was du mir mal gesagt hast. Du meintest zu mir, ich werde für dich wohl immer ein Rätsel zu bleiben. Aber du scheinst mir auch nicht ganz leicht einzuschätzen zu sein. Wobei ich bei dir mehr den Eindruck habe, es hängt mit menschlicher Naivität und einem ebensolchen Dickkopf zusammen." "Hey! Die Sache mit dem Dickkopf gebe ich an dieser Stelle gerne wieder zurück", erwiderte Kimie entschieden, wobei sie mit dem Finger auf den Youkai deutete. Als Sesshoumaru daraufhin jedoch ihre Hand ergriff, erschrak sie für einen Augenblick und sah ihn fragend an. Es war irgendwie immer wieder eigenartig. Ein Youkai wie Sesshoumaru, der eigentlich immer so kalt und abweisend auftrat, zeigte in anderen Situationen auch mal eine ganz andere Seite von sich. So wie jetzt, während er schon beinahe zärtlich Kimies Hand festhielt. Noch immer schaute sie ihn etwas verlegen an, als ein Klopfen an der Tür sie abrupt leicht hochschrecken ließ. Sesshoumaru wandte sich zu Tür um und gestattete dem Besucher, einzutreten. "Ich hoffe, ich störe nicht, sondern wollte Euch lediglich begrüßen, Sesshoumaru-sama. Und natürlich auch Eure Gefährtin", sagte Kakeru mit ruhiger Stimme und einem leichten Lächeln, nachdem er das Zimmer betreten hatte. Doch er schien schon irgendwie zu ahnen, dass er gerade einen etwas ungünstigen Zeitpunkt für seinen Besuch gewählt hatte. Nachdem Sesshoumaru und auch Kimie den Gruß erwidert hatten, sprach Kakeru weiter: "Mir scheint, ich komme doch etwas ungelegen." Und obwohl er es natürlich nicht sehen konnte, hatte Kakeru den Blick genau auf die Hände von Sesshoumaru und Kimie gerichtet. Denn nach wie vor wurde Kimies Hand von der von Sesshoumaru festgehalten. "Hm! Dir entgeht wirklich nichts. Oder, Kakeru?", fragte Sesshoumaru und ließ Kimies Hand nun wieder los. Kimie selbst fühlte sich nun doch irgendwie etwas fehl am Platz, also hielt sie es für das beste, erstmal wieder zu gehen. "Tja, ich geh dann erstmal wieder, in Ordnung? Also, man sieht sich! Komm, Inuki!" Sogleich folgte Inuki seiner Herrin in Richtung Zimmertür, aus welcher die beiden kurz darauf verschwanden. "Es tut mir wirklich Leid", entschuldigte sich Kakeru daraufhin noch mal ganz direkt bei Sesshoumaru, der es ihm jedoch nicht übel nahm. Nach einer kurzen Pause kam Kakeru jedoch noch mal auf Kimie zu sprechen: "Ein wirklich nettes Mädchen. Aber trotzdem eine ungewöhnlich Wahl, die Ihr da getroffen habt, Sesshoumaru-sama. Wenn ich mir die Frage erlauben dürfte: Wie genau steht Ihr ihr eigentlich gegenüber? Ist sie so was wie Eure Verlobte? Dahinter bin ich bisher noch nicht gekommen, egal wie sehr ich mir darüber auch meine Gedanken gemacht habe." "Ich glaube auch nicht, dass es zu deinen Aufgaben gehört, dass du dir über so was deine Gedanken machst", entgegnete Sesshoumaru, was Kakeru doch ein wenig zum schmunzeln brachte. "Natürlich nicht", erwiderte er. "Ich mache mir auch lediglich im Rahmen meiner privaten Beschäftigung Gedanken darüber. Aber eigentlich wollte ich auch auf etwas anderes zu sprechen kommen: Mir ist nämlich aufgefallen, dass Ihr vorhin mit einer weiteren Person hierher zurückgekehrt seid. Zumindest habe ich eine, mir bis dahin unbekannte Stimme vernommen, wenn auch nur ganz kurz. Es war die eines Jungen." Sesshoumaru bestätigte Kakerus Beobachtung: "Ja, richtig. Er sagte, sein Name sei Takeshi. Wir sind ihm auf dem Rückweg hierher begegnet. Das Dorf, aus dem er stammt, ist zerstört worden." Kaum hatte sein Herr diese Aussage gemacht, wirkte Kakeru mit einem Mal sehr nachdenklich. Das entging Sesshoumaru natürlich nicht, doch auf seine Nachfrage hin versicherte ihm Kakeru, dass alles in Ordnung sei. In seinem Inneren machte er sich aber durchaus noch so seine Gedanken. Denn irgendetwas an diesem Jungen kam Kakeru merkwürdig vor, aber er konnte keinerlei dämonische Kraft an ihm wahrnehmen. Zwar zog er es auch in Erwägung, dass er sich möglicherweise nur etwas einbildete, doch eine gewisse Unsicherheit blieb. Und als wäre dies ein Vorbote für ein bevorstehendes unruhiges Ereignis gewesen, verdunkelte sich draußen mit einem Mal allmählich Himmel. Er war bedeckt von zahlreichen Gewitterwolken und kündigte einen aufziehenden Sturm an. Währenddessen hatte Kagome in ihrem Zimmer ihren Freunden erzählt, wie genau es dazu gekommen war, dass Takeshi die Gruppe begleitet hatte. Auch Myouga hatte sich inzwischen zu ihnen dazugesellt. Nachdem Kagome ihren Bericht zu ende gebracht hatte, wirkte insbesondere Sango sehr betroffen und sprach Takeshi ihr Beileid aus: "Es tut mir wirklich sehr Leid, was dir widerfahren ist. Ich kann mir gut vorstellen, wie das ist, plötzlich alles zu verlieren, was einem wichtig ist. Die Menschen zu verlieren, die man liebt..." Traurig senkte die Dämonenjägerin den Blick. Erneut kamen die Erinnerung an das Schicksal ihres Dorfes in den Sinn, ebenso wie der sinnlose Tod ihrer Kameraden, ihres Vaters und ihres jüngeren Bruders, der nach wie vor von Naraku wie eine Marionette benutzt wurde und nur dank der Kraft des Juwelensplitters in seinem Rücken noch lebte. Miroku, der Sangos Bedrücktheit natürlich genau wahrnahm, legte der Dämonenjägerin sanft eine Hand auf die Schulter. Als Sango daraufhin in sein Gesicht sah, rang sie sich doch zu einem leichtes Lächeln durch. Es stimmte, sie war schon lange nicht mehr gänzlich allein gewesen. Sie hatte das Glück gehabt, relativ schnell neue Freunde gefunden gehabt zu haben, die sie immer unterstützten und denen sie bedingungslos vertrauen konnte. Takeshi bedankte sich für die Anteilnahme, die ihm entgegengebracht wurde, obwohl er eigentlich nicht so recht wusste, was er damit anfangen sollte. Irgendwie kam ihm das alles eher lächerlich vor. Er saß hier inmitten dieser Leute und spielte die Rolle eines armen Jungen, der urplötzlich ganz allein dastand. Doch das gehörte nun mal zu seinem Auftrag mit dazu, also musste er bis auf weiteres dabei bleiben. Im Moment hatte er aber zuerst genug von alldem. "Entschuldigt bitte, aber wenn es euch nichts ausmacht, würde ich erstmal wieder gehen und etwas allein sein", meinte Takeshi daher an Kagome und die anderen gewandt, die ihn natürlich nicht aufhalten wollten. Sie vermuteten, dass er einfach etwas Zeit für sich brauchte, sagten ihm aber noch, dass er jederzeit zu ihnen kommen könnte, wenn er das wollte. Takeshi nickte und verließ schließlich das Zimmer. "Irgendwas ist komisch", warf Myouga plötzlich ein, kaum, dass Takeshi verschwunden war. Inu Yasha schaute daraufhin auf seine Schulter, auf welcher der Flohgeist saß. "Komm schon, Myouga-jijii, drück dich bitte etwas klarer aus. Was genau meinst du damit?" "Na ja... Ich weiß auch nicht so recht", druckste Myouga herum. "Aber ich habe ein merkwürdiges Gefühl." "Etwa wegen Takeshi?", fragte Shippou neugierig, aber auch diesmal konnte sich der Flohgeist nicht klar und deutlich ausdrücken. Schließlich warf Kagome ein: "Ach, was! Um Takeshi-kun brauchen wir uns nun wirklich keine Gedanken zu machen. Oder kam er euch etwa gefährlich vor?" Da mussten alle zugeben, dass ganz eindeutig das Gegenteil der Fall gewesen war und so schob auch Myouga letztendlich sein komisches Gefühl beiseite, obwohl er noch nicht mal wusste, ob dies auch wirklich durch Takeshi begründet gewesen war. Die Freunde ahnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal ansatzweise, wer Takeshi wirklich war. Zugute kam ihm in dem Zusammenhang, dass keiner hier im Schloss wissen konnte, wer er wirklich war, da er bei dem Kampf vor 1000 Jahren selbstverständlich nicht hatte mitwirken können. Takeshi hatte sie alle und sogar die Inu-Youkai somit bisher hervorragend in dem Glauben lassen können, er selbst wäre nur ein gewöhnlicher Sterblicher, der als Einziger einen Youkai-Angriff auf sein Dorf überlebt hatte. Dabei waren es Takeshi selbst und vier der fünf Hüter gewesen, die zuvor dieses Menschendorf angegriffen und alle getötet hatten. Menschen zu töten war keine große Sache gewesen. Schon öfters hatten die Ryû-Youkai derartiges getan, sei es nun aus Jagdgründen oder schlichtweg aus einer Laune heraus. Allerdings hatte Takeshi als so ziemlich einziges Mitglied seines Clans einem solchen Verhalten schon immer eher skeptisch und distanziert gegenübergestanden. Auch dieses Mal hatte er den Angriff auf das Dorf eher Renhou und den anderen überlassen und sich selbst mehr im Hintergrund gehalten. Und auch jetzt noch erschienen ihm die Methoden, wie sein Bruder Akuma an sein Ziel gelangen wollte, mehr als fragwürdig. Mit einem leisen Seufzen lehnte sich Takeshi mit dem Rücken an die Wand des dunklen Ganges. Von draußen konnte er ganz genau den immer stärker werdenden Wind pfeifen hören, ebenso wie das Peitschen der Äste und das Rascheln der Blätter der Bäume. Auch, wenn er sich innerlich ein wenig dagegen sträubte, Takeshi hatte keine Wahl. Wenn er seine Loyalität seinem Bruder und seinem Clan gegenüber unter Beweis stellen wollte, musste er Akumas Auftrag erfüllen. Heute Nacht würde er damit beginnen. "Hallo, Takeshi!" Als Takeshi plötzlich seinen Namen hörte, schreckte er im ersten Moment hoch, doch beruhigte er sich recht schnell wieder, als er erkannte, wer ihn gerufen hatte. Etwas zögerlich grüßte er zurück: "Oh, hallo... Kimie-dono, richtig?" "Genau! Du kannst aber auch einfach nur 'Kimie' und natürlich 'du' zu mir sagen", antwortete Kimie mit einem freundlichen Lächeln. Unterdessen war Inuki, der sie begleitete, etwas näher an Takeshi herangetreten und beschnupperte ihn neugierig. Takeshi versuchte, sein Misstrauen zu verbergen. Sollte dieser Hund etwa am Ende doch noch herausfinden, wer er wirklich war? Aber entgegen seiner Befürchtungen blieb Inuki ruhig und ließ recht schnell wieder von Takeshi ab. "Was ist mit dir? Hast du etwa Angst vor Hunden?", fragte Kimie, der Takeshis Unsicherheit Inuki gegenüber nicht entgangen war. Schon bei sich zu Hause hatte sie immer wieder mal erlebt, dass fremde Menschen auf Inuki aufgrund seiner Größe etwas zurückhaltend reagiert hatten, von daher kannte sie die typischen Reaktionen und Takeshi hatte eben genau die gleichen gezeigt. Auf ihre Frage hin hob Takeshi jedoch sofort verneinend die Hände. "Ach, nein! Das ist es nicht", versuchte er zu erklären. "Es ist nur... Ich muss mich hier wohl erst noch etwas zurechtfinden, zumal ich ja so gut wie keinen hier kenne und so." Diese Erklärung erschien Kimie im Nachhinein dann doch durchaus plausibel. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, als sie zum ersten Mal in der Sengoku-Ära gelandet war, wo sie durch ein dummes Missgeschick von Kagome und den anderen getrennt worden und letztendlich bei Sesshoumaru gelandet war. Da hatte sie sich anfangs auch etwas verloren gefühlt. Aufmunternd lächelte sie Takeshi an. "Ach, alle sind dir hier doch nicht mehr so fremd", meinte sie. "Ich meine, du hattest schließlich bereits die Gelegenheit einige etwas besser kennen zu lernen und ich persönlich hätte auch keinerlei Problem damit, dich als meinen Freund bezeichnen zu können." Auf diese Eröffnung hin schaute Takeshi dann doch etwas perplex drein und sein Blick wurde noch irritierte, als Kimie plötzlich ihre rechte Hand hob und ihm den kleinen Finger hinhielt. "Ähm... Was bedeutet das?", fragte er sie ratlos, woraufhin sie ihm erklärte: "Ein Versprechen. Wenn du magst, dann verspreche ich dir hiermit, deine Freundin zu sein. Und du versprichst mir im Gegenzug, dass ich dich als meinen Freund bezeichnen kann. Und? Um zuzustimmen musst du nur deinen kleinen Finger bei meinen einhaken." Zwar wirkte Takeshi noch immer etwas irritiert, doch hob auch er nach einem Moment seine rechte Hand und hakte seinen kleinen Finger in den von Kimie ein. "Super!", meinte sie zufrieden. "Damit hast du schon mal einen Freund gewonnen. Und ich wette, Kagome und die anderen wären sicherlich auch gerne deine Freunde." Noch immer entgegnete Takeshi nichts. Er schien viel zu überrascht gewesen zu sein und eben genau diese Unsicherheit und Zurückhaltung schien es gewesen zu sein, die Kimie an ihm so sympathisch fand. "So! Jetzt möchte ich dich aber auch nicht länger aufhalten", sagte sie schließlich. "Obwohl... Ich wollte gerade zu Kagome und den anderen. Möchtest du vielleicht mitkommen?" Doch Takeshi schüttelte verneinend den Kopf und meinte leicht lächelnd: "Nicht nötig. Ich komme gerade von ihnen und wollte mich jetzt eigentlich noch etwas ausruhen." "Ach so. Kann ich verstehen. Na gut, also bis dann, Takeshi!" Und damit verabschiedete sich Kimie wieder von ihm und setzte ihren Weg zusammen mit Inuki fort. Takeshi folgte dem Mädchen noch eine Weile mit seinem Blick, bis es schließlich hinter der Biegung am Ende des Ganges verschwunden war. Nachdenklich schaute er nun auf seine rechte Hand. Dieses Mädchen hatte ihm doch tatsächlich die Freundschaft angeboten und er war auch noch darauf eingegangen. Doch eigentlich konnte er dies auch gut dazu verwenden, um sich ihr Vertrauen zu sichern. Das könnte ihm einen Vorteil einbringen. Aber wollte er das überhaupt? Takeshi konnte es sich nicht so recht erklären, aber irgendwie war ihm jetzt noch mehr Unwohl bei dieser ganzen Sache. Er begann sich ernsthaft zu fragen, was genau der Grund für Akumas Hass auf die Inu-Youkai gewesen war. Letztendlich verdrängte Takeshi seine Gedanken jedoch wieder und wollte sich stattdessen auf sein eigentliches Vorhaben konzentrieren. * ~ * ~ * ~ * ~ * Unterdessen hatten sich im Schloss der Ryû-Youkai die fünf Hüter zusammen mit Akuma in einem der zahlreichen Zimmer zusammengefunden. "Und jetzt?", fragte Rokou mit einem Gähnen, während er mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden saß und ein wenig den Eindruck machte wie bestellt und nicht abgeholt. "Das ist ja voll öde! Wie lange sollen wir denn noch warten? Wann geht's endlich los?" "Sei nicht immer so ungeduldig, Rokou", ermahnte Akuma ihn. "Wir werden diesen Hunden schon noch einen Besuch abstatten. Im Übrigen hattest du doch bereits deinen Spaß mit ihnen gehabt." "Das war doch gar nichts!", widersprach Rokou und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Ich durfte denen ja nicht mal ordentlich einheizen, sondern sie nur etwas auf Trab bringen." "Hör endlich auf, dich zu beschweren! Das tust du schließlich ständig", mischte sich Jin nun ein, setzte kurz darauf aber ein niederträchtiges Lächeln auf. "Aber es sollte mich nicht wundern, wenn du bei deiner ungestümen Art irgendwann doch mal den Kürzeren ziehen solltest, Rokou. Vielleicht sollten wir dich ja mal allein zu den Inu-Youkai schicken. Wenn wir Glück haben, sind wir dich dann schnell und unkompliziert los." "Wie bitte?!" Sofort war Rokou aufgesprungen, jederzeit dazu bereit, Jin eine kräftige Abreibung zu verpassen, doch wurde er von Toba zurückgehalten: "Hey, Rokou! Lass es, der Typ ist es nicht wert." Zuerst schien Rokou sich noch gegen Tobas Einwand zu sträuben, doch beruhigte er sich doch schnell wieder. Für Jin war das aber nur die ideale Gelegenheit, erneut einen herablassenden Kommentar loszuwerden: "Brüderliche Bande sind doch wirklich was Schönes, nicht wahr? Aber kriegt ihr beide eigentlich auch mal etwas hin, ohne dass einer beim anderen immer das Händchen halten muss?" "Jin, es reicht! Hör auf mit den Sticheleien!", mahnte Renhou seinen Kameraden letztendlich, da es auch ihm so langsam zu bunt wurde. Wenngleich Jin auf Renhous Anweisung hin ein missmutiges Knurren verlauten ließ, ersparte er sich diesmal einen weiteren Kommentar. Zudem war ja auch noch Akuma anwesend gewesen. Nichts desto trotz verließ Rokou nun spürbar angefressen das Zimmer, dich gefolgt von Toba, der letztendlich die Tür hinter sich schloss. "Nun, ich hoffe, im Ernstfall nehmt ihr euch zusammen", meinte Akuma im Nachhinein an seine übrig gebliebenen Krieger gewandt, während er das vorangegangene Geschehen eher teilnahmslos beobachtet hatte. "Ich muss mich nämlich auf euch verlassen können. Unnötige Streitereien sind fehl am Platz, wenn es in den Kampf geht. Was ihr ansonsten unter euch auszumachen habt, ist mir wiederum egal, solange unser Vorhaben dadurch nicht beeinflusst wird." Und mit diesen Worten verließ nun auch Akuma das Zimmer. Zurück blieben Renhou, Jin und Yu. Letzterer hatte die ganze Zeit mit dem Rücken zu den anderen gestanden und den Blick zum Fenster hinaus gewandt. Jetzt drehte Yu sich jedoch zu seinen beiden Kameraden um. "Im Westen sammeln sich dunkle Wolken", sagte er ruhig. "Ein unruhige Nacht kündigt sich an. Passend zu der Atmosphäre, die hier herrscht und die den bevorstehenden Kampf ankündigt." "Oh, mein Gott!", stöhnte Jin entnervt auf und schlug sich eine Hand an den Kopf. "Was sollen diese dämlichen Floskeln, Yu? Hör auf, so einen Stuss zu labern! Das nervt!" Doch Yu hatte für Jins Aussage nur ein amüsiertes Lächeln übrig. "Nicht doch, Jin. Es lag nicht in meiner Absicht, dich zu nerven. Im Übrigen stört dich doch vieles, nicht wahr?" "Ach! Ihr seid doch alle nicht mehr ganz dicht!", knurrte Jin mürrisch und ging ebenfalls zur Tür, um das Zimmer zu verlassen. Dabei ging er beim Schließen der Tür auch nicht gerade zimperlich vor. Nachdem Jin gegangen war, warf Renhou Yu einen etwas ermüdeten Blick zu. "Hattest du etwas bestimmtes damit bezweckt?" "Nicht unbedingt", entgegnete Yu, als wäre er die Unschuld in Person. "Aber seine mürrische Art schlägt mir aufs Gemüt. Er trägt es dir wohl immer noch nach, dass du ihn lediglich auf Platz zwei der Hüter verdrängt hast. Sicherlich wartet er nur auf den passenden Moment, um dich erneut herauszufordern." Renhou stand dieser Sache jedoch eher passiv gegenüber. "Das ist mir gleich. Er soll machen was er will, solange er mit seinem Verhalten unsere Vorhaben nicht beeinflusst." "Na schön. Aber sag selbst, Renhou, wie siehst du die ganze Sache?" "Wie soll ich diese Frage verstehen?" Yu pausierte kurz und verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust. "Nun, nehmen wir zum Beispiel diesen Naraku. Was genau hat er eigentlich für ein Interesse daran, wenn wir für ihn die Inu-Youkai, sowie diesen Hanyou und dieses Menschenpack beseitigen?" Auf diese Frage hin antwortete Renhou nicht sofort. Es schien, als müsste er selbst erstmal darüber nachdenken, doch schließlich entgegnete er: "Ich weiß nur soviel, dass dieser Naraku einen tiefen Groll gegen diesen Inu Yasha hegt und das gleiche scheint in gewisser Weise auch für den Anführer der Inu-Youkai, diesen Sesshoumaru zu gelten. Außerdem spielt das Shikon no Tama dabei wohl keine unwesentliche Rolle. Genaueres weiß ich aber auch nicht." "Und? Was meinst du zu alldem?" "Ich sage es dir ganz ehrlich, Yu: Ich traue diesem Naraku nicht über den Weg", antwortete Renhou diesmal äußerst ernst, ohne lange gezögert zu haben. "Irgendetwas an diesem Kerl ist mehr als faul. Und ich werde das ungute Gefühl nicht los, dass er uns noch eine Menge Probleme bereiten wird." "Hmm..." Yu senkte nachdenklich den Blick. Bisher hatte er sich eher wenig um Naraku geschert, doch spürte er ganz deutlich, dass es mit diesem Hanyou in der Tat etwas merkwürdiges auf sich hatte. "Renhou, wenn du damit einverstanden bist, werde ich ihn unter Beobachtung halten", schlug Yu letztendlich vor. Zuerst war Renhou hinsichtlich dieses Vorschlags zwar etwas skeptisch, doch Yus Fähigkeiten würden es ihm erlauben, Naraku so überwachen zu können, dass dieser davon gar nicht mitbekommen würde. Also stimmte Renhou zu. "In Ordnung, aber sei vorsichtig. Der Kerl macht zwar auf den ersten Blick nicht unbedingt den Eindruck, aber er ist gefährlich. Das spüre ich genau. Im Übrigen sollte diese Unterhaltung wohl besser unter uns bleiben." Yu nickte einverstanden. "Ist gut. Wie du meinst." Vor dem Schloss ließ Rokou unterdessen seiner aufgestauten Wut freien Lauf. "Argh! Ich hasse diesen arroganten Bastard!", knurrte er wütend und musste seinen Frust erstmal ein wenig dadurch abbauen, indem er mit einer Feuerattacke einen nicht unbedingt kleinen Felsen in die Luft sprengte. Das gelöste Gestein rollte wie eine kleine Lawine den Abhang des Berges hinunter. Am liebsten hätte Rokou gleich noch mal einen draufgegeben, aber Toba zügelte seinen Bruder wieder: "Immer mit der Ruhe, Rokou! Wenn du so weitermachst, begräbst du noch das Schloss unter einem Haufen Steine und außerdem kennst du Jin doch. Er war schließlich schon immer so ein streitsüchtiger Typ. Das sieht man ja besonders im Bezug auf Renhou immer wieder mal." "Ist mir egal! Trotzdem hasse ich ihn!", konterte Rokou und verschränkte mürrisch die Arme vor der Brust. "Ach, komm! Jetzt hab dich doch nicht so, Brüderchen!", meinte Toba aufmunternd und wuschelte seinem Bruder einmal kräftig durch die roten Haare. Dabei löste er jedoch unbeabsichtigt Rokous weißes Stoffband, welches er um seinen Kopf gebunden hatte. Es fiel auf Rokous Schultern und seine Haare hingen ihm nach dieser Aktion ziemlich wirr im Gesicht herum. "Argh! Na, vielen Dank auch, Toba!", beschwerte sich Rokou und machte sich sogleich daran, seine Haare wieder zu bändigen. Toba hatte für sein kleines Missgeschick jedoch nur eine kleine Entschuldigung und ein amüsiertes Lächeln übrig, ehe er ein wenig seinen Blick schweifen ließ. Dabei entdeckte er schon recht bald etwas, was sofort seine volle Aufmerksamkeit genoss. "Oh! Wen haben wir denn da?" "Hm?" Rokou folgte dem Blick seines Bruder und erspähte sogleich etwas weiter entfernt auf einem Felsen Kagura. "Ach, die schon wieder", meinte er nur recht unbeeindruckt und warf einen prüfenden Blick auf Toba. "Willst du es etwa noch mal versuchen?" "Nun, wer nicht wagt, der nicht gewinnt", meinte Toba mit einem Zwinkern. "Also, du entschuldigst mich doch sicherlich einen Augenblick, nicht wahr, Rokou? Bis nachher!" Und damit flog er auch schon auf direktem Weg zu Kagura. Rokou schaute ihm noch einen Moment lang nach. "Du Schürzenjäger... Du wirst dich wohl nie ändern", seufzte er müde auf, ließ seinen Bruder jedoch ohne Widerworte ziehen. Das war schließlich bei weitem nicht das erste Mal gewesen, dass er so was erlebt hatte. Und so konnte sich Toba ungestört auf den Weg zu Kagura machen. Kaum war er auf angemessene Hörweite an sie herangekommen, grüßte er sie auch sogleich: "Einen schönen guten Tag, Kagura-dono! Heute wieder mal allein? Ihr scheint es wohl vorzuziehen, mehr für Euch selbst zu sein, nicht wahr?" Zwar hatte Kagura schon vor dieser Anrede mitbekommen, dass sich Toba ihr wieder mal genähert hatte, doch auch jetzt ließ sie sich nicht dazu herab, sich zu ihm umzudrehen oder gar mit ihm zu sprechen. Nach wie vor zeigte sie ihm nur die kalte Schulter. Aber Toba wäre wohl nicht Toba gewesen, hätte er sich davon abschrecken lassen. "Ach, nun kommt schon!", versuchte er weiter ein Gespräch mit Kagura anzuzetteln. "So unsympathisch kann ich doch nun wirklich nicht sein, dass Ihr mich immer so eiskalt abblitzen lasst." Und tatsächlich schien Kagura nun endlich zu reagieren, allerdings etwas anders, als vielleicht gedacht. "Dafür, dass du dich mir noch nicht einmal vorgestellt hast, nimmst du dir ganz schön viel heraus, findest du nicht?", fragte sie den Ryû-Youkai kühl. Natürlich kannte Kagura Tobas Namen schon längst, da sie ihn mal zufällig aufgeschnappt hatte, aber dass er sich ihr noch nicht direkt vorgestellt hatte, entsprach der Wahrheit. Diese Tatsache schien Toba selbst bisher jedoch entfallen zu sein. "So? Habe ich mich Euch wirklich noch nicht vorgestellt?", fragte er verdutzt zurück und kratzte sich leicht am Kopf. "Na so was, das ist mir jetzt aber wirklich unangenehm. Aber dann hole ich das eben schnell nach. Also, mein Name ist Toba. Und? Wieder zufrieden gestellt?" Und da war es wieder gewesen; dieses amüsierte Lächeln. Aber Kagura hatte noch immer diesen kühlen Blick aufgesetzt. Fragend zog Toba eine Augenbraue hoch. "Was denn? Gibt es etwa noch etwas, was Euch stört?" "In der Tat", antwortete Kagura und kehrte ihm wieder den Rücken zu. "Zum Beispiel die Tatsache, dass du mir ständig auflauerst und mich beobachtest." "Oh! Ihr scheint da etwas falsch zu verstehen", versuchte Toba die Dämonin zu besänftigen und wagte es nun, sich mit gut zwei Metern Abstand an ihre Seite zu gesellen. "Ich tue das nicht, weil ich Euch belästigen will, oder dergleichen. Ich möchte Euch lediglich etwas genauer kennen lernen, Kagura-dono." Prüfend wandte Kagura ihren Blick wieder zu dem Ryû-Youkai um. Sie wusste ehrlich gesagt nicht so ganz, was sie von seinem Verhalten halten sollte. Toba gab ihr schon irgendwie einige Rätsel auf und das nicht nur, wegen seiner Hartnäckigkeit, was ihr gegenüber anbelangte. "Hast du denn nichts besseres zu tun?", fragte Kagura den Ryû-Youkai schließlich kühl. Dieser verschränkte die Arme hinter dem Kopf und erwiderte: "Nicht wirklich. Zumindest hat Akuma-sama mir und meinen Kameraden noch keine genauen Anweisungen erteilt." "Hm!" Wieder wandte Kagura sich ab. Toba jedoch hatte sein Augenmerk weiterhin auf sie gerichtet. Seine Blicke konnte Kagura förmlich in ihrem Nacken spüren und das trieb sie irgendwann auf die Spitze. "Es reicht!", mahnte sie ihn. "Starr mich gefälligst nicht so an! Mal abgesehen davon, dass so was nicht gerade höflich ist, stört es mich zudem sehr." "Das bedaure ich sehr", entschuldigte sich Toba gelassen. "Ich kann Euch guten Gewissens versichern, dass ich Euch sicherlich nichts schlechtes will, Kagura-dono. Aber sei es drum, wenn es Euer Wunsch ist, dann lasse ich Euch erst mal wieder etwas allein." Völlig unvorhergesehen für Kagura, nahm Toba auf einmal ihre rechte Hand und gab ihr auf diese einen leichten Kuss. Sie war so überrascht gewesen, dass sie nicht mal mehr etwas auf Tobas Abschiedsgruß erwidern konnte, den er ihr noch zurief, ehe er wieder davonflog. Sie folgte ihm nur stumm mit ihrem Blick, bis er aus ihrer Sicht verschwunden war. Irgendwie war das eigenartig gewesen. Noch nie hatte Kagura erlebt, dass sich ihr jemand auf so eine Art und Weise genähert hatte. "Mir scheint, dieser Toba hat Gefallen an dir gefunden, Kagura." Erschrocken fuhr Kagura leicht hoch, nachdem sie auf einmal diese Stimme vernommen hatte. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie Naraku unweit von sich selbst auf einem der Felsvorsprünge stehen. Er beobachtete sie mit seinem typisch hinterhältigen Blick. Kagura versuchte, diesem standzuhalten und sich nichts anmerken zu lassen. "Was, wenn es so wäre?", fragte sie nur kühl auf Narakus zuvor geäußerten Satz zurück. Der Hanyou setzte ein scheinheiliges Lächeln auf. "Nichts. Es ist mir nur aufgefallen. Ich hoffe doch allerdings sehr für dich, dass du nicht mit dem Gedanken spielen wirst, seine Hilfe in Anspruch nehmen zu wollen und mich ein weiteres Mal zu hintergehen." Sogleich bemerkte Naraku Kaguras leicht erschrockenen Gesichtsausdruck. Die Dämonin wandte den Blick von ihm ab und entgegnete: "Nein, ich habe nichts dergleichen in Erwägung gezogen. Ich sagte es dir doch schon mal, Naraku, ich werde keine Alleingänge mehr machen." "Hm! Nun gut, solange du deine eigenen Worte auch nichts vergisst", meinte Naraku und Kagura hatte ganz deutlich diesen niederträchtigen Unterton in seiner Stimme heraushören können. Dann wurde es jedoch mit einem Mal merkwürdig ruhig und als Kagura sich wieder umdrehte, erkannte sie, dass Naraku inzwischen wieder verschwunden war. Ein spürbares Gefühl von Erleichterung zog bei der Dämonin ein. Seit sie schon einmal versucht hatte, Naraku zu hintergehen, hatte sie ständig das Gefühl, er säße ihr mit seinen beobachtenden Blicken fast ständig im Nacken. Da war es regelrecht eine Erlösung für Kagura gewesen, wenn sie mal nicht unmittelbar in seiner Nähe gewesen war. Und da sich naraku meist im Schloss der Ryû-Youkai aufhielt, zog Kagura es stattdessen vor, möglichst viel Zeit außerhalb von diesem zu verbringen. Hier konnte sie wenigstens etwas für sich sein und musste nicht ständig Narakus Gegenwart ertragen. Doch seine Worte gaben ihr zu denken. Es stimmte, bisher hatte sie es wirklich nicht in Erwägung gezogen, eventuell Tobas Hilfe in Anspruch zu nehmen und diesen Gedanken verwarf sie nun auch sehr schnell wieder. Es wäre zu riskant gewesen, auf diese Weise erneut zu versuchen, sich Narakus Einfluss zu entziehen. Scheinbar konnte Kagura von daher wirklich nur abwarten. Vielleicht hatte sie ja Glück und Narakus Zeit würde ohnehin bald ihrem Ende entgegengehen. Fragte sich nur, wann das sein würde... * ~ * ~ * ~ * ~ * Die Nacht hatte inzwischen schon seit geraumer Zeit Einzug gehalten und der Sturm, der sich Stunden zuvor bereits angekündigt hatte, tobte nunmehr mit voller Stärke. Man konnte ganz deutlich die Massen an Regentropen hören, die immer wieder von draußen gegen die geschlossenen Türen schlugen, ebenso wie das Peitschen der Äste der zahlreichen Bäume. So langsam aber sicher wurde es Kimie zu bunt. Jedes Mal, wenn sie ein wenig im Halbschlaf gewesen war, schreckte sie ein erneutes Donnern wieder auf, wenn es nicht gerade mal das ununterbrochene Prasseln der Regentropfen war. Allmählich überwog der Frust gegenüber der Müdigkeit. "Na, das ist ja vielleicht ein Wetter...", murmelte Kimie trocken in sich hinein, und auch Inuki schien das Einschlafen heute sichtlich schwer zu fallen. Mit jedem neuen Donner bewegten sich seine Ohren dementsprechend, wenngleich er ansonsten in typischer Schlafposition auf dem Boden neben Kimie lag. Nach einer Weile galt Inukis Aufmerksamkeit jedoch der Zimmertür und er erhob seinen Kopf. "Was ist los, Inuki?", fragte Kimie sogleich und wandte ihren Blick ebenfalls zur Tür. Im kurz aufkommenden Licht eines Blitzes konnte sie ganz deutlich einen Schatten an dieser wahrnehmen. Langsam setzte sie sich auf. "Hallo? Ist da jemand an der Tür?" Es dauerte noch ein paar Sekunden, doch dann öffnete sich die Schiebetür langsam und ein schüchterner Blick spähte in das Zimmer hinein. "Rin! Was ist los?", fragte Kimie verdutzt über das Auftauchen des kleinen Mädchens, das den Blick leicht senkte. "Das Gewitter...", murmelte Rin leise und Kimie war alles klar gewesen. "Wie sieht's aus? Möchtest du heute Nacht hier bleiben?", fragte sie Rin mit einem Lächeln, die sofort wieder fröhlich war. "Au ja!" Erfreut lief das kleine Mädchen nun zu Kimie und schlüpfte zur ihr unter die Decke. Kimie kannte so ein Verhalten noch selbst von sich, als sie klein gewesen war. Da war sie bei Gewittern auch gerne immer wieder zu ihren Eltern ins Bett gekrochen. Dann war ihr das Einschlafen mit einem Mal wieder ganz leicht gefallen und so schien es auch Rin zu gehen, denn es dauerte keine fünf Minuten, da waren die Atemzüge des kleinen Mädchens schon ruhig und gleichmäßig. Sie war eingeschlafen. Auch Kimie versuchte nun wieder, ihrerseits etwas Schlaf zu finden, aber dabei ging es ihr nicht viel besser, als bei ihren vorangegangenen Versuchen. "Ich krieg' hier noch 'ne Macke, wenn das so weitergeht...", seufzte sie irgendwann entnervt auf und warf einen Blick auf Rin. Doch diese schlief nach wie vor in aller Seelenruhe. Ein bisschen neidisch war Kimie zugegebenermaßen schon. "Na ja, zumindest schläft einer von uns..." Ihr selbst und Inuki blieb wohl nichts anderes übrig, als weiterhin ihr Glück mit dem Einschlafen zu versuchen. Was sollten sie auch sonst tun? Aber nicht nur Kimie und Inuki waren um diese Zeit noch wach gewesen. Auch Tôya schlief noch nicht, doch hing das weniger mit dem draußen tobenden Sturm zusammen, als vielmehr mit der Tatsache, dass er schlicht und einfach nicht müde gewesen war. Zudem machte er sich noch so seine Gedanken, was den bevorstehenden Kampf anbelangte. Lange würde es sicherlich nicht mehr dauern, dann würde erneut die alte Feindschaft zwischen den Inu-Youkai und den Ryû-Youkai wie schon vor 1000 Jahren in den westlichen Länder zu spüren sein. Wie würde der Kampf diesmal ausgehen? Vieles war jetzt schließlich anders: Inu no Taishou war nicht mehr da, ebenso wenig wie der ehemalige Anführer der Ryû-Youkai. Doch diese hatten dafür nunmehr die fünf Hüter in ihren Reihen. Inwiefern würde das den Ryû-Youkai wohl einen Vorteil bringen? Irgendwann entwich Tôya ein leichtes Seufzen. Vielleicht machte er sich einfach zu viele Gedanken um diese Sache. Gerade wollte er sich nun doch noch zur Nachtruhe zurückziehen, als er jedoch ein Klopfen an der Tür vernahm. Tôya war zwar überrascht, ging aber dennoch zu dieser hin, um sie zu öffnen. Wen er allerdings vorfand, irritierte ihn dann doch sehr. "Du? Was führt dich denn hierher?" Doch ohne ein Wort zu sagen, erhob der Besucher nur seine rechte Hand und berührte mit dessen Zeigefinger Tôyas Stirn. Bevor der Inu-Youkai überhaupt reagieren konnte, war es schon zu spät gewesen. Auch Ashitaka konnte in dieser Nacht irgendwie keinen Schlaf finden. Ob dies nun am ständigen Donnern des Gewitters lag, wusste er selbst nicht so genau, aber so schlug er die Zeit eben damit tot, ein wenig seinen Gedanken nachzuhängen. Er saß in seinem Zimmer mit dem Rücken an die Wand gelehnt und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Ab und zu schweifte sein Blick in Richtung der Tür, die zur Veranda hinausführte. In unterschiedlichen Abständen wurde der Raum durch einen hellen Blitz ein wenig erleuchtet, stets gefolgt von einem dazugehörigen Donnern. Ashitakas Aufmerksamkeit richtete sich schließlich jedoch auf die Eingangstür zu seinem Zimmer. Für ihn war unschwer zu erkennen gewesen, dass jemand davor stand, und genau dieser Jemand öffnete nun die Schiebetür und betrat das Zimmer. Danach schloss er die Tür hinter sich wieder. "Tôya? Was machst du denn hier? Ist etwas passiert?" Ashitaka war wirklich mehr als überrascht gewesen. Nicht nur wegen Tôyas recht spätem Auftauchen in seinem Zimmer, sondern auch wegen der Tatsache, dass Tôya komplett ausgestattet mit seiner Rüstung und seinen Waffen vor dem Jüngeren stand. Und genau eine dieser Waffen, nämlich sein Naginata, zog Tôya nun hinter seinem Rücken hervor, während er sich allmählich dem Jüngeren näherte. "Hm? Tôya?" Noch immer konnte sich Ashitaka keinen Reim auf das Verhalten seines Freundes machen, bis dieser plötzlich und völlig unvorhergesehen mit seiner Waffe zuschlagen wollte. Ashitaka hatte vor lauter Überraschung gerade noch so ausweichen können. "Hey! Sag mal, Tôya, bist du verrückt geworden?! Was soll das werden?!" Doch anstatt auf diese Fragen zu antworten, griff Tôya Ashitaka sogleich erneut an. Ashitaka griff sich daraufhin seine Schwert, ließ es jedoch in der Scheide stecken und setzte diese wiederum lediglich zur Abwehr des gegnerischen Schlages ein. Ein Blick in Tôyas Augen reichte ihm, um festzustellen, dass sein Freund keinesfalls von sich heraus anzugreifen schien. Sein Blick war merkwürdig leer gewesen und gleichzeitig auch so ungewohnt kalt. "Tôya! Komm wieder zu dir! Das bist nicht du! Hör auf damit!", versuchte Ashitaka daher auf ihn einzureden, blieb allerdings erfolglos. Tôya brach seinen Angriff nicht ab und schien auch sonst vollkommen taub für die Worte seines Freundes gewesen zu sein. Er ließ nur für einen Augenblick von Ashitaka ab, um seine Waffe angriffsbereit zu erheben. Ashitakas Blick war wie starr auf Tôyas Naginata gerichtet, das nur Sekundenbruchteile später erneut auf ihn herabsauste. "Nein! Halt, Tôya!!" Begleitet von einem von draußen zu hörenden lauten Donnern spürte Ashitaka kurz darauf, wie er einen Schlag abbekam und nachdem es für ein paar Sekunden so schien, als wäre die Zeit stehen geblieben, spürte er ganz deutlich, wie ihm warmes Blut die linke Wange hinunterlief. Lediglich ein Ausweichmanöver in letzter Sekunde hatte Schlimmeres verhindert. Doch scheinbar gänzlich unbeeindruckt von diesem Fehlschlag wandte sich Tôya sogleich wieder Ashitaka zu. Dieser wusste beim besten Willen nicht, was er jetzt tun sollte. Mit einem beinahe schon hilflosen Blick schaute er auf sein eigenes Schwert, welches er noch in der Hand hielt. Sollte er es wirklich ziehen und gegen Tôya kämpfen? "Was soll ich nur tun...?", fragte sich Ashitaka verzweifelt, während er flehend zu Tôya zurückschaute. "Tôya... Bitte zwing mich nicht dazu. Zwing mich nicht dazu, gegen dich zu kämpfen!" Von dem Zimmer, das ihm während seines Aufenthaltes zur Verfügung gestellt worden war, steuerte Takeshi das Geschehen unbemerkt von allen anderen. Obwohl er Gebrauch von seinen dämonischen Fähigkeiten machte, konnte er seine Aura weiterhin verbergen, so dass keiner auf die Idee kam, er hätte etwas mit Tôyas Verhalten zu tun gehabt. >Wenn du schlau bist, dann wehrst du dich ohne Rücksicht auf Verluste. Ansonsten dürfte es böse für dich enden. Entweder du oder er<, dachte Takeshi, während er das weitere Geschehen, wie es eventuell weitergehen könnte, schon mal gedanklich durchdachte. Sollte sich Ashitaka dem Kampf mit Tôya stellen, hatte er durchaus die Chance, da noch mit heiler Haut herauszukommen, sofern er sich dazu durchringen würde, gegen seinen Freund zu kämpfen. Verteidigte er sich jedoch nicht, sah es schlecht aus für ihn. Die Entscheidung lag letztendlich bei Ashitaka. Doch würde er wirklich das Schwert gegen Tôya erheben können? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)